Allgemeiner Thread zu Diskriminierung (Rassismus, Sexismus etc.)

Das ist doch der Casus knacksus der ganzen Sache.

Ich glaube, dass keiner der nicht vollkommen verblendet ist (Nazis, Identitäre, White Supremecists etc.) ernsthaft behauptet, dass Weiße in derselben Art und Weise einem systemischen Rassismus ausgesetzt sind. Das ist vollkommener ideologischer Schwachsinn und gehört auf die Müllkippe.

Aber was viele Menschen eben sehr stört, ist der Begriff „privilegiert“. Keinen systemischen Rassismus zu erfahren bedeutet nicht, dass es einen in allen Lebenslagen richtig geil geht.

Und wenn jemand, der 14 Stunden arbeitet, um seine drei Kinder alleinerziehend zu unterhalten hört, dass er aufgrund seiner Hautfarbe „privilegiert“ sei, geht dem- oder derjenigen das Messer in der Tasche auf.

Das wurde oft genug hergeleitet, dass der Wahlsieg von Trump 2016 gerade in den Arbeiterstaaten im Rust Belt der USA von der „Deplorables“-Haltung von Clinton gegenüber der hart arbeitenden weißen Mittelschicht kam. Die Leute, die ohne soziale Absicherung 3 Jobs haben und davon einem im Bergwerk, möchten nicht von einer steinreichen Politikerin gesagt bekommen, dass es ihnen doch so viel besser geht, weil sie weiß sind.
Und hier in Deutschland rennen die Leute eben zur AfD, wenn sie sich vernachlässigt und von oben herab behandelt fühlen.

„White privilege“ ist ein sehr toxischer Begriff, der uns in der Debatte keinen Stück weiter bringt. Denn er verprellt die Leute, die man noch auf die gute Seite ziehen kann.

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Dann wiederum ist der Casus Knacksus leider, dass man beim „Was weiße Menschen nicht über Rassismus hören wollen…“ hängen bleibt. Es ist dann natürlich die bittere Realität, wenn man es nicht wissen will, gibt es auch keine Möglichkeit da irgendwo mal einen Anti-Rassismus Pflog in den Boden zu rammen.
Dadurch werden die Argumente, weshalb man es nicht hören will, aber auch recht beliebig. Ohne eine Bereitschaft wird es schwer.
Darum braucht es aber erstmal Aufmerksamkeit, damit etwas wie Anti-Rassismus Training überhaupt auf den Plan kommt, damit man zuhört, wie bei Holocaust Überlebenden.
Wo wir wieder am Anfang wären, Unterrichtsinhalte. Bin gespannt, wie es bei Nilz Bokelberg weiter geht.

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Vielleicht will man es ja wissen, aber ohne die pauschale Unterstellung ja immer schon Rassist gewesen zu sein? Und ohne das Mantra, dass es einem aufgrund seiner Hautfarbe sowieso richtig geil geht und die Probleme, die man selbst hat nur Einbildung sind?

So sehe ich das nicht, aber der Reaktion nach zu urteilen, kommt das bei einigen so an.

Und jetzt kann man es sich einfach machen und diese Menschen einfach als unbelehrbare Rassisten abstempeln oder man hinterfragt mal die eigenen Worte.

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Ich glaube, dass es mehr das Thema selbst ist, dass Gegenwehr verursacht, als die Worte, die man zur Erklärung finden muss.
Ich glaube auch, dass die Bereitschaft zum Zuhören allgemein wenn überhaupt größer geworden ist und nicht kleiner und dass Menschen wie Alice Hasters und Tupoka Ogette dazu beitragen, dass die Bereitschaft wächst und Missverständnisse und Vorurteile abgebaut werden. Und ich glaube, dass die Gegenwehr nicht dadurch hervorgerufen wurde, sondern sehr tiefsitzend schon immer da gewesen ist und durch die Aufmerksamkeit nur vielleicht breit ersichtlicher wird.

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Das ist doch die nächste Unterstellung. Was ist, wenn Leute dafür offen wären, wenn man sie nicht in aller erster Linie pauschal anklagt. DAS ist die unangenehme Frage, die man sich scheut zu beantworten.

Und zur Aufmerksamkeit, die Hasters & Co. erzeugen: Die Angelsachsen haben dafür einen schönen Ausdruck „Preaching to the Choir“. Der Applaus kommt aus der eigenen Bubble. Ich halte mich von den sozialen Medien eigentlich strikt fern, aber im Zuge dieser Debatte habe ich mich dann doch mal rein getraut. Und da habe ich nichts überraschendes festgestellt. Es gibt Jubel von den Leuten, von denen man es erwartet und es gibt Schelte von den Leuten von denen man es erwartet.

Um in der Debatte voranzukommen, bräuchte man Letztere. Die kriegt man aber nicht, wenn sie etwas lesen sollen, was im Titel schon einen Vorwurf hat,

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und da sind wir nun endlich bei „soziallinke“ vs. „identitätslinke“ angekommen. fehlen nur noch die „ökolinken“.
damit adressiert man aber nun wirklich niemand anderen mehr als die eigene bubble, was man ja vorgeblich beklagt. und inhalte, um die es anfangs eigentlich mal gehen sollte, fallen vollends hinten über.

