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Nun. Die Geschichte ist fertig.

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Show me what you got. :smirk:

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Dies. Vielleicht hätte ich noch Malte abmetzeln sollen. :thinking:

Machetendachs

Machetendachs
Eine Geschichte für hartgesottene Kinder

Es war dunkel in der Höhle des Dachses, als er schläfrig die Augen aufschlug. Er drehte sich herum, schnüffelte an der erdigen Wand der Höhle und zog dann einige weiße Maden aus einer Wurzel, die sich an der Wand entlangschlängelte. Die Maden zerplatzten mit einem Ploppen in seinem Mund und er schmeckte ihre süßliche Würze. Dann wandte sich der Dachs dem Eingang seines Unterschlupfes zu, schnappte sich mit einer Klaue seine Machete, die in der Ecke lehnte und schlurfte hinaus. Seine Krallen hinterließen tiefe Abdrücke im sandigen Boden. Der Wald lag friedlich vor ihm. Es war gerade Herbst geworden und ein dunstiger Hauch lag zwischen den knorrigen Bäumen. Der Dachs schnüffelte. Es roch nach Regen. Ein Grummeln durchbrach die Stille und der Dachs leckte sich die Lippen. Sein Magen machte sich bemerkbar, die Maden hatten seinen Hunger bloß geweckt, aber noch lange nicht gestillt. Langsam zog der Dachs die Machete aus der ledernen Scheide und zog sie mit einigen geübten Bewegungen über einen Stein, der vor der Höhle halb im Boden vergraben war. Das Metall blitzte und spiegelte die rot schimmernden Augen seines Besitzers wider. Schließlich leckte er mit seiner langen, vor Geifer triefenden Zunge, an der Klinge entlang. Dann steckte er sie mit einem hallenden Knall in die Scheide zurück, der die Stille zerriss. Der Dachs gähnte, streckte sich, befestigte die Machete mit einem Gurt an seinen Rücken und sprang mit riesigen Sätzen in das Unterholz hinein. Sein plumper Körper verursachte einen Lärm, der weit zu hören sein musste, doch das kümmerte den Jäger nicht. Er wusste, dass ihm seine Beute nicht entkommen würde.

Der Teil des Waldes, durch den er jetzt jagte, wurde nun häufiger von Lichtungen durchbrochen und seine Hatz wurde lautloser. Er spürte, wie seine Pfoten immer öfter auf weichem Gras, und schließlich, auf Asphalt landeten. Er hatte eine Straße erreicht, die sich schnurgerade durch den nun lichten Laubwald zog. Doch der Dachs blieb nicht stehen. Er verlangsamte nur für einen Moment sein Tempo, um einen tiefen Zug Luft durch seine Nase einzuatmen, drehte sich dann nach Norden und erhöhte wieder das Tempo. Die Machete schwang auf seinem breiten, von filzigem grauen Fell bedeckten Rücken hin und her, doch sie behinderte ihn nicht. Schließlich erblickte er die ersten Häuser eines Dorfes direkt vor sich. Die Dorfbewohner hatten einen hohen Zaun aus Draht rund um ihr Dorf gezogen, doch als der Dachs dies bemerkte, lachte er nur laut auf. Mit einem riesigen Satz sprang er an den Zaun. Er erreichte fast die obere Kante und zog sich die letzten Meter mit seinen gebogenen Krallen hinauf. Auf der anderen Seite ließ er sich fallen und landete mit einem Krachen in einem Stapel Holz. Während er sich aus den Holzscheiten herausarbeitete, sah er den Dorfplatz vor sich, der umsäumt von schiefen Birken dalag. Der Dachs schüttelte sich und einige Holzsplitter flogen aus seinem Fell. Nun hieß es, langsamer vorzugehen. Er trottete noch einige Schritte weiter, dann zog er die Machete aus ihrer Scheide und stellte sich gemächlich auf seine Hinterbeine. Er überragte nun die größten der menschlichen Wesen, die hier so jämmerlich hausten, um einen guten halben Meter. Während er die Dorfstraße entlangging, ließ er die Spitze der Machete auf dem Boden entlangschleifen. Ihr kratzendes Geräusch klang wie ein ohrenbetäubender Lärm in der Totenstille des Dorfes. Einige Spatzen, die auf der Straße nach Krumen gepickt hatten, stieben davon, als sie das Geräusch vernahmen.
Plötzlich blieb der Dachs stehen. Er hatte das erste Haus erreicht. Für einen kurzen Augenblick sah er die verstörte Miene eines Kindes in einem der Fenster, dann wurde das Kind mit einem Ruck vom Fenster weggerissen. Der Dachs blieb stehen und wartete. Aus dem Winkel seines riesigen Mauls troffen lange Speichelfäden und seine rote Zunge hing halb hinaus. Er trug eine lange Narbe quer über der Schnauze und sein linkes Augenlied war eingerissen, so dass sein Blick immer wie der eines Wahnsinnigen wirkte. Er hatte große Löcher im Fell, die ihm bei Kämpfen hereingerissen worden waren. Am Bauch war seine Haut in einem der Löcher von einem gelblichen Ausschlag bedeckt, der sich wuchernd bis ins Fell ausbreitete. Der Dachs stand da und atmete mit einem leise gurgelnden Geräusch, doch er rührte sich nicht vom Fleck.
Schließlich grinste er höhnisch und setzte sich in Richtung der Tür in Bewegung. Mit einem Satz sprang er über die Gartenpforte und erreichte schließlich die Haustür. Er kratzte sich das speckige Fell, dann hob er seine Klaue, um der Tür einen Hieb zu versetzen. Doch da sah er, dass die Tür einen Spalt breit offenstand. Diese Narren!
Er stupste die Tür leicht an und sie schwang mit einem Knarren auf. Sein Kopf streifte die Türkante, als er gemächlich ins Haus schlurfte. Er schnupperte. Menschenfleisch. Sie mussten hier irgendwo sein. Kein Geräusch war zu hören, als das Knarren der Dielen, die sich unter seinem Gewicht bogen, und dem Ticken einer Standuhr. Er folgte dem Geruch der Menschen und hörte schließlich ein Flüstern hinter einer der Türen, die vom Flur abgingen. Er packte seine Machete fest mit beiden Pranken, atmete tief ein und riss mit einem Brüllen die Tür auf.

