Hab mal aus einer alten Arbeit (um 2010) was zusammenkopiert und noch ein paar Sachen ergänzt. Ich liebe diesen Film.
Last Action Hero (USA, 1993)
Dieser Film ist ohne Zweifel einer meiner Favoriten in Arnold Schwarzeneggers üppigen Œuvre an „Actionfilmen“.
Die Besprechnung des Films werden wir diesmal mit einer kurzen, kontroversen Genre-Einordnung der Filme Arnold Schwarzeneggers und Hintergrundinformationen zum Misserfolg des Films beginnen. Eigentlich ist die Bezeichnung Actionfilm in Bezug zu Arnold Schwarzenegger oftmals nicht korrekt, da ein Großteil der Produktionen, in denen er die Hauptrolle verkörpert, nur zur Hälfte Actionfilme sind und diese immer auch eine relevante Menge komödiantischer Szenen enthalten. So auch Last Action Hero, der im Jahr 1993 an den Kinokassen enttäuschte und nicht wirklich erfolgreich war. Gerne wird hier Jurassic Park (1993), der nur eine Woche vorher anlief und zu einem ertragreichen Blockbuster wurde, vorgeschoben, jedoch ist dies sicherlich nicht der einzige Grund. Eingangs wurde bereits die häufige Elaszität der Schwarzenegger-Filme, die mehr Hybridfilme, als reinrassige Actionfilme oder Komödien sind, festgestellt. Und genau in diesem Umstand lässt sich der Misserfolg des Films finden. Die zeitgenössischen Kritiken des Films sind schlecht bis vernichtend und zu allem Überfluss hagelte es damals ganze sechs Nominierungen für den parodistischen Negativpreis „Goldene Himbeere“. Doch aufgrund exakt dieser damals negativ wahrgenommenen Hybridität ist dieser spezielle Film Schwarzeneggers äußerst interessant und sticht geradezu wie Leuchtfeuer aus dem Schaffen des muskelbepackten Österreichers heraus.
Last Action Hero war seiner Zeit weit voraus und das Publikum des Jahres 1993 noch nicht bereit für einen solch selbstironischen Film mit mehreren Metaebenen, die zudem nur diffus voneinander abgegrenzt werden. An dieser Stelle müssen wir nochmal den Begriff Actionkomödie bemühen und anhand einiger Beispiele erklären, warum das Gros der Filme des siebenfachen Mr. Olympia-Gewinners nicht den klassischen Actionfilmen zugeordnet werden kann. Wenn man die folgende These als absolut setzt, wären sämtliche Filme Schwarzeneggers Actionkomödien, jedoch werden Stay Hungry (1976), Conan The Barabarian (1982), The Terminator (1984), Maggie (2015) und Aftermath (2017) ausgeklammert, da die komödiantischen Elemente in jenen Filmen anders inszeniert werden, als in den Filmen, die für die These kurz betrachtet werden.
Der Grund für die Einordnung der Filme in die Gattung Actionkomödie liegt in der Person Arnold Schwarzenegger selbst. Anders als die meisten der Schauspieler:innen von Actionheld:innen der 1980er und 1990er Jahre, hat Arnold Schwarzenegger seine Karriere und noch viel mehr sein Image durch eine konstante Verweigerung der Illusion aufgebaut. Hierunter ist zu verstehen, dass egal welche Rolle Schwarzenegger verkörpert, er nie als z. B. Jack Slater (Last Action Hero, 1993), Ben Richards (The Running Man, 1987) oder John Kimble (Kindergarten Cop, 1990) wahrgenommen wird, sondern immer als der Bodybuilder Arnold Schwarzenegger aus Österreich – er spielt keine Rolle, viel mehr macht er die Figur der Geschichte zu einer Schwarzenegger-Version ebendieser. Es ist explizit diese bewusst eingesetzte „Unfähigkeit“ zum Schauspiel, die das Publikum abholt und den Erfolg des Mannes im Kino ausmacht. Fällt in einem Trailer der Name Schwarzenegger, dann werden Erwartungen geweckt, und zwar nicht nach einer bahnbrechenden Schauspielleistung, sondern nach einem archaischen Muskelmann mit österreichischem Akzent, lustigen sowie absurden Situationen, den passenden Sprüchen, geschmückt mit einer einfachen Geschichte und verpackt in oft gewalttätige, rasante Bilder. Diese Beschreibung passt so grundsätzlich auf Commando (1985), Raw Deal (1986), Predator (1987), The Running Man (1987), Terminator 2: Judgement Day (1991), Last Action Hero (1993), True Lies (1994), Eraser (1996) und auch neuere Filme, wie The Last Stand (2013) und Killing Gunther (2017). Filme, die von vornherein als Komödie ausgewiesen werden sind hier nicht berücksichtigt, allerdings ist die These auch dort zutreffend.
Aber was genau unterscheidet Last Action Hero von den aufgezählten Filmen, wenn das Schwarzenegger-Prinzip doch auf fast alle Filme des Schauspielers zutrifft? Die Antwort auf diese Frage liefert ein Blick auf die Grundidee des Films.
Last Action Hero ist als selbstreferentielle Actionkomödie angelegt und spielt mit der im vorherigen Absatz festgestellten Negation der Illusion. Arnold Schwarzenegger spielt sich selbst, wie er die Figur des Jack Slater in einer fiktiven Welt zu einem Arnold Schwarzenegger werden lässt – die Zuschauer:innen sehen also einen Schwarzenegger, der mit einem weiteren Schwarzenegger interagiert. Dies ist nur durch die vielen Ebenen, die der Film eröffnet möglich. Betrachten wir nochmal die Kritiken der damaligen Zeit, erkennen wir schnell, dass insbesondere diese Struktur dem Film zum Vorwurf gemacht wird, zusätzlich wird die schwammige Inszenierung, die den Kritiker:innen eine eindeutige Genrezuordnung (Actionfilm oder Komödie) erschwert. Letzteres ist unter Berücksichtigung der zuvor aufgestellten These vernachlässigbar, die werkimmanente Struktur des Films bedarf allerdings einer genaueren Betrachtung, da in ihr ein Spiel mit den Erzähltechniken des Mediums Film stattfindet, die gewissermaßen diffus bleibt und vom Publikum durchaus umfangreiche Kenntnisse der Popkultur erfordert.
