Allgemeiner Thread zu Diskriminierung (Rassismus, Sexismus etc.)

Ich weiß, es wäre klüger es einfach so stehen zu lassen. Aber ist es denn wirklich so schwer zu akzeptieren, das Weiße Theoretisch genauso Opfer von Rassismus werden könnten? Ich meine, es schwächt weder den Kampf gegen Rassismus, noch stärkt es den Rassismus. Es ist einfach nur eine verdammte Feststellung, die man einfach nur erkennen sollte.
Unabhängig wie man auch nur ansatzweise „Weiß“ definiert.
Ist man Idiologisch denn wirklich schon so verbohrt?

Und ja, es ist eine fucking unwichtige Feststellung.

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Nun, ich bin nie davon ausgegangen, dass A B erklären soll. Und das habe ich auch nie so formuliert. Vielleicht ist das bei dir untergegangen, weil du dich so nur auf den einen Absatz fokussiert hast aber meine Argumentation war immer noch im Kontext der Begriffsverwendung von weiß und Rassismus seitens Hasters. Wenn also Hasters Alltagsrassismus und „Mikroaggressionen“ heranzieht um damit strukturellen, institutionellen und gesellschaftlichen Rassismus zu verdeutlichen, halte ich das für ziemlich unnütz in Angesicht einer politischen, institutionellen und gesellschaftlichen Wirkungsmacht wie der AfD. Die nichts von ihrer politischen, institutionellen und gesellschaftlichen Einflussnahme verliert, wenn es Hasters Beispiele von Alltagsrassismus wie die Trinkgeldfigur nicht geben würde (so zumindest meine Ansicht, die ich natürlich nicht wissenschaftlich beweisen kann aber das wäre ja auch eine andere und für mich vollkommen legitime Kritik).

Auf einer theoretischen Ebene ja. Aber das ist genau der Punkt: Es gibt ihn defacto nicht in dem Umfeld, wo wir uns gerade bewegen und diese Diskurse führen. Rassentheorie bleibt eine Erfindung von Weißen, die sich damit eine synthetische Hierarchie konstruiert haben und mittels Machstrukturen gefestigt haben. Und das ist nicht verbohrt, das ist historisch gewachsen in weißen Mehrheitsgesellschaften und weshalb man heute bewusst zwischen dekolonial und postkolonial unterscheidet. Wir hatten hier doch auch schon Stuart Hall der sagt: Wir finden Rassismus überall und er ist historisch spezifisch. Und im europäischen Kontext ist dieser Rassismus entwachsen aus dem Kolonialismus.

Was bringt es Betroffenen zu erzählen: Ich als weiße Person könnte auch von Rassismus betroffen sein. Die intersektionalen Verschränkungen leugnet auch keiner, aber der Faktor der Hautfarbe sticht über allem andern heraus. Ob du homosexuell bist sieht man dir nicht an, ob du jüdisch bist sieht man dir nicht an, aber die Hautfarbe kannst du nicht ändern oder ablegen. Der Erkenntnisgewinn liegt einfach bei Null, wenn man darauf bestehen will, Rassismus könne Weiße genauso betreffen wie Schwarze. Tut es hier nicht.

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Du machst hier eine Dialektik auf, wo einfach keine ist.

  1. Natürlich solidarisiere ich mich vor allen Dingen mit den Opfern von Rassismus und trete entschieden gegen Rassismus ein. Das ist so selbstverständlich, dass ich das allerdings nicht in jedem Post hier betonen muss.
  2. Natürlich gebührt den Menschen, die sich gegen Rassismus einsetzen (zu denen ich mich übrigens auch zähle) der größte Respekt. Auch das ist selbstredend. Aber ich bin der Überzeugung, dass es einen effektiven und einen ineffektiven bzw. sogar kontraproduktiven Aktivismus gibt und den darf man kritisieren, auch wenn die Absicht eine gute ist.
  3. Gibt es eindeutige Rassisten, denen man keinen Platz bieten darf und mit denen man auch nicht diskutieren sollte und die man auch knallhart entlarven muss. Auf der anderen Seite gibt es aber (weiße) Menschen, die sich durch die Art und Weise, wie über Rassismus diskutiert wird vor den Kopf gestoßen fühlen. Die sind da und die gehören nicht pauschal zu den Rassisten und deswegen ist es sehr wohl legitim diesen Menschen auch zuzuhören, denn man will sie doch auch ins Boot holen.
  4. Natürlich ist Rassismus selbst das größte Problem, aber anderen Menschen Rassismus einfach mal vorzuwerfen - auch ein verkappter, unterbewusster - ist nicht etwas, was man einfach als Kollateralschaden hinnehmen kann. Man entwertet das Wort „Rassist“, wenn man damit inflationär um sich wirft und auf jeden anwendet, der nicht auf derselben Linie ist.
  5. Zum Antirassimus gehört für mich auch zu erörtern, in welcher Weise man die Debatten führt, um möglichst viele Menschen gegen Rassismus zu mobilisieren. Und diese Gruppe, die sich von der Art der Debatte abgestoßen fühlt, gehört für mich zu denen, die man noch gewinnen kann. Und deswegen ist es legitim und wichtig, auch darüber zu diskutieren.

