Der beste Tip ist eigentlich meiner Meinung nach, die Charaktere zu erschaffen bevor man das eigentliche Abenteuer schreibt. Meistens ergeben sich in der “Session 0” genügend Plothooks für später, besonders wenn man als SL nicht vergisst, so viele Fragen zu stellen wie möglich.
Einer deiner Charaktere ist Polizeiinspektor? Fantastisch, was war sein letzter großer Fall, wer war alles involviert und wie haben die Medien darüber berichtet? Einer anderer ist leidenschaftlicher Glücksspieler? Großartig, wem schuldet er Geld oder wen hat er kürzlich abgezockt? Ein dritter ist Mediziner? Toll, welchen großen Durchbruch hatte er kürzlich in seinem Spezialgebiet? Dann gibt es noch die reiche Adlige? Super, welche Beziehungen hat sie zu anderen Familien oder den örtlichen Politikern?
Wenn man wie in deinem Fall schon eine recht genaue Vorstellung hat, was man spielen möchte, kann man die Spieler mit solchen Fragen natürlich auch ein bisschen austricksen. Du antizipierst, dass die Helden von einem Adligen engagiert werden. Gut, irgend einer deiner Spieler wird schon bei einem Abenteuer in London auf die Idee kommen, einen Lord oder eine Lady zu spielen. Frag den Spieler einfach, welche anderen einflussreichen Personen er oder sie kennt und wie er oder sie diese Personen vielleicht mal nachträglich beeindruckt hat.
Manchmal geht das natürlich nach hinten los und deine Spieler geben dir einfach nicht die “richtigen” Antworten. Das macht aber eigentlich nichts, das heißt für dich nur, dass dein gedachter Opener nicht gut für deine Gruppe funktioniert. Macht nichts, dann fängt das Abenteuer eben anders an. Wenn beispielsweise alle arme Schlucker spielen und auf der Straße leben, dann wird eben das erste Opfer der befreundete Bettler von nebenan oder der Bruder oder die Schwester einer der Spieler.
Wichtig ist eigentlich nur, dass du bei der Charaktererstellung so viele Fragen wie nur irgendwie möglich stellst. Welche Personen kennen deine Spieler, wem schulden sie vielleicht einen Gefallen oder wen haben sie so sehr beeindruckt, dass sie engagiert werden? Sie sind Helden, also ist auch davon auszugehen, dass sie die besten in ihrem Job sind. Lass sie einfach vergangene Heldentaten erzählen und nimm darauf Bezug.
Wenn es darum geht, dein Abenteuer zu veröffentlichen, dann kannst du mehrere solcher potenziellen Plothooks vorschlagen. Letztendlich ist es aber immer die Aufgabe des SLs, seine Spieler für das Abenteuer zu interessieren. Wenn ich nicht selbst schreibe, dann ändere ich trotzdem immer den Anfang so um, dass er zu meiner Gruppe passt. Im übrigen fällt Railroading unerfahrenen Spielern ohnehin nicht so negativ auf, bedeutend schlimmer sind eigentlich die Rollenspiel Veteranen. Die tendieren meiner Erfahrung nach viel eher dazu, außergewöhnliche Wege zu nehmen.
Was ich auch übrigens auch gerne mache ist, am Anfang meines Abenteuers zwei Sektionen zu haben, eine “WAS IST PASSIERT” und eine “WAS WIRD PASSIEREN”. In der ersten notiere ich mir die Verkettung an Umständen, die zum Status Quo geführt haben. Das hilft dir später beispielsweise dabei, herauszufinden welcher NPC welche Informationen und welche Agenda hat. In der zweiten mache ich mir hauptsächlich darüber Gedanken was passiert, wenn die Helden einfach mal für den Rest des Abenteuers Eis essen gehen. Also wenn der Plot nicht verfolgt wird oder wenn die Helden versagen. Normalerweise gibt dir die zweite Sektion genügend Angriffsmöglichkeiten, deine Spieler wieder sanft zu den Geschehnissen zurück zu führen.
Ansonsten hab ich persönlich mir abgewöhnt, zu stark in Szenen und vor allem einer Reihenfolge derselben zu denken. Eigentlich bestehen meine Abenteuer immer aus einem speziell für die Gruppe geskripteten Anfang, einem Ende wie ich mir den Ausgang vorstelle, wenn alles gut verläuft und vielen Versatzstücken in der Mitte. Je flexibler man da bleibt, desto leichter hat man es später, wenn mal wieder in die entgegengesetzte Richtung gelaufen wird.
Viel Erfolg aber bei deinem Abenteuer! Der Anfang sieht sehr vielversprechend aus und ich drück dir die Daumen, dass alles gut läuft!
Cheers,
Beri