Allgemeiner Thread zu Diskriminierung - (Teil 2)

Niemand hier bestreitet hier die Opferrolle und ich denke, dass das in der Zwischenzeit auch schon oft genug genannt wurde.

Denken wir mal den Gedanken weiter und gehen mal davon aus, dass Prostitution verboten wird. Wie gehts dann weiter? Passieren wird sie dennoch weiterhin und selbst wenn der/die Prostituierte nicht kriminalisiert wird, die Stigmatisierung bleibt, die gesellschaftliche Randposition bleibt oder wird noch verstärkt. Da stellt sich mir dann schon die Frage, obs da nicht bessere Alternativen gibt.

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Würd hier auch bitte nicht nur von Frauen reden. Gibt genug Menschen gerade in der LGBTQ+ Bubble, die sich prostituieren müssen, weil ihr Staat/Gesellschaft ihre sexuelle Orientierung ahndet (gerade schwule Männer aus südlichen Ländern) und es das einzige ist, wie sie irgendwie ein Einkommen erzielen. Und ein Verbot dieser einzigen Einkommensquelle nutzt ihnen halt absolut nicht, im Gegenteil, werden sie noch abhängiger von ihren Zuhälter*innen und sind ihnen ausgeliefert.

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Wobei ich das auch nicht als objektiv falsch ansehe und mir auch vorstellen kann, dass auch die, die es nur aus Geldnot machen, am Ende schnell mal traumatisiert sind oder Drogen nehmen, um es zu ertragen.

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Ich glaube, es wäre für die Diskussion auch zuträglich, wenn man nicht sofort versucht, diejenigen, die es freiwillig machen gegen diejenigen, die hineingedrängt werden, gegeneinander auszuspielen und sich nur an dem Aspekt der „Freiwilligkeit“ aufhängt. Zumal die Verhältnismäßigkeiten da auch eher schlecht aussieht.
Man darf dabei nicht vergessen, von wem in dieser Thematik überhaupt die Traumatisierungen und die Gewalt ausgeht und das im Fokus die Selbstverständlichkeit in der Ahname, dass sich ein Körper für Geld hergibt, ob mit oder ohne Konsens, liegt.

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Hast natürlich recht, dass es nicht nur Frauen betrifft.
Der Grund dafür dass ich generell von Frauen rede bei der Diskussion ist halt, dass gerade in Deutschland glaub von 90+% aller Prostituierten Frauen sind.
Ist halt ein bisschen wie beim Thema sexueller Übergriffe. Ja, ist ein Thema wo alle Geschlechter betroffen sein können… aber es ist doch primär eines der Geschlechter welches am stärksten betroffen ist.

Aber wie gesagt, hast recht dass es nicht nur Frauen betrifft, sondern natürlich Prostituierte aller Geschlechter.

Es ist nur dann „falsch“, wenn das normalerweise nicht dein Kriterium ist, wenn du von „Freiwilligkeit“ bei der Arbeit sprichst. Was die meisten Leute nicht tun.
Entweder gilt ein „Lohnzwang“ als Grund nicht mehr von Freiwilligkeit zu reden, und dann gilt das für alle Berufe, oder nicht. Aber ich finde man kann nicht ehrlich sagen, dass eine Person welche sich prostituiert weil sie Geld braucht das nicht „freiwillig“ macht, aber dann bei anderen Berufen sagen, man mache es freiwillig, wenn man den Beruf aus finanziellen Gründen macht.

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Es ist eben (strafrechtlich wie moralisch) ein Unterschied ob du zum Regale einräumen gezwungen wirst oder zu Sex. Das erste Mal genauer über die Problematik nachgedacht habe ich, als ich es eben dieser Perspektive präsentiert bekam: Lohnarbeit im Kapitalismus ist Ausbeutung. Prostitution im Kapitalismus ist sexuelle Ausbeutung.

Es kann bei legaler Prostitution praktisch nicht verhindert werden, dass sich ein Freier mehr „nimmt“, als vorher verhandelt wurde. Das ist dann eine Vergewaltigung, gegen die man kaum vorgehen kann. Sofort käme das Argument „Der hat ja dafür bezahlt“. Schon wenn kein Geld geflossen ist, müssen sich vergewaltigte Frauen zu oft die Frage anhören, ob sie es vielleicht doch gewollt hat. Wer kann das sagen? War ja sonst keiner dabei.
Aus der Sicht finde ich das nordische Modell gut, da man den übergriffigen Freier allein für den Gang zur Prostituierten kriegt, die Prostituierte aber keine Strafe fürchten muss. Einen Freier der sich anständig verhält, wird von der Prostituierten dann höchstwahrscheinlich nicht angezeigt werden. Es ergäbe sich möglicherweise eine Duldung der eigentlich illegalen Aktivität.

