The Rings of Power - Episode 6:
Während dieser Episode sind mir zwei Dinge aufgefallen…
Erstens: Wenn in dieser Serie irgend jemand sterben sollte, würde es mich emotional völlig kalt lassen und es würde mich höchstens interessieren, inwiefern es den Plot beeinflusst.
Und zweitens: Während ich für Serien die ich wirklich extrem gelungen finde (wie „Breaking Bad“ oder die frühen Staffeln von „Game of Thrones“) auf Youtube gehen würde, und einzelne dialoglastige Charakterszenen individual nochmals isoliert anschauen könnte, weil die einfach so toll geschrieben sind, so habe ich bei dieser Serie praktisch keine Szene im Kopf, wo ich denken würde: „Oh Mann! Die will ich unbedingt nochmals sehen!“
Und hey… ich schreibe das als jemand, der die Serie bisher eigentlich mag.
Aber es wird langsam immer mehr zu einem Problem, wie wenig Persönlichkeit die Charaktere doch haben! Und wie eigenartig statisch das Storytelling doch ist.
Und es ist für mich schwer wirklich den Finger darauf zu legen, WAS das Problem ist, aber ein Problem ist für mich definitiv vorhanden, wenn ich 6 Episoden in diese Serie noch immer kaum Charaktere habe, deren Schicksal mich auf emotionaler Ebene mitnimmt und ich die Serie primär schaue, weil ich den Plot sehen will… in einer Serie, wo ich grob bereits weiss, worauf der Plot schlussendlich rausläuft!
Ich glaube, diese Serie zeigt, wie viel Feingefühl, wie viel Aufwand und wie viele unsichtbare Fäden in wirklich guten Drehbüchern drin steckt. Denn einzeln habe ich nicht viel auszusetzen an dem ganzen, auf dem Papier sollte es funktionieren. Aber wie gesagt, praktisch gesehen fehlt der Serie einfach der Kick!
Ich glaube, ein Problem dass diese Serie hat ist, dass in jeder Szene einfach zu wenig los ist. Gerade in den Dialogsszenen hat man oft einfach zwei Charaktere, welche vor der immer gleichen Kulisse stehen und sich über den Plot unterhalten und Exposition geben.
Wenn ich zurück an die ersten Staffeln von „Game of Thrones“ denke… So viele Szenen haben eine solche Menge kleiner Details welche ablaufen, welche Szenen wo einfach ein Paar Charaktere reden so unterhaltsam und reichhaltig machen. Oft erhielt man so viel mehr Information als nur das, was gerade gesprochen wurde. Wo die Charaktere miteinander sprachen, WIE sie miteinander redeten, wie das Gespräch eröffnet und beendet wurde, was sie machten… alles kam zusammen und gab uns Informationen über die Persönlichkeit der Charaktere und die Welt.
Hier in dieser Serie… keine Ahnung, ich habe wirklich das Gefühl dass da so vieles einfach fehlt, weswegen ich jetzt nach über 6 Stunden mit diesen Leuten immer noch kein gutes Gefühl für sie habe.
Galadriel und Halbrand sind hier ein gutes Beispiel. Beide reden hier in dieser Folge miteinander… und beide sind einfach trübselig und flüstern vor sich hin… nachdem beide sich jeweils einmal gestoppt haben ihren Kriegsgefangenen zu töten.
Alleine schon die Tatsache, dass wir den genau gleichen Moment im ziemlich gleichen Kontext innerhalb weniger Minuten hatte, einfach mit den Charakteren vertauscht, zeigte irgendwie schon, wie austauschbar die beiden doch sind… aber noch viel mehr störte mich die Tatsache, dass du in dieser Dialogszene jeden anderen Charakter hättest reinschieben können und sich, abgesehen vom Inhalt des Dialoges, nichts geändert hätten. Jeder Charakter hätte wie die beiden einfach dort hocken können und trübseelig vor sich hinstarren können. Alle in der gleichen Position, der gleichen Haltung, mit der gleichen flüsternden Stimme…
Ich glaube, deswegen fühlt sich diese Serie für viele auch so langsam an. Man hat zwar eine ganze Menge Szene, aber jede Szene deckt irgendwie nur einen Plotpunkt ab und gibt vielleicht Einsicht in eine Charaktereigenschaft welche vorher noch nicht etabliert wurde. Und dann fühlt sich eine 5 oder 10 Minuten Szene erstens länger an, aber man kriegt auch den Eindruck, als habe die Serie einfach mehr Szenen in denen „nichts passiert“. Denn auch wenn jede Szene den Plot ein kleines bisschen voran treibt, so sollte in jeder Szene doch „mehr“ vorhanden sein. Wie gesagt, nicht bezüglich Plot, sondern bezüglich Informationsdichte.
