Ich spreche jetzt mal nur für mich. Ich habe keine Problem mit nicht-hetero Rollen. Ihc habe ein Problem mit diesen ständigen Outings. Aktives Outing oder Einführen als z.B. schwule Person weglassen. Einfach genauso die gleiche Person im Film zeigen. Fertig. Jedes Mal wenn ich so eine „Outing sehe“ werd’ ich aus dem Film gerissen, weil der Eindruck entsteht, der Film will mir sagen, wie aufgeklärt er ist. Ähnliches übrigens bei anderen politischen Botschaften, die in einzelnen Szenen vorkommen.
Gerade weil es um Fantasy geht, finde ich zählt das erst recht nicht.
Denn da geht es nicht darum die jetztige diversität abzubilden, sondern rein die erdachte Welt. Und die kann so was von rassistisch und einseitig sein. Bei solchen sachen wie eine Frau als Bond darsteller kann man wenigstens noch verstehen das man da etwas ändern will, weil es einfach „die Realität“ abbildet.
Darum geht es doch letztlich: Wie frei man am Ende die Künstler gestalten lässt. Dieser allgemeine Anspruch, das jegliche Kunst dem modernsten gesellschaftlichen Standards entsprechen muss, schränkt am Ende die Kunstfreiheit ein.
Sagen wir: Die Macher von James Bond wollen einfach einen männlichen James Bond, weil sich das für sie einfach so gehört. Das kann man Scheiße und langweilig finden (wie ich übrigens auch; Gillian Anderson all the way ), aber dieser Brustton der Kritiker, dass man quasi gegen ein Gesetz verstoßen hat, gefällt mir nicht, weil es kunstfeindlich ist.
Wie Künstler ihr Setting (z.B. ein weißes Mittelalter) gestalten ist ihnen überlassen. Man kann und soll sie dafür kritisieren. Ein Recht auf eine andere Darstellung hat aber keiner.
Und bevor jemand Schnappatmung bekommt: Natürlich gibt es Grenzen. Aber die sind mittlerweile definitiv zu eng geworden.
Zum Mitschreiben: Mich stört nicht, wenn man etwas kritisiert. Mich stört aber die Vehemenz und der vorgetragene Anspruch, das sich Kunst dem eigenen Moralbild anzupassen hat.
Und auch hier kann ich natürlich wieder den Widerspruch hören: „Aber es gibt ja keine Gesetze dagegen und Canceln fordert doch auch nur eine Minderheit…“. Ja, das mag sein. Für viele reicht aber schon die Gefahr in Verruf zu geraten aus die Schere im Kopf zu haben und es haben ja auch schon Konzerne präventiv gehandelt um erst gar nicht in Shitstorms zu kommen.
Diese Moral-Shitstorms haben definitiv einen beschneidenden Einfluss auf die Kunst, auch wenn es formal natürlich (noch, die Academy ist zwar kein Gesetzgeber, aber die haben schon mal Regeln aufgestellt) keine Gesetze gibt und auf dem Papier kein Zwang besteht.
Tut mir nicht leid, es macht mir einfach zu viel Spaß immer wieder Kunsthistorische Beispiele zu bringen, die zeigen welche Berührungspunkte und Verbindungen Gesellschaften haben können.
Ich präsentiere: Die Schwarze Madonna von Częstochowa
Die schwarze Madonna von Częstochowa gilt als Inbegriff des polnischen Katholizismus. Sie bot Zuflucht für Dissidenten und Trost für die einfache Bevölkerung; heute steht sie für Restauration und Nationalismus. Aber ihre Vergangenheit ist farbig: sie kam mit polnischen Söldnern nach Haiti und wurde dort mancherorts zur Vodou-Schutzheiligen für Lesben und Schwule. In Briefen seiner Großmutter aus dem Polen der 80er-Jahre, Begegnungen mit polnischstämmigen Haitianern und Exkursionen zum ländlichen Katholizismus verfolgt der Autor das Driften der Bedeutungen.
Polen ist natürlich sehr ‚weiß‘, katholisch, aber keine ethnisch homogene Masse.
Sehe ich wie die Anderen hier: Wenn wir das ins Fantasy übertragen, mag das Vorbildcharakter haben, aber die Realität muss für Fantasy-Genre keine Verbindlichkeit sein.