Es gibt natürlich schon Prostituierte, die selbstständig sind, sich ihre Freier aussuchen können und keine Angst haben brauchen. Aber das ist leider die absolute Ausnahme und es ist schwierig mit diesen das Leid von so vielen anderen zu rechtfertigen.

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Das ist der springende Punkt.
Wenn du Lohnarbeit als Ausbeutung ansiehst, dann ok. Dann kannst du auch davon sprechen, dass jeglicher Sexualhandel der für finanzielle Gründe gemacht wird als sexuelle Ausbeutung ansiehst.
Mein Punkt war, dass dies oft nicht gemacht wird. Man tut so, als sei Lohnarbeit eine Wahl die man trifft, aber Prostitution (welche aus dem gleichen Grund gemacht wird) ist unfreiwillig und nicht eine Wahl. Das ist wiedersprüchlich.

Weil der Beruf stigmatisiert ist.
Ist das nicht der Fall, so wäre es wesentlich einfacher für eine Prostituierte den nötigen legalen Schutz hier zu bekommen. Die Tatsache, dass ein Freier eine Prostituierte vergewaltigen kann ist für mich kein Argument gegen Prostitution an sich, und mehr ein Argument gegen das System in dem Prostituierte wenig Schutz erhalten.

Hierzu habe ich mich an diese Debatte hier erinnert.

Das Problem mit dieser Debatte ist, dass es keinen Fact-Checker gibt, und dass sich die Leute da oft wiedersprüchliche „Fakten“ an den Kopf werfen. Lustigerweise scheinen in dieser Debatte aber gerade die Sexworker oder die Teilnehmer welche Erfahrung in der Industrie haben nicht sonderlich von dem Nordischen Modell angetan zu sein und scheinen eher das Neuseeländische zu loben (welches aber meines Wissen nach auch massive Lücken hat).

Gut, aber ich glaube das macht auch niemand. Niemand verteidigt hier Sexuelle Übergriffe, Menschenhandel und Vergewaltigungen gegen Menschen oder spielt sie runter. Ich glaube, dass diese Industrie massive Probleme hat, welche unbedingt angegangen werden müssen ist etwas, wo hier glaub alle zustimmen.

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Wenn es auf legaler und auf professioneller Ebene geschieht, steht ja nichts im Wege, das ganze vertraglich und schriftlich festzuhalten, was in Ordnung ist und was nicht. Dazu immer nochmal eine Person im Nebenzimmer, die im Zweifelsfalle eingreifen und eine Aussage vor Gericht machen kann.

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Ich hab mir die Diskussion dazu nicht komplett durchgelesen, man sollte aber auch erwähnen, dass bei weitem nicht alle Prostituierten „in Geldnot“ sind, dass sie dazu gezwungen sind den Job auszuüben.
Viele Prostituierte sind z.B. auch Stundentinnen. Ja, sie könnten auch nen anderen Nebenjob machen, Kellnern oder sich bei Aldi anne Kasse setzen, dann gehen sie aber auch nicht mit teils über 5K Euro am Ende des Monats nach Hause.

Während meines Studiums habe ich eine kennengelernt, die das gemacht hat und ihrer Erzählung nach gewöhnen sich viele einfach an einen gewissen Lebensstandart, den sie dann nicht mehr missen wollen. Zumindest das Bordell, wo sie gearbeitet hat, sei lt. ihr ziemlich sicher gewesen und sie hatte auch die Möglichkeit Freier abzulehnen wenn sie ihr zu aggressiv, betrunken oder unhygienisch wirkten.
Hauptsache sie konnte die Miete für den Raum zahlen, alles andere war quasi ihr überlassen.

Ich denke daher, dass es schon viel helfen würde, die Bordells besser zu kontrollieren und zu regulieren. Ein Verbot würde das ganze nur in den Untergrund treiben, wo sich keiner um das Wohl der Frauen schert.

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Seit Salomé Balthus bei RBTV war folge ich ihr und einer anderen Prostituierten auf Twitter. Was ich dort mitbekomme können die meisten entscheiden wen sie als Kunden nehmen udn wen nicht, auch die nicht Edel Prostituerten die sie kennen und mit denen sie sich dort austauschen.

Ich wäre auch dafür das offiziell als Beruf mit allem drum und dran anzuerkennen. Wer damit sein Geld verdienen will und dem/der der Job Spaß macht, warum nicht.

