Die dunkle Seite des Gamings? Müssen wir uns ändern?

Hallo Bohnen,
anstoß, mich in diesem Forum zu äußern gab mir folgendes Video, welches aufdeckt, unter welchen Bedingungen die Menschen ind er Gamingindustrie Arbeiten:
The Dark Side of the Video Game Industry | Patriot Act with Hasan Minhaj | Netflix - YouTube (Englisch)

Über dieses Thema zu schreiben fällt mir nicht wirklich leicht, denn es geht auch um mein privat Leben, welches ich selber durch unglaublich dumme Entscheidungen und große Schwierigkeiten gebracht habe und jetzt nicht wirken will, dass ich nur jammere oder in Selbstmitleid ertrinken will. Aber nach bald 7 Monate wollte ich vorsichtig eine kleine Diskussion starten und wo könne man das nicht besser als in einem Gamingforum :slight_smile:

Also, in diesem Video geht es ja darin, wie Mitarbeiter der Gamingindustrie ausgebeutet und behandelt werden und naja: Ich war ein Teil davon. Ich hatte in einem Anfall geistiger Umnachtung den grandiosen Einfall, einen Supportjob bei einem verdammt großen Publisher anzunehmen, wollte darüber ja irgendwie mal an einem Videospiel arbeiten. Also meine Wohnung und alles aufgegeben, nach Nordengland gezogen und dort die schlimmste Zeit meines Lebens gehabt.

Ich könnte ein ganzes Buch darüber verfassen, was dort vorgefallen ist, aber hier ein paar Stichpunkte:

  • gelogen über Jobbeschreibung
  • Leuten wurden verboten Krank zu werden und in der Regel auch raus geworfen (4 Tage im Jahr)
  • Der Kunde wurde nahezu non-stop angelogen und als Trottel der die Fresse halten soll bezeichnet
  • Schichtarbeit und 7 Tage Arbeitswochen ohne jegliche Zulagen
  • Mobbing/Spinonage unter Arbeitskollegen
  • Verstöße gegen DSVGO und anderen Datenschutzbestimmungen (Weltweit ein Datenbank für alle Länder, Konten werden nie zu 100% gelöscht)

Positiv: Man bekam für den PC alle Games kostenlos und T-Shirts zu Releasetagen.

Mit den Spätfolgen dieses Alptraumes habe ich bis heute zu kämpfen (Finanziell, Physisch, ein eigenes Leben wieder aufbauen) aber das was mich mich bis heute am meisten Stört ist: Wieso zur Hölle lassen wir uns diesen Mist gefallen? Ich bin Gamer seit meinem dritten Lebensjahr und daher war ich immer besonders gereizt, wenn ich den Gamer auf der anderen Seite knallhart anlügen musste. Ich bin doch selber Gamer und möchte nicht non-stop über den Tisch gezogen werden. Ich will mein Geld schnell zurück, wenn es Probleme bei ner Bestellung gab, ich möchte das mein Account nach nem Hack entbannt wird, ich will wissen ob ein Spiel von sich aus Probleme hat.

Was meint ihr? Sind wir wirklich alles machtlose Idioten, die sich alles gefallen lassen, um weiterhin neue Games zu bekommen oder sollten wir nicht langsam uns überlegen, wie wir uns wehren können?

Vielen Dank für euer offenes Auge und bei fragen, einfach reinschreiben.
Liebe Grüße

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Ziemlich wirr das Ganze wenn ein Haufen Zeug einfach zusammengeschmissen wird und es nur so vor buzzwords wimmelt.

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Ich denke, dass jeder das für sich selber entscheiden muss. Die Gaming-Industrie ist nur eine weitere Industrie und nutzt die gleichen Methoden, die auch vergleichbare Industrien nutzen. Viele der o.g. Stichpunkte kann ich dir auch für andere Branchen als gängige Praxis bestätigen.

Sind “wir” machtlose Idioten? Nein, keinesfalls. Die Frage ist immer was ich will / mache bzw. zu erreichen suche. Wenn ich Spiele einer bestimmten Firma kaufe, unterstütze ich diese Firma und ihre Praxis. Sonst gilt auch nach wie vor: kenne deine Rechte. Wenn es z.B. Probleme bei einer Bestellung gibt, dann geht man genauso vor wie bei anderen Branchen. Frist setzen, Geld zurückfordern, etc. Der größte Fehler, den man in der Wirtschaft machen kann, ist der anderen Seite blind zu vertrauen.