„Maan, Hugo, ist ja gut! Schön, dass du auch endlich deinen Hintern hierher bewegt hast, wir haben schon angefangen. Hier, du kannst den hier schon mal anschneiden.“
In der Mitte des Raumes saßen ein Mann und drei Kinder auf einem Sofa. Auf dem Tisch vor ihnen stand ein großer Kuchen und das kleinste der Kinder war gerade dabei, ein blau eingewickeltes Geschenk aufzureißen. Die beiden anderen Kinder hatten dem Dachs bei seinem Eintreten einen kurzen Blick zugeworfen, nun schauten sie wieder gespannt auf das Geschenk in den Händen des anderen. Der Dachs schnaubte kurz durch die Nase, murmelte dann „‘Schuldigung, hab verschlafen“ und trippelte zum Tisch, um den Kuchen anzuschneiden.

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Plottwist aus der Hölle. :smiley: Der Dachs frisst die Familie aber nach dem Kuchen noch, ja?

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Hey, du spoilerst meine Geschichte!

Nein, die spielen Gummitwist.

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Das hast du jetzt grade so zusammengeklöppelt?! Innerhalb von ner Stunde??

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Äh… :sweat_smile:
Wenn das mal bei meiner langen Geschichte so klappen würde.

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Du scheinst den Namen nicht zu mögen. :X

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Sebastian am Anfang der Geschichte (work in progress)

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Wie geht’s bei euch voran? Seid ihr noch gut dabei?
Ich hab im Dezember bisher insgesamt weniger geschrieben als im November im Schnitt am Tag. Viel weniger :sweat_smile:

Also ich bring in letzter Zeit so gut wie gar nichts mehr zu Papier :sweat_smile: Und das, obwohl ich eigentlich Lust aufs Schreiben hab. Aber irgendwie verbringe ich grade mehr Zeit mit Filmen und Büchern und so, weil ich im Moment auch ziemlich Bock habe auf neuen „Input“.

Und hier grade mal was, was ich eben gelesen hab und ziemlich interessant fand. Vielleicht interessiert es ja noch jemanden.