Eine gute Freundin von mir meinte auch dass wenn sie nicht früh Mutter geworden wäre hatte sie auch überlegt sich mit Prostitution ein Zubrot zu verdienen da sie gerne Sex hat mit wechselnden Partnern.

Wenn man mal die Quellen dazu anschaut, dann geht es um ein Statistik des FBI, das in Nevada die Vergewaltigungarate am höchsten ist. Genaueres fand ich dann dazu nicht.

35 Laut den Vergewaltigungsstatistiken des Federal Bureau of Investigation (2004) lagen die
Vergewaltigungsquoten in Nevada, wo Prostitution legal ist, deutlich über dem Durchschnitt der gesamten USA
und waren höher als etwa in New York, Los Angeles und San Francisco. Zitiert in Farley, M. et al. (2011),
„Attitudes and Social Characteristics of Men Who Buy Sex in Scotland“, Psychological Trauma: Theory, Research,
Practice and Policy, Online-Vorabveröffentlichung, 28. März 2011.

Aber einfach den Schluss zu ziehen das es an der Legalität von Prostitution in Nevada liegt, ist nicht sehr wissenschaftlich. Damit angefangen das Prostitution nur in teilen von Nevada legal ist und das man mit Vegas, 2 Mio. Menschen im Großraum und 38 Mio Besuchern pro Jahr und Hotspot von Kriminalität einen ziemlichen Sonderfall hat.

Und keiner Spricht hier einer Norak oder Huschke Mau ihre Erfahrungen ab und das diese sehr schlimm für die Frauen gewesen sein müssen. Nur wie hier schon Anklang, ein Antwort auf „wie weiter“ bieten sie auch nicht.
Ich habe solche Diskussionen auch schon live geführt und fast nie gibt es weiter Idee außer Abschaffen.
Von einer Freundin aus dem Studium, die in die Sex Working Hilfe gegangen ist, weiß ich auch wie schlimm es für Frauen ist die (warum auch immer) nicht Frei (also auch ohne Zwange wie Geldnot) in die Szene gekommen sind sein kann oder gar durch direkten Zwang und oder Gewalt dritter. Sie erzählt aber auch wie vielfältig die Szene sonst sein kann, wie vielen sie auch schon Helfen konnte, eben weil die Szene nicht komplett im Illegalen liegt. Die Hilfe für die Frauen wird nicht nur schwerer weil sie meist von Freiern aus dem organisierten Verbrechen abhängig sind. Auch können Sozial Arbeiter schwerer die Szene überwachen, weil sie Bedroht und rausgedrängt werden.

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Stigmatisierung ja, aber die bleibt auch so. Die Gesetzgebung wird wenig dabei helfen Prostitution in der Gesellschaft zu einem als normal angesehenen Beruf zu machen. Sieht man hier (Deutschland) doch.

Das es keine Hilfe geben würde halte ich für gewagt. Es gibt auch haufenweise Angebote zur Drogenentwöhnung und entsprechende Therapien, auch wenn Handel und Besitz weitestgehend strafbar ist.

Im Gegenteil sehe ich eher einen Konflikt darin auf der einen Seite einen Berufszweig als normal und legal zu behandeln, auf der anderen Seite aber Ausstiegsprogramme anzubieten. Es ließe sich doch wesentlich einfacher für den Aufstieg argumentieren, wenn es illegale Geschäfte wären.

Da bleibt halt die Frage wie oft das denn wirklich vorkommt. Wenn man den Studien und Aussagen, die hier schon zitiert wurden, Glauben schenkt so gut wie nie, da nahezu alle irgendwelche Schäden, sei es seelisch oder körperlich, davon tragen.
Grundsätzlich sehe ich es aber wie du, denn egal ob oder wie man die aktuelle Gesetzeslage verändert

so etwas sollte nicht kriminalisiert werden. Es gibt, fernab von irgendwelchen inneren und äußeren Zwängen, einfach Menschen die gerne und viel Sex mit wechselnden Partnern haben möchten. Wenn da wiederrum die Partner bereit sind dafür zu zahlen, warum denn nicht? Solange das beiderseits auf absoluter Freiwilligkeit basiert halte ich es für falsch das für, egal welchen Beteiliigten, zu kriminalisieren. Problem daran ist aber der Nachweis was nun freiwillig ist. Das wird man aber nie lösen können ohne die eine oder andere Seite zu benachteiligen.

