Gewalt in Filmen vs Sex/Erotic in Filmen

Ein Thema das mich schon länger beschäftigt (beruflich wie privat (und Umfeld) )…
Und da gerade dieses Interview von Gasper Noè veröffentlich wurde, nehme ich diesen als Aufhänger.

Noé goes on to talk about the contrast in America between how violence is depicted and how sexuality is shown. He feels that violence has become so mainstream, that it has lost its edge, and sexual situations are blown way out of proportion. And to illustrate his point, he brings up a film that many Playlist readers might have skipped, the Mark Wahlberg -starring “ Mile 22 .”

“I was on the plane and I was watching this movie called ‘Mile 22’…You see this one? There’s a guy getting slashed every 15 seconds,” explains Noé. “And it’s a very amusing movie. There’s a lot of graphic violence, but the movie’s not violent at all — the portrayal of violence in cinema doesn’t touch anybody anymore. You watch that like you could watch an old ‘ Batman ’ series. It’s playful, it’s funny, and totally out of this world.”

The director continues, “But when you start touching aspects of the real human experience … Now people are terrorized when they see a man and a woman having sex on-screen. Come on! In real life, having sex with someone you love is the best moment of the week, or of the day (if it’s every day), or of the month. In your own life, you say, ‘Oh, this is the moment that made me feel good and justified the whole month of work, or the whole week of work.’ But when people see a man and a woman kissing and the guy having an erection, then it turns into trauma — like there was the face of the devil coming out on-screen.”

Es soll gar nicht so sehr um Noè gehen, denn es ist ja ein wiederkehrendes thema bei ihm, und hat es schon mehrfach, über die Jahre angesprochen.

Brutalität, explizite Gewalt, jegliche nur denkbare art von Gewalt ist mainstream tauglich und akzeptiert, und Sex ? Sex egal in welcher Form im Mainstream Kino wird ausgeklammert…
Man hat es ausgelagert, denn Sex hat im mainstream Kino nichts verloren dafür haben wir ja Die Pornos, und diese zwei welten sollten sich bitte nicht vermischen.
Im Autorenfilm bereich gab es des öfteren den Versuch, dieses Thema ins mainstream zu ziehen, oder Sexualität in der Darstellung, nicht nur der Pornoindustrie zu überlassen.

Von Ken Park, Bertolucci, Noé, von Trier uvm…
Oder Filmen wie Romance XXX, 9 Songs, Love…
Oder ganz kleine projekte von Frauen
Schnick Schnack Schnuck (deutsch)…
All about Anna
Oder Shorbus, Q - Sexual Desire…

Während die 70ger sehr progressiv Sex im mainstream Kino mal kreativ, mal plakativ verwoben hat.
Und in den 90ern Hollywood den Eroticthriller für sich entdeckt hat…
Und jetzt?

Übrigens, nicht nur in Hollywood, gilt eigentlich auch für Europa,

Aber um den bogen zur Gewalt wieder zu schließen, dort hat man das Gefühl, es ist fast alles möglich in der bildlichen Darstellung, im mainstream Film…und die Darstellung von Sex immer weniger, im mainstream Film.
Oder ist Hollywood nur dann am Thema interessiert, wenn es einen destruktiven Aspekt hat, also die Kombination aus Sex und Gewalt?

Wie seht ihr das?
Hat uns die hohle Gewaltdarstellung abgestumpft?
Hat es vllt auch etwas damit zutun das Sex/Pornos für jedermann abrufbar ist?
Aber gerade dann die Frage, Stigmatisiert man damit nicht die Darstellung von Sex, indem man sagt…;“naja es gibt ein Umfeld für die Darstellung von Sex, und das sind die entsprechenden Seiten und Content…“ aber ausserhalb davon bitte nicht. ?