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Warum hast du nicht früher gekündigt, bei den ganzen Vorfällen?

Schade dass du es so siehst, dennoch danke für’s lesen :).

Weil ich nicht konnte: Ich musste meine finanzielle Situation absichern, abklären wie es mit meinem ALG1 Bezug aussieht, eine Bleibe organisieren und noch etwas Geld verdienen. Ich wollte schon viel, viel früher gehen aber es ging leider nicht, habe schon den frühsten Augenblick genommen abzuhauen.

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Hnm das Problem ist leider auch, dass viele Angst haben vor so einer großen Firma vor Gericht zu gehen oder aber sich die Summen nicht lohnen einzuklagen: Keiner klagt für ein 60€ Spiel zum Beispiel oder weil sein Account nicht mehr freigegeben wird.

Kommt darauf an. Die meisten Firmen werden wahrscheinlich kein Interesse haben vor Gericht zu gehen und dann eher einlenken. Die eigenen Chancen kann der Anwalt am besten einschätzen. Für 60€ vor Gericht? Lohnt sich kaum, jo. Wenn mit den eigenen Daten nachweislich Schindluder getrieben wurde? Auf jeden Fall. Die Kosten dafür können schnell fünf- bis sechsstellig werden und dann geht man auf einen Vergleich.

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Willkommen im Forum @Kataru !
Ich kann die Ansicht von @Fimbulthulr nur unterschreiben. Ich arbeite selbst seit 8 Jahren in der Softwareentwicklung und habe mittlerweile mehrere Unternehmen und etliche Teams durchlaufen und gelegentliche Katastrophen gesehen/erlebt.

Am Ende des Tages sorgen schlechte Arbeitsbedingungen „langfristig“ immer für schlechte Performance im Team - ein Mangel an Spaß an der Arbeit und Abwesenheit von Kreativität. Auf die Spieleindustrie bezogen heißt dass, dass Du zwar erstmal noch einen neuen Battlefield Teil auf den Markt schmeißen kannst und eventuell sogar noch Gewinne erzielst, aber mehr und mehr Konsumenten sind von der Qualität (enthält in dem Falle auch „Innovation“) enttäuscht.
Der fallende Absatz, oder auch eventuelle Flops zwischendurch (siehe „Anthem“) rütteln dann manchmal ein festgefahrenes Unternehmen wieder wach - eventuell rollen sogar Köpfe. Dieses kauft sich dann meist einen neuen „Spirit“ und eine Änderung in der Unternehmenskultur ein: Durch Aufkäufe von kleineren (Startup-) unternehmen und/oder durch Einstellung von Internen/Externen Ressourcen (wie mich), die versuchen Projektmethoden und Teamführungen umzukrempeln.

Empfehlen kann ich hier das Video von Angry Joe, welches den Kotaku Artikel zu Anthem zusammenfasst und analysiert, warum das Spiel gefloppt ist. Das sind genau solche Gründe wie die, die Du aufführst @Kataru !

Video: https://www.youtube.com/watch?v=kUopKcRLNGA

Arikel: https://kotaku.com/how-biowares-anthem-went-wrong-1833731964

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Hallo @Kataru,

willkommen und Danke für deinen kleinen Bericht.
Fimbulthulr hat es schon geschrieben: Machtlos sind wir nicht. Es liegt nur daran wie wir unsere Prioritäten setzen. Der Großteil der Käufer - der Gamer - wird sich wahrscheinlich nicht Mal Gedanken darüber machen, wie es wirklich hinter den Kulissen aussieht. Wenn ich in meinem Clan blicke, wird sich keiner Gedanken darüber machen - geschweige denn sich darüber informieren.
Meistens wird bei uns im TS nur darüber diskutiert ob der Preis stimmt für die gebotene Unterhaltung. Mehr nicht. Da bräuchte es schon offensichtlichere Maßnahmen um auf die Zustände hinzuweißen. Bandarolen oder ähnliches auf den Spielehülle wie bei Zigaretten: “Der Kauf dieses Spiel unterstützt knechtende Sklavenarbeit.”