„So liebe Klasse, in diesem Jahr beschäftigen wir uns in Lernfeld 01 über mündliche Kaufverträge und wenn eure Freier nicht zahlen möchten. Aber jetzt starten wir mit Lernfeld 02 mit dem Namen Kunden oral befriedigen. Bettina, komm mal nach vorne. Wir üben heute am lebenden Objekt.“

Nein.

Ich habe in Jobs schon sehr viele Dinge getan, die ich nicht in der Schule gelernt habe. Die soll ja auch nur auf die Berufausbildung vorbereiten, da kommt niemand als fertiger Schreiner oder Anwalt raus. Aber eine Berufsschule für Sexarbeit? Klar, warum nicht. Vielleicht können erfahrene Escorts Azubis aufnehmen.

Das stimmt, macht hier so niemand. Ist aber in der Debatte anderswo schon passiert. „Ja schlimm, dass da Menschen misshandelt werden, aber deswegen wollen wir niemandem etwas verbieten.“ Und es schwingt immer mit, wenn erst die Übergriffe als Argument für ein Verbot genannt werden und dann aber kommt, dass es Prostituierte gibt denen das nicht passiert.

Warum ist das nicht längst Normalität? Würde sicher auch einige der problematischeren Freier direkt abschrecken.

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Wie läuft es denn ab in legalen Bordellen? Also ich weiß es wirklich nicht, kann nur vermuten, dass zumindest dort ein Kunde der sich nicht an absprachen hält ganz schnell raus fliegt und u.U. auch rechtlich Ärger bekommt.

Da das hier gerade diskutiert wird, lasse ich mal diese Video von John Oliver da, denn natürlich hat er da viele schlaue Dinge zu gesagt.

Natürlich spricht er vor allem die Situation in den USA an, aber man sieht hier die Probleme, die so ein Verbot mit sich bringt. Und er spricht auch die Probleme des nordischen Modells an. Vornehmlich: Die Kriminalisierung der Freier bewirkt, dass Prostitution immer noch im Verborgenen stattfindet: An schlecht geschützten Orten, ohne sichernde Absprachen usw. Sodass Sex-Arbeiter sich weiterhin in Gefahr begegeben müssen.

Eine streng regulierte Legalisierung wird ebenfalls kritisiert, stattdessen führt er das Modell aus Neuseeland - die Entkriminalisierung - mit einigen Regulierungen an: Also zertifizierte, kontrollierte Bordelle ohne Monopolstellung und die Möglichkeit, Missbrauch durch Freier bei der Polizei ohne Strafverfolgung zu melden.

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Berufe waren bei uns kein Thema in der Schule.

Ja

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Nun, muss aber auch ehrlich sagen:
Halte ich prinzipiell für richtig so.

„Ja, X kann gebraucht werden um Leuten zu schaden, aber darum sollte man X nicht verbieten“ halte ich generell für valide.
Drogen können Leuten schaden und können genutzt werden um Leute auszunutzen. Deswegen halte ich das Verbot von Drogen trotzdem für nicht sinnvoll, und moralisch bin ich der Meinung wir sollten die Freiheit haben mit unserem Körper zu machen was wir wollen.

Und ja, halte ich prinzipiell gleich bei der Prostitution. Ich habe ein massives moralisches Problem damit Leuten zu sagen, was sie mit IHREM Körper machen oder nicht machen dürfen, was effektiv ist was wir tun, wenn wir Prostitution illegalisieren.

Natürlich ist das keine in Stein gemeisselte Regel. Aber ich halte es durchaus für ein sehr gutes Grundprinzip, dass man Leuten diese Freiheiten geben sollen, wenn möglich.

Im Falle der Prostitution (und vieler anderen Dinge) sehe ich die Aufgabe der Gesetze nicht als etwas, was es einfach verhindern sollte. Die Rolle der Gesetze sollte es eher sein Rahmenbedingungen zu kreieren welche sicherstellen, dass, wenn die Leute etwas tun, es auf möglichst freier Basis und Aufgrund eigener, persönlicher Entscheidung passiert.

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ja unabhängig von den beiden (extremen) Standpunkten (vollständig erlauben vs. vollstädig verbieten) gilt es zuerst die Täter die für Zwangsprostitution verantwortlich sind Einhalt zu gebieten und Frauen Schutz zu geben.

Bezüglich dem Zusammenhang. Ich hatte den Satz nur der Vollständigkeit halber im Zitat gelassen. Ob die Statistik valide ist, würde ich auch nicht ohne weiteres bejahen.

Zum neuseeländischen Modell. Gibt es da eigentlich Texte mit der Bilanz des Gesetzes, dass ja schon 2003 existiert. Ich finde da etwas von „diehumanisten“ die das als Erfolg beschreiben.