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Das ist für mich halt zugegeben ein super weirder Ansatz sich dem Thema zu nähern. Für mich ergibt es einfach mehr Sinn, sich mit den Opfern zu solidarisieren, ihnen zuzuhören und den antirassistisch Aktiven zuzujubeln, statt sich mit den Gegnern zu solidarisieren und die antirassistisch Aktiven zu schelten.
Es klingt fast so, als gäbe es nur durch die Opfer von Rassismus überhaupt selbigen und als wiege der Vorwurf des Rassistisch-Seins mehr als Rassistisch-Sein selbst.

Sorry, aber ich glaube, da verlassen wir einfach jede Ebene und Grundlage, auf der wir uns irgendwo gegenseitig annähern könnten. Da ist die Ausgangsrechnung schon so verschiedene, dass wir im Folgenden wohl kaum auf das gleiche Ergebnis kommen werden.

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Bei der Afd heißt es auch seit Jahren, dass die nur von besorgten Bürgern gewählt werden, denen man nur mal zuhören müsste und die man ernst nehmen muss.

Das Ergebnis ist eine seit Jahren steigende Radikalisierung und die Positionen werden extremer. Es ist mehr das Gegenteil passiert, als das Rassismus abgebaut wurde.

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nur kleiner zusatz:
auch politische entscheidungen wurden unter dem imperativ getroffen, afd-wähler abholen zu wollen, siehe bspw. verschärfung der asylgesetzgebung im rahmen der flüchtlingskrise von 2015.
es ist also ein politischer rechtsruck zu verzeichnen.

Wieso denn solidarisieren? Das ist doch nicht die Forderung. Es geht um die Art und Weise wie kommuniziert wird.

Es ist einfach so, dass man Menschen nicht erreicht, wenn man ihnen Vorwürfe macht. Der ganz große Teil schaltet da ab oder gar in eine Abwehrreaktion, und man erreicht genau gar nichts, egal wie sachlich begründet das sein mag.

Man kann übrigens auch Leuten zuhören und sie ernstnehmen, ohne sich ihren Forderungen anzuschließen. AfD-light Politik zu betreiben ist sicher falsch. Den „besorgten Bürgern“ zuzuhören nicht. Man muss halt nur schauen, was man mit der Information anfangen kann.

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Was sollte man denn machen, wenn die Antwort ist, dass Menschen lieber auf dem Mittelmeer ertrinken sollen, als das sie zu ins Land kommen dürfen?

Es ist eine ernstgemeinte Frage und kein Vorwurf.

Weil ichs grad interessant find: Habt ihr besagtes Buch überhaupt gelesen oder auf eine andere Weise konsumiert?

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Herzlichen Glückwunsch, der Punkt ist erreicht, an dem darauf hingewiesen wird, dass man ja den Leuten nicht vor dem Kopf stoßen darf und besorgten Bürgern zuhören soll und deren Sorgen und Nöte ernst nehmen muss.

Da wird solange agiert, bis jeglicher Versuch über Rassismus zu sprechen erstickt ist.

Da wird am Wochenende eine 11 jährige auf die Bühne gezehrt, die erzählen muss, dass sie sich wie Anne Frank beim feiern ihres Geburtstages fühlt, da werden Schilder mit Impfung macht frei und Judensterne getragen, Frau Lübcke fleht den Mörder ihres Mannes um Antworten an, NSU 2.0 verschickt fleißig weiter morddrohungen.
Und dann aber bitte aufpassen, dass niemand sich unwohl fühlt, wenn man über Rassismus redet, er könnte sich darin ja selbst ertappen oder gar anfangen zu reflektieren.

Hui platzt mir gerade die Hutschnur.

Das das Programm der neuen Rechten, welches um die Jahrtausendwende beschlossen wurde jemals so Früchte trägt hätte ich mir nie vorstellen können. 2008 noch auf Einladung in Berlin darüber in einer Veranstaltung im Bundestag darüber diskutieren dürfen, hätte sich wohl nie jemand ausmalen können, dass dies so ab 2015 Wirklichkeit wird. Auf die Straße, in die Köpfe, in die Parlamente.
Diese Normalisierung des unsagbaren, dieses bewusste verrohen der Sprache und erzeugen von Akzeptanz.
Da steht am 09.11. ein Solidaritätsstand für die Schrulle Haverbeck in Dresden, wie weit müssen die noch gehen, bis es akzeptabel wäre denen sprachlich auf den Kopf zu stoßen.

Da sitzen Rechtsextreme und Nazis sogar im Bundestag, diese Rattenfänger ködern die Leute.

Vielleicht ist es überfällig die Samthandschuhe auszuziehen.

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Das find ich auch. Hier im Thread wird zuerst der Fehler bei den Autorinnen gesucht, die Anti-Rassistische Arbeit leisten und zuletzt bei sich selbst.

Aber das ist wieder ein Klassiker in dieser Debatte, a la: Bevor du mir Rassismus erklären willst, erkläre ich dir meine Allgemeingültigkeiten und erst zu diesen Bedingungen setze ich mich dann mit dem auseinander, was du sagst.

