Ok, dann schau es dir nochmals an
Er macht nämlich genau das, was ich sage er sollte machen.
- Er geht danach zu einem anderen Forscher und schaut sich Studien mit Neugeborenen an und findet da auch signifikante Unterschiede.
- Er geht nachher zurück zu den Norwegischen Sozialwissenschaftler und zeigt ihnen was er gefunden hat.
Kann mich also nicht beschweren, dass er unfair war. Ich glaube, es hätte dem Film besser getan, wenn es nicht diesen Unglücklichen Titel gehabt hätte, wenn der Komiker/Moderator etwas weniger voreingenommen wirken würde, und wenn es nicht diesen reisserischen Beschrieb hätte.
Denn die These des Videos ist eine ganz gute:
Man kann zeigen, dass es biologische Unterschiede gibt, und was uns und unsere Gesellschaft formt ist vermutlich ein Mix aus beidem. Aber was man fast sicher sagen kann ist, dass man Biologie nicht ausklammern sollte. Und die Schlussendliche Kritik an die Forscher, welche einen rein soziologische Erklärung stipulieren, ist vermutlich viel, viel zu reduktiv und hat keine wissenschaftliche Basis.
Ich frage mich, wie sehr deren Antworten so zusammengeschnitten wurde, dass sie wirklich so klingen, als denken sie, dass Biologie GAR KEINEN Einfluss hat… Soweit ich es von den zusammengeschnittenen Clips beurteilen kann scheinen sie das wirklich zu denken (es wirkt auf mich nicht so, als sei da viel mit Schnitt beschissen worden). Und das wäre dann extrem reduktives und unwissenschaftliches Denken.
Denn ich denke, man darf die Biologie sicher nicht aus der Betrachtung rausnehmen. Ich habe einfach meinen Zweifel daran, dass die Biologie reicht um ganz EXTREME Geschlechtsdiskrepanzen alleine zu erklären (z.B. Gebiete, in denen man nur 10% des einen Geschlechtes sieht). In solch extremen Fällen würde es mich überraschen, wenn in der Realität nicht durch die Gesellschaft eine Art Erwartungs-Feedback-Loop entsteht.
Z.B. Männer haben biologisch eher eine Präferenz für technische Berufe, dadurch gibt es rein natürlich einen Geschlechterunterschied (sagen wir einfach mal wild-spekulativ 35/65) und weil die Gesellschaft dann mehr Männer als Frauen da sieht wird es vermehrt als Männer-Beruf wahrgenommen, die Frauen kriegen unterbewusst immer mehr das Bild, dass das nicht ein Beruf „für sie“ ist, das Interesse wird ZUSÄTZLICH nochmals verringert, etc, etc… und zum Schluss hast du dann nur noch die 10% Frauen, welche wirklich völlig überproportional technisch interessiert sind, dass sie sich nie entmutigen liessen.
Zusammenfassung
Am besten gefällt mir an dem Video die Evolutionspsychologin. Denn es zeigt für mich einfach, warum ich eine solche Hass-Liebe zur Evolutionspsychologie habe.
Denn ich selber bin in der Evolutionsbiologie tätig und Evolutionspsychologie ist so ein typisches, rotes Tuch für mich.
Denn auf mich wirkt diese Disziplin immer sehr, sehr wie die Suche nach netten „Stories“.
Um etwas auszuholen: Evolution hat verschiedene formende Aspekte. Was die meisten Leute kennen ist die „Natürliche Selektion“ und als Resultat davon die „Adaption“. Das heisst, Eigenschaften, welche einen Reproduktionsvorteil geben werden vermehrt weitergegeben und die kommenden Generationen sind dadurch dann besser an die Bedingungen der Umwelt angepasst.
ABER: Das ist nur ein Aspekt, welcher eine Art formt. Es gibt noch andere Dinge, wie zum Beispiel Genetischen Drift oder Gene und Eigenschaften, welche neutral (oder teils sogar LEICHT negativ sind) die weitergegeben werden, weil sie zu positiven Eigenschaften „geknüpft“ sind. Die Idee, dass alles was weitergegeben wird, oder alles das eine Art definiert „adaptiv“ sein muss (also einen positiven Einfluss auf die Reproduktion und das Überleben haben muss) ist also schon lange überholt. Wir wissen, dass es nicht so einfach ist.
Und darum ist die Suche nach einer Erklärung WARUM jetzt bestimmte Gene oder bestimmte Eigenschaften in einer Population vorkommen so extrem schwierig, bis fast unmöglich.
Soweit ich es beurteilen kann ist Evolutionspyschologie eine Disziplin, welche Hypothesen aufstellt, was für ein ADAPTIVER Grund für ein bestimmtes psychologisches Muster im Menschen vorhanden sein könnte, dann schaut man ob die Eigenschaft eine Biologische und/oder genetische Grundlage hat… und wenn man das findet, dann schliesst man daraus, dass es wirklich adaptiv ist, und dass die Hypothese stimmt. Und so einfach kann man es sich einfach nicht machen!
Und darum gefällt mir die Evolutionspsychologin in diesem Film so gut. Sie macht mehr oder weniger genau das, sie erklärt ihre Hypothesen, zeigt dann auf gewisse Studien und sieht diese dann als Bestätigung… ohne aber den notwendigen Link zur Adaption in meinen Augen richtig zu machen.
Und HIER gefällt mir wie sie redet, wie sie ihre Gedankengänge erklärt, denn ich sage nicht, dass sie falsch liegt, und ich sage nicht, dass sie es sich zu einfach macht…
Aber meine Güte, ich würde gerne mit dieser Frau an einen Tisch hocken und über dieses Zeugs diskutieren, denn worüber sie redet finde ich faszinierend, spannend, sie gibt den Eindruck dass sie auch differenziert genug an das Thema rangeht, und ich wüsste einfach gerne mehr darüber, wie viel ihrer These sie als effektiv erwiesen sieht, wie sie zur Frage steht, wie sehr man die von ihr angesprochenen Aspekte als „adaptiv“ beweisen kann, und wie sie bestimmte Aspekte testen würde.
Sorry…
Nerdige Exkursion in mein persönliches Interessengebiet. Nicht 100% relevant, sondern mehr mein eigener Stream-of-Consciousness dieses einen Ausschnittes aus dem Video. Werde den hier auf jeden Fall separat zuklappen, weil ich wesentlich mehr abgedriftet bin als ich wollte