Das kannst du so aber aus den Daten nicht schlussfolgern. Soweit ich das sehe, sind p-values (die über die Signifikanz Aussagen machen) nur für die Unterschiede zwischen nicht übergewichtig/übergewichtig angegeben, nicht zwischen den Geschlechtern. Zumindest bei der Tabelle, die im Video gezeigt wird. Was du sagst, wurde so nicht getestet.
Bei Patriarchat geht es doch in aller erste Linie darum, dass Macht und Reichtum in der Hand von Männern liegt und das herrsche (Werte-)System dafür sorgt, dass diese Macht und Reichtum bei Männern bleibt und nicht angegriffen wird.
Unter dem Patriarchat können übrigens auch Männer leiden, wenn sie eben nicht ins Konzept passen, weil sie “schwach”, krank, emotional, oder sonst irgendwie anders sind und deshalb nicht als würdig angesehen werden.
Vielleicht verstehe ich dich (@Lassic) falsch, aber bei dir klingt es so, als würdest du sogar sagen, dass das Patriarchat nie existiert hätte, sondern eine komplett ausgedachte Erfindung (ein “Narrativ”) wäre? Was wirklich absurd wäre, angesichts der Tatsache, dass unsere Gesellschaft Jahrhunderte lang von der katholischen Kirche geprägt wurde. Genauso war die Monarchie immer patriarchalisch. Auch kulturell wurden als Ideal Männer immer als “stark” und mächtig und Frauen als schön und fürsorglich dargestellt.
Bis vor wenigen Jahrzehnten mussten Männer für ihre Frauen unterschreiben, wenn diese einen Job oder einen Führerschein machen wollten. Es wäre schon ein Wunder, wenn all diese Dinge heute keine Auswirkungen mehr hätten.
Dass Aussehen bei Frauen eine Rolle spielt und bei Männern nicht, passt damit perfekt in das Konzept des Patriarchats, dass bei Frauen eben Schönheit das relevante Merkmal ist und bei Männern andere Eigenschaften zählen.
Und selbst wenn Frauen wirklich bevorzugt zu Jobinterviews eingeladen werden, sagt das immer noch nichts über das Patriarchat aus. In der Praxis werden Bewerbungen von Personalern vorsortiert (in HR arbeiten tendenziell eher Frauen). Die eigentliche Hürde, nämlich die Entscheidung darüber wer letztendlich eingestellt wird, treffen aber fast immer die Abteilungsleiter, also überwiegend Männer. (Spekulation: Vielleicht werden sogar deshalb eher attraktive Frauen eingeladen, weil die HR-Leute wissen, dass dadurch die Chance steigt, dass die männlichen Entscheider mehr Frauen einstellen.)
Übrigens würde selbst eine bevorzugte Einstellung von Frauen immer noch nichts über deren späteren Gestaltungs- und Aufstiegsmöglichkeiten aussagen, was der eigentliche Kern des Patriarchats ist.
Und zu guter letzt zur Interpretation der Studie selbst:
Eine einzelne Studie wird nie irgendetwas bestätigen oder widerlegen können. In der Wissenschaft braucht es viele Studien und andere wissenschaftliche Untersuchungen, um zu einem Gesamtbild kommen zu können.
Die ganze Methodik der Studie wird in dem Video kaum erklärt, obwohl man erst damit beurteilen könnte, wie geeignet die Studie war, um daraus Rückschlüsse auf die Existenz des Patriarchats schließen zu können. In der Regel werden Studien so designed, dass damit eine konkrete Hypothese bestätigt oder widerlegt werden kann (in dem Fall: werden Normalgewichtige gegenüber Übergewichtigen bevorzugt?) und es ist wissenschaftlich sehr fragwürdig, dann daraus Aussagen zu ziehen, die in der Studie garnicht getestet wurden.
Das ganze Thema ist verdammt komplex. Wir befinden uns in einer Übergangszeit, in der das Patriarchat teilweise aufgelöst ist, einzelne Überbleibsel davon aber noch sehr mächtig sind (selbst wenn sie teilweise nicht mehr die eigentliche Funktion erfüllen), manche Dinge möglicherweise überkompensiert werden (wobei auch dann die Ursache im Patriarchat liegen würde) und mache alten Rollenbilder und Ideale einfach nur durch neue, ebenso problematische ersetzt werden.
