Sex Education - Season 3:
Ich finde diese Serie wird mit Staffel zu Staffel besser.
Diese Staffel ist unglaublich gelungen.
Primär wegen der gelungenen Charaktere. So viele der Figuren welche von Anfang an als kleine Nebenrollen dabei waren werden von Staffel zu Staffel mehr ausgebaut, komplexer, aber sie entwickeln sich auch, lernen aus den neuen Umständen. Und ich schaue einfach mit Vergnügen zu, und hoffe dass sich deren Story gut entwickeln.
Grosses Highlight dieser Staffel ist der Charakter von Adam. Was sie mit diesem Charakter gemacht haben ist einfach genial. Er hat sich so weit entwickelt, ist einen so weiten Weg gegangen, und obwohl man ihn immer noch als den Charakter erkennt, der er ursprünglich war, so ist er trotzdem von einem unausstehlichen Bully zu einem liebenswerten, sympatischen Menschen geworden, dem man einfach nur das Beste wünscht. Und Connor Swindells ist einfach sagenhaft in seiner Schauspielerischen Leistung! Denn der Charakter kann nicht einfach zu spielen sein! So verschlossen, meist einen stumpfen Ausdruck im Gesicht… und dennoch schafft er es da Nuancen reinzubringen und man sieht so viel hinter der oberflächlichen Fassade abspielen.
Aber das gilt nicht nur für ihn. Die Figur seines Vater (wo ich immer noch nicht glauben kann, dass die Schauspieler nicht wirklich verwandt sind, so stark ist die Ähnlichkeit in ihrer Mimick und Ausstrahlung) ist auch faszinierend ausgearbeitet worden, und wie bei Adam selber wünscht man sich einfach, dass er seinen Weg der Selbtsfindung zu einem glücklichen Ende weitergehen kann.
So viele gute Charaktere, so viele Entwicklungen. Isaac, Cal, Ola, Eric… Himmel, sogar die oberflächliche, nervige Ruby wird super ausgebaut und da hoffe ich, dass man von ihr noch mehr sieht, wenn die Serie weitergeführt wird!
Leider muss ich bei den Charakteren auch gleich die grösste Schwachstelle ansprechen:
Otis. Der vemeintliche Protagonist… und ehrlich gesagt, einer der wohl unsympatischten Charaktere in der ganzen Show.
Es ist eigenartig, dass eine Serie, welche in der Regel so gut versteht, wo die Schwächen eines Charakters sind, und wie wichtig es ist dass sich die Charaktere verändern müssen um ihre Schwächen zu umgehen, hat mit Otis eine Protagonisten, der einfach nur toxisch ist, man uns aber permanent sagt, dass man ihn mögen sollte und hoffen sollte, dass er „das Mädchen kriegt“, wenn er ABSOLUT keine Person ist, welche man so positiv sehen sollte.
Uns wird die ganze Zeit gesagt, was für ein guter Mensch Otis doch sei, und jaja, er macht Fehler, aber EIGENTLICH ist er doch ein ganz netter, und er und Maeve gehören doch zusammen, aber Otis macht nichts um sich zu bessern, er bleibt auf seiner Schiene, immer wenn es harzig wird kommen seine negativen Aspekte wieder in den Fordergrund, und dann denkt er, man solle Mitgefühl mit ihm haben, wenn er sich kurz entschuldigt, weil er halt der Protagonist ist, und Maeve seine Traumfrau, und der Protagonist verdient seine Traumfrau per Default… Und dabei passt Maeve so viel besser zu Isaac! Die beiden haben so viel mehr gemeinsam, so viel mehr romantische Chemie… ehrlich, dass man da den Fehler gemacht hat und so tut, als habe Maeve und Otis dieses „Default“-romantische Bündtniss ist einfach ein klarer Fehltritt!
Vergleichen wir das mal mit Adam, ein Charakter der auch als toxische Figur anfängt, jetzt aber zwei Staffeln hart dafür gearbeitet hat, sich zu verbessern, eine andere Person zu werden. Und wenn es hart auf hart kommt, wenn es mal nicht so läuft wie es für ihn wünschenswert wäre, so bleibt der Charakter trotzdem dem treu, was er vorher gelernt hat.
Nachdem ihn Eric verlässt und ihm das Herz gebrochen wird, nachdem er sich endlich jemandem geöffnet hat geht er nicht zurück in seine gewalttätige, grobe, verschlossene Art. Denn er ist als Charakter gewachsen. Er hat sich entwickelt und gelernt.
Bei Otis kriegt man das Gefühl der wird in der nächsten Staffel gleich wieder ins gleiche Toxische Fahrtwasser kommen… denn das hat er bisher immer gemacht.
