Damals, lang ist es her, hat Florentin in seinen Moin Moins, als es um die Frühstücksfotos ging, noch stets seinen Bergsonn-Index erwähnt. Der misst, wie viele Bissen man für eine Mahlzeit idealerweise nutzt. Irgendwann wurde ihm die Frage gestellt, was denn mit verschieden großen Mündern ist. Die Frage wurde als irrelevant abgetan. Daraus entstand meine Inspiration für folgenden, kritischen, denke ich halbwegs witzigen, pseudowissenschaftlichen Artikel. - für den ich beim besten Willen sonst kein Zielpublikum oder andere Zwecke habe. Ich hoffe, er kann euch unterhalten:
Allzu verbissene Frühstücksforschung
Der Bergsonn-Index in der Krise
Wills Ansatz des Bergsonn-Index steht – obwohl längst in aller Munde - momentan (noch?) vor einem fundamentalen Problem: Wenn nämlich selbst auf die Frage nach der Relevanz der Mundlochgröße keine Antwort zu geben ist, (und die Notwendigkeit einer solchen auch nicht erkannt wird) gibt es großen Klärungsbedarf bezüglich der exakten Definition des Bergsonn-Index. Bis Prof. Dr. Will diesem nachgekommen ist kann diese folglich unbestimmbare Maßeinheit der Wissenschaft selbstverständlich (noch!) nicht von Nutzen sein. Es gab viel Hoffnung – mitunter kann auch von einem Vertrauensvorschuss gesprochen werden - von Seiten prominenter Kollegen, (Vgl. Knäcke: Ich fresse einen Besen. Ein Selbstexperiment. In: (ders.): Hut zum Frühstück, Besen zum Brunch. Wissenschaft geht durch den Magen., S. 107-113.)
aber die Frühstücksforschung darf sich nicht an Konzepten festbeißen, die zumindest bis dato ihr eigenes Potenzial untergraben, ohne sich an den Bedürfnissen dieser jungen und doch jetzt schon Paradigmen-umwerfenden (Vgl. Semmel: Wenn es krümelt kann ich es auch messen. Über den Gegenstand und die Rolle der Frühstücksforschung in der Naturwissenschaft.)
Wissenschaft zu orientieren.
Wenn es um Bissen geht, geht es um Münder. Und wenn es um Münder geht, muss die entsprechende Theorie entweder auf ein genormtes Mundloch bezogen sein oder auf jedes. Die Aussage, es komme auf das Nahrungsmittel an, kann also nicht rechtfertigen, diese Blickwinkel auf Bisse - weder in der einen noch in der anderen Art - außer Acht zu lassen.
Konkret ist auch beispielsweise die Begründung dafür zu vermissen, dass (laut Will) ein quadratisches Nahrungsmittel einen geraden Wert als Bergsonn-Index besitzen muss. Wenn es nämlich um Bissen im Allgemeinen ginge wären beispielsweise problemlos ein großer (rundlicher) Bissen und zwei kleine (Rest-)Bissen, ergo in der Summe drei Bissen als richtige Lösung der Gleichung denkbar, die dem Index zugrunde liegen soll. (Vgl. Crunch et al.: Geometry of Bits and Bites., S.23f.)
Es scheint hier also eine unausgesprochene, von Will angenommene Regel zu geben, laut der jeder Bissen von identischer Form - vielleicht sogar identischem Geschmack - sein sollte? Kann ein dementsprechender Maßstab denn überhaupt auf alle Nahrungsmittel angewandt werden? Wie wäre bezüglich heterogener Nahrungsmittel zu verfahren, die an und für sich verschiedenartige Bissen erzwingen?
Womöglich erscheinen derlei Zweifel dem Leser zunächst übertrieben. Gerade in den letzten Jahren zeigten verschiedene Veröffentlichungen (z.B. Satt: Was der Bauer nicht kennt, misst er nicht.)
allerdings, wie stark die Vorbehalte in der Wissenschaftlichen Gemeinschaft gegenüber unserem Fachbereich teilweise nach wie vor sind. Angesichts der Skandale, die zudem unlängst ans Licht gekommen sind, (Knusper et al: „Wer nicht schlucken will muss auch nicht kauen.“ Sexuelle Belästigung in der Frühstücksforschung.)
können wir es uns also kaum leisten, zusätzlich durch das Ignorieren allgemeiner Standards wissenschaftlicher Exaktheit den Ruf unseres Forschungszweigs weiter zu gefährden. Die Fachwelt hat diesen Schock immerhin mittlerweile verdaut. Es bedarf allerdings keiner besonderen Aufmerksamkeit, um zu wissen, dass die allgemeine Presse noch immer einen faden Beigeschmack auf der Zunge hat, wann immer sie über aktuelle Entwicklungen aus der Wissenschaft spricht. Wir sind für die Suppe verantwortlich, die die gesamte Wissenschaft nun auszulöffeln hat. (1)
Es wäre angesichts dessen nicht einmal mehr abwegig, den Entschluss zu fassen, den Bergsonn-Index einfach komplett unter den Tisch fallen zu lassen und stattdessen über unseren eigenen Tellerrand zu blicken, um statt diesem mithilfe von Ansätzen verwandter Disziplinen zu arbeiten. Soweit muss es allerdings nicht kommen:
Herr Prof. Dr. Will hatte einen vielversprechenden Ansatz, lediglich bislang ist nicht ersichtlich, inwiefern hinsichtlich der gegenwärtigen Beschreibung und Anwendung des Bergsonn-Index die Standards einer wissenschaftlich verwendbaren Maßeinheit erreicht worden sind. Es sollte ihm infolgedessen zuallererst ein starkes Anliegen sein, in den sauren Apfel zu beißen und eine konkrete Definition des Index zu finden, auf deren Basis man dann über deren Auslegung oder Verbesserungs- bzw. Optimierungswürdigkeit diskutieren kann. Ohne eine solche bleibt allerdings jede Debatte über den bislang nebulösen Bergsonn-Index Zweck- da Gegenstandslos. Es scheint, als habe Will den Mund doch etwas zu voll genommen. Und wie Forsch schon kritisch bezüglich unseres Fachs schrieb: Mit vollem Mund spricht man nicht! (Forsch: Ich kann gar nicht so viel frühstücken wie ich kotzen möchte!, S. 7. In: (ders.): Wo kommen überhaupt diese ganzen Quatsch-Wissenschaften her!?, S. 5-14.)
(1)
Auch wenn mein geschätzter Kollege Mampf vehement das Gegenteil behauptet (Vgl. Mampf: Nabel. Nabel. Nabel. Frühstück braucht nur Messer. In: (ders.): Brunch als Synthese. Dialektik der Mahlzeiten., S. 54-60.) möchte ich an dieser Stelle noch einmal betonen: Suppe kann qua ihrer Verwandtschaft zur Cerealien-Portion durchaus ein Frühstück sein. (Vgl. Will: Die Müsli-Artigen. In: Bergsonn et al.: Ontologie der Frühstücksforschung., S. 30-36.)