Und dann läuft das ganze in verschiedenen Kulturen und Demografien auch noch auf verschiedene Weise, zeitlich versetzt und unterschiedlich schnell ab.
Deine super simplifizierte Schlussfolgerung aus einer einzelnen Studie, die nicht mal offen zugänglich ist, wird diesem Komplex nicht mal im Ansatz gerecht.
Bei p-values muss man aber auch sowas von aufpassen! Werden heute überall gebraucht aber so viele Leute (auch Forscher die es anwenden) verstehen nicht mal genau WAS es überhaupt aussagt…
Ist in vielen Wissenschaften im Moment eine grössere Diskussion, wie nützlich diese p-Werte sind und wie und wann man sie ansetzen sollte.
Oh ja! Bin absolut kein Freund und man sieht so viel Murks. Vor allem sind diese hier auch teilweise scharf an der Grenze. 95% ist halt nicht 100%, auch wenn das oft so interpretiert wird.
Bei WissenschaftlerInnen fehlt oft eine ausreichende statistische Ausbildung oder das Budget für externe Auswertung. Ich bin Statistikerin und einige meiner KollegInnen sind da sehr involviert, etwas besseres zu entwickeln.
Kann ich absolut nachvollziehen. In Politikwissenschaft haben sich einige da eher durchgezwungen,. Und man macht es gerade mal 3 Semester? Klausur, Anwendung in HA und dann ggf. in der BA. Das fängt alles schon beim Datensatz an.
Aber ich denke, wenn man tief in der Forschung steckt holt sich jeder Bereich /Institut eine StatistikerIn rein,… hoff ich.
(Im Master ist es dann eh unausweichlich.)
Der war gut.
Ja, so was mache ich meistens (die letzten Jahre nicht, jetzt wieder). Immer an der Grenze zwischen Statistik und einem speziellen Anwendungsgebiet. Und gefühlt nirgendwo wirklich eine Expertin!
In den Naturwissenschaften ist so was eigentlich gang und gäbe, in den Geisteswissenschaften sieht es mMn etwas schlechter aus, da die Fördergelder viel zu klein sind und Statistik eher wie der unnötige Klotz am Bein behandelt wird.
der titel sagt es schon.
ein vortrag von andreas kemper über klassismus im bildungssystem.
Ich finde es faszinierend, wie der eigentliche Knackpunkt ignoriert bzw. bewusst daran vorbei geredet wird. Ich mein, ich hab’s ja auch mehrmals erklärt aber gut, ein letztes Mal. Wenn wir davon ausgehen, dass in der Arbeitswelt patriarchale Strukturen herrschen, selbst mit dem Zusatz, dass dadurch Frauen stärker auf ihr Äußeres reduziert würden, gäbe es immer noch einen Unterschied zwischen übergewichtigen Frauen und Männern. Denn wenn es ein System ist, dass darauf ausgelegt ist die Macht und den Reichtum unter Männern zu halten und meinetwegen auch deswegen eher gutaussehende Frauen eingestellt werden (was ich da schon für einen Fehlschluss halte), dann müsste doch bei der Einstellungspraxis ein Mann (egal welches Gewicht) über einer übergewichtigen Frau stehen.
Eine übergewichtige Frau würde wahrscheinlich nicht in das patriarchale Bild von Schönheit passen und deswegen ja auch benachteiligt werden. Wenn wir eure Logik an den Tag legen, dann wäre eine gutaussehende Frau am höchsten zu bewerten und dann die Männer und dann erst eine übergewichtige Frau. Aber die Daten der Studie zeigen keinen Unterschied zwischen Männern und übergewichtigen Frauen. Das heißt, dass eure Logik bzw. euer Narrativ vom Patriarchat irgendwo nicht stimmen kann.
