Yesterday
Gerade wenn man wie ich eine recht musikalisch geprägte Schulzeit hat bleibt vieles hängen, weswegen es mich immer wieder in Musikfilme oder Biopics ins Kino treibt. Hier wird aber ein neues Szenario aufgebaut, dass gerade in die Musikfilme der heutigen Zeit neuen Wind verleiht. Denn: nach einem Stromausfall kann sich niemand mehr an die Beatles und verschiedene andere Dinge mehr erinnern und der Protagonist Jack Malik beginnt radikal an seiner neuen Realität zu zweifeln.
Um fair zu sein muss man den Film von Trainspotting-Regisseur Danny Boyle auf einige Sachen herunter brechen, denn im großen und ganzen ist das hier eine Musik-Komödie mit einem frischen Szenario, das mich aber über den Film hinweg durchweg unterhalten konnte, aber dennoch an den richtigen Stellen ansetzt um mir eben nicht nur eine 08/15-Komödie zu präsentieren. Leider geht hier trotzdem etwas verloren, dass die Komödie sicher noch runder gemacht hätte, denn es fühlt sich nicht wirklich wie ein Film von Danny Boyle an. Obwohl Himesh Patel nicht nur mit seinem Fingerspitzengefühl an der Gitarre sondern auch mit seiner Stimme und einer breiten Palette von Emotionen den Film durchaus trägt, hat Lily James mich einfach mehr berührt, da auch ihre Lage durchaus verzwickt ist und sie als Managerin mit Jack gerade am Anfang unzertrennlich wirkt. Charmant und eben nicht ausgeschlachtet wirkt es gerade weil die Charaktere hier endlich mal miteinander reden und viele Tatsachen auf dem Tisch liegen, die in Komödien normalerweise verschwiegen werden oder zufällig ans Licht kommen. Weiter zum Cast muss ich auch wirklich sagen, dass die typische Managerfigur, die vermehrt als ein Antagonist angelegt wird (z.B: Straight Outta Compton; Bohemian Rhapsody) sich hier dieser Klischees fast schon bewusst ist und dazu wunderbar zynisch von Kate McKinnon verkörpert wird. Rocky, gespielt von Joel Fry, wirkt gerade am Anfang wie der typische Verlierer im Film, aber gerade durch seine verpeilte und sympathische Art ist er mir im Verlauf des Films ans Herz gewachsen. Und dazu weiß selbst Ed Sheeran, der doch eine gar nicht so kleine Rolle hat und obwohl er sich selbst spielt, zu überzeugen.
Ich muss zugeben, dennoch kann man ab einer bestimmten Stelle voraussehen wie dieser Film ausgeht, trotzdem macht es Spaß Jack auf der Suche nach den Beatles-Songs zu begleiten und in die Musikgeschichte der Rockband einzutauchen. Dazu wird das Szenario des Blackouts wunderbar ausgenutzt, da einige fast alltägliche oder Popkulturelle Elemente einfach aus der Welt verschwinden und einfach somit schön absurde Szenarien produzieren. Dennoch rückt er uns an einigen Stellen fast schon zwanghaft auf die Pelle damit wir etwas witzig finden, was aber leider nicht immer zündet. Dennoch kann das Drehbuch von Richard Curtis überzeugen, da gerade dramaturgisch gesehen der Film genug Dynamik aber auch genug Stillstand mit einander vereint. Auch wie Jack in der neuen glamourösen Welt der Musikindustrie strauchelt, stolpert und zunehmend mehr und mehr den Boden unter den Füßen verliert funktioniert besonders gut, bringt ihn auch an den Rand eines Nervenzusammenbruchs und zeigt ihm auch die andere Seite der Medaille. Dazu muss er sich auch ständig mit seinem Gewissen herumschlagen, welches ihm ständig einheizt und ihn auch einfach nicht in Ruhe lässt.
Handwerklich fand ich persönlich die Kameraarbeit recht gelungen, da man sich hier nicht mit dem Standardrepertoire zufrieden gibt. Der Großteil wurde gut umgesetzt, gerade wie die Musik der Beatles mit dem Soundtrack verwoben wird fand ich sehr gelungen und viele Locationwechsel bringen auch etwas Abwechslung in den Film. Es fühlt sich stellenweise auch etwas eine kleiner Achterbahn der Gefühle an, dennoch setzt sich das Gefühl nicht vollständig.
Was uns der Film natürlich hauptsächlich vermittelt und was ich auch bestätigen kann, dass die Musik der Beatles selbst in unseren modernen Zeiten immer noch verdammt tief schürft, emotional zu berühren weiß und das diese Musik selbst heutzutage noch erfolgreich sein kann. Auch wenn dann mal ein “Hey Jude” mit einem “Hey Dude” ausgetauscht wird. Eine unterhaltsame charmante Musikkomödie, die einige kreative Kniffe besitzt und auch zu berühren weiß, aber sich leider nicht traut, aus dem häufigen Muster der Komödien auszubrechen. Trotzdem waren das schöne wenn auch etwas zu gezogene 117 Minuten.
7 von 10
Gesehen im Kino auf Deutsch