Dass diese 5 Punkte alle wichtig sind und nebeneinander existieren können, kann man entweder akzeptieren oder weiter seinen dualen „Bist-Du-Nicht-Auf-Meiner-Seite-Bist-Du-Gegen-Mich“ Holzschnitt-Aktivismus durchführen.

Dann darf man sich aber nicht wundern, dass es immer einen gewissen Anteil geben wird, den man erreichen könnte, aber nicht erreichen will. Und solange man sich das anscheinend leisten kann, scheint es ja alles nicht so schlimm zu sein.

Auch das ist eine vollkommen eindimensionale Sichtweise. Jemanden zuzuhören und ihn ernst zu nehmen muss nicht zwangsläufig bedeuten ihm Recht zu geben. Nur weil Parteien mit der AfD nicht zurande kommen und sich in vorauseilenden Gehorsam ergeben muss das nicht die Regel sein.
Nachdem man jemanden auf Augenhöhe zugehört hat, kann man nämlich seine Haltung wahren und sagen, warum das Gegenüber falsch liegt und es wird das viel eher akzeptieren, als wenn man ihm sich moralisch überlegen präsentiert und zuallererst dem Gegenüber die eigenen - aber auch nur behaupteten - Fehler unter die Nase reibt.

Momentan antagonisiert man Leute, die mit dieser Art von Antirassismus (Hasters & Co.) große Probleme haben. Da ist keine Augenhöhe. Man bekommt das Gefühl als Weißer sowieso nichts richtig machen zu können. Einem wir gesagt man sei privilegiert, obwohl man sich vielleicht mittags bei der Tafel sein Essen geholt hat.
Dass das Rassismus gegen Weiße ist, ist Quatsch. Das bedeutet aber nicht, dass es dadurch automatisch zielführender und kein Problem ist.

Übrigens gibt es eine Ebene, auf der das bereits geklappt hat: Die moderne Erinnerungskultur des Holocaust. Die breite Masse der deutschen Bevölkerung hat das erst akzeptiert, als man anfing nicht mehr von „Deutscher Schuld“ , sondern von „Deutscher Verantwortung“ zu reden. Nachfolgende Generationen haben sich von dieser archaischen Form der Erbsünde antagonisiert gefühlt und gefragt, warum sie schuldig für etwas sein können, das passiert ist als sie noch nicht geboren waren. Nach und nach ist die „Schuld“ aus dem Sprachgebrauch der öffentlichen Diskussion um die Erinnerung an den Holocaust verschwunden. Vom Vorwurf zum Appell zur Eigenverantwortung. Und heute gibt es darüber außerhalb von knallharten Antisemiten und Nazis keine zwei Meinungen mehr.

Habe ich so nicht gesagt. Ich finde aber, dass nicht jeder, der Hasters & Co. kritisiert ein „Täter von Rassismus“ ist. Rassisten kann man kränken wie man will, da mach ich gerne mit.

Die Opfer von Rassismus haben gar keine Aufgabe. Aber ich finde, dass man ruhig darauf hinweisen kann, wenn sie sich so äußern, dass sie Menschen, die man noch erreichen kann verprellen.

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das ist nicht der fall. das unterstellst du einfach jetzt auch.
zum beispiel und dem afd-fehlschluss habe ich alles gesagt.
und deine aussagen auch zitiert.

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Ich sehe es genau andersrum. Man kann es sich bislang zu sehr leisten, dass Tante Erna oder der Arbeitskollege rechtsradikale Parteien wählen und Stuss erzählen. Sind ja abgesehen davon trotzdem nette Leute und einen selbst betrifft es ja nicht so direkt.

Schöne Theorie. Praktisch aber falsch wie Trump und diverse AfDler*innen ständig in Talkshows aufzeigen. Die sind weder an einer Diskussion interessiert, noch müssen sie demaskiert werden. Es ist klar, dass das ein Haufen Rechtsradikaler ist. Trotzdem werden sie von Menschen gewählt, die das mindestens billigend in Kauf nehmen.