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Ich würde da Hatori auch eher wieder sprechen. Ich denke nicht, dass es die Aufgabe der Opfer von Rassismus ist sich so auszudrücken, dass die Täter von Rassismus sich nicht irgendwie gekränkt fühlen. Und ich finde es auch schwierig eine pauschale Aussage zu treffen, dass diese oder jene Variante eher zum Erfolg führen würde. Manche brauchen einen Schuss vor den Bug, andere eher die Samthandschuhe.
Und außerdem glaube ich auch nicht, dass man „die Alten“ (um das jetzt mal pauschal auszudrücken) überzeugen muss. Anti-Rassistische Arbeit ist ja eher auf die Zukunft ausgerichtet und darauf, dass rassistische Verhaltensmuster gar nicht erst entstehen.
Ich glaube halt nur nicht, dass Hasters Definition von weiß oder Rassismus (oder andere die in die gleiche Richtung gehen) tatsächlich sinnvolle Mittel sind, um besagte Verhaltensmuster zu erkennen und zu bekämpfen. Weil diese Definitionen einfach meilenweit von den Alltagserfahrungen der vermeintlichen Zielgruppe entfernt sind und auch nicht durch das Zuhören von Opfer von Rassismus überwunden werden kann.
Auch die Beispiel, die sie verwendet halte ich meist für wenig sinnvoll. Die AfD hat keine 13% bei der Bundestagswahl erhalten, weil in irgendeinem Kölner Cafe eine rassistische Trinkgeldfigur steht. Auch nicht in der zusammengenommenen Masse all dieser „Mikroaggressionen“.

Was ist denn dein Gegenvorschlag? Das zuhören der Opfer von Rassismus ist also kein geeignetes Mittel?

Alltagsrassismus und die Auseinandersetzung damit gehört auf die Tagesordnung. Sonst hört der Spuk nie auf.

Das dann die Thematik der vernetzten Rechtsextremen Strukturen aufgedeckt werden müssen ist nur der nächste Schritt. Dorstfeld, Stanley R., die rechtsextreme Kampfsport Szene, C18 und die Fortführung von B&H. Und all die, die ich jetzt mangels Platz und Zeit nicht aufzähle.

Da ich in all den Jahren antifaschistischer Arbeit jetzt oft genug Überfallen wurde, acht mal von Neonazis zusammen geschlagen wurde, auf mehreren Todeslisten stand bzw. noch immer stehe, oft genug Morddrohungen im Briefkasten hatte oder schmierereien, fühle ich mich geadelt genug um zu sagen, es ist Zeit aufzuräumen.

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Das finde ich nicht. Und Hasters Erfahrungen sind alles andere als eine abstrakte Ebene von Rassismus.

Ich kann durchaus verstehen, wenn man sagt: Du bist privilegiert und man würde das zu einer obdachlosen Person sagen, funktioniert das nicht. Aber die Machtstrukturen, der internalisierte Rassismus und die Denkmuster dahinter, die ja konsequent durch das Ausblenden von Schwarzen Wissen oder Eurozentrismus und das Ausblenden der kolonialen Vergangenheit, vorangebracht wurden, stecken hinter dieser Aussage. Und so viel kann man Leuten zutrauen zu verstehen. Insbesondere die internalisierten Muster sind das Problem. Und am Ende ist es nicht nur der N-Kuss, sondern dass du einen Job nicht bekommst oder eine Wohnung und Gewalt. Allein aufgrund deiner Hautfarbe. Und Schwarzsein funktioniert auch nur in Abgrenzung zum Weißsein. Und Konzepte wie Othering.

Was ich für sehr wenig sinnvoll halte ist sich dagegen etwas auszulegen, was auch nur in der Position funktioniert, wo man nicht betroffen ist. Das hab ich hier schon mal geschrieben: Eine unpolitische Haltung muss man sich erst mal leisten können. Und man muss es sich erst mal leisten können, sich vom Rassismus zu entziehen. Das klappt für dich, diese Distanz herzurichten und es zu marginalisieren, aber nicht im Alltag von Betroffenen. Den Unterschied sollte man hier erst mal anerkennen.

Und ich halte es für sinnvoll, hier alle Stellschrauben gleichermaßen anzugehen: Aufklärung, Repräsentation und Sichtbarkeit schaffen, an Universitäten Positionen hinterfragen für Anti-Rassismus Arbeit, akademische Gelder für Black Studies, Institutionalisierung von Rassismus, Aktionsplan kritisch prüfen, Bildungsreformen, Erinnerungskultur und Empathie.

An der TU Berlin gibt es dazu gerade auch eine sehr aufschlussreiche Ringvorlesung.

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hast du eine quelle für diese darstellung eines direkten kausalzusammenhangs?

Ich kenne solche Leute, leider, auch aus dem engen Familienkreis. Es interessiert nicht, da kann ich sie ernst nehmen wie ich will, die Meinung ist so und es wird nicht mal versucht anderen Sichtweisen zu verstehen. Weil die ja egal sind, weil es allein um die Befindlichkeiten dieser Leute geht.

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Danke!

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