Ich finde, das gilt für so ziemlich vieles in der Fiktion, anders als bei biographischen Werken, wo man historische Ereignisse rekonstruieren möchte.
Wer hat jetzt die Macht diese Narrative zu verbreiten und zu erzählen? Die jenigen mit Geld.
Das gilt auch für LBGTIQ+ Charaktere. Wenn es von Anfang an ein ausgewogenes Verhältnis gewesen wäre, innerhalb visueller Kultur und der Filmindustrie, die viele diverse Perspektive in Erzählungen einbindet, müsste man nicht immer wieder den heutigen Produktionsprozess in Frage stellen.
Wer die Geschichte wie über wen erzählt, ist immer wichtig und wird erst jetzt mehr und mehr aufgearbeitet. Denn neue Perspektiven brechen überhaupt erst Klischees auf. Und wir leben noch nicht in dem Happyland, was wir hier gerne hätten, wo Sexualität wirklich keine Rolle mehr spielen würde. Aber das tut sie, weil sie immer noch mit negativen Stigmatisierungen konfrontiert wird. Auch wenn wir hier diese Haltung nicht haben, existiert sie da draußen sehr wohl noch. Beispiel Fußball, Homophobie und Outings. Klar, geht niemanden die Sexualität etwas an, aber Diskriminierung der wir einfach zusehen geht uns was an. (@anon12989251)
Bei Ghost in the Shell hatte man im Produktionsprozess ja keine Japaner_Innen im Hintergrund. Weder Drehbuch, weder Regie. Es waren hier wieder drei weiße Männer, die eine Adaption von einem sehr komplexen Anime reproduziert haben und das merkt man eben an so vielen Facetten des Films… Und das ist eben die Machstruktur von Profit und Studios die eher mit angepassten Modellierungen arbeiten für einen bestimmten Markt und damit die Tiefe von einem Ghost in the Shell völlig reduzieren. Und das betrifft eben auch das Casting. Japaner_Innen haben vielleicht kein Problem mit Scarlett Johansson, aber hätten es vielmehr mit einer Chinesin und anderen verzerrten, vermischten Darstellungen Japans.
Und jetzt, mal wieder, wird Cleopratra unter weißer Perspektive erzählt und weder Produktion, noch Regie, noch Casting, binden arabische Sichtweisen ein. Und das ist der fundamentale Fehler, der von Filmproduktionen immer wieder begangen wird. Sie ignorieren Perspektiven und schaffen damit ihre eigene Gültigkeit. (Dabei wäre es so leicht, mehr und mehr an internationalen Kooperationen zu arbeiten.)
Deswegen finde ich es wichtig, dass auch ständig zu hinterfragen.
Der Film ist noch nicht mal in der Produktionsphase. Woher weißt Du das?
Hatte Cleo nicht griechische Wurzeln? Abgesehen davon dass eine Israeliten ja durchaus aus der selben Gegend kommt.
Abgesehen davon ist die Screenwriterin griechischer Abstammung.
Ihre genau Abstammung ist unklar. Sie stammt aus dem Geschlecht der Ptolomäer, die seit Alexander über Ägypten herrschten, aus Makedonien kamen, altgriechisch sprachen und wie die Habsburger gerne unter sich heirateten. Am Thron waren meist ein Bruder und eine Schwester, die verheiratet waren.
Aber
man kennt die Mutter Kleopatras nicht, ihr Vater hat sie als seine Tochter anerkannt, deswegen vermutet die Wissenschaft, dass sie von einer Zweitfrau war. (Bloß weil Geschwister heirateten heißt nicht, dass die Kinder auch in der Ehe und nicht von Zweitpartnern kamen). Und war sie die erste Herrscherin ihres Geschlechts, dass Ägyptisch konnte (bzw. wovon wir wissen, dass er die Sprache konnte), was auf eine diverse Abstammung schließen lässt.
[das fällt mir gerade auf, wie sehr viele eben diese Geschwisterehen als Beweis anführen, dass Kleopatra „reine“ Makedonierin war - und vergessen, dass in der Antike gerne auch außerhalb der Ehe geschnackselt wurde …]
Was man aber such noch bedenken sollte ist dass Hollywood amerikanisch ist und Filme in erster Linie für Amerika macht.
Wenn Deutschland einen Film über England macht werden sie auch deutsche Schauspieler einstellen und nicht nach Englischen Suchen etc.
