Wehrdienst und Zivildienst - eure Meinungen, Geschichten, Erfahrungen

Ja ich sagte ja XY statt Zivi/Wehrdienst

Wer einfach so zum THW ging, ging zum THW, das ist was komplett getrenntes, klar.

Ich kann auch über den Zivildienst abrotzen.

Ich habe in einer Einrichtung für behinderte Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene Zivi gemacht (Behinderungen körperlich und geistig quasi alles querbeet durch von bettlägerig bis Behinderung für den Laien wie mich nur beim Blick in die Akte nachvollziehbar). Einerseits waren die Erfahrungen für mich sehr wertvoll, weil ich vorher noch nie näher etwas mit behinderten zu tun hatte, andererseits…

Diese Einrichtung hatte noch eine Außenwohngruppe für Jugendliche und junge Erwachsene, die weitgehend selbständig waren (eigene Bankkonten, eigene Handys usw.) und die man in dieser Form nochmal besser fördern konnte. In dieser Gruppe bin ich hauptsächlich eingesetzt worden. Aber eine Woche vor meinem Dienstantritt war die Gruppe auf einer Freizeit, wo einer der Jugendlichen ein vierjähriges Mädchen sexuell missbraucht hat. Gesellschaftlich hat sich in der Wahrnehmung dieses Themas in der Zwischenzeit Gott sei Dank einiges getan, aber der Heimleiter hat die ganze Zeit so getan, als wäre das ein läppisches Kavaliersdelikt. „Dummerweise“ wurde der Typ dann aber ausgeschult und ich wurde auserkoren, ihn zu betreuen. Der Großteil meines Zivildiensts sah also so aus, dass ich ihn morgens aus der Wohngruppe abholen, in die Haupteinrichtung bringen und dort sechs Stunden beaufsichtigen musste (das fiel saisonal dann immer mit solchen Dingen wie Laub zusammenrächen oder Schnee schippen zusammen). Nochmal zur Erinnerung: In dieser Haupteinrichtung lebten auch kleine Kinder, die teilweise aufgrund ihrer Behinderung auch nicht in der Lage waren, sich in irgend einer Form zu äußern. Ich war nie der stärkste und der Jugendliche war zu diesem Zeitpunkt gut und gerne 150kg schwer und einen Kopf größer als ich. Von den anderen Erzieher:innen habe ich erzählt bekommen (selbst war ich zum Glück nie dabei), wie er durchaus schon mal ausrasten und Stühle durch die Gegend schmeißen konnte, wenn ihm etwas nicht gepasst hat. Meine ständige Angst war, dass er mich jetzt ausknockt und sich wieder an irgendwelchen kleinen Mädchen vergreift. Ist zum Glück nicht dazu gekommen.

Und diese „Kavaliersdelikt“-Einstellung der Heimleitung war damals auch leider die vorherrschende in meinem damaligen Umfeld. Irgendwie schien mich in der Hinsicht niemand ernst zu nehmen, weshalb ich auch sehr froh war, von da weg zu sein. Und meine Entscheidung, Pfarrer zu werden, beruht unter anderem auch auf diesen Erfahrungen. Damals war für mich klar: Wenn jemand in eine vergleichbare Situation gerät, will ich dieser Person aufmerksam zuhören. Das hat damals bei mir niemand getan.

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