Würde mich freuen wenn sich viele an einem offenen Diskurs beteiligen :slight_smile:

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Weil Hollywood Filme eben hier so verbreitet sind, man erkennt anhand der Darstellung und des Umgangs mit Sex schon wo ein Film Produziert wurde.
Aber die Zeiten sind prüder geworden in der Gesellschaft und merkt man natürlich auch im Film.

Pornographischer Sex hat für mich auch nur wenig im Mainstream Film verloren, außer es wäre wirklich relevant, ist es aber fast nie. Viel wichtiger wäre ein normaler/alltäglicher Umgang mit Nacktheit, durchschnittlichen Körpern und der eigenen Sexualität (siehe Shape of Water).

Der Grat wäre eben sehr schmal zwischen, man zeigt expliziten Sex weil es relevant ist oder es wird doch nur zu Fleischbeschau von attraktiven Körpern und/oder dem weibl. Körper im Zentrum.

Und noch eine private Frage, musst du nicht beantworten wenn du nicht willst, was ist dein Beruflicher Berührungspunkt mit dem Thema?
Bei mir war es das Studium wo es sowohl um Sexualerziehung ging, als auch Pornographie aus der Feministischen und Soziologischen Sicht.

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Doch kann ich beantworten, war teil einiger Filmprojekte, wo genau dieses Thema war, von Frauen initiiert und erdacht.
Aber auch in meinem Umfeld, sowohl in Italien oder in Deutschland…(Italien Filmhochschule, und die heutigen kontakte) auch privates Umfeld.

Wie explizit sollte Sex in Filmen denn eigentlich dargestellt werden?
Ich meine mich erinnern zu können, dass damals auf DSF (heute heißt der anders?) softe Pornos in der Nacht liefen, die Sex zeigten ohne die Geschlechtsteile, aber ansonsten halt völlig nackt.

Der ganze Bums an Pornos im Internet ist gefühlt eigentlich total unerotisch. Richtig stumpfe Rammelei. Gut, wenn man das in Filmen ab 18 zeigen wollte, findet man im Mainstream auch Zuschauer wie bei Gewalt und Gore. Gabs nicht auch mal Pornokinos oder gibts immer noch welche? Ich hätte am meisten Bedenken, dass dann unangenehme Zuschauer im Kino auftauchen, die sich da offensichtlich dran aufgeilen. Okay, bei Gewaltfilmen hat man auch nicht automatisch Gewalttäter neben sich sitzen, aber die Vorstellung ist trotzdem da.

Kommt wohl wirklich drauf an, wie weit man da geht und ob es Beiwerk ist oder im Zentrum steht. Ansonsten sehe ich da die Intimität als großen Faktor. Und das Ding mit der Schaulustigkeit und der Gewalt gabs doch schon im alten Rom (Kolosseum) und anderen Kulturen. Bei Sex bin ich jetzt ehrlich gesagt nicht so informiert, ob und inwiefern es vielleicht mal sowas wie öffentliche Vorführungen gab? (Ich meine damit nicht irgendeinen Rudelbums in Bordellen.)

Vielleicht ist die Gesellschaft aber auch so mit den Religionen gewachsen, die Sex ziemlich prüde gegenüberstehen, aber bei Gewalt weniger Probleme hatten/haben.

Ich habe jetzt einfach mal meine ersten Gedanken dazu rausgelassen, eigentlich habe ich von der Materie kaum Ahnung und habe mich noch nie eingehender damit befasst. Ist wohl also eher Stammtischniveau.

https://derstandard.at/2000098571132/Pornhub-zu-stark-Letztes-Pornokino-in-Paris-gibt-auf

nein :beanfeels: RIP versiffte Institutionen mit noch versiffteren Puplikum. Dieses Kulturgut ist für immer verloren.

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Also rein aus der Filmischen sich.

Ne alles gut, jede Meinung ist erstmal interessant, genau darum geht es ja :slight_smile:

Aber das ist ja genau die Frage, überlässt man Erotic/Sex einer zum grossen teil unkreativen Industrie oder handelt man inklusiv und befasst sich damit kreativ, auch eben mit einer expleziten darstellung.
Oben hab ich ein paar Filme aufgelistet die dieses versuchen.