Traurig auch zu lesen, dass selbst in modernen Ländern wie England solch unwürdige Arbeitsverhältnisse langfristig überstehen können.
Deine Situation war in der Zeit sicherlich nicht einfach - dafür wird dich keiner beneiden. Aber da stellt sich die Frage: Wie sehr hängt der Mensch an seiner Komfortzone? Aus dem Bedingungen rauszukommen ist sicherlich einfach. Denn dies bedeutet, sich den Konsequenzen zu stellen und in einer unangenehmen Situation zu sein. Aus einer (ungewollt) schlechten Entscheidung kann kein gutes Resultat folgen.
Machtlos sind wir nicht. Unterschätzen sollte Man aber auch nicht die Menschen welche diese Geschäftsmodelle auf die Beine stellen. Da ist genug kriminelle Energie und Intelligenz vorhanden die Menschen zu täuschen und zu betrügen.

Mich würde aber paar mehr Details und Erfahrungen von dir interessieren - so aus erster Hand:

  • Wie stellte sich die Lüge der Stellenbeschreibung dar? Haben die es nur “gut” umschrieben oder hat gar nichts in der Beschreibung gepasst?
  • Was haben sich die Kollegen von Mobbing erhofft und wie hast du dich dagegen gewehrt?
  • Wurden dir auch Angebote für die Spionage unterbreitet?
  • Was waren schlimme Situationen für dich?
  • Und hattest du dennoch schöne Momente?

Trotz der negativen Erlebnisse hoffe ich sehr, dass du viel an Erfahrung und Weisheit daraus mitnehmen konntest.

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@Odo Vielen Dank für die nette Begrüßung :slightly_smiling_face:
Den Artikel und das Video von AngryJoe kenne ich schon, doch ich dachte wirklich: Naaaah in der EU ist es doch viel besser! Naja…wohl eher nicht x’D.
Und naja, sagen wir, der letzte Release des „Service-Games“ ist wohl eine mittlere Katastrophe, daher genieße ich die schlechten Ratings und die Community-Wut etwas :stuck_out_tongue: Doch ob das reicht, etwas zu ändern ist wirklich fraglich. Ich hoffe der Brexit und der totale Zusammenbruch des beschissenen Supports zwingt die Verantwortlichen, endlich einzusehen dass etwas geändert werden muss.

@Forronix Auch die Danke für die nette Begrüßung :slight_smile:
Ich kann ja wirklich nur vom Support sprechen und meine Güte: Da gab es wirklich Kundenprobleme, die ich noch nie gesehen habe. Hier ist auch das Hauptproblem: Du kaufst dein Spiel, es funktioniert und du kommst nie mit den Support in Kontakt :confused: Daher ist dir das so nicht wirklich bewusst ^^’’.

Zu deinen Fragen:
1.
Gesucht wurde ausschließlich Technical Support, ich wurde am Telefon und via Email auf deutsch und englisch ausgefragt, musste auch nen technischen Test absolvieren (Eine Stunde, 30 Fragen über PC und Konsolen) und es hieß man sei kein Callcenter. Als ich dann ankam: Japps, war ein Callcenter und 80% waren Copy Paste antworten für 2FA Abschaltung oder Email Änderungen. Diese wurden (schlampig) vorsortiert, sodass man teilweise wirklich wütende Antworten bekam. Technische Probleme waren auch da aber eher die Ausnahme, zumal wir pro Ticket nur 2 Minuten haben durften -.-

Ich denke mal sich zu profilieren. Im ganzen Team hieß es" Alle verpetzen und jedes kleine Problem melden" . Ich habe regelmäßig versucht dem Teamlead und dem Floormanager zu erzählen was passiert aber naja, die waren eher gegen mich. Erst ganz am Ende als ich den obersten Manager mal gesprochen habe(welcher auch einige Aspekt relativierte aller"Es war keine Spionage sondern man machte sich ja sorgen"), kam echtes Lob und sogar das Angebot, dass ich meine Kündigung zurückziehe, man brauche ja Leute wie mich.

