Weil ich gerade nicht schlafen kann und sonst nichts besseres zu tun habe, möchte ich hier noch mehr Worte zu Jamie Oliver verlieren.
Im folgenden spricht nicht der 40 jährige, verheiratete Familienvater aus seinem Einfamilienhaus im Speckgürtel von Köln, sondern der kinderlose Twenty-Something, der seit kurzem im Berufsleben steckt und mit seiner ersten Freundin, die erste eigene Wohnung bezogen hat.
Auf dem 16:9 Röhrenfernseher lief ganz frisch die 8. Staffel Friends und irgendwie fühlte ich mich zum ersten Mal im Leben erwachsen oder war irgendwie wenigstens kurz davor.
Weil wir es uns leisten konnten, hatten wir in unserer Mietwohnung eine nagelneue Einbauküche, aber die wurde nur für Fertiggerichte genutzt. Das höchste der Gefühle war das Maggi Fix Kochbuch, das wir uns extra gekauft hatten, um uns wenigstens halbwegs einreden zu können, dass wir die Küche doch auch zum kochen nutzen.
Das Internet war zwar damals schon da, wurde aber nicht zum Streamen oder Videos schauen genutzt - Youtube war noch gar nicht gegründet. Daher lief viel der Fernseher und so sah ich auch das erste mal The Naked Chef.
Hat mich vom Fleck weg gefesselt. Nicht so ein verstaubter und unsäglich lahmer Kram, wie ausnahmslos alle Fernsehköche der damaligen Zeit, sondern ein unkonventioneller, wilder, junger Brite der einfach mal den Punk in die Küche gebracht hat.
Da musste nix perfekt sein und da war gar nichts langweilig. Da wurde einfach mal gemacht. Gefühlt frei Schnauze und ohne sich immer akribisch an Rezepte halten zu müssen. Teig wurde mit der Faust geknetet, statt mit der Küchenmaschine. Eine Pizza musste nicht kreisrund sein, weil die in undefinierbarer Form genauso gut schmeckt. Beim Schneiden von Zutaten muss man es auch nicht so genau nehmen, einfach schnetzeln, fertig. Und so ging das immer, bei allen Gerichten.
Das hat mich so inspiriert und so von Zwängen beim Kochen befreit, dass ich seitdem nie wieder auch nur eine Maggi Fix Tüte gekauft habe und Fertiggerichte eine absolute Ausnahme geworden sind.
Heute koche ich keine Jamie Oliver Rezepte mehr nach, zumindest nicht bewusst, und auch seine Kochbücher stehen längst nicht mehr in der Küche, aber den Spaß am Kochen habe ich immer noch von ihm und vor allem seine Attitüde in der Küche, die ich oben als Jamies Punk bezeichnet habe, inspiriert mich bis heute.
20 Jahre später: Von Jamie mitgenommen habe ich, dass draußen kochen zwar rustikaler, aber gerade im Sommer einfach besser als drinnen kochen ist und so steht die gusseiserne Pfanne ein wenig schief im Feuer, mir fliegt ein klein wenig Asche ins Essen. Die Kinder haben die Zwiebeln und Paprika völlig wirr geschnitten und es ist allen egal. Wir machen einfach wie wir wollen und lesen Rezepte ohnehin nur als Empfehlung und nicht als Anleitung. Dafür haben wir Spaß am gemeinsamen kochen und experimentieren. Mach was du willst und habe keine Angst alles deinem Geschmack entsprechend anzupassen. Das habe ich von Jamie gelernt.