Nur leider haben diese knallharten Nazis eine Partei im Bundestag. Stichwort „Mahnmal der Schande“.

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Privilegien:

Als Privilegien werden strukturelle Vorrechte oder Vorzüge von Personen(-gruppen) aufgrund bestimmter Merkmale, wie z.B.
Klassenzugehörigkeit, körperliche Fähigkeiten, sexuelles Begehren,
Geschlecht, ethnische Herkunft und Migrationsgeschichte, bezeichnet.
Durch die Zugehörigkeit zu einer privilegierten Gruppe, erleben Menschen einen einfacheren Zugang zum gesellschaftlichen Leben und erfahren weniger Diskriminierung und Ausgrenzung. Privilegien sind oft
unsichtbar und werden von denen, die sie besitzen, nicht bemerkt.

Weiß:

Weiß-Sein beschreibt eine dominante Position, die meist nicht
benannt wird. Weiß-Sein bedeutet, Privilegien und Macht in einer durch
Rassismus geprägten Gesellschaft zu besitzen. Um den Konstruktionscharakter zu verdeutlichen, wird oftmals weiß kursiv geschrieben.

https://www.uni-kassel.de/hochschulverwaltung/index.php?eID=dumpFile&t=f&f=1002&token=b7f8b63b85f5df07deced92d6b1b87db1f7e1042

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Nein, das unterstelle ich tatsächlich nicht. Und dafür habe ich sogar eine Quelle. So sagt sie zum Beispiel, dass Diskriminierung von Weißen durch Schwarze kein Rassismus sein kann, weil es für diese Aktionen/Forderungen keine „Echokammer“ gäbe. Man könnte diese Diskriminierung nicht institutionalisieren, ergo sei es kein „echter“ Rassismus. Sie redet als sehr wohl von institutionellen und damit auch strukturellen Rassismus.

Diskriminierung als rechtliche Definition

Rechtlich wird Diskriminierung im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) als eine benachteiligende Behandlung definiert, die an ein Diskriminierungsmerkmal anknüpft und für die es keine sachlichen Rechtfertigungsgründe gibt. In der Richtlinie zum Schutz vor Diskriminierung und sexualisierter Gewalt sind folgende Merkmale festgehalten: Geschlecht, ethnische oder soziale Herkunft, Aussehen, Alter, Behinderung oder Erkrankung, sexuelle Orientierung oder geschlechtliche Identität, Religion oder Weltanschauung oder Familienstatus. Für die Definition von diskriminierendem Verhalten ist nicht das Motiv, sondern ausschließlich das Ergebnis relevant.

BIPoC/Black, Indigenous and People of Color:

: BIPoC ist eine Selbstbezeichnung, die in englischsprachigen Ländern geprägt wurde. Als politischer Begriff setzt er voraus, dass Menschen, die nicht weiß sind, zwar
sehr verschiedene Hintergründe und Herkünfte haben können, aber
trotzdem gemeinsame Erfahrungen in einer weißen, von Rassismus geprägten Gesellschaft teilen. Der Begriff „People of Color“ ist nicht zu
verwechseln mit dem Begriff „Colored “ („farbig“/ „Farbige“), der eine
von Weißen gewählte, diskriminierende koloniale Bezeichnung darstellt
und dazu dient, Menschen nach „Hautschattierungen“ zu unterscheiden,
um sie auf- oder abzuwerten.

Schwarz:

Schwarz ist eine Selbstbezeichnung von Menschen mit afrikanischer Herkunft oder afrikanischem Erbe. Er entspricht dem englischen
„Black“, welcher aus der Schwarzen Bürgerrechts- und der Black-PowerBewegung der 1960er und 1970er Jahre in den USA hervorging.
Schwarz bezieht sich dabei nicht auf die Hautfarbe, sondern beschreibt
die Positionierung als diskriminierte Person in einer durch Rassismus
geprägten Gesellschaft. Um den Widerstandscharakter des Wortes zu
betonen, wird das „S” oft großgeschrieben.

Ethnisierung:

Als Ehtnisierung werden Handlungen bezeichnet, die Unterschiede zwischen Gruppen auf ethnische Unterschiede reduzieren.
Selbstethnisierung ist die Selbstbeschreibung auf Grundlage ethnischer
Kategorien und kann der Durchsetzung eigener Interessen oder einer
Identitätspolitik dienen. Fremdethnisierung ist ein sozialer Ausschließungsprozess, der Minderheiten schafft, diese negativ bewertet und die
Privilegien der Mehrheit sichert.

