Der Youtube Kanal von der bpb ist aufm ersten Blick aber wirklich nicht gut.
Schade.
Habe nen Bachelor-Abschluss in Politikwissenschaft. Kann dir sagen, dass man dadurch nicht viel mehr über die Politik bescheid weiss, als ein Laie. Vielmehr lernt man, die Politik und das Weltgeschehen auf eine objektiv-theoretische Art und Weise zu betrachten und darin Muster und wiederkehrende Variabeln zu erkennen, um daraus “Wissen” oder ein präzises Fazit herzuleiten.
Um dir einen Überblick zu verschaffen, wir (studierte in der Schweiz) haben 6 Hauptdisziplinen, die wir alle abgedecken mussten. Davon durften wir 3 auswählen, um diese weiter zu vertiefen:
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Politische Philosophie (hier geht man auf den Spuren des Sinn und Zwecks der Politik und der Staaten (Hobbes’ Leviathan wird hier z.B. behandelt).)
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Internationale Beziehungen (hier schaut man sich die Dynamiken und Regeln im Internationalen System an. Leider sehr theorie-lastig. Im Grundegenommen hat man verschiedene Theorien/Modelle/Lupen mit welchen das Internationale Geschehen erläutert wird)
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Vergleichende Politikwissenschaft (Hier schaut man sich die Politischen Systeme verschiedener Länder an und schaut sich anhand Muster und Variablen an, wo sich die Systeme unterscheiden bzw. ähneln und was der Effekt davon ist)
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Policy Analyse (hier schaut man sich an, wie von der Politik beschlossene Gesetze erstellt werden und wie sie die Gesellschaft beeinflussen (Konkret hatten wir hier das Obama-Care behandelt))
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Schweizer Politik (Entstehungsgeschichte und Architektur des Schweizerischen Politiksystems)
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Politische Ökonomie (Viel Mathe und Makroökonomie/Gleichsetzen, Auf- und Ableiten. Auch Modelle zu Korruption, Interessenvertretung/-organisation usw. waren dabei)
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Methoden der Politikwissenschaft (Hier lernten wir wie Umfragen erstellt werden, was es dabei zu beachten gibt. Ausserdem viel Mathe und Statistik (Regressionsanalyse), auch mussten wir eine Programmiersprache lernen (“R”) mittels welcher wir Daten analysierten (Datenanalyse). Dieses Fach musste jeder vertiefen)
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Daneben konnte man frei Module wählen, die dich interessierten. Ich zum Beispiel wählte Sachen wie Kriegstheorie, Internationale Sicherheit, Arabischer Frühling oder Internationales Finanzsystem.
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Habe ein Semester auch in Frankreich studiert. Da war das Ganze viel praxisnaher. Liegt auch daran, dass Politikwissenschaft dort sehr hoch angesehen wird, zumal die Uni, an der ich war, als Elite-Uni gilt (Sciences Po). Wenn man dort abschliesst, hat man einen Job in der Französischen Politik/Administration praktisch auf sicher. Hier in der Schweiz wird man vielmehr zu einem Forscher erzogen. Auch die Reputation für Politikwissenschaftsstudenten ist deutlich geringer.
Ich persönlich Interessiere mich kaum um die Innenpolitik, sondern mehr um das Internationale Geschehen. Meiner Meinung nach sollte man immer die Geschichte hinter Sachverhalten kennen, um diese objektiv beurteilen zu können. Zum Beispiel der Irankonflikt (Britischer Einfluss, CIA’s Coup -> Schah von Iran -> Privatisierung der Ölfelder -> Islamische Revolution -> Verstaatlichung der Ölfelder etc.). Ausserdem sollte man sich von den westlichen Medien nicht allzusehr beeinflussen lassen und kritisch bleiben, da diese stets auf die gleichen Quellen greifen (Irak’s Atomwaffen, NATO-Hilfe beim Sturz Ghaddafi’s, Georgien’s Aggression im Südossetien-Konflikt, “Moderate” Syrische Rebellen etc.). Meiner Meinung nach ist es ein guter Standpunkt, wenn man sich die gegenteilige Meinung von dem, was in den Nachrichten läuft, verdeutlicht und sich irgendwo Zwischen Medien und dem Gegenteil den Startpunkt setzt, und sich von dieser Ausganslage aus weiter informiert. (Syrien mit Rebellen-Sieg besser gestellt -> Syrien besser mit Assad gestellt -> Mitte = beide gleich scheisse, Krieg wird unnötig in die Länge gezogen -> wie am schnellsten beendet? -> nicht indem man die Rebellen-Seite unterstützt )
Edit: Konkrete Tipps:
- Arte - mit offenen Karten (auch auf Youtube zu finden)
- (Historische) Dokus schauen, z.B. zur Geschichte von Ländern
- Geography Now
- Wikipedia-Einträge zu Staaten
Hallo Orbital_Fram3,
ein sehr gutes Buch, was an deutschen Unis in Politikwissenschaften auch genutzt wird, ist Wolfgang Rudzios “Das politische System der Bundesrepublik Deutschland”:
Das politische System der Bundesrepublik Deutschland
Das ist für den Anfang sehr empfehlenswert.
Falls dich andere Inhalte der Politik interessieren, kann ich dir gerne weiterhelfen.
Wie hier schon öfter erwähnt: Bundeszentrale für politische Bildung. Da gibt es aber auch kostenlose Zeitschriften und zwar so viele du willst. Die behandeln immer ein bestimmtes Thema, da kannst du dir also gezielt was rauspicken.
Die ersten beiden Schritte sollten sein, dass System kennenzulernen und aktuelle Nachrichten und Debatten zu verfolgen. Dann verstehst du zum Beispiel, warum der Sitzungssaal vom Bundestag oft so leer ist.
Danach ist es wichtig Hintergrundwissen zu den Politikfelder zu sammeln, die dich Interessieren. Für richtig gute Dokus kannst du dir Dienstag Abend auf arte markieren (idR gibt es alle auch in der Mediathek). Dadurch erfährst du mehr über Akteure, ihre Interessen und Möglichkeiten sowie Alternativen.
Zu guter Letzt wäre es von Vorteil ein Grundwissen in politischer Theorie- und Ideengeschichte zu haben. Im Selbststudium extrem schwer anzueigenen. Da sowohl die alten als auch die modernen Klassiker kaum verständlich zu lesen sind, aber vielleicht gibt es da einen guten Youtuber oder ein Buch, dass als Einführung dienen kann. So erfährst du, wie Menschen die Welt sehen, sie begründen und warum sie das so tun bzw. getan haben. Und ganz zentral für Politik: Wie Macht funktioniert.
Du wirst dann schnell merken, dass Politik nicht einfach nur Politik ist: Es ist auch Geschichte, Philosophie, Wirtschaft, Geografie, Psychologie, Pädagogik u.v.m.
Und vergesst mir die alten Griechen nicht.
Geschlossen, da Necroposting