Kimi no Na wa. / 君の名は。- Your Name.
Endlich bin auch ich dazu gekommen, mir diesen hochgelobten Anime-Film anzusehen! Makoto Shinkais “Kimi no Na wa.” ist in Japan ein regelrechter Kassenschlager und kratzt sogar an dem Erfolg von Chihiros Reise ins Zauberland. Nebenbei räumt er alle möglichen Preise ab und wird sogar auf internationalen Bewertungsplattformen gefeiert. Das ist überaus beeindruckend, denn normalerweise traut man solche Erfolge nur Studio Ghiblis Mastermind Hayao Miyazaki zu. Mit “Kimi no Na wa.” beweist Regisseur Makoto Shinkai nun also endgültig, dass es zu den größten Regisseuren Japans gehört.
Es geht um Mitsuha und Taki - beide Oberstufenschüler, aber das ist auch die einzige Gemeinsamkeit. Mitsuha kommt nämlich aus einer sehr kleinen, traditionsbewussten Stadt, während Taki im Herzen Tokios lebt. Beide meistern ihren stressigen Alltag, doch wünscht sich vor allem Mitsuha eine Flucht in die Großstadt. Taki selbst ist an Tokio schon dermaßen gewohnt, dass sein Horizont sehr eingeschränkt ist. Er torkelt von der Schule zum Nebenjob und lebt vor sich hin. Während Mitsuha also über weite Felder streift und abends an traditionellen Festen teilnimmt, schaut Taki auf die abendliche Skyline Tokios und schreibt Tagebucheinträge in sein Smartphone. Doch eines Tages geschieht etwas, das beide auf eine merkwürdige Art und Weise plötzlich miteinander verbindet. Mitsuha findet sich in Takis Körper wieder und umgekehrt schlüpft Taki in Mitsuhas Körper und Alltag.
“Kimi no Na wa.” ist ein unfassbar gut aussehender Anime-Film! Von Makoto Shinkai ist man wunderschöne Filme gewohnt, aber “Kimi no Na wa.” legt noch eine Schippe drauf. Jedes Bild steckt voller Details, sodass man fast im Sekundentakt auf Stopp drücken und das Bild erforschen kann. Aber auch die Animationen und Landschaften sehen dermaßen gut aus, dass der Film im Hinblick auf das Visuelle nur als Augenweide bezeichnet werden kann. Auch der Soundtrack kommt nicht zu kurz und beschert lockere, bittersüße und treibende Klänge. Audiovisuell ist “Kimi no Na wa.” also ein Meisterwerk.
Den Ausgangspunkt der Geschichte fand ich ebenfalls toll umgesetzt, denn sie präsentiert die Körpertausch-Prämisse wirklich lustig, tragisch und unterhaltsam. Zudem hält die Geschichte mehr parat als nur dieses unvorhergesehene Ereignis. Sowohl Mitsuha, als auch Taki erscheinen außerdem sehr sympathisch und Makoto Shinkai verzichtet glücklicherweise auf übertriebenen, nischigen Anime-Humor zugunsten der realistischen Darstellung. Wer sich außerdem mit Japan etwas besser auskennt, wird hier und da noch einige interessante Verweise finden.
Dennoch muss ich leider sagen, dass für mich “Kimi no Na wa.” kein Meisterwerk ist und das hat mehrere Gründe. Während mich die erste Hälfte gepackt hat und ich mich bestens unterhalten gefühlt habe, hat mich die zweite Hälfte des Films etwas verloren. Für mich verschenkt die Geschichte am Ende zu viel Potenzial und wird sehr vorhersehbar. Und genau da liegt der Hase im Pfeffer! Warum wird es vorhersehbar? Nun, weil Makoto Shinkai unaufhörlich sich selbst zitiert. Gerade in der zweiten Hälfte hatte ich das Gefühl, ein Remake von “5 Centimeters per Second” zu sehen. Die selben Motive, eine ähnliche Charakter-Konstellation, der gleiche Verlauf der Geschichte, teilweise 1:1 aussehende Kamerafahrten und Blickwinkel und letztlich fast das selbe Ende. Shinkais “5 Centimeters per Second” ist zwar schon zehn Jahre her und trotzdem habe ich mich beim Schauen von “Kimi no Na wa.” ständig daran erinnert gefühlt.
Des Weiteren fühlt sich dieser Anime-Film anfangs noch sehr frisch und neu an, verfällt im letzten Drittel aber wieder zu sehr in das gängige Anime-Storytelling. Wer also schon ein paar Romance/Drama-Animes gesehen hat, wird vieles davon in “Kimi no Na wa.” wiederfinden. Schließlich denke ich, dass es im letzten Drittel bisschen weniger Kitsch hätte sein können. Überhaupt muss ich sagen, dass ich am Ende von “5 Centimeters per Second” emotional mehr investiert war. Vielleicht liegt es ja daran, dass ich bei “Kimi no Na wa.” schon geahnt habe, wohin die Reise geht.
Makoto Shinkai macht richtig gute Anime-Filme, keine Frage. “5 Centimeters per Second”, “The Garden of Words”, “Kimi no Na wa.” - das sind bildhübsche, handwerklich geniale Anime-Filme mit bittersüßen Geschichten und tollen Atmosphären. Und ja, Shinkai hat mit “Children Who Chase Lost Voices” und “The Place Promised In Our Early Days” auch mal was anderes gemacht, aber leider ähneln sich die Motive seiner Romance/Drama-Animes zu sehr und bedienen sich zu oft typischer Genre-Storytelling-Elemente.
Versteht mich nicht falsch, “Kimi no Na wa.” ist für sich stehend ein großartiger Anime-Film und gerade Leute, die die anderen Werke Shinkais nicht kennen, werden viel Spaß damit haben. Doch wer sich mit der Materie etwas besser auskennt, kriegt wenig Neues. Von mir gibt es also selbstverständlich eine Empfehlung, aber ich persönlich muss dem Film hier und da leider einen Abzug geben und kann ihn nicht blind mit Lobesworten überschütten.