Nein aber es hieß ich müsste alles melden

Es gab viele schlimme Situationen: Wie man mich als absoluten Vollidoten hat versucht darstehen zu lassen weil ich widersprach, wie kollegen gefeuert wurden wegen "zuviel"krankheit: Man darf in GB wohl ganze 7 Tage krank zuhause bleiben ohne Attest. Leute die 2x2 Tage in 6 Monate Krank waren, bekamen ne schriftliche Verwarnung, da sie „das System ja ausnutzen“. Das gesamte Team hatte Angst krank zuhause zu bleiben.

Meinen kompletten Nervenzusammenbruch, wo ich heulend bei nem Kollegen Saß (ist mir unheimlich peinlich heute ) aber naja: Es war verboten, toxisch zu sein, wurde im Training betont: Ich wurde angegriffen, wehre mich, ich war der toxische. So einfach war das bei dehnen. Null Dankbarkeit/Anerkennung dass man hat alles hinter sich gelassen für diese Firma…ich kann diese Liste wirklich noch eine ganze Weile fortführen ^^’’

Ja und das war das Training: Es war ein toller Coach, wir wurden im Team gute Freunde und ja, ich vermisse die Jungs ^^’’

Und ja, ich habe eine Menge gelernt: Nie wieder werde ich zurückstecken, weder mein Privatleben noch meine Hobbys vernachlässigen für nen Job und 2. Auch wenn ich in einem anderen land: Bei solchen Arschlochkollegen sofort zum aller höchsten Manager gehen…oder aufstehen und dieser Person so in die Fresse hauen, dass diese nicht mehr aufsteht :stuck_out_tongue:

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Als Machtlos würde ich uns nicht beschreiben, nur glaube ich das unsere Meinung als Konsument nicht so viel Gewicht hat wie wir es uns wünschen.

Für die Publisher steht an erster Stelle der Gewinn und da sie ein Unternehmen sind wie zB Ford, Lufthansa etc. nutzen Sie auch die gleichen Taktiken. Kurze günstige Produktionszeiten und eine hohe Gewinnspanne, am liebsten regelmäßig/jährlich und Ausgabe ließen sich leider schon immer am einfachsten auf Kosten der Angestellten sparen.
Schlechte Presse ist natürlich unbeliebt bei den Sponsoren/Investoren und Publishern, aber noch unbeliebter sind Verluste oder schlechte Quartalszahlen ( Props an “Avatar”).
Es müssen zudem Shitstorms mit globalem Ausmaß entstehen ( dank Internet heutzutage realistisch) damit die Verantwortlichen überhaupt reagieren, ob dann eine angemessene Reaktion kommt ist wiederum Glückssache.

Und nun zu unseren Möglichkeiten etwas gegen diese Machenschaften vor zu gehen.

  1. Boykottieren
    Hierbei geht dem Unternehmen eine Menge Geld verloren, sofern alle/viele mitmachen. Problem ist nur das die Entwickler, welche an dem Spiel gearbeitet haben, entsprechend ebenfalls kein/weniger Geld bekommen und wahrscheinlich nicht die nötige Anerkennung für ihre Leistung.

  2. Shitstorms bzw Kritik am Publisher
    Hierfür benötigen wir wie oben erwähnt Beteiligung aus der ganzen Welt. So viel das am besten sogar die Politik einschreiten muss um Regelungen aufzustellen und Strafen einzutreiben.
    Nur müssen wir dafür erstmal erfahren was bei diesen Unternehmen abgeht, wir brauchen quasi Whistleblower die darüber berichten, am besten Hautnah.

Es wäre schön könnten wir, wie beim Fleisch, einfach beim Metzger im Ort kaufen, weil der uns sofort sagen kann wo er sein Fleisch herbekommt und wir uns von den Zuständen vor Ort selbst überzeugen können.
Unterm Strich heißt das: Mehr Transparenz in der Industrie für den Konsumenten.

PS: hab heute um ca 14:30 deinen Beitrag gelesen und seitdem Stück für Stück meinen Kommentar zwischen den Behandlungen geschrieben, also sorry wenn der sich nicht so flüssig und schlüssig liest.

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Das kannst du aber doch, siehe die Indie-Szene :blush:

Die riesige Indie-Szene ist der Metzger vor Ort, große Publisher wie EA verkaufen die toll aussehende, aber in Massenware gefertigte Bärchenwurst.