Sorry…
Ja, bin ein extremer Adam-Fanboy, und ich mag Otis als Protagonist wirklich nicht. Und was frustrierend ist ist die Tatsache, dass ich das Problem schon in der ersten Staffel hatte, und die zweite Staffel dann anfing das zu verbessern. Otis war immer noch ein Arsch in der zweiten Staffel, aber die Serie schien zu verstehen, dass Otis nicht unsere Sympathie verdient, bis er anfängt aus seinen Fehlern zu lernen und sich zu verbessern. In dieser Staffel jedoch ist man wieder genau da, wo man am Ende der ersten Staffel war.
Ok, aber genug gemotzt über diesen einen Charakter den ich nicht mag.
Denn ehrlich: Er ist zwar klar der Protagonist, aber in der Serie laufen so viele Geschichten völlig ohne ihn ab, oder nur tangentiell mit ihm, dass er diese Serie nicht ruiniert.
Und sowieso rede ich nur von Otis, dem Charakter, nicht dem Schauspieler.
Denn so unausstehlich ich den Charakter finde, der Schauspieler Asa Butterfield macht eine hervorragende Arbeit mit seiner Rolle!
Aber nicht nur ihn kann ich hier loben. Die Schauspieler sind ALLE fantastische. Nicht ein einziger Darsteller fällt aus der Reihe, alle sind sie brilliant und kreieren auch mit manchen eher kleinen Rollen, oder besser gesagt, Rollen mit wenig Screentime, so viel Persönlichkeit, dass es kaum eine Ark gibt, welche nicht unterhaltsam und immersiv ist.
Connor Swindells als Adam habe ich ja schon angesprochen, aber namentlich erwähnen will ich auch Mimi Keene, welche die Oberflächliche Ruby super verkörpert aber dann in einigen wenigen Momenten (ähnlich wie Adam, wie mir auffällt) sich ein bisschen öffnet und sofort zeigt, dass da mehr dahinter steckt, Ncuti Gatwa als Eric, der diese strahlende über-gay Persönlichkeit hat, und sie mit einer Leidenschaft darstellt, welche ihn einfach liebenswert macht, Dua Saleh, welcher brilliant die schwierige Ballance findet zwischen einer Person welche selbstbewusst ist, aber immer noch jeden Tag mit mit Unsicherheiten zu kämpfen hat (übrigens: Im Englischen geht Dua Saleh bei „they/them“, aber ich glaube „he/him“ ist auch korrekt, weswegen ich hier mit den männlichen Pronomen arbeite… wenn da jemand mehr darüber weiss wie das im Deutschen korrekt wäre, bitte ungeniert korrigieren) und zu guter letzt Mikael Persbrandt, der verhältnissmässig wenige Szenen hat, aber so massiv viel herausholt, dass man den Eindruck kriegt, er sei ein Teil des Hauptcasts.
Und dies sind für mich lediglich die Stand-Outs in einem Line-Up wo wie gesagt ALLE Schauspieler/innen fantastisch sind.
Was ich auch extrem zu schätzen weiss ist die Tatsache, dass man nicht krampfhaft versucht an einer Formel festzuhalten, welche storytechnisch nicht mehr passt. In der ersten Staffel (und der zweiten auch zu einem gewissen Grade) hatte man immer die Anfangsszene, wo eines der intimen Probleme der Teens gezeigt wird, und welches dann das Rahmenkonstrukt für den Rest der Folge bildet. Und das machte Sinn, denn die Serie drehte sich um die Idee eines „klinischen Falles“, der von der „Praxis“ der Protagonisten behandelt wurde.
Das ist jetzt aber vorbei, die Praxis ist als Plotpunkt praktisch verschwunden… und so geht man jetzt auch neue Wege mit der Struktur und hält nicht zwangsläufig daran fest, nur weil es halt ein Gimmick war das funktioniert hatte in der Vergangenheit.
Und ehrlich, bei solchen Details fällt einfach auf, ob die Macher einfach im Leerlauf vor sich hintreten, oder tatsächlich versuchen die Serie vorwärts zu bewegen. Und mit dieser Staffel wirkt es (abgesehen vom Protagonisten) definitiv nicht so, als trete man nur an der Stelle.
Und zu guter Letzt will ich noch erwähnen, das ich es mag wie herausfordernd die Serie sein kann, indem sie das Thema Sex und Sexualität in so vielen verschiedenen Fassetten beleuchtet. Wie zum Beispiel die Frage, was es für eine Person welche sich als heterosexuell sieht bedeutet, wenn man sich plötzlich intim zu einer nicht-binären Person hingezogen fühlt. Eine interessantes Frage, mit welcher viele Leute vielleicht keine persönliche Erfahrung haben, aber welche in einer Welt wo Geschlecht und Geschlechtsidentität sehr viel vielschichtiger wird absolut spannend ist sich selber zu stellen.
Fazit: Tolle dritte Staffel! Die Charaktere tragen diese Serie hervorragend und es gefällt mir echt gut, wie man das ganze so entwickelt.