Ging mir ähnlich. Wenn man mit seinen Einstellungen und Verhaltensweisen oft auf Unverständnis stößt, ist es geradezu Balsam für die Seele, zu wissen, dass man zu einer ganzen Kategorie von Menschen gehört, die halt alle auf eine gewisse Art funktionieren, und nicht einfach defekt ist.
Ich glaube, viel von der Skepsis, die MBTI entegengebracht wird, stammt aus zwei Quellen;
einerseits erfordert der Test beim usfüllen bereits, dass man sich selber ehrlich einschätzen kann. Oft ist die Versuchung groß, sogar intuitiv anzuklicken, was man denkt, was die Idealversion von einem machen oder denken würde oder was man insgeheim in am liebsten tun würde, in den Situationen, nach denen gefragt wird. Und das deckt sich halt oft nicht ganz mit dem, was man tatsächlich tun oder denken würde. Ich hab damals bei meinem ersten Test mit Anfang 20 noch ‘Heiler’ rausbekommen, weil ich den Test damals teils so beantwortet habe, wie ‘die Person, die ich werden muss’ geantwortet hätte.
Dazu kommt, dass viele die 16 Typen sehen und sich denken, das kann niemals ausreichen, um das gesamte Spektrum menschlichen Charakters abzudecken, oder dass das gar nicht so sicher gesagt werden kann, weil Menschen sich halt ändern. Aber die Sache ist halt, dass der Test nicht jede Einzelheit ganz genau vorherzusagen versucht. Es geht mehr um die zugrundeliegenden Denkprozesse, aus denen das eigene Verhalten resultiert. Natürlich kriegt man damit auch innerhalb der Typen 'ne relativ große Variation, weil halt jeder auch Produkt einer eigenen Umgebung und Vergangenheit ist. Ich bin zum Beispiel INTP (‘Logiker’) und hätte nicht erwartet, dass Nils auch einer ist. Lustigerweise hatte ich am ehesten vermutet, Simon könnte auch Logiker sein, weil wir viele Einstellungen zu Games teilen. Aber nachdem ich’s wusste, hatt ich fast das Gefühl, ich könnte Nils an manchen Stellen des Moin Moins in den Kopf gucken. Wir haben verschiedenen Humor und geben uns verschieden in sozialen Situationen, aber der Test gibt einem gewisse Schlüsselfaktoren, anhand dessen man dann halt trotzdem in vielen Situationen aufschlüsseln kann, wieso jemand auf gewisse Arten von Statements beispielsweise auf gewisse Weise reagiert, wenn man nur weiß, wonach man suchen muss. Ich würde eine Wette eingehen, dass es Nils ein bisschen unangenehm aus der Konversation gerissen hat, als Budi einfach unvermittelt angefangen hat, von was anderem zu reden. Für Logiker ist in Gesprächen glaube ich die Richtung wichtig und wenn jemand einfach aus heiterem Himmel einen 180er macht, als ginge es bei Gesprächen primär um das gemeinsame Gespräch an sich und nicht den Inhalt, dann reißt uns das aus unserem Element. Aber wie sehr uns das anzumerken ist, kann von INTP zu INTP komplett verschieden sein. Bei Nils war es dann ja auch nicht mehr als ein kurzer Augenblick, bevor er wieder in’s Gespräch eingestiegen ist, wenn auch nicht ganz so enthusiastisch. Ich könnte mir auch vorstellen, dass seine ständigen Albereien ein Mechanismus sind, sich trotzdem einzubringen, auch wenn er das Gefühl hat, das Gespräch gibt gerade nichts her, was man zerdenken kann, um es weiter voranzutreiben.
Muss trotzdem auch gestehen, absolut alles hat der Test dann auch bei mir nicht korrekt vorhergesagt. Nur eine überwältigende Mehrheit. Das waren dann aber auch nicht bloß so Allgemeinheiten, die so formuliert sind, dass sich jeder in jedem Profil wiedererkennen würde. Ich weiß, ich klinge schon wie diese Leute, die denken, einen zu durchschauen, sobald sie dein Sternzeichen kennen. Bei diesen Feinheiten der MBTI Theorie geh ich dann aber auch nicht mehr ganz mit, wenn behauptet wird, man könnte eine exakte Hierarchie der verschiedenen Denkarten in der jeweiligen Person festlegen.