Allgemeiner Thread zu Diskriminierung - (Teil 2)

Ja aber man macht es sich doch viel eher einfach, wenn man immer nur sagt „Verbot ist keine Lösung, wir brauchen mehr Kontrollen“. Kettlerne hat ja auch schon geschrieben, dass es oft ehemalige Prosituierte sind, die sich für ein Verbot aussprechen. Oft heißt es ja, man soll den Opfern zuhören, warum wird das also hier so beiseite gewischt.

Und ich will hier gar nicht sagen, dass ich für ein Verbot bin. Ich sehe die Probleme und in Schweden zum Beispiel ist klar erkennbar, dass es eben nicht den gewünschten Effekt hat. Aber die Legalität und auch immer breitere Akzeptanz in der Gesellschaft hat genauso wenig zu einer krassen Verbesserung beigetragen.

Ich wisch hier gar nix weg, es sollte in der Zwischenzeit klar rausgekommen sein, dass ich die aktuelle Situation auch sehr kritisch sehe. Aber was willst denn konkret machen? Verbieten bringt eindeutig nix, legalisieren bietet zumindest die Chance da was zu tun. Man müsste nur als Staat auch was tun und zwar konkretes Zeugs: Regelmäßige Überprüfung der Arbeitsumstände, Mindestlöhne, Förderprogramme. Es gäbe nen Haufen Möglichkeiten, dass man da aktiv was tut. Passiert aber nicht, oder viel zu wenig ausreichend, weswegen wir diese aktuelle Situation haben. Daher muss man auch Druck auf die Politik ausüben, dass diesbezüglich was geschieht!

Es wird doch nicht zur Seite gewischt.
Die Opferhilfe muss massiv Ausgebaut werden, genauso die Strafverfolgung der Täter und der Kriminalenstrukturen.

Zwangsprostitution gehört verboten, das sollte man ganze deutlich sagen. Nur mit einem Verbot von Prostitution allgemein, wird man zwar ein Teil der Männer abschrecken. Aber ein Teil wird sich einfach illegalen weg suchen, entweder über private Prostitution oder eben (leider wahrscheinlicher) Zwangsprostitution und Frauen dort haben es dann schwer sich Hilfe zu suchen.

Auch löst es nicht das Stigma was auf den Frauen liegt, sondern die Allgemeinheit hört verboten und denk die Frauen sind selbst schuld.

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Ich habe mich mit dem Thema zwar nicht so befasst, aber ein Verbot klingt für mich so, dass man Frauen bestimmte Rechte oder Freiheiten wegnimmt

Da bin ich erst einmal skeptisch gegenüber eingestellt

So sehr ich ihm häufig zustimme, so sehr geht mir seine Art schon immer tierisch auf die Nerven. Richtig schwer zu ertragen.

Mit der Dame kann ich sehr mitfühlen und es ist sehr schade, dass die meisten in der Diskussionsrunde ihre Gegenreden mit „aber ich hab ja auch keine Ahnung“ beendet haben. Ja, warum sagst du dann überhaupt was?

Und seit wann ist es ein Argument, dass man etwas nicht verbietet weil es nichts oder wenig bringt? Etliche Verbote bringen nichts, Jugendliche Rauchen und Trinken, Menschen laufen bei rot über die Straße, pissen an Bäume, fahren zu schnell, fahren betrunken, schnallen sich nicht an, werfen Müll in den Wald…

Naja es ist eher das Argument, dass es auch verboten durchgeführt wird und wenn dann der Freier zum Beispiel gewalttätig wird, kann die Prostituierte noch nicht mal zur Polizei gehen, ohne selber im Gefängnis zu landen. Dadurch verschlimmert sich die Situation für die Person, die man durch das Gesetz eigentlich in Schutz nehmen wollte.

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Nach dem nordischen Modell würde die Prostituierte nicht bestraft werden, sondern nur der Freier. Nennt sich asymmetrische Kriminalisierung.
Wobei man sagen muss, dass das Modell trotzdem kritisiert wird und in Schweden nicht die erhoffte Verbesserung gebracht hat.

Das nordische Modell für das sie argumentiert sieht die Kriminalisierung der Kunden vor, nicht der Prostituierten.

Dein Argument zieht hier also nicht.