Und die Antike ist lang her, es kann gut sein dass mehr Personen in Mexiko oder Russland mit ihr heute verwand sind als Ägypter. Und wenn Gadot den Film mit Produziert und eben diese Rolle spielen will (oder vl gerade weil sie Lust auf die Rolle hat) dann ist das halt so. Sagt ja niemand dass sonst keiner einen Film über Ägypten machen kann.
Ob die Zuschauer sie dann in der Rolle sehen wollen werden diese mit den Kinoticket und Blueray Käufen entscheiden.
Aber du stellst dennoch eine Art des „Normal“ dar, bezüglich der Menschen die du reinbringst.
Die menschliche „Rasse“ in Fantasy hat nach wie vor 2 Arme, 2 Beine, 2 Augen…
Der „Mensch“ wie er in Fantasy vorkommt repräsentiert zu einem gewissen Grad DEN „Default“ des Menschen, wie ihn der Autor sieht.
Ich würde sagen, dass wir gerade in Fantasy am ehesten zeigen, welches Bild der Autor als „default“ Mensch sieht. Denn in einem Fantasy-Szenario würde der Autor absolut keinen historischen oder kulturellen Gründen unterliegen, warum ein Volk oder eine Gesellschaft ein bestimmtes „Aussehen“ hat.
Das ist deine Sichtweise und eine Unterstellung.
“Racism was not a problem on the Discworld, because—what with trolls and dwarfs and so on—speciesism was more interesting. Black and white lived in perfect harmony and ganged up on green.”
Mehr eine Schlussfolgerung
Wenn du alle Optionen offen hast, und dennoch konsequent auf einer festsitzt als DIE Quintessentielle Form des „Menschen“, obwohl es keinen historischen oder kulturellen Grund innerhalb des Universums hast, was für einen anderen Grund für deine Wahl hat es dann?
George R.R. Martin hat das mal ganz gut artikuliert:
Er ist ein weißer Dude und wenn er sich was herbeifantasiert, sind diese Menschen eben hauptsächlich weiß. Das ist seine Familie, sein Umfeld, seine Kultur. Dafür kann man erst einmal nichts und es taugt nicht dafür, den Autoren und Machern daraus vorwurfsvoll einen Strick zu drehen. Es ist ein natürlicher Automatismus.
Die Lösung, die Martin anbietet ist, dass es mehr schwarze Autoren von Fantasy geben muss. Und der würde ich mich anschließen.
Kann ich ein stückweit mitgehen, aber Elfen, Orks und weiß der Teufel was noch kann er sich herbeifantasieren, aber schwarze Menschen nicht?
Wann werden die ersten schwarzen gezwungen Fantasy Romane zu schreiben?
Erinnert mich ein wenig an einen Artikel den ich letztens gelesen habe.
Es ging um Scifi Autoren und Sexismus und wie wenig Frauen da wirklich unterwegs sind.
EDIT: Wens interessiert:
https://gerngelesen.de/2019/03/04/science-fiction-ein-genre-ohne-platz-fuer-frauen/
.
Aber ich will wirklich nicht die Diskussion hier derailen.
es würde reichen, wenn die vielen Bücher die sie schreiben, übersetzt, veröffentlicht und vermarktet werden. Auch bei uns.
Im Zweifel können sie über Patreon selbst published. Mein Lieblings Autor (ein weißer) ist auch dazu übergegangen.
Der Unterschied besteht darin, dass Elfen und Orks Fiktion sind zu der es keine Assoziation im echten Leben gibt. Bei Menschen aber schon und wenn der Autor weiß ist, assoziiert er als erstes weiße Menschen.
Das heißt weder, dass er Menschen mit einer anderen Hautfarbe ganz ausklammern oder anderweitig marginalisieren muss, aber am besten hineinversetzen kann er sich nun einmal in eine weiße Person und deswegen werden das seine Hauptfiguren auch sein.
Und worauf es ja letztlich hinausläuft: Rassistisch macht ihn das auch nicht.
Und außerdem: In der heutigen Zeit kannst Du es ja eh nicht richtig machen. Wenn jetzt weiße Autoren plötzlich anfangen ihre Werke mit schwarzen Hauptfiguren von oben bis unten zuzukleistern, käme doch der nächste Vorwurf á la Clutural Appropriation und das Weiße ja gar nicht verstehen würden, wie man schwarze Charaktere darstellt.