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Da hast du recht mit, Indie ist quasi die Bio Variante der Gaming Community.
Nur wollen wir auch weiterhin ein State of the Art Tomb Raider, God of War oder Dark Souls. Obwohl wenn wir Indie Entwickler ähnlich stark unterstützen wie die großen Firmen könnten sie auch Spiele auf diesem Niveau entwickeln.

Dann wäre das unsere beste Möglichkeit um den Missständen, zumindest in der Spieleentwicklung, entgegen zu wirken. Zumindest kann ich mir vorstellen das leidenschaftliche Entwickler bessere Chefs abgeben als reine Unternehmer.

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Ich bin vor meinem Studium mit meiner Partnerin in ein anderes Bundesland gezogen. Das war 2010 nach der Wirtschaftskrise. Ich musste einen Arbeitsplatz bekommen, um einen Mietvertrag zu haben. Das hieß damals Call Center über eine Zeitarbeitsfirma. Ich habe diverse Call Center-Projekte im Energie- und Telekommunikationssektor erlebt. Die großen Konzerne stellen die Call Center an, damit die Mitarbeiter dort schlecht bezahlt werden können und die Firmen aber selbst als Top-Arbeitgeber für die Restbelegschaft gelten. Auch kann man die Call-Center dann besser unter teilweise halblegalen und vor allem unseriösen Umständen teurere Tarife drücken lassen und ggf. einfach auch die Schuld an diese wegdrücken, falls es einen Skandal gibt. Die Umstände, die du beschreibst habe ich im Call Center genauso erlebt. Hinzu kam der Druck von der Zeitarbeitsfirma. Ich will das was du schreibst damit nicht entschuldigen, sondern betonen dass es solche Arbeitsumstände immer öfter gibt.
Nach meinem Studium habe ich zur Überbrückung wieder dort gejobbt. Ganz andere Arbeitsumstände. Inzwischen war es halt nicht mehr nach der Wirtschaftskrise und in einer solch schlecht bezahlten Branche haben die sich daher an jeden halbwegs fähigen Mitarbeiter geklammert.

Die Macht des Konsumenten halte ich übrigens für einen Mythos. Wenn Ausbeutung unter Inkaufnahme von Boykott günstiger ist als bessere Arbeitsumstände, wird es die Ausbeutung weiterhin geben. Dass so viele Leute flächendeckend boykottieren, dass es das nicht mehr gibt halte ich für unrealistisch. Dafür ist es vielen Menschen einfach zu egal.
Jetzt kann man ja schon genug Informationen über 90% seiner Konsumgüter erhalten, um zu wissen, ob da alles sozial und ökologisch verträglich ist. Boykottiert man da alles hat man oft noch nicht einmal Alternativen, weil es diese oft gar nicht gibt. Das heißt man muss Abstriche machen. Gleichzeitig ist das sich informieren darüber schon ein Full Time Job. Transparenz bringt wenig wenn es eine Infoflut ist.
Daher argumentieren Wirtschaftsliberale oft mit der Abstimmung über den Geldbeutel. Einerseits sollte es meines Erachtens aber nicht möglich sein, dass andere mit ihrem Geldbeutel darüber abstimmen können ob unmenschliche Arbeitsbedinungen für Dritte okay sind oder nicht. Weiterhin es so, dass man als bewusster Konsument oft nur keine Alternative hat, weil diese nicht mit den Produkten, die unter Scheißbedinungen hergestellt wurden, konkurrieren können.
Daher bin ich einfach für stärkere Kontrollen und Einschnitte durch den Gesetzgeber. Denn damit werden faire Arbeitsbedingungen und im Falle der dritten Welt auch Menschenrechte nicht mehr abstimmfähig. Weiterhin werden faire Anbieter auf dem Markt daher nicht für ihre soziale und ökologische Arbeitsweise systematisch benachteiligt.

Naja dann hör dir einmal die letzten Folgen vom ABXO-Podcast an da hörst du auch Fälle wo der Indie-Publisher/Entwickler Chucklefish des Öfteren Vertragspartner oder Mitarbeiter über den Tisch gezogen hat. Genauso wie es auch da Themen von Missbrauch am Arbeitsplatz gibt.

Wenn man die Indie-Entwickler auch lange genug unterstützt, wachsen sie so sehr, dass sie auch keine Indie-Entwickler mehr sind und eventuell ab einer gewissen Größe immanente Geschäftspraktiken sich auch da einbürgern. Eine Sicherheit gibt es nie.

