Ich arbeite ja im sozialen Bereich, in einer Wohngruppe mit Menschen mit geistigen, körperlichen und psychischen Einschränkungen und Behinderungen.
Ein Bewohner hat seit einem Unfall vor etwa 20 Jahren kognitive Einschränkungen, grob vereinfacht: er ist in der Pubertät stecken geblieben. Konsequenzen sind ihm egal, er macht sich über alles lustig und vor allem Frauen nimmt er nicht so ernst wie Männer und wurde in der Vergangenheit schonmal übergriffig: verbal macht er immer wieder despektierliche Sprüche, aber immer wieder mal hat er bei neuen Kolleginnen, die er attraktiv findet, wo hingegriffen, wo er nicht hingreifen sollte (also natürlich sollte nie jemand jemand anderen ohne Einwilligung anfassen).
So, das mal zur Einleitung.
Nun folgendes: es gab letzte Woche wieder so einen Vorfsll, er griff einer Kollegin, die ihren Freiwilligendienst bei uns leistet, an das Gesäß, das ganz bewusst.
Es gab nun eine Krisenintervention, alles wurde soweit möglich geklärt.
Jetzt sprach ich dann nochmal mit meinem Vorgesetzten, da der Bewohner schon häufgier auffiel. Und wir waren uns dann nicht sicher, wie wir am besten in Zukunft präventiv damit umgehen, folgendes:
Der Bewohner wird besonders ermuntert, übergriffig zu werden, wenn die Frauen mehr Haut zeigen. Können wir dann aber einfach den (neuen) Kolleginnen empfehlen, sich nicht so „freizügig“ zu kleiden? Bisher gibt es keinerlei Vorschriften die Kleidung betreffend in der Einrichtung und das soll auch so beibehalten werden, das steht nicht zur Diskussion. Da es ja nicht der erste Vorfall war, hat mein Vorgesetzter auch mal mit Leitungskräften anderer Einrichtungen geredet und bekam teilweise massiven Gegenwind, das sei ja dann eine Täter-Opfer-Umkehr, wenn man den Frauen auch nur anraten wollte, wie sich sich besser kleiden könnten.
Fand ich schon heftig, aber ich kann auch verstehen, dass man bei solchen Themen seeeehr genau darauf achten muss, wie man es formuliert und begründet.
Puh, das mal so kurz und knapp zusammen gefasst, hoffentlich wurde mein Punkt klar.
Ich will nochmal betonen, dass mein Vorgesetzter auf einer Wellenlänge mit mir ist; meine Ansichten, falls hier noch nicht jedem geläufig: ich hasse absolut jede Form von Täter-Opfer-Umkehr, jeder Mensch soll tragen dürfen, was mensch selbst für gut befindet und das sollte niemals als irgendein Argument gegen diese Person genutzt werden dürfen.
Wie seht ihr das und wie könnte man das Problem vielleicht angehen? Darf man nicht erwähnen, dass eine bestimmte Person beim Zeigen von mehr Haut eben zu solchen Übergriffen eher bereit ist und daher zum Eigenschutz allzu freizügige Kleidung daheim bleiben sollte?