Mir gehts ähnlich wie @Sebbe. Ich schreibe am Tag vielleicht 300 Wörter, wenn überhaupt. Wollte ja eigentlich dieses Wochenende ein paar Kapitel vorbereiten, aber pustekuchen. Ich hoffe, spätestens um Weihnachten rum wirds wieder besser, da hab ich Urlaub. :confused:

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Ich fahre in paar Stunden 2 Stunden Zug. Da lese ich mein Buch übers schreiben endlich mal weiter, aber selbst komme ich dazu heute nicht mehr.
Soweit steht es bei mir also still

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Du musst die Zugzeit zum Schreiben nutzen!

Aber er will doch erstmal das dreitausend-Seiten-Buch lesen, bevor er weiterschreibt… :grin:

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Damit er dann weiß, wie er schreiben muss? :smiley:

Aber hey - wenn du jeden Tag 300 Worte schreibst, hast du doch sicher was zum veröffentlichen. :innocent:

Das kann ich auch sagen: Schnell. Ich will schließlich wissen, wies weitergeht.

Und ich bin sowas von nicht dran! :eddyclown:

Ich habe mal an nem Anfang von etwas anderem geschrieben, da es in meiner eigentlichen Geschichte nicht so wirklich weiterging.
Aber eigentlich will ich ab jetzt wieder an der ursprünglichen Story weiterschreiben, denke ich. Wenn es denn klappt. Naja. :confused:

