(Gemeint ist nicht „höhö am Geburtstag“ oder „Kalenderjahr“.)
Ich merke das bspw. daran, dass ich mich total daran erfreue, wenn ich ein richtiges Schnäppchen machen oder einen Coupon nutzen kann.
Sonst merke ich es am deutlichsten, wenn ich mir die Kids in meinem Umfeld ansehe; bspw. bei meiner ältesten Nichte, die schon längst berufstätig ist, aber es mir erst wie gestern vorkommt, dass wir sie beim St. Martinszug in der Kita begleitet haben
Ich merke es an neuen Azubis die wir auf Arbeit bekommen. 2004 Jahrgang und ich stell mir die noch halb mit Schnuller vor. Und dann merk ich „Fuck! Die sind schon Volljährig. “ Und dann fühl ich mich alt
Schmerzen an Stellen, wo man die früher nicht hatte, und das für so harmlose Dinge wie „sich zu schnell bücken“
Die ersten graue Haare und Fältchen im Gesicht
Fremde Kinder siezen mich oder fragen, ob ich Kinder hab. Die Tochter einer Kollegin feagte mich letztens, ob meine Kinder jetzt auch Ferien haben. Es war für sie so selbstverständlich, dass ich Kinder gaben muss, und dass die auch schon mind. zur Schule gehen
Dann der bereits erwähnte Stoffwechsel. Ich kann nicht mehr so viel futtern wie früher.
Was mir noch einfällt, ich bin deutlich selbstbewusster als mit bspw. 21; und vieles, was mich aufregt, kann ich schneller unter „ist die Zeit nicht Wert ablegen“. Ich habe schon gar keine Lust mehr auf Diskussionen und will einfach nur meine Ruhe, egal, ob vor allem online oder im RL.
Ja, sowas wollte ich gerade auch noch ergänzen
Bei vielen Dingen bin ich gelassener, wo ich mich früher tierisch drüber aufgeregt hätte.
Früher war es mir peinlich, wenn man im Sommer auch nur ein falsches Körperhaar gesehen hat. Heute? Kurzer Rock und stoppelige Beine? Who cares?! Wobei das vielleicht auch ein bisschen daran liegen kann, dass sich die generelle Haltung dazu ja etwas geändert hat.
Dass ich geduldiger werde. Vielleicht aber auch nur ignoranter. Dass ich sesshafter werde, oder einfach nur träger. Dass mein Körper zum Regenerieren mehr Zeit benötigt. Dass nicht alle Kinder nervende und sabbernde Fleischbeutel sind. Dass man vielleicht doch noch länger als 20 Jahre leben möchte.
Allgemein komme ich besser damit klar, dass man nicht von jeden gemocht werden kann. Sowas wie auf Gruppendruck reagieren, habe ich spät. im Studium abgelegt, da ich schlichtweg einen anderen Alltag als der Großteil der Kommilitonen hatte.
So geht es mir bspw. mit meinem schwachen Bindegewebe an den Oberschenkeln (so wie der Großteil von Frauen*) und dass ich mir meine gesamte frühe Jugend eingeredet habe, ich könne keine Kleider tragen; absoluter bullshit, beides. Es hat mir die Augen geöffnet, als ich realisiert habe, wie Frauen*, die alles andere als dem Ideal entsprechen, Kleider, Röcke und Hotpants trugen und so verdammt selbstbewusst waren. Das war für mich dermaßen inspirierend, dass ich mich mittlerweile leicht traue, Kleider zu tragen. Und ich habe nicht einmal kritische Blicke oder dumme Kommentare bekommen, ich selbst war mir nicht gut genug.
Überhaupt gefällt es mir, wie ich im Alter meinem Körper gegenüber weniger kritisch, sondern schlichtweg fair und ehrlich bin.
Ist bei mir tatsächlich eher andersrum. Früher hab ich Diskussionen eher gescheut, war eher das kleine graue Mäuschen. Heute bin ich selbstbewusst genug, um darauf einen feuchten Kehricht zu geben, was andere von mir denken.
Hab den Eindruck ich lebe seit meinem 27. Lebensjahr ein ganz neues und viel besseres Leben und es wird von Jahr zu zu Jahr immer besser, weil ich mehr dazu lerne, viel gelassener bin und mich immer mehr traue.
Liegt aber sicher nicht am älter werden alleine, sondern vor allem daran, dass ich immer mehr die Erfolge von 12 Jahren diverser Psychotherapie spüren kann.
Muss mich heute manchmal schütteln, um zu realisieren, dass ich Dinge tue, die mit meiner Sozialphobie damals in meiner Jugend unmöglich gewesen wären.
