Lovelace:
Amanda Seyfried ist echt gut in diesem Film. Wirklich fantastisch. Sie spielt Lisa Lovelace, eine junge Frau welche in den 70er Jahren durch den Porno “Deep Throad” berühmt wurde.
Das Problem ist, Seyfried scheint in einem ganz anderen Film zu spielen als der Rest des Castes. Während sie einen Charakter darstellt, welchen man in einem komplexen, schwierigen Drama ernst nehmen kann ist sie umgeben von einem Haufen Figuren, welche entweder überzeichnete Karikaturen sind, welche man in einer leichten Komödie finden könnte, oder aber… James France, bei dem ich keine Ahnung habe, WAS genau er versuchte mit seiner Rolle. Alles was ich dazu sagen kann ist, dass das wohl eine der schlechtesten Leistungen als Schauspieler ist, die ich je von ihm gesehen habe.
Und die schizophrene Diskrepanz bezüglich Ton zwischen den Nebencharakteren und Seyfrieds Linda Lovelace Charakter ist eine perfekte Repräsentation des gesamten Filmes.
Der Film handelt nämlich von der grauenhaften Erfahrung welche Linda Lovelace in der Porno-Industrie hatte, und wie sehr sie dort gedemütigt und ausgenommen wurde. Ein hartes, schwieriges Thema, welches durch den Aspekt, dass der Hauptverantwortliche für ihr Leiden ihr Ehemann war noch viel komplexer wurde… und trotzdem kommen weite Strecken des Filmes tonlich recht daneben rüber. Wie gesagt, ganze Aspekte wirken wie bekloppte Komödien, was einfach sowas von unpassend ist.
Dass die Idee war, die erste Hälfte so zu zeigen, als ob die Protagonistin etwas naiv reingezogen wurde, aber im Prinzip die Aufmerksamkeit durchaus genoss, während die zweite Hälfte die Lücken der ersten Hälfte so zu füllen, dass man merkte, was ihr eigentlich angetan wurde. Damit könnte man eventuell verteidigen, dass der Film tonlich zweigeteilt war. Das Problem ist, dass es der ersten Hälfte nie gelingt den Eindruck zu erwecken, als sei Linda NICHT das Opfer unmenschlicher und unfairer Machenschaften und Ausbeute. Die zweite Hälfte zeigt rein gar Nichts, was irgendwie als Überraschung kommt, und darum ist der leichtere Ton in der ersten Hälfte zu jeder Zeit unpassend, und die “Schock”-Momente in der zweiten Hälfte zu keinem Zeitpunkt überraschend oder eine Inversion unserer Erwartungen.
Das liegt zum einen daran, dass die erste Hälfte durchaus genug Szenen enthält, in welchen es völlig klar gemacht wird, dass die Protagonistin falsch und unmenschlich behandelt wird, aber das Problem ist auch, dass Amanda Seyfried, wie gesagt, eine hervorragende Schauspielerin ist. Man merkt ihr in der ersten Hälfte einfach zu sehr an, dass die positive Fassade nur aufgesetzt ist. Das ist definitiv ein Plus für ihre Darstellung, aber funktioniert leider nicht im Bezug auf die Struktur des Filmes.
Ausserdem gelingt es dem Film auch nicht, Lindas Charakter in den nötigen Kontext der Gesellschaft zu stellen. Es ist einfach zu oft unklar, wie die Nebencharaktere sie wirklich sehen, wer genau was weiss, die Öffentlichkeit scheint fasziniert von ihr und ihrem Film zu sein, was sicher historisch so war, aber einem Zuschauer wie mir, der nicht in dieser Zeit oder Gesellschaft aufgewachsen ist, wird in keiner Art klar gemacht, inwiefern Linda Lovelaces Porno ein Kultursymbol wurde, welches offen in Kinos geschaut und diskutiert wurde… Ich verstehe, dass das damals tatsächlich so war, aber wenn man das historische Wissen dazu nicht hat (was ich nicht hatte bevor ich den Film sah, und auch jetzt noch nicht wirklich habe), dann kann man sich nur verwirrt am Kopf kratzen, wenn der Film dir plötzlich zeigt, wie sehr “Deep Throad” zu einem scheinbaren Teil-Mainstream Erfolg wurde. Mehr historischer Kontext wäre da nötig gewesen. Und der Mangel dieses Kontext sorgt einfach dafür, dass die eher überzeichnete und unrealistisch wirkende Gesellschaft noch fremder daher kommt.
Fazit: Amanda Seyfried ist hervorragend, in einem Film der ihrer Leistung leider in keiner Weise gerecht wird und alles in allem mehr verwirrt als wirklich gelungen ist.