[details=Obacht, noch sehr roh, und etwas länger.]Er hatte ihn aus den Augen verloren. Die Straßen waren zwar in diesen frühen Morgenstunden nicht so überlaufen wie tagsüber, trotzdem waren schon genug Menschen unterwegs, um eine Verfolgung zu erschweren. Michael Simmons stand nun an einer breiten Kreuzung, die außer von rostigen Einkaufswagen schon lange nicht mehr befahren worden ist. Das Vorankommen mit einem Fahrzeug wäre hier auch durch den aufgeplatzten Asphalt und die herausgebrochenen Bodenplatten bis zur Unmöglichkeit erschwert worden. Michaels Zielperson musste hier abgebogen sein. Verdammt, nur wohin genau war er verschwunden?
Von der gegenüberliegenden Straßenseite starrten ihn zwei düster aussehende Männer an, die um einen kleinen Gaskocher herumsaßen. Secs, wie die Sicherheitsleute von allen genannt wurden, waren hier nicht sonderlich gerne gesehen, das wusste Michael. Als sie bemerkten, dass er sie ins Auge gefasst hatte, wandten sie sich flugs wieder ihrem Gaskocher zu. Allem Anschein nach war dieser noch nicht einmal funktionsfähig, was sich recht einfach aus der fehlenden Gaskartusche schließen ließ. Ohne große Kooperationsfreudigkeit zu erwarten, beschloss Michael, den Typen in Hoffnung auf nützliche Informationen mal ein paar Fragen zu stellen. Sonst blieb ihm außer aufs Geratewohl eine Richtung einzuschlagen auch nichts anderes übrig. Bestimmt näherte er sich den beiden Gestalten. Und es geschah genau das, was er vermutet hatte. Noch bevor er die Mitte der Straße erreicht hatte, sprangen die Männer auf und spurteten die Straße hinunter. Doch mit denen konnte er es locker aufnehmen. Nach nur wenigen Metern war Michael schon gleichauf mit dem langsameren der beiden, der sich im Laufen noch seine fleckige Kapuze übergeworfen hatte. Michael zögerte keinen Augenblick und rammte dem Fliehenden einen fingernagelgroßen Chip seitlich in den Hals. Die Beine des Mannes versagten nur einen Bruchteil nachdem der Impulschip seine Haut berührt hatte, und er schlug der Länge nach auf dem Boden auf. Mit ihm würde er sich gleich beschäftigen. Der flinkere der beiden drehte sich um und sah seinen Kollegen regungslos mitten auf der Straße liegen. Dabei übersah er eine aus dem Boden herausragende Bodenplatte und stolperte im vollen Lauf. Er überschlug sich einmal und rutschte ein paar Meter über die Straße. Michael kam zu ihm gerannt und drückte ihm sofort das Knie in den Rücken. So konnte er den am Boden liegenden Mann einfach in Schach halten.
„Lass mich gehen, du Penner!“, presste der Mann durch zusammengebissene Zähne hervor. „Ich weiß genau, was ihr Schweine mit mir vorhabt!“
Michael hatte keine große Lust, auf das wirre Geschwafel einzugehen. „Jetzt beruhig dich erst mal. Du weißt, wo er hin ist, oder? Beantworte mir nur diese Frage, dann lasse ich dich gehen.“ Natürlich wusste der Typ, wo sein Zielobjekt langgelaufen war, sonst hätte er ja vorhin nicht so verdächtig gestarrt.
„Was? Da hinten liegt er doch. Du hast ihn fertiggemacht, du Sau!“
„Nicht dein Kumpel. Der Mann, der hier die Straße runtergerannt ist. Ihr beide habt doch gesehen, dass ich jemanden verfolgt habe.“ Der Typ hörte jetzt auf, sich unter dem Druck von Michaels Knie zu winden.
„Ja, Mann. Aber mit so nem Scheiß ham wir nix zu tun. Ehrlich jetzt.“
Michael packte den Mann an der Stirn und bog den Kopf ein Stück weiter zurück. Der Mann schrie auf.
„Ey, ich schwör’s dir, wir kennen den Kerl nich, und mit seinem Drogenscheiß ham wir auch nix am Hut! Der ist nur panisch hier an uns vorbeigerannt und … “
„Wohin genau?“, wollte Michael wissen.
„Na, bis dahin, wo die Straße aufhört, und dann da rechts rum, am Zaun entlang. Aber ehrlich, wir …“
Michael stand auf und lief weiter bis zum Ende der engen Seitenstraße, während der am Boden liegende Typ sich schnell aufrappelte und zu seinem Kumpel rübereilte, der sich mittlerweile wieder bewegen konnte und den Impulschip aus dem Hals herausgepult hatte.
Michael bog am Ende der Straße nach rechts um die Ecke und kam an der Seite eines Gebäudes heraus, das wahrscheinlich mal als Fabrikhalle oder zumindest als Lagerhaus gedient hatte. Die Halle war Teil eines ausgedehnten ehemaligen Industriegebietes, dessen Ausläufer hier bis in die Stadt hineinreichten. Der umgebende Zaun war nur noch rudimentär als solcher erkennbar. Braune Grasbüschel übersäten das gesamte Gelände und passten sich an das vorherrschende Farbbild des übrigen Stadtviertels an, das von bedrückendem Braun und Grau regiert wurde. Spuren seiner Zielperson waren zwischen all dem Geröll und dem herumliegenden Metall dieser desolaten Umgebung beim besten Willen nicht auszumachen. Allerdings stand ein Flügel einer doppelseitigen Stahltür offen, die direkt in die Halle zu führen schien. Wahrscheinlich kamen in der Nacht viele Streuner dort unter, vielleicht hielten sich einige sogar dauerhaft in der Halle auf. Auf jeden Fall war dieser Ort momentan sein bester Anhaltspunkt, um nach der Zielperson zu suchen.
