Das ist irgendwie was, zu dem ich mich nie so richtig ins Verhältnis setzen konnte, weil mir das meistens ziemlich egal ist (hey, ich bin evangelischer Pfarrer in einem Nerd-Forum und in praktisch jeder religiösen Diskussion, an der ich hier teilnehme, hat mein Gegenüber am Ende deutlich mehr Likes als ich. War wohl alles ein kritischer Misserfolg auf „Indoktrination“… ).
Ich habe aber auch durchaus mitbekommen, dass es bei den Jugendlichen in unserer Gemeinde gerade während der ganzen Lockdown-Zeiten in dieser Hinsicht richtig heftig gescheppert hat. Wenn man viel zu Hause ist und viel Social Media konsumiert, ist man eben sehr häufig mit „perfekten“ Körpern konfrontiert. Und je nach Person kann so was ziemlich heftig an der Psyche nagen. Jeder kleinste Makel, jede Falte, jeder Pickel, jedes Muttermal, jedes Gramm zu viel ist dann in der subjektiven Wahrnehmung sofort gleichbedeutend mit einem schweren menschlich-charakterlichen Versagen.
Und vielleicht ist das jetzt wirklich christliches Geschwafel, was ich hier von mir gebe, aber ich glaube, dass wir alle weit mehr sind als das, was Instagram von uns preisgibt: Wir haben alle nicht nur ein Aussehen, sondern auch ein Ansehen; es ist nicht das gleiche wie du aussiehst und wie du angesehen wirst. Und ich persönlich finde, dass Menschen gerade da interessant werden, wo es einen Bruch gibt, einen Struggle, einen Riss in der „perfekten“ Fassade, Streit oder Auseinandersetzungen, eine Umkehr, eben etwas, was „nicht normal“ ist. Das meine ich auch gar nicht in einem negativen Sinne, sondern das sind die Dinge, die dich einzigartig machen. Da geben Internet-Likes eben leider oft ein sehr verzerrtes Bild von ab. Sie sind keine wertschätzende Äußerung gegenüber deiner Einzigartigkeit und kein Lob deiner Art zu leben. Sie sind, wenn überhaupt, Lob deiner Äußerlichkeit oder Zustimmung zu deiner Äußerung, und das auch nur im Rahmen der Blase, in der du das postest.