Hallo Mitbohnen!
Ich hoffe zuerst, dass ich für das folgende die richtige Kategorie im Forum erwischt habe. Ansonsten bin ich für Hinweise dankbar und lernbereit
Aktuell versuche ich mich an Kurzgeschichten zu Hintergründen des Abenteuer-Podcasts, in dem ich mit Freunden Pen&Paper spiele. Das ganze ist im DSA-Aventuriensetting, aber ich glaube das spielt für die Kurzgeschichte keine Rolle. Diese Kurzgeschichte (und hoffentlich weitere) schreibe ich aktuell, weil ich mich auf die dritte Staffel unserer Abenteuer vorbereite und dazu einige (hoffentlich spannende) Hintergrundinformationen im Kurzgeschichtenformat vorbereiten will. Mich würde brennend interessieren, was ihr davon haltet. Jedwege Kritik ist mir willkommen, selbst mit „Ist nicht mein Stil, langweilt mich“ kann ich leben. Ich weine vielleicht einen Moment, aber ich werde es verkraften.
Vielen Dank!
Malus Rabendorn war kein Mann, der um Vergebung bat.
Er wusste nur zu gut, dass er in seinem Leben zu viele schreckliche Dinge getan hatte, wenn auch stets aus den richtigen Gründen. Nun saß er in seinem Arbeitszimmer und strich mit der Hand ein letztes Mal über die Runen, die er in seinen Zauberstab geschnitzt hatte. 108 an der Zahl, zu viele für seinen alten, kleinen Stab. Seine knochigen Finger verspannten sich, als er an die Aufgabe dachte, die vor ihm lag. Würde es ihm damit gelingen, den Hexenkönig zu verbannen und diese jahrzehntelange Schreckensherrschaft zu beenden?
Gegen seinen Willen flogen ihm Gedanken an vergangene Tage durch den Kopf. Damals war er noch ein junger Mann gewesen. Zusammen mit seinem Meister hatte er die antiken Bücher der Magie studiert, Tag für Tag. Es waren furchtbare Zeiten, als die Monster aus dem Norden durch das Land zogen und nichts als Tod und Verderben hinterlassen hatten. "Die Sichel des Nordens“ schimpften sie sich selbst. Nie wieder hatte Malus so viel Leid gesehen, nicht einmal unter der Herrschaft des Hexenkönigs. Nein, diese unheiligen Kreaturen waren wie apokalyptische Reiter von Dorf zu Dorf geritten und hatten nichts als Verwüstung gebracht. Wo sie erschienen waren, hatte es selten Überlebende gegeben. Keine Armee, kein Zauber war in der Lage gewesen sie aufzuhalten, selbst die Götter schienen ihre Jünger im Stich gelassen zu haben. Und doch hatte sein Meister Galdur die Hoffnung gehabt, dass sie den einen Spruch finden würden, der ihnen die Oberhand geben würde. Monate waren sie beschäftigt gewesen. Schlussendlich war es Malus selbst, der eine Lösung gefunden hatte. Nicht in den Büchern der Magie, sondern in einem schwarzen Lederband, bei dessen Anblick ihm schon ein Schauer über den Rücken gelaufen war. Zunächst hatte Galdur den Vorschlag abgelehnt. „Wir wären nicht besser als die, die wir zu bekämpfen versuchen, wenn wir solche Mittel verwenden.“, hatte er gesagt. Er war im Recht gewesen. Doch die Zeit vermag Standpunkte zu ändern.
Als sie auf Rückweg von ihrer Reise zum hohen Rat der Magier gewesen waren, war die Nordsichel über ihre Heimatstadt hergefallen. Sie waren wie vom Teufel besessen gerannt, nur um mit eigenen Augen zu sehen, wie Galdurs Frau Ariana bei lebendigem Leibe in ihrem Haus verbrannt war. Ihr Schreie hatten sich wie tiefe Wunden in Malus Erinnerungen festgesetzt. Von diesem Tage an war Meister Galdur wie ausgewechselt. So schnell wie möglich hatte er dieses Übel aufhalten wollen, um künftige Trauertage zu verhindern. Als er seinen Vorschlag dem Rat der hohen Magier präsentiert hatte, waren diese nicht einmal mehr dagegen gewesen. So sehr fürchteten sie die Nordsichel, dass sie bereit waren, sich auf die Kunst der gefallenen Magie zu verlassen.
Malus sah sich in seinem Zimmer um. Noch immer stand der schwarze Lederband in seinem Regal. Er fragte sich oft, ob es besser gewesen wäre, wenn er ihn nie gefunden hätte. Am Ende hatte er nur ein Übel gegen ein anderes getauscht. Welches schlimmer war, vermochte er nicht zu sagen. Sicher, die Nordsichel hatte alles auf ihrem Weg abgeschlachtet. Doch die sinnlosen Kriege des Hexenkönigs, den er geweckt hatte, brachten nicht weniger Leid mit sich. Damals war Malus Aufgabe einfach gewesen. Der Zauber, den er entdeckt hatte, konnte eine Krone von unvorstellbarer Macht erschaffen. Während Galdur und der hohe Rat mit den besten Schmieden des Landes gearbeitet hatten, um die Krone zu fertigen, war Malus unterwegs gewesen um die vier Auserwählten zu finden. In jeder Generation, so hatte er in dem Buch gelesen, existierten in den vier Himmelsrichtungen vier Hexen. Das schwarze Buch hatte ihm stets den Weg zur nächsten Hexe gewiesen. Trotz seiner magischen Kräfte hatte diese Reise damals fast ein Jahr in Anspruch genommen. Die Hexen waren bereit gewesen ihm zu helfen. Wie hätte er ihnen sagen können, welchen Preis sie zu zahlen hatten?
Als Alexandra das Zimmer ihres Vaters betrat, saß dieser tief über seinen Zauberstab gebeugt an seinem Tisch und atmete schwer. Das Mädchen wusste, was er tat. Er erinnerte sich an das Ritual der Hexenkrone. Sie war erst Jahre später geboren worden, doch er hatte ihr die Geschichte oft erzählt. Jedes Mal war seine Stimme schwer geworden, sein Atmen tiefer und sein Blick in der Ferne verloren. Sie wusste, dass er für das Ritual die vier Hexen auf grausame Weise hatte töten müssen. Sie wusste, dass es geglückt war. Mit Hilfe der Hexenkrone hatten sie die Nordsichel aus dieser Welt verbannen können. Und sie wusste auch, dass es den Meister ihres Vaters um den Verstand gebracht hatte. Den Hexenkönig. Ihre Schritten knackten auf dem dunklen Dielenboden, als sie zu ihrem Vater ging. Er lächelte sie müde an und küsste ihr auf die Stirn: „Alles wird gut, mein Schatz. Du musst keine Angst haben.“. Er hatte ihr bereits erzählt, was er vorhatte. Sie wusste, dass er vielleicht nicht zurückkehren würde. Und Alexandra wusste, dass er es nur tat, um ihr eine bessere Zukunft zu schenken. Kraftlos blieb sie zurück und sah ihrem Vater nach, als dieser das Haus verließ um seinen alten Meister zu bezwingen.