In der Halle herrschte Zwielicht. Durch die oberen, größtenteils zerstörten Fenster und Oberlichter drang nur spärliches Licht herein. Michaels Augen gewöhnten sich langsam an die veränderten Lichtverhältnisse. Das heruntergekommene Bild, das sich ihm draußen geboten hatte, setzte sich im Inneren des Gebäudes fort. Was anderes hatte er auch nicht erwartet. Dafür übte er seinen Job schon zu lange in diesem Teil der Stadt aus. Überall lag Schrott herum. Die aus Gitterrosten bestehenden erhöhten Wartungswege, die in den rechts von ihm liegenden abgetrennten Teil des Gebäudes führten, waren größtenteils heruntergebrochen. Seit Jahrzehnten nicht mehr funktionsfähige Maschinen, die den Arbeitern damals die lästige Montage von anderen Maschinen abgenommen hatten, aber nun ebenso wie die Arbeiter nicht mehr gebraucht wurden, standen wie in Vergessenheit geratene Statuen im Halbdunkel der Halle. Glasscherben und Maschinenkleinteile aller Art sowie Schrauben und Muttern bedeckten den Großteil des restlichen Hallenbodens, doch nicht komplett, denn Michael hatte recht behalten: Das Gebäude war nicht unbewohnt.
An der gegenüberliegenden kurzen Wand der rechteckigen Halle konnte er einige auf dem Boden liegende Bündel ausmachen. Wie üblich schienen die Personen in wenig mehr als zerfetze Lumpen gehüllt zu sein. Da sich seine Augen immer besser an das Zwielicht gewöhnten, sah er jetzt, dass einige Leute auch mitten unter den immensen Maschinen ihr spärliches Lager aufgeschlagen hatten. Die meisten von ihnen schienen zu schlafen, einige würden vielleicht auch nicht mehr aufwachen. Alle anderen schienen sich nicht an Michaels Anwesenheit zu stören und starrten weiter vor sich hin ins Leere. Obwohl nicht gerade wenige Menschen hier versammelt waren, lag eine bedrückende Ruhe über dem gesamten Raum. Aus dem Augenwinkel sah Michael eine ruckartige Bewegung rechts über ihm auf einem der Wartungsstege, begleitet von einem Knacken einer Glasscherbe, das sich in die Stille hinein fortpflanzte. Geistesgegenwärtig rannte er auf einen an einer Stelle eingebrochenen Steg zu und kletterte vorsichtig daran empor, stets darauf bedacht, die Metallkonstruktion nicht endgültig zum Einsturz zu bringen. Das spröde und teils rostige Metall bohrte sich in kleinen Spänen in seine Handflächen und Finger, doch Michael erklomm die etwa sechs Meter hohe Ruine aus Gitterrosten, ohne einmal innezuhalten. Über den Steg gelangte er so in den mit einem riesigen Rolltor abgegrenzten Bereich des Gebäudes, wohin die Person offenbar so plötzlich verschwunden war. Eine große Auswahl an Fluchtmöglichkeiten bestand hier nicht, denn der Steg führte offenbar geradewegs durch den Hallenteil nach draußen auf ein Vordach, es sei denn, man entschied sich für den Sprung nach unten. Dort befand sich ein halbes Dutzend Förderbänder, die wohl einmal für den Transport von Maschinenteilen in einen anderen Bereich gedient hatten und aus diesem Teil der Halle hinausführten. Michael glaubte nicht, dass der Typ so verrückt gewesen war, hier herunterzuspringen. Denn dann würde er höchstwahrscheinlich auch da unten mit gebrochenem Bein oder schlimmeren Verletzungen im eigenen Selbstmitleid liegen. Aus Angst, dass die Gitterroste unter seinen Füßen zu rostfarbenem Pulver zerbröseln könnten, setzte er vorsichtig einen Fuß vor den anderen, bis er endlich an der Tür nach draußen ankam. Mit der Schulter voran drückte er die schwere Notausgangstür nach außen und trat auf das gleißend helle Vordach, dessen schmutzig weiße Farbe das Sonnenlicht reflektierte und ihn damit dazu zwang, seine Augen mit dem Arm vor der stechenden Helligkeit des frühen Morgens zu schützen und kurz stehenzubleiben.
Durch die Finger seiner Hand sah er die Umrisse einer Person. Mit zusammengekniffenen Augen konnte er erkennen, dass die Person nur ein paar Meter von ihm entfernt an der Dachkante stand. Er würde nur wenige Schritte brauchen, um zu der Dachkante zu gelangen.
„Das war’s dann jetzt wohl. Leg dich mit ausgestreckten Armen und Beinen auf den Boden und rühr dich dann nicht mehr!“