Beispielsweise konnte ich damals nicht in die Öffentlichkeit gehen, weil ich nicht vor anderen Leuten von a nach b gehen konnte. Somit war zb ein Besuch in einem Restaurant oder Cafe unmöglich, weil ich niemals alleine zur Toilette gegangen wäre.
Und heute bin ich ständig alleine unterwegs, gehe alleine ins Kino oder essen.
Und es wird von Jahr zu Jahr immer besser.
Auch was der Umgang mit den chronischen, körperlichen Erkrankungen angeht.
Das liegt aber auch nicht nur an mir, sondern besonders auch daran, dass es immer mehr Aufklärung zu den jeweiligen Erkrankungen gibt. Was Endometriose betrifft ist so viel wertvolle Arbeit geleistet worden in den letzten Jahren, hauptsächlich von Betroffenen, die über sich berichtet und aufgeklärt haben. Ärzte haben sich endlich dazu motivieren lassen Fortbildungen zu machen und können ihren Patienten besser helfen. Was die Aufklärung zur Fibromyalgie und Kptbs betrifft ist noch sehr viel Arbeit zu leisten, aber auch da stelle ich eine positive Entwicklung fest, allein deswegen schon weil überhaupt drüber geredet wird und ich mir nicht mehr abhören muss meine Schmerzen seien eingebildet oder ausgedacht, um Aufmerksamkeit zu bekommen.
Ich finde älter werden seit ein paar Jahren so entspannend und vor allem befreiend, dass ich umso mehr Angst davor habe, dass die Zeit zu schnell vergeht und ich zu früh wieder gehen muss.
Da sind schon so einige gute Sachen genannt worden.
Dem möchte ich noch hinzufügen, dass die Erholung, die man nach einem ordentlichen Suff braucht, länger dauert. Dass ich auch nicht jedes Wochenende irgendwo Spektakel brauch und auch mal gerne einfach zuhause bin und vorallem, dass ich mittlerweile einfach lieber heimgehe, wenns mich langweilt und ich nicht sehe, dass da noch irgendwie was passiert, ich einfach müde bin, oder ich keine Lust hab mit irgendwem(egal ob Freunde, oder Fremde) noch weiterzuziehen. Auch bin ich froh, nicht mehr jedes Wochenende in irgendwelchen fremden Wohnungen mit irgendwelchen Fremden noch auf einer Afterhour zu verhocken, auch wenn ich die Zeit nicht missen möchte, aber das brauch ich einfach nicht mehr.
Und witziger Weise merk ich auch krass an meiner jüngeren Schwester, dass ich älter geworden bin.
Die ist ein bisschen mehr als 5 Jahre jünger und ist lange Zeit in meinem Gefühl immer noch meine „kleine Schwester“ gewesen. Als sie letztes Jahr den 30er gefeiert hat, ist mir nicht nur bewusst geworden, dass die kleine Schwester ja garnicht mehr so klein ist, sondern auch dass ich schon gut auf die 40 zulaufe.
Ich find irgendwie auch, dass älterwerden was tröstliches hat. Man wird insgesamt einfach gesetzter und nicht jeder Gedanke ist ein Wettlauf mit (denen da) draußen.
Genau, auch ist mein „nein, jetzt nicht“ viel präsenter und stärker geworden.
Überhaupt Grenzen setzen und besser auf mich acht geben zu können, sind so mit die besten Errungenschaften für mich am älter werden.
Klar gibt es auch körperliche Faktoren, die das älter werden beschwerlich machen.
Aber ich hab die 1. Hälfte meines Lebens gefühlt überhaupt nicht frei gelebt und die meiste Zeit mich für andere angemessen verhalten, statt zu tun oder überhaupt zu ergründen was ich wirklich will und mag.
Daher wiegen die positiven Aspekte für mich so viel stärker.
Und radikale Akzeptanz : ich weiß ja, dass meine Schmerzen nicht weniger werden und chronisch sind. Umso wichtiger ist der Umgang mit ihnen und mit dem gewinne ich mit jedem weiteren Jahr mehr Sicherheit.
Das finde ich so cool.
Das ist auch was, was ich immer wieder feststelle, jetzt zwar nicht im Bezug auf Schmerzen, sondern halt eher psychisch, aber ich kenn mich jetzt halt doch schon so lang.
Ich hab auch immer wieder meine schlimmen Phasen und depressiven Schübe, aber ich weiß, eben mittlerweile damit umzugehen, meine Freunde kennen mich dann auch schon so gut und es ist dann eben okay einfach mal ein paar Tage nicht ans Telefon zu gehen, weil einem Menschen gerade zu viel sind.
Das ist dann eben auch etwas, was mich am mit sich selbst älter werden beruhigt.