Ich glaube es ist mir in dieser Folge zum ersten Mal aufgefallen, wie sehr mir diese Szenen fehlen, wo ich wirklich den Eindruck erhalte ich habe etwas gesehen, das mich interessieren würde nochmals anzuschauen, weil diese Folge gleich drei Momente hatte, wo ich dachte, man war FAST da. Man hat an etwas gekratzt, an einer Szene, wo ich wirklich mehr involviert war, weil da mehr vorhanden war als nur der Expositionsdialog.
Galadriel und Isildur auf dem Schiff. Die Pferdeverfolgung mit dem Ork „Vater“ mit seiner Gefangenname und dann schlussendlich das nachträgliche Verhör. Alles Szenen wo ich für einen kurzen Moment dachte: „Ok… ok, da läuft jetzt etwas mehr ab. Diese Szenen fliessen langsam in die Lücken, welche ich seit Beginn der Serie gefühlt habe“.
Und dann waren die Szenen vorbei, weil man die Plotpunkte abgehakt hatte, welche das Skript verlangte und man ging vorwärts.
Ich muss gestehen: Ich glaube nicht, dass die Serie diesbezüglich den Rank noch kriegt, zumindest nicht in der ersten Staffel. Offensichtlich, die Autoren denken, sie tun bereits genug für die Charakterisierung, ansonsten hätten sich die Serie ja anders geschrieben. Darum wird mich wohl der Plot durch die Serie tragen müssen… und muss dann einfach die Daumen drücken, dass man diesen Aspekt für eine zweite Staffel MASSIV überarbeitet. Mehr Sorgfalt reinstecken, wie man jede Szene wirklich gut und effektiv nutzen kann. Da muss mehr kommen, sonst wird die Serie auch für mich permanent auf dieser „ist ganz gut“ Ebene rumschwimmen, aber nie darüber kommen.
Und hey… ich finde sie noch immer ganz gut!
So sehr ich jetzt darüber gemotzt habe, wo es bei der Serie an fundamentalen Aspekten mangelt, mir gefällt nach wie vor was sie mit der Geschichte insgesamt machen. Der Anführer der Orks und sein Hintergrund ist definitiv extrem gelungen und funktionierte verdammt gut. Und gibt wirklich den Eindruck als versuche man den Orks als die „bösen Monster“ etwas mehr Nuance zu geben!
Und hey… der Konflikt um das Schwert, der Damm und dann das was folgt…
Ich weiss jetzt schon, bevor ich Meinungen dazu gelesen habe, was viele, viele Lore-Fans von Tolkiens Welt sagen werden und kann ich auch verstehen…
Aber ehrlich, im Moment, wenn wir tatsächlich den Ursprung Mordors und des Schicksalsberg gesehen haben, bin ich absolut dabei und finde es gelungen! Primär, weil ich mich eh schon damit abgefunden habe, dass das die Art von Serie ist, wo solche Dinge passieren können und solche Elemente der Tolkien-Welt auf so eine Art erklärt werden
Aber auch hier wieder, einfach etwas frustrierend, dass das Storytelling nicht das nötige Set-Up gemacht hat!
Hätte der Berg und der Damm eine grössere Präsenz gehabt während dem Rest der Serie bis hierhin, dann hätte dieser Moment für mich noch viel besser funktioniert, einfach weil ich dann schon einen Bezug zu diesen Dingen gehabt hätte.
Ich meine, der Damm war schon etabliert, und der Berg… ist einfach ein Berg der im Hintergrund war, oder? Kann mich nicht erinnern, dass der je wirklich angesprochen worden ist. Da hätte man besser auf diesen Moment hin aufbauen können (ohne, dass man es zu offensichtlich gemacht hätte. Gute Drehbücher können das).
Fazit: Vieles, das mir wieder gefällt. Aber mir fehlt wirklich inzwischen extrem der EMOTIONALLE Hook, der dafür sorgt, dass ich die Serie wegen mehr schaue als nur Neugierde wie der Plot weiter läuft. CHARAKTERE! Das fehlt der Serie bisher wirklich.