Jein.

Die Prostituierte an sich wird nicht bestraft. Aber ihr Mieter, wenn sie zu Hause anschafft. Zwei Prostituierte teilen sich eine Wohnung - gewerbsmäßige Prostitution. Taxler, die sie (oder den Kunden) zum vereinbarten Treffpunkt fahren. Mittäter*innen.

Das ganze hat leider einen Rattenschwanz und führte zu mehr Abhängigkeit an Zuhälter*innen, welche die Illegalität umschiffen…

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Da würde ich EXTREM davon abraten das so zu bezeichnen!
Aus diversen Gründen, nicht zuletzt weil ich dir garantieren kann, dass dir viele Prostituierte wohl ziemlich deutlich sagen können, wann sie willentlich mit jemandem Sex hatte, gegen Geld, und wann sich ihr jemand aufgezwungen und den Sex erzwungen hat. Da tut man diesen Frauen keinen Gefallen, wenn man einfach so tut als sei das alles gleichwertig mit Vergewaltigung.

Keine Diskussion dass die Anzahl Frauen welche den Job nicht freiwillig machen, sondern durch einen Zwang in der Situation sind viel zu hoch ist!
Aber jedes Mal wenn die Diskussion aufkommt sehe ich Prostituierte welche sich dagegen wehren, wenn man behauptet sie machen das nicht freiwillig. Bei diesen Diskussionen gibt es immer wieder Stimmen betrofener, welche darauf bestehen, dass sie diesen Job willentlich machen… und manchmal auch dass sie den Job sogar mögen.
Und auch wenn das nur eine Minderheit aller Prostituierten ist, so halte ich es für verwerflich, wenn man so tut als wissen diese Frauen nicht, wovon sie reden, wenn es um IHREN Körper und IHREN Willen geht.

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Prostituierte wird aber auch nur theoretisch nicht bestraft. Es gab Fälle von sofortiger Inobhutnahmen von Kindern von Prostituierten, obwohl die Kinder nicht gefährdet waren, zb von anderen Familienmitgliedern mit betreut wurden, in einem regeltet Zuhause lebten.
Auch kommt es nicht gute an wenn man mehrmals und oder nach Hilfen bei erneuter Prostitution erwischt wird. Da ist man dann nicht mehr so nett zu den Frauen.

Der Wiki Artikel führt auch noch zu einem Artikel mit genauer Kritik

In Schweden wurde jedoch auch Kritik an der Gesetzgebung von 1998 geübt. Laut einer Studie von 2004 sei die Prostitution vordergründig von den Straßen verschwunden und in den Untergrund gedrängt worden, so dass sich die Situation für die Frauen deutlich verschlechtert habe. Die Kontaktaufnahme habe sich ins Internet verlagert und in Kneipen, in denen Telefonnummern diskret verteilt werden. In der Praxis behandele die Polizei die Frauen offenbar weniger als Opfer, die vor ihren Kunden gerettet werden müssen, denn als Mitwissende von Straftaten; so können sie sich keine Hilfe mehr holen, wenn ihnen Gewalt und Gefahr begegnet. Die Sozialarbeiter hätten Probleme, die Prostituierten noch zu erreichen. Diese sind jetzt gezwungen, sich Zuhälter zu ihrem Schutz zu suchen. Bei Stichproben gaben nur noch ein Bruchteil der betreffenden Frauen an, sich beim letzten Geschlechtsverkehr mit Kondomen vor HIV geschützt zu haben, da sie Angst haben, auch diese Kunden zu verlieren. Nicht wenige schwedische Männer reisten auch als Sextouristen in die benachbarten baltischen Staaten.[13]

In einer im August 2005 veröffentlichten EU-Studie wird angeführt, dass in Schweden mit Einführung des Gesetzes die Anzahl sexuell ausgebeuteter Personen im Innenbereich innerhalb von zwei Jahren um knapp 15 % gestiegen sei; im Jahr 2000 seien 80 % der Prostituierten im Innenbereich sexuell ausgebeutet worden.[14]

Im April 2006 forderte der schwedische Beauftragte für die Gleichstellung von Mann und Frau, Claes Borgström, die schwedische Fußballnationalmannschaft zum Boykott der Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland auf, da der deutsche Staat durch seine Legalisierung der Prostitution permanente Menschenrechtsverletzungen an Frauen begehe.