Und auf diesen Widerspruch seid ihr bisher nicht eingegangen, sondern habt euch irgendwelchen anderen Aspekten gewidmet. Wie zum Beispiel:
Was ich auch für unsinnig halte. Was ist das für ein System, was die Macht der Männer erhalten soll aber das dann nicht entsprechen auf allen Ebenen umsetzt? Sicher es sagt nichts über Aufstiegsmöglichkeiten aus. Aber man sagt ja auch nicht, dass Frauen nur bei den Aufstiegsmöglichkeiten benachteiligt werden würden. Ein System, was die Macht der Männer erhalten soll würde doch genauso schon bei den Jobeinstellungen wirken und nicht erst, wenn die Frau einen Job bekommen hat.
Patriarchat heißt in erster Linie, dass das System dafür sorgt, dass Macht, Reichtum und die Hoheit über Werte und Normen bei reichen mächtigen Männern liegt und dort auch bleibt. Dafür ist es nicht notwendig, dass unter den 99% der Menschen, die diese Macht nicht haben, Männer grundsätzlich überall gegenüber Frauen bevorteilt werden. Es reicht vollkommen, wenn dies an ein paar entscheidenden Punkten passiert.
Z.B. ein System, dass mittlerweile erkannt hat, dass auch Frauen arbeiten und damit dazu beitragen können, dass reiche, mächtige Männer noch reicher werden.
Und du bist, neben vielen anderen Argumenten, nicht auf den entscheidenden Punkt bei mir eingegangen. Nämlich dass deine Studie nicht in der Lage ist, etwas über das Patriarchat auszusagen, weil dies schlicht nicht in der Studie getestet wurde.
This.
Wenn gezeigt wird, dass in einem kleinen Ausschnitt (übergewichtige Männer und Frauen) bezogen auf die Einstellung beim Vorstellungsgespräch gleiche Vorraussetzungen gelten (wobei Gehalt in der verlinkten Studie unberücksichtigt bleibt), heißt das nicht, dass in allen Bereichen des Lebens Gleichberechtigung herrscht und es kein Patriarchat gibt. Diese Schlussfolgerung ist haltlos. Über die Gesamtheit der Männer und Frauen gesehen schlagen bei Männern eben doch die Privilegien durch bzw. schiebt unsere Erziehung uns ja geschlechterspezifisch immer noch oft die Rollen vor (Jungs=technisch affin, Mädchen=kommunikativ und sozial). Was ja auch alles im Gender Pay Gap resultiert.
Und das ist nur das Berufsleben. Catcalling, Victim-Blaming bei sexualisierter Gewalt, Dick-Pics… da gibts ja noch mehr Baustellen in Folge patriarchaler Strukturen und Alltags-Sexismus.
Letzteres eben schon. Denn das Narrativ vom Patriarchat ist doch ein absolutes und nicht eines, dass auf Differenzierung und Ausnahmen baut. Es ist eines von der Frauen unterdrückenden Gesellschaft und keines von „In bestimmten Bereichen haben Männer Vorteile“. Und wenn diese vermeintliche Unterdrückung eben schlicht nicht überall präsent ist, wie es das Narrativ nunmal unterstellt, dann ist es eben ein Beleg dafür, dass dieses vermeintliche Patriarchat nicht existiert.
Ist ja eben auch nicht die einzige Studie. Ich hatte hier ja glaube ich schon mal diesen Thread verlinkt: https://twitter.com/titiatscriptor/status/1291452391955533824 der eben weitere Untersuchungen auflistet, in denen diese vermeintlich frauenfeindliche Gesellschaft nicht nachgewiesen werden konnte. Auf die dort erwähnten Studien ist nebenbei bemerkt auch keiner hier eingegangen.
ok ciao, nehm dir gerne absoluten Extremposition und kämpf dagegen, anstatt gegen die, die hier im Forum und sonst fast überall sehr wohl diffenzieren. Bringt die Welt bestimmt voran…
hab echt besseres zu tun als gegen Strohmänner anzudiskutieren
Doch, genau so ist es es gibt sogar Bereiche in der Gesellschaft, da werden Frauen bevorteilt. Ich denke da an Einstellung und auch gesellschaftliches Ansehen von männlichen Kindererziehern. Hatte wir ja auch alles schon. Auch wieder ein weiteres Beispiel für Sexismus („Jungs sollen sich nicht in Frauen-Arbeit einmischen“ wenn man es so runterbrechen will). Lassen wir also doch besser alles wie es ist? Hier werden Männer bevorteilt, da und dort (häufiger in schlecht bezahlten Jobs) werden Frauen bevorteilt. Klare Rollenverteilung. Alles schick konservativ Find ich nicht so toll.