Will auch Ponos nicht ins schlecht licht rücken.

Nein, aber als Aufhänger, aber die Diskussionen verlassen auch sehr oft den Filmischen kontext oder vermischen sich. Da viele aus meinem Umfeld einen anderen Backround haben.

Auch wenn dein post voll ok ist, geht es ja nicht um die Frage sollten wir Pornos wieder im Kino zeigen.

Bei Erotik wäre es mir eigentlich ganz lieb, wenn es kreativer und qualitativer etwas gäbe. Das würde sicher auch nochmal mit dem Ruf des Genres und eben dem Vergleich zu einfachen Pornos aufräumen.

Aber man kann ja trotzdem nochmal generell festhalten, dass man sowas eher mit der Freundin oder alleine anguckt statt in einem großen Saal mit unbekannten Leuten. Also wieso nicht, wenns z.B. Filme direkt fürn Streamingdienst sind.

Ich kann da nur mit persönlichem Empfinden sprechen, ich finde sexuelle Darstellungen im Kino echt unangenehm. Beim großartigen Die Taschendiebin wirkten die exzessiven Szenen wie ein Fremdkörper. Es gibt für mich da nur zwei mögliche Zustände – entweder es ist erotisch und erregend, ein Zustand in dem man im Kino eher nicht sein möchte, oder es lässt einen kalt, und dann ist Sex – seien wir ehrlich – ein unappetitliches Schauspiel grotesk geformter Organe.

Witzigerweise gibt es in dem Film auch eine explizite Gewaltszene, für die man aber durch diverse Horrofilme und wasweißich schon abgestumpft ist. Man leidet da nicht wirklich mehr mit.

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Aber da wären wir bei Der Definitions Frage.

Also würdest du sagen sobald man expliziten Sex sieht, auch wenn die Motivation aus der Geschichte heraus sinn ergibt, ist nicht mainstream tauglich? Oder eher etwas was nicht unbedingt auf der grossen Leinwand stattzufinden hat?

Man ‘überlässt’ es der Pornoindustrie weil Porno eben was anderes ist als die realistische Darstellung von Sex und Pornosex meinst du ja eher nicht, wie man bei der Filmauswahl sieht.
Es wäre eher ein Fehler wenn Filmemacher anfangen sich stärker an der Pornoindustrie zu orientieren. Porno sollte Porno bleiben und der Film muss sein eigenen weg finden.

Jetzt bin ich doch sehr überrascht, dass du das überhaupt als Frage formulierst.
Du bist ja sehr firm im Film/Serientalk. Und da ist das “Vorurteil” bzw. die Tatsache, dass die Amerikaner öffentlich sehr prüde sind und Gewalt dagegen in übermaßen akzeptieren Jahrzehnte alt und wird immer wieder im Film-Feuilleton aufgegriffen.

2003
“Amerikaner geschockt von nacktem Frauenbusen”

“In der 2003 ausgestrahlten Szene kommt ein kleiner Junge ins Badezimmer, während eine nackte Frau gerade in die Dusche steigen will. Ihre Brust ist von der Seite zu sehen. Die Aufsichtsbehörde hat eigenen Angaben zufolge “zahlreiche Beschwerden” wegen der Szene erhalten…Die Gesamtstrafe von 1,43 Millionen Dollar setzt sich aus 27.500 Dollar für jede der betroffenen 52 Fernsehstationen zusammen.”

2015

Kulturkampf: Sex verboten, Gewalt erlaubt

Erzkonservative Moralvorstellungen verhindern die Darstellung von Liebe und Sex in US-Medienproduktionen und auf US-Medienplattformen - die Zurschaustellung extremer Gewalt und das Posten von Hassbotschaften sind hingegen erlaubt. Durch die zunehmende Dominanz von US-Medien wird auch Europäern diese Moral aufgezwungen. Schon heute tobt deshalb ein Kulturkampf in sozialen Netzwerken.
Diese Moralvorstellung, die Sexualität verurteilen, Gewalt hingegen legitimieren würde, sei eine “traurige Wahrheit über Amerika”.

