Westworld - Season 3, Episoden 1 & 2:
Nach der zweiten Staffel, wo ich ein bisschen skeptisch war, und die auf mich wirkte, als ziehe man die Serie einfach unnötig weiter scheint die dritte Staffel jetzt doch etwas zielgerichteter sein. Und das gefällt mir.
Im Moment hat man vier Stränge, welche parallel laufen, aber alle haben ein gutes Tempo und (im Gegensatz zur zweiten Staffel) keine scheint einfach nur so vor sich hin zu holpern, ohne ein grosses Ziel zu haben.
Mir gefällt auch die Tatsache, dass man sich offenbar wirklich getraut hat, sich vom “Westworld”-Park zu entfernen. Etwas, was ich nach der zweiten Staffel befürchtet hatte war, dass man jetzt ein “Franchise” draus macht, wo gewisse Elemente (Wilder Westen, bestimmte Charaktere…) drin bleiben MÜSSEN, damit man das Franchise immer noch als solches erkennt. Die dritte Staffel etabliert aber ein völlig neues Setting und scheint tatsächlich eine Weiterentwicklung der Story zu sein, nicht etwas, dass die vorherige Geschichte einfach in die Länge zieht.
Was mir extrem negativ aufgefallen war ist jedoch etwas sehr spezifisches, das in der zweiten Folge passiert.
Etwas, was “Westworld” bisher einfach brilliant gemacht hatte war die Konsequenz mit der man dem Zuschauer die Welt präsentierte. Man versuchte nicht, Dinge halbgar zu machen, man war ehrlich mit dem Zuschauer, was mir zeigte, wie ernst die Macher ihre Welt und die Zuschauer nehmen.
Und das war auch der Grund, warum die Twists so gut funktionierte. Weil plötzlich alles Sinn machte, auch die Dinge, welche vorher keinen Sinn machten.
In der ersten Staffel zum Beispiel wusste man nicht, dass die Szenen mit dem jungen William, und die Szenen mit dem “Mann in Schwarz” zu einer unterschiedlichen Zeit spielten, weswegen die Tatsache, dass die beiden Männer die gleichen Charaktere sind zum Schluss als Überraschung kam.
ABER die Serie war in ihrer Darstellung konsequent genug, dass man es vorher hatte ahnen können. Zum Beispiel sieht man in der Welt des jungen Williams, dass die Roboter noch aus mechanischen Einzelteilen bestand, während die “Gegenwart” Roboter hatte, welche aus synthetischen Organen und Gewebe besteht. Diese Hinweise machen den Twist doppelt so gelungen, weil der aufmerksame Zuschauer da selber draufkommen konnte, und der weniger aufmerksame am Schluss realisiert, wie gut doch alles zusammen passt.
Die zweite Staffel hatte etwas ähnliches.
Gewisse Szenen spielten in einer “Simulation” statt, anstatt in der Realität (also: der Park gilt hier auch als “Realität”, weil er schliesslich Teil der physischen Welt ist). Der Unterschied zwischen den beiden Welten wird mit dem Bildformat signalisiert. Die Szenen in der Simulation haben Schwarze Letterbox-Balken, wie wenn man einen Kinofilm schaut, während die reale Welt im TV-Format gezeigt wurde.
Dieses Detail ist mir persönlich sehr schnell aufgefallen, ich wusste aber ursprünglich nicht, was es bedeutete. Aber als man das erste Mal die Balken sieht, mit dem WISSEN, dass der Charakter jetzt in einer Simulation ist, kam alles zusammen und zeigte einmal mehr: Die Macher sind konsequent und gehen konsequent mit diesen Dingen um.
Allerdings fiel mir auch gleich ein Problem damit auf: Dieser Visuelle Touch ist etwas, was man in Zukunft nicht verstecken können wird. Es ist nicht wie die mechanischen Einzelteile der Roboter in der Vergangenheit, welche in den meisten Szenen nicht sichtbar sind, dieser Fomat-Wechsel ist etwas, das sich nicht verstecken lässt, und darum wird die Serie in Zukunft keinen Twist einbauen, in dem man plötzlich feststellen wird, dass ein Charakter sich die ganze Zeit in einer Simulation befand.
Und trotzdem: Genau das wird in der zweiten Folge gemacht. Maeve befindet sich da lange in einer Simulation, und die Serie zeigt es als Twists, als sie realisiert, dass sie es nicht ist.
Aber anstatt wie immer konsequent zu sein in der Darstellung, und zu akzeptieren, dass der aufmerksame Zuschauer halt früh realisiert, was Sache ist…
Nun, zum ersten Mal in der Serie (soweit ich es beurteilen kann) betrügen die Macher. Die Letterbox-Balken sind in den Szenen in der Simulation nicht vorhanden und werden erst dann eingeführt, als der Charakter selber realisiert, dass sie in einer Simulation ist.
DAS ist ein massiver Fehler und geht gegen alles, was die Serie so grossartig machte. Die Serie wollte den Zuschauer immer überraschen, aber nie auf Kosten der internen Regeln der Darstellung der Welt. Jetzt macht man das also. Der Twist ist wichtiger als die Konsequenz der Serie.
Und das ist so extrem schade.
Denn offenbar wollen die Macher inzwischen wirklich nicht mehr, dass der clevere, aufmerksame Zuschauer ihren Twists im voraus folgen können (was sie schon gesagt haben, als sie einen Twist in der zweiten Staffel änderten, nur weil die Fans ihn schon im Voraus erraten hatten). Inzwischen wollen die Macher offenbar auf biegen und brechen schlauer sein als der Zuschauer. Und wenn sie dafür Kompromisse bezüglich der internen Logik ihrer Serie eingehen, dann machen sie das offenbar auch.
Das mag ein Detail sein, und manch ein Zuschauer wird das vermutlich nicht als Problem ansehen.
Aber als jemand, der bei einer Serie oder einem Film gerne mitdenkt und der Logik einer fiktiven Welt zu folgen versucht, finde ich das extrem schade und es ist jetzt schon ein ziemlicher Störfaktor.
Denn eigentlich wollte ich diese Staffel aufmerksam verfolgen und mitdenken. Denn diese Welt hat so viele Interessante Regeln. Sie hat Roboter welche sich als Menschen tarnen können, sie hat KIs mit Bewustsein, sie hat Simulationen welche wie real wirken… und sie hat Regeln, welche dir theoretisch erlauben sollten, potentielle Twists vorauszusehen, wenn man den Gedanken der Macher und vor allem der Präsentation der Serie aufmerksam folgt.
Aber jetzt weiss ich, dass die Macher diese Regeln nicht konsequent einhalten werden, wenn sie versuchen mich reinzulegen. Und darum kann ich nicht davon ausgehen, dass mein Mitdenken von der Serie belohnt wird, denn wenn sie nicht wollen, dass ich etwas nicht rausfinde, dann ändern sie einfach die Regeln.
Und das geht, wie oben gesagt, gegen alle Qualitäten, welche die Serie bisher hatte.
Schade. Ich wünschte mir wirklich, wirklich, wirklich, dass Serien- und Filmemacher aufhören würden, immer “schlauer” als der Zuschauer sein zu wollen…
Fazit: Bisher zwei gute Folgen dieser dritten Staffel, aber leider mit einem MASSIVEN Schönheitsfehler, der hoffentlich ein Ausrutscher war und nicht wiederholt wird.