Othering:

Als Othering werden Handlungen bezeichnet, die die Konstruktion eines „Anderen“ als komplementären Gegenpart und in binärer
Opposition zu einem ‚Wir‘ verfestigen. So wird mit Hilfe der Beschreibung der „Anderen“ eine Feststellung über das Selbstverständnis als
„Wir“ getroffen. Das Eigene bzw. „Normale“ lässt sich mitunter aus dem
Selbst heraus sehr viel schwerer fassen. Durch die Zuschreibung als das
„Andere“ werden Gruppen essentialisiert und ausgegrenzt.

Quelle, noch immer Uni Kassel

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Um den Konstruktionscharakter zu verdeutlichen, wird oftmals weiß kursiv geschrieben.

Nur woher soll eine Person, die sich nicht näher mit der Terminologie beschäftigt hat, aber einen Text mit einem kursiven weiß liest darauf kommen bzw. wie soll sie erst recht bei einer mündlichen Diskussion verstehen, dass weiß kursiv ausgesprochen wurde?

Es wäre so unfassbar viel deutlicher was gemeint ist, wenn anstelle von weiß von einer „dominanten Position“ die Rede wäre.
Dann würde der Satz „Weiße können nicht Opfer von Rassismus* sein“ übersetzt heißen:
„Die dominante Gruppe kann kein Opfer von Diskriminierung aufgrund ihrer nicht-dominanten Position sein.“ Und die Reaktion darauf wäre nur ein „Ja, ach, was, sonst wäre die Gruppe ja auch nicht dominant!“

*wichtig hier noch, dass man Rassismus die passende Definition verpasst, denn dies wird auch oft von vielen anders gelesen als es die Soziologie seit Jahren nutzt.

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*Wie manche es in der Soziologie nutzten. Rassismus ist in der Soziologie größtenteils immer noch so definiert, dass es die schlechter Behandlung eines Menschen auf Grund äußerer, auf der Herkunft basierender körperlicher Merkmale ist. Und der Definition würden wahrscheinlich auch 99% aller Menschen zustimmen.

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Der Rassismus ist die verallgemeinerte und verabsolutierte Wertung tatsächlicher oder fiktiver Unterschiede zum Nutzen des Anklägers und zum Schaden seines Opfers, mit der seine Privilegien oder seine Aggressionen gerechtfertigt werden sollen

Albert Memmi, Rassismus, Frankfurt a.M. 1987, S.164

https://www.humanrights.ch/cms/upload/pdf/081202_Stichworte_Rassismus.pdf

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https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2020-11/studie-rechtsextremismus-auslaenderfeindlichkeit-leipzig-autoritarismus-bevoelkerung

Rechtse Einstellungen bleiben weiterhin auf hohem Niveau.

Link zur heute vorgestellten Studie
https://www.boell.de/de/leipziger-autoritarismus-studie?dimension1=startseite

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Man solidarisiert sich damit trotzdem eher mit der Befindlichkeit der Täter, als mit den Bedürfnissen der Opfer und das spiegelt eben auch eine Haltung wieder, die absolut nicht antirassistisch ist, eher versöhnlich mit Rassismus. Was vermutlich auch viel mit dem eigenen Zugang zu dem Thema zu tun hat.

Wie gesagt, der Vorwurf Rassist zu sein wiegt mehr als Rassistisch-Sein selbst. Was für mich eine verquere Logik ist und auch energetisch rechnerisch nicht aufgeht, wenn man die Forderungen und Ansprüche an die Opfer und Täter betrachtet.
Es wird hier quasi (extrem plakativ und überspitzt formuliert) von einem 1 % antirassistische Arbeit abverlangt, indem man Alice Hasters oder allgemein Opfern zuhört oder vielleicht auch zumindest nicht diffamiert oder untergräbt. Stadessen gibt man aber lieber ihr die Schuld, dass man nicht bereit ist für diese 1 % und verlangt von ihr, die quasi einfach nur durch ihre Existenz ihr ganzes Leben lang 90 % der Arbeit leisten muss, damit der Rest unbehelligt bleiben kann, auch noch die letzte 1 % für uns zu gehen, um uns ihren Anti-Rassismus so bekömmlich wie möglich anzubieten, dass wir quasi gar nicht mitkriegen, dass wir antirassistisch aktiv werden. Da man selbst ja kein Rassist ist, ist auch die 1 % schon zu viel verlangt.
Und Tante Erna wacht morgens überrascht auf und ist ohne es zu merken Anti-Rassistin. Klingt nicht sehr einleuchtend.

Und die Kritik an den Begriffen Weiß und Schwarz ist für mich auch nur Augenwischerei, um die eigentliche Haltung zu vertuschen, die dann in der Art der Kritik doch