Und natürlich gib es auch das Vorurteil für Europa

"In Europa ist gerade der Umgang mit Nacktheit und Sexualität eher entspannt, während Gewaltdarstellungen und Hassbotschaften strikter gehandhabt werden. "

Keine Ahnung, aber mein bestes Beispiel ist die Serie Lucifer. Der Teufel verführt dort regelmäßig Frauen zum Sex, aber die Szenen sind geschnitten wie FSK8. Hat mich jedes Mal herausgerissen und konnte dann auch die Serie nicht ernst nehmen.

Ich finde beides unangenehm und schaue mir Filme die eines der beiden oder gar beides enthalten nicht an. Aber ich schaue auch ca 6 Filme im Jahr :smiley:
Aber Medical Detectives und diverse True Crime Formate schaue ich sehr gern. Die bereiten ja auch manchem schlaflose Nächte.

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Oder man überlässt es einfach HBO. Gab da ja mal einen witzigen Clip: It’s not porn. It’s HBO. :smile:

Spaß bei Seite. The Deuce ist gerade eine Serie, die viel Nacktheit und auch explizitere Szenen zeigt. Was im Rahmen der Story um das Rotlicht-Milieu und des Porno-Businesses auch Sinn macht.

Was auch wichtig und interessant ist. Bei The Deuce gibt es auch ein intimacy coordinator vor Ort. Man muss auch bedenken, dass solche Szenen alles andere als einfach sind.

Was aber auch interessant ist: Die ÖR haben manchmal keine Hemmungen. Da ist man bei den Eltern, guckt Freitagabend ein Drama/Komödie und dann gibt es auch mal ein paar Sex-Szenen. Vielleicht war es auch einfach der falsche Film… habe nur in Erinnerung wie mein Vater zu meiner Mutter sagte: Was schaust Du denn da für ein Film? :joy:

Ja, bei GoT ziehe ich mich immer mit Ausrede aus der Affäre, dass ich keine Pornos mit zu viel Handlung mag. :ugly:

Ok dann hast du es falsch verstanden…
Man überlässt die explizite Darstellung von Sex der industrie, und schiebt es so weit von sich, es geht darum Sex, also in seiner komplexität…
Auch im mainstream stattfinden zu lassen.
Sonst haben wir Fifty Shades of gray auf der einen extremen, und auf der anderen Seite einen Brazzers Film.
Dazwischen ist gähnende leere.

Es geht um eine kreative Auseinandersetzung, auch von Frauen.

Also der Hauptgrund wird wie schon erwähnt einfach sein das Filme massiv Hollywood beeinflusst sind und dort Nacktheit und expliziter Sex immernoch grosse Tabus sind.

Persönlich finde ich aber auch das Gewalt durchaus ein Storyelement sein kann um zb Greuel dem Zuschauer nahezubringen oder die Gefahr einer Situation oder Person zu unterstreichen. Hier kommt dann die Gewalt einfach nicht um ihrer selbst willen zum Zug sondern um andere Bereiche des Films zu unterstreichen oder verstärken. Bei einer expliziten Sexszene gibt es diesen Mehrwert nur sehr selten und da reicht nunmal auch oft die “abgeschwächte” Version.

Wenn in einem Kriegsfilm Soldaten zerfetzt werden bringt man mir das Grauen des Krieges nahe, wenn Kriminelle oder Monster/Mörder ihren Opfern Brutalität zufügen macht es den ausführenden gefährlicher während man gleichzeitig mehr Angst um die potentiellen Opfer hat, bei einer expliziten Sexszene sitzt man (unter normalen Umständen) aller höchstens etwas aufgegeilt da ohne das es Relevanz für den weiteren Film hat (gibt natürlich auch seltene Ausnahmen davon)

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