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Da muss ich ehrlich sein, ich habe keine Ahnung wer Chucklefish ist.
Im Grunde scheint es ein grundsätzlich menschliches Problem mit den Arbeitsumständen zu sein.
Kleine Firma wird groß, Chefs werden gierig, Mitarbeiter werden ausgebeutet und zugrunde gerichtet, es gibt einen Medienaufschrei, große Firma entschuldigt sich und macht weiter wie gehabt.

Wie ist es realistisch möglich so etwas langfristig zu regulieren? Natürlich kann man Gesetze und Auflagen erlassen, aber diejenigen die es schon gibt werden jetzt schon nicht eingehalten. Andererseits möchte ich auch nicht sagen das man halt nichts machen kann und sich damit abfinden muss. Es scheint nur darauf hinaus zu laufen das sich erst dann etwas ändern wird wenn praktisch die gesamte Menschheit auf die Barrikaden geht und die Wirtschaft zwingt einzulenken, Französische Revolution 2.0 global Version wenn man so will.

Aber ja da hast du leider Recht, es ist unrealistisch das sich auch nur annähernd genug Menschen aufraffen um aktiv gegen diese Verbrecher vorzugehen.

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Chucklefish ist unter anderem der Entwickler von Starbound und Wargroove und ist für manche Plattformen der Publisher von Stardew Valley. Es gibt Berichte dass Minderjährige irgendwie benutzt wurden und hunderte Stunden unbezahlt an Starbound entwickelt haben. Ich glaube bei Terraria war es so, dass sie die Portierung für Konsolen übernehmen sollten und dann auch Publisher waren und das wurde einfach unterlassen. - Chucklefish ist noch eine recht kleine Indie-Firma und dennoch kommt das vor.

Ich denke schon, dass es bei Indies generell bessere Arbeitsbedingungen gibt als bei großen Konzernen, daher gibt es auch weniger Negativschlagzeilen. Aber genauso wie es große Konzerne geben wird bei denen es gut läuft, ist auch bei den Indies nicht alles rosig. Von daher glaube ich das auf Indies setzen alleine nicht die Lösung ist.

Mir ist es auch klar, dass Firmen jetzige Gesetze und Auflagen nicht einhalten. Aber ich denke einerseits eh nicht, dass einmal alle auf die Barrikaden gehen werden und wenn man bis dahin wartet wird sich nie was ändern. Weiterhin sind wir auch nicht mehr im Feudalismus wo die Fronten ganz klar zwischen Adel und Pöbel fest sind. Selbst wenn es alle Leute auf die Barrikaden gehen wollen würden gibt es ja kaum einheitliche Interessen noch einen festen Antagonisten gegen den man sich wenden kann. Denn manche sind mal Verbrecher mal nicht. Manche die auch auf die Barrikaden gehen für ein Thema sind bei dem anderen auf der Verbrecher-Seite. Wenn die Verbrecher weg sind werden neue Leute deren Position einnehmen. Daher glaube ich nicht, dass irgendwo eine Revolution kommen kann und danach das Paradies herrscht.

Um zu den Gesetzen zurück zu kommen. Ich glaube sowohl im Bereich des Gaming sowohl in der Wirtschaft generell nicht an Allheilmittel, die alles besser machen. Dennoch sind Gesetze und Auflagen meiner Meinung nach eine der besseren Methoden da was dran machen zu können. Auch wenn die nie voll eingehalten werden ist es aber oft ganz einfach eine Milchmädchenrechnung. Solange die Konsequenzen bei Gesetzesbrüchen so gering sind, dass das gelegentliche erwischt werden lohnenswerter ist als die Gesetze zu befolgen, solange bricht man sie. Ist doch im Alltag auch so wenn man mehr Zigaretten einführt als man darf oder man dauernd zu schnell fährt. Hier finde ich es halt einfacher realisierbar dass das Gesetze befolgen lohnenswerter ist als das Gesetze brechen in dem man die Konsequenzen verschäft. Beim Boykott geht das nur wenn je nach Branche hunderte, tausende oder gar millionenfach Konsumenten langfristig aktiv mitmachen.

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