Michael erwartete nicht, dass dieser Mann seiner Aufforderung einfach so nachkam. Die wenigsten taten das. Wenn er genau darüber nachdachte, hat in seiner Gegenwart bisher noch keiner diese Anweisung ohne Widerstand befolgt. Michael sah, wie der Mann den Mund zu einem schiefen Lächeln verzog. Dann stürzte er sich in die Tiefe.
Michael vernahm ein dumpfes Klatschen, danach waren nur noch die Geräusche der langsam erwachenden Stadt zu hören. Von der Dachkante aus warf er einen Blick hinunter, wo seine Zielperson regungslos in einem von schweren Eisenstäben gesäumten Hof, der noch zur ehemaligen Anlage zu gehören schien, am Boden lag. Vom schräg abstehenden Bein breitete sich eine dunkelrote Lache aus, die langsam über den Beton kroch.
Der bleibt vorerst mal liegen.
Ohne Eile schaute sich Michael genauer auf dem Dach um, ob nicht eine Feuerleiter oder ähnliches nach unten führte, doch er konnte nichts dergleichen entdecken. Einen Sprung nach unten schloss er ob des abschreckenden Beispiels ein paar Meter unter ihm auch aus. Daher lief er über den Wartungssteg zurück und kletterte ebenso vorsichtig wie beim Aufstieg wieder runter in die Halle, in der Mensch und Maschine immer noch im Einklang vor sich hinvegetierten. Durch eine mit roter, fast völlig abgeblätterter Farbe gestrichene Stahltür in einer der Ecken des riesigen Rolltores gelangte Michael in den Hallenbereich mit den Fließbändern. Während er auf die gegenüberliegende Seite zusteuerte, strich er mit einer Hand über das poröse Gummi der Förderbänder. Kleine Schuppen des Materials blieben an seinen Fingerspitzen kleben.
Die Durchgangstür zum eingezäunten Vorhof war nicht mehr vorhanden. Kurz bevor er durch den Türrahmen trat, schoss Michael der Gedanke durch den Kopf, dass er den leblosen Körper nicht mehr in der Blutlache liegend vorfinden würde. Doch er täuschte sich. Die Zielperson lag immer noch mit grotesk schiefem Bein bäuchlings auf dem Boden. Nur das Blut hatte sich noch weiter vorangekämpft. So wie Michael das sah, war der Typ wohl ein wenig falsch aufgekommen und durch den Aufschlag war sein Oberschenkel recht nahe am Beckenknochen gebrochen. Doch etwas kam Michael hier nicht richtig vor. Die Blutlache hatte sich mittlerweile fast kreisrund um den Körper ausgebreitet. Aber Michael konnte keine offensichtliche Wunde ausmachen, kein offener Bruch. Nichts, was eine solche Menge an Blut erklären würde. Als er näher herantrat, wurde ihm auch schnell klar, dass der Oberschenkelbruch wohl eher das kleinere Übel darstellte. Er trat mit beiden Füßen in das sirupartige Blut und ging in die Hocke. Mit seinem Sicherheitsknüppel hob er den Körper vorsichtig an der Schulter an, um einen genaueren Blick auf den Mann zu bekommen. Die gesamte Unterseite des Körpers war nur noch ein einziger roter Brei. Die Gesichtszüge waren schon nicht mehr auszumachen. Bei genauerem Hinsehen bemerkte er, dass das noch intakte Gewebe sich weiter zu verflüssigen schien und damit die Lache speiste, die sich unaufhörlich ausbreitete. Es war wohl eher unwahrscheinlich, dass der Sturz der Auslöser dafür war. Jedenfalls wäre ihm so etwas bisher noch nicht untergekommen. An der Schulter konnte er schon einzelne Muskelstränge erkennen, doch auch die liefen langsam in eine dickflüssige uniforme Masse zusammen und tropften auf den Boden.
Plötzlich durchfuhr Michael ein heftiges Zucken.
Jedes Mal der gleiche Mist.
Er konnte sich einfach nicht daran gewöhnen. Wie immer fühlte es sich für ihn so an, als würde ein winziges Insekt mit mikroskopisch kleinen Greifern mitten in seinem Kopf anfangen, an seinen Hirnwindungen zu nagen. Das und die Tatsache, dass solche Mitteilungen von der Behörde meist recht dringender Natur waren, sorgten dafür, dass er sich von der sonderbaren Leiche abwandte und direkt auf seine ComPlat schaute. Auf dem kleinen, rechteckigen Bildschirm in seinem Unterarm prangte eine Mitteilung.
„GROẞZUSAMMENKUNFT. 1100 UHR. ZENTRALSTATION. RAUM 211B.“ Natürlich am anderen Ende der Stadt. Um die Leiche mussten sich dann seine Kollegen kümmern. Mit einem Seufzer machte sich Michael auf den Weg zu der so kurzfristig einberufenen Versammlung.
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Guter Start! :smiley: Was hat denn der matschige Mann?
Besonders schön auch der Einsatz des neuen großen ß! :smile:


Mein derzeitiger Stand: Ich habe bald die Hälfte des Nanowrimo erfüllt! :gunnar:


Außerdem: @Mevarit und @DoctorYoshi, ihr seid dran! Könnt ja im TS SteinScherePapier spielen, um festzulegen, wer anfängt. :smile:

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