Zu deinem Link:
https://twitter.com/titiatscriptor/status/1291452401598308358
(8) Eine letzte Vorbemerkung zur Einordnung der Ergebnisse: Was folgt, ist natürlich kein Beleg dafür, dass Frauen nicht an vielen Stellen benachteiligt sind. Oder dass sie insgesamt weniger benachteiligt sind als Männer. Darum geht es hier nicht im Kern.
Auch der sieht, dass es natürlich Probleme gibt.
Und die Argumentation vom patriarchalem Narrativ ist dann, dass das nur der Fall ist, weil Frauen die Erziehung der Kinder aufgezwungen werden würde und sie die eigentlich benachteiligten in der Sache wären. Gleiches beim Thema Sorgerecht, wo Vätern gerne mal unterstellt wird, sie würden sich gar nicht um die Kinder kümmern wollen. Die Benachteiligung von Männern in den Fällen wird in eine Benachteiligung von Frauen umgedreht, die man ja nur klein und aus gut bezahlten Jobs raushalten wollen würde.
Es ist halt keine Extremposition. Es wundert mich nicht, dass man hier mit so „wahrer-Schotte“-Argumenten kommt. Ich will ja wirklich ungerne hier ne Semantikdiskussion losbrechen aber wenn man was anderes, differenzierteres meinen würde, sollte man vielleicht keinen Begriff benutzen, der wörtlich „Herrschaft der Mannes“ bedeutet.
Hab ja auch nie gesagt, dass es keine Probleme gibt, sondern nur, dass es kein Patriarchat gibt.
Wenn man Argumentativ nicht weiter kommt, braut man sich einfach seine eigenen Definition.
Ich halte dich wirklich für gebildet, offen und jemand der über Dinge eingehend nachdenkt. Aber hier hast du dich echt in Ansichten verrannt, die keine Grundlage haben, zum Teil sogar Extremistische Züge haben.
Es stimmt mich echt nachdenklich und auch traurig das du da scheinbar nicht rauskommst, wie man in mehren Diskussionen hier sah. Ich weis nicht was dich dazu getrieben hat, dich da so zu verrennen, aber ich hoffe du hast Leute mit dem Persönlich Sprechen kann und die dir helfen wieder eine realistische Sicht auf den Feminismus und co .zu finden.
Nun, also zwei meiner besten Freundinnen teilen meine Ansichten dazu größtenteils. Also wohl leider nein, da muss ich dich wohl enttäuschen.
Also die Definition auf Wikipedia klingt für mich jetzt nicht so anders:
In der feministischen Theoriebildung seit den 1960er Jahren ging es darum, die Naturwüchsigkeit der Beziehung zwischen Männern und Frauen, wie von Weber vorausgesetzt, und damit der Nachrangigkeit von Frauen in Frage zu stellen.[10] Die zweite Frauenbewegung weitete den Patriarchatbegriff auf die Bedeutung allgemeiner, nahezu global verbreiteter Männerdominanz aus[14] und erweiterte ihn zu einem Synonym für ‚männliche Herrschaft und Unterdrückung der Frauen‘.
Das Beweist doch aber gar nicht das es das Patriarchat nie gab. Das zeigt nur die Einordnung in den Feminismus.
Genau so. Ich weiß, du siehst es anders, aber das was du hier schreibst, ist das was wir meinen. Aber wie Leelo schon schreibt, scheinen wir dich da auch nicht von abzubringen.
Auch Frauen können das Patriarchat unterstützen und auch Männer können Feministen sein.