You are Wanted
Gleich vorweg: Wer es schafft in Deutschland eine horizontal erzählte Serie außerhalb des Comedy-Genres zu produzieren, hat generell erst einmal eine Chance verdient. Zudem finde ich es sehr erfreulich, dass man den Filmemachern bei den Produktionen von Amazon, Netflix und Maxdome scheinbar weitgehend freie Hand lässt, ohne dass ein Redakteur dazwischenfunkt oder ein durchgeknallter Programmchef gleich das deutsche Breaking Bad ankündigt. Natürlich hab ich dennoch bei deutschen Produktionen aufgrund von Vorerfahrungen eine nicht allzu hohe Erwartungshaltung. Ich finde es nur prinzipiell wichtig offen zu bleiben.
Ich hoffe daher, dass Matthias Schweighöfer nur wenig oder zumindest nur seichten Gegenwind bekommt, damit das Rad solcher Produktionen generell weiter am Laufen gehalten wird.
Zur Kritik:
Technisch finde ich die Serie durchaus gelungen. Es ist zwar kein besonders gewagter visueller Stil, aber macht dennoch einiges her im Vergleich zu dem, was man von anderen deutschen Serienproduktionen gewohnt ist. Die Bilder sind sehr kontrastreich, die Farbkorrektur tendiert in Richtung “orange and teal”, in manchen Szenen auch etwas ins Grünliche. Sets und Ausstattung sind insgesamt sehr stimmig (auch wenn diese Unterkunft der Hacker kaum klischeehafter/ unauthentischer aussehen könnte).
Die Einstellungen und Kamerabewegungen sind eher ökonomisch und konventionell. Hier wurde viel mit Stativ, Handkamera und Steadicam gearbeitet. Eine wirkliche Idee dahinter ist leider nicht direkt erkennbar. Ich denke der Fokus lag eher darauf, das Tagespensum an Einstellungen zu erreichen, die im Vergleich zum Kino ungleich höher ausfallen. In einer Folge gibt es eine Verfolgungsjagd, die leider wirklich amateurhaft inszeniert ist. Wenn man schon kaum schneller als Schrittgeschwindigkeit fährt, sollte man das doch irgendwie kaschieren und nicht auch noch betonen, indem man das Ganze in der Totalen + Slow Motion zeigt.
Die schauspielerischen Leistungen sind zunächst durchaus okay, auch wenn manche Dialoge eher hölzern klingen. Mit zunehmender Dramatik tauchen dann aber vermehrt Szenen auf, in denen die Schauspieler aus meiner Sicht absolut unglaubwürdig agieren. Und das ist ein Problem der Schauspiel-Regie. Der Umstieg von Rom-Com auf Thriller fällt Herrn Schweighöfer hier also scheinbar noch schwer.
Das liegt zu großen Teilen aber auch am Drehbuch, das den größten Schwachpunkt der Serie darstellt. Vielleicht hat man sich mit der Komplexität der Hacker-Story einfach übernommen und/oder zu wenig Zeit für die Entwicklung eingeräumt. Der Plot enthält jedenfalls Logiklöcher und lose Enden en masse. Es bleibt zu lange unklar, was der böse Hacker eigentlich genau will und was auf dem Spiel steht, weshalb das Spannungsgefühl bis dahin eher diffus ist. Die Motivation des Antagonisten wird bis zum Ende nicht nachvollziehbar erklärt. Viele Charaktere, Konflikte und Nebenstränge werden aufgebaut, aber nicht konsequent auserzählt. Dem Drehbuch fehlt insgesamt einfach der Fokus. Dadurch bleiben viele Figuren bloße Stereotypen, zum Beispiel ist Alexandra Maria Lara als durchweg passive Figur völlig verschenkt. Das Finale hat dann leider nur noch “Alarm für Cobra 11”-Niveau , passenderweise mit Tom Beck, der den eindimensionalen “Villain of the Week” mimt.
Wie so oft hierzulande ist die Krux also das Drehbuch, mit dem der ganze Rest nun mal steht oder eben fällt.
Naja… was kommt als nächstes? 4 Blocks?