Frau Hasters Standpunkt und Perspektive gegen historischen und alltäglichen Rassismus sind natürlich wichtig. Dass offenkundig einen eher identitätspolitischen Ansatz verfolgt, ist klar. Ich würde nicht so weit gehen, diesen als ‚gefährlich‘ zu bezeichnen (schon gar nicht sie als Person), höchstens (!) eben als problematisch bis oberflächlich/unterkomplex, eben genauso wenig wie ich Nuhr gerade als Comedian/Künslter ‚gefährlich‘ sehen würde (der ja selbst nicht so direkt ein Weltbild darlegt und ausformuliert, was ja auch nicht seine Aufgabe ist). ‚Aushalten‘ oder auch akzeptieren, selbst wenn man das eine mehr hinterfragt als das andere, kann und soll man beide in einer Demokratie…
Hasters ist als Diskurs-Leiterin gerade in Sachen Rassismus, eben weil sie Betroffene ist und via Buch und als öffentliche Person in der Breite proklamieren und zur Diskussion stellen kann (an sich bereits ein privilegierter Standpunkt btw), natürlich wichtiger, als es Nuhr je sein könnte (der sicher noch privilegierter ist)…
Mein Eindruck anhand von Interviews, Artikeln und ihrem Podcast Feuer&Brot ist bloß, dass sie selbst ihre eigene, eben ökonomisch-privilegierten Position nicht erkennt oder für nicht relevant genug erachtet. Und genau den halte ich aber für essentiell (was ich hier eh schon mehrfach betont habe). Den zu ignorieren führt eben zu Problemen in der Gesamtbetrachtung und kann vielleicht eher antagonisierend oder entsolidarisierend wirken (gerade eben bei weniger Priviligierten), anstatt aber inklusiv und solidarisch, was wir ja alle für eine Gesellschaft wollen hoffentlich.
Das hat Hasters weder alleine zu verantworten, noch wird es ihre eigentliche Intention sein, spalterisch aufzutreten. Wie beim abstrahieren auf das System muss man auf eine Ideologie abstrahieren und diese konsequent hinterfragen (Marx hat ja auch nicht per se gegen böse Kapitalisten geschimpft, sondern eben gegen den bösen Kapitalismus). Anders gesagt: wann ist die Art der Fragestellung bereits ein Teil des Problems? Was wird übersehen/falsch ausgelegt?
Martin Luther King Jr. hat geschrieben “that the inseparable twin of racial injustice was economic injustice.” Bei ihm war die ökonomische Frage essentiell und direkt mit Rassismus verbunden. Er hat bis kurz vor seiner Ermordung gegen Armut, also für alle von Armut betroffenen, gekämpft (Poor People’s Campaign 1968) und sich nicht zuletzt für Gewerkschaften engagiert. Ein Grundeinkommen und die Unterstützung der Arbeiterbewegung zählte zu seinen wichtigsten Forderungen.
Und er hat immer wieder von ‚brotherhood‘ und ‚equality‘ zwischen Weißen und Schwarzen gesprochen. Dass man aufgrund des Charakters und nicht der Hautfarbe beurteilt werden soll. Und einen solchen, eben konsequent inklusiven Diskurs ohne elitäre Codes verstehen bis heute alle und wäre in ähnlicher, aber nicht minder lauter Weise wünschenswert, würde ich meinen…
Die identitätspolitische Idee mag an sich richtig intendiert sein, nur was bzw. wen schließt sie aus, was eigentlich Teil dessen sein sollte (so wie ja der Feminismus die Männer ja auch nicht exkludieren sollte, sondern eben gerade mit einbinden, was er bei allen Ausfransungen/Strömungen im Wesentlichen tut, imho)? Was und wer wird nicht mitbedacht? Was wird vielleicht zurecht missverstanden?