Der Film spielt mit der Idee, dass Figuren eines fiktiven Films tatsächlich existieren und in die „reale“ Welt übertreten können. Hierzu begleiten die Zuschauer:innen den 11-jährigen Schüler Danny Madigan, der ein Fan von Actionfilmen mit Arnold Schwarzenegger ist. Seine Lieblingsfilmreihe ist die fiktive Jack Slater-Reihe, in der Arnold Schwarzenegger den titelgebenden Polizisten Jack Slater spielt. Die Jack Slater-Filme werden im Film als ein typisches Action-Vehikel inszeniert und stellen für sich bereits eine Parodie der Filmografie Schwarzeneggers dar. Bis hierhin ist Last Action Hero noch in einer glaubhaften Welt angesiedelt. Dies ändert sich, wenn Danny mit Hilfe einer magischen Eintrittskarte in die Film-im-Film-Welt des neuesten Jack Slater-Films gelangt und sich inmitten einer wilden Autoverfolgungsjagd mit actionreichen Schusswechseln auf der Rückbank Jack Slaters Auto wiederfindet. Ab diesem Zeitpunkt ändert sich der Film tonal und wir befinden uns im Bereich des phantastischen Films. Hier verschwimmen dann die Weltenebenen und werden nicht eindeutig voneinander abgegrenzt. Dies fällt insbesondere dann auf, wenn Robert Patrick im Film-im-Film einen kurzen Gastauftritt als T-1000 hat, in dieser Film-im-Film-Welt aber der Film Terminator 2 mit einem Sylvester Stallone in der Hauptrolle existiert. Somit muss die Film-im-Film-Welt ebenfalls in diverse Ebenen unterteilt werden, da hier ganze Bereiche des typischen Hollywood-Kinos selbstreferentiell sowie ineinander verschachtelt parodiert werden. Weitere Beispiele sind die ausschließlich hübschen Frauen in den absurdesten Kostümen, die innerhalb der Film-im-Film-Welt als alltäglich wahrgenommen werden, handgezeichnete Cartoonfiguren, deren gezeichnete Schusswaffen nicht gezeichnete Figuren verletzen können und Karikaturen diverser Antagonisten, die sich in endlosen Monologen selbst ausschalten. Gespickt wird das ganze mit Referenzen an die Werke der am Film (gemeint ist Last Action Hero) beteiligten Personen. Der Film-im-Film-Welt-Polizeichef heißt Fred Dekker, benannt nach dem gleichnamigen Regisseur, der mit Monster Squad zuvor schon ein Drehbuch von Shane Black, der für die Überarbeitung des Scripts zu Last Action Hero verantwortlich ist, verfilmt hat. Des Weiteren referenziert Regisseur John McTiernan den finalen Moment (Hans Grubers Sturz vom Dach des Nakatomi Plazas) aus seinem Film Die Hard gleich mehrfach, wenn er den Film-im-Film-Antagonisten The Rripper (gespielt von Tom Noonan) vom Dach stürzen lässt und auch die Bodybuilding-Karriere Schwarzeneggers wird aufgegriffen, indem die Regie eines Jack Slater-Films Franco Columbu zugeordnet wird. Franco Columbu und Arnold Schwarzenegger verbindet eine tiefe Freundschaft aus den Tagen des Bodybuildings.
Ein Höhepunkt des Films ist schließlich das Aufeinandertreffen der Schwarzeneggers im letzten Drittel des Films. Durch das magische Kinoticket kann der Film-im-Film-Antagonist in die fiktive reale Welt entkommen und Danny nimmt zusammen mit der Figur Jack Slater die Verfolgung auf. Last Action Hero verlegt den Höhepunkt alsdann auf die Premiere des neuesten Jack Slater-Films innerhalb der fiktiven realen Welt, an der naturgemäß die Hauptdarsteller:innen teilnehmen, so auch Arnold Schwarzenegger. Die Besonderheit ist hier, dass Arnold Schwarzenegger sich zwar selbst spielt, es aber gewissermaßen nicht tut, sondern nur eine weitere fiktive Inkarnation Schwarzeneggers, der mit der Situation zudem völlig überfordert ist und von seiner Ehefrau, dargestellt durch seine reale Partnerin Maria Shriver, als Pantoffelheld geoutet wird.
Es ist diese diffuse Abgrenzung der Erzählebenen und die schiere Menge an popkulturellen Referenzen, die den Film so unterhaltsam macht und ihm im Zeitalter des Internets einen zweiten Frühling bescheren sollte. Im Jahr 1993 war so viel Metahumor unüblich und das Publikum überfordert, doch heute, 17 Jahre später, sind die Sehgewohnheiten andere und es ist eine neue Generation in einer vollständig mediatisierten Welt herangewachsen.
Last Action Hero ist ein verkanntes Meisterwerk innerhalb der Filmografie Arnold Schwarzeneggers. Es ist ein filmgewordener Cartoon, bestehend aus Memes und dem Spiel mit medialen Regeln. Regeln, die der Film eigentlich gar nicht nutzt, sondern sich ihnen von Anfang an verweigert und stattdessen munter macht was er will. Und das Beste daran ist: Es funktioniert.
10/10