Im November 2013 beschloss die schwedische Regierung, die Situation der Prostitution in Schweden erneut untersuchen und bewerten zu lassen.[15] Die Gleichstellungsministerin Maria Arnholm vermutete, dass der Menschenhandel trotz der schwedischen Gesetzgebung stark zugenommen habe.[15]

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Dazu kommt, dass Prostituierte ja auch außerhalb vom Knast bestraft werden können. Zum Beispiel beim Thema Sorgerecht, was ihnen dadurch entzogen werden kann.

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Das Problem an der ganzen Sache ist halt, dass man als außenstehende Person nicht nachvollziehen kann, was sich „hinter den Kulissen“ abspielt. Weder der Prostituierten, die sich voll und ganz selbstbestimmt präsentiert und sagt, dass sie ihren Job absolut gerne macht, noch dem Missbrauchsopfer, dass über Druck von außen in die Prostitution reingeraten ist und hart struggelt, wieder Boden unter die Füße zu bekommen, kann ich da die Legitimität ihrer Argumentation absprechen. Ich habe keine Ahnung, wie viele „Selbstbestimmte“ und wie viele „Opfer“ es prozentual in diesem Business gibt und ich weiß auch nicht, wie aussagekräftig Statistiken hier wären. Und es ist ein sehr schmaler Grat zwischen Missbrauch und Selbstbestimmung, den man da rechtlich gehen muss.

Deswegen bin ich wirklich für die stärkere Begleitung Prostituierter. Wenn es legal sein soll, sollen sie Supervision bekommen und wenn wirklich jemand gegen ihren Willen in dieses Milieu hinein gedrängt worden ist, soll es vernünftige Ausstiegsmöglichkeiten ohne Stigmatisierung geben.

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Sicherlich kein einfaches Thema, aber ich halte einfach nichts von dem Argument, dass ein Verbot „nichts bringt“, so als gäbe es keine Möglichkeiten dagegen vor zu gehen.

Ich habe zu dem Thema auch keine abgeschlossene Meinung. Mein Eindruck ist nur, dass der überwiegende Teil der Prostituierten mehr aus Not oder Zwang denn aus Selbstverwirklichung in der Branche ist.

Absolut! Ich auch!
Mir ging es wirklich primär um die Anerkennung, dass es Frauen gibt welche das wohl freiwillig machen… oder dass wir es zumindest handhaben müssen als gäbe es diese Frauen, denn das ist es, was sie uns selber sagen!

Und Aussagen wie, dass Prostitution effektiv gleich zu setzen ist mit Vergewaltigung und Misshandel hilft hier niemandem und geht für mich definitiv in die falsche Richtung.

Ein Punkt der halt auch dazu kommt ist, was man als „Zwang“ oder „freiwilig“ versteht.
Ist es „freiwillig“, wenn man es einfach macht, weil man nicht verhungern will? Denn bei anderen Berufen sehen wir das so. Du bist „freiwillig“ Verkäufer im McDonalds. Du magst die Arbeit vielleicht nicht… aber Geld muss halt irgendwie reinkommen.
Und es wirkt für mich bei der Diskussion oft auch so, als versuche man diese Art der „Freiwilligkeit“ loswerden. Also, im Prinzip sagen: „Du hast diese Option jetzt einfach nicht mehr. Wenn du wählen musst zwischen hungern und Prostitution, dann hast du die Option der Prostitution jetzt legal nicht mehr“.
Und ist das besser…?

Naja, ich ramble hier ein bisschen. Ist einfach ein verdammt schwieriges Thema, und man sieht immer wieder, dass alle Modelle aller Länder ihre Probleme haben. Das völlige Verbot (sowohl auf Ebene der Anbieter als auch der Abnehmer) scheint einfach nicht wirklich zu helfen, zumindest ist das mein Eindruck.

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Ja, wobei wenn man jetzt vereinfacht bei mir im Büro fragen würde, wer jede Woche 40h und mehr aus Gründen der Selbstverwirklichung dort arbeitet und wer es nur des Geldes wegen macht…

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Absolut deiner Meinung.

Mein Problem mit dem Verbot nach „nordischen Modell“ ist, dass es zu sehr an die Prohibition angelehnt ist, und eine generelle Illegalisierung mehr Probleme bringt, als es lösen kann (zumal Vergewaltigung, Menschenhandel, etc. bereits jetzt illegal sind - und das bisher schon kaum kriminelle Machenschaften davon abhielt, es auszunutzen).

Was es meiner Meinung nach mehr braucht ist eine Entstigmatisierung des Gewerbes, eine Supervision, unfreiwillig zur Prostitution gezwungene Personen Ausstiegsmöglichkeiten aufzuzeigen, und allgemein: Sex ist Teil des Seins. Also mehr Aufklärung, weniger Schamgefühl.

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Mit „Not und Zwang“ rede ich nicht von Geldsorgen, sondern von einer Branche in der Ausbeutung und Gewalt eher die Regel als die Ausnahme zu sein scheint. Ich kenne auch eher weniger Bürojobs, bei denen du gejagt wirst wenn du aussteigen willst.

Also bei allem Verständnis für die Pro-Argumente hier, so sollte man mit solchen Vergleichen nicht allzu leichtsinnig umgehen.

Ich würde dir aber davon abraten diese Aussage anzuzweifeln

Das ist ein Zitat aus der Studie des Europäischen Parlaments zur „Sexuelle Ausbeutung und Prostitution und ihre Auswirkungen auf die Gleichstellung der Geschlechter in der Prostitution“ aus verschiedenen Winkeln betrachtet wird.

Noch weiter geht die Sichtweise, dass die Prostitution ein Raum ist, in dem Männer den
sexuellen Missbrauch von Frauen kaufen können. Dementsprechend wird Prostitution als
„bezahlte Vergewaltigung“ definiert*** . In der Tat meinen Forscher in den USA, einen positiven Zusammenhang zwischen legaler Prostitution und erhöhten Vergewaltigungsquoten festgestellt zu haben.

*** Vgl. beispielsweise Ekberg, G., Farley, M., MacKinnon, C. A., Raymond, J., Giobbe, E.

Das ist eine Aussage von klinische Psychologin und Aktivistin Melissa Farley zu Prostitution

„Prostitution ist bezahlte Vergewaltigung“

das ist, was am wichtigsten ist, die Aussage einer Frau die selbst Prostituierte war und alles miterlebt hat, Norak. Auch sie spricht von jeder Prostitution als Missbrauch.

Ich verstehe nicht warum man gerade diese Frauen, z.B. auch Huschke Mau so abwertet. Das sind die Frauen die wissen wovon sie reden.

Huschke Mau: Prostitution ist bezahlter sexueller Missbrauch und kein Job

Stell dir einen anderen Fall vor: es ist eine Person Opfer von Diskriminierung/Rassismus geworden, und dann wird bestritten dass sie das Opfer sind. Das ist auch verwerflich.

Ich will nicht dass alle hier die Meinung ändern, aber versuchen wir doch einmal annehmen dass die Gegenmeinung zutreffend sein könnte. (also das Gegenteil vom dogmatisch sein)
Und das trifft auch auf die von mir zitierte Position des Verbots zu. Auch da kann man einmal annehmen dass ein Verbot mehr schadet als nutzt.

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Der Vergleich entsteht dadurch, dass der Begriff „freiwillig“ leider oft sehr überstrapaziert wird in dieser Diskussion. Denn ja, diese Branche hat absolut einen zu grossen Anteil an Menschen, welche effektiv gezwungen werden, im Sinne dass sie persönlich bestraft werden, wenn sie aussteigen wollen.
Aber es gibt auch genug Leute welche in der Prostitution tätig sind, es nicht wollen, es aber „müssen“, weil sie das Geld brauchen. Und diese Leute werden oft in den Topf der „unfreiwilligen“ geworfen, um die Zahlen der „Zwangsarbeitern“ für die Statistik in die Höhe zu treiben.

Wie @Addearheart schon geschrieben hat:
Um das Problem des Zwanges zu lösen braucht es mehr Aufsicht und vor allem Möglichkeiten für den Ausstieg. Illegalisierung führt zur Stigmatisierung… und das führt dazu dass die betroffenen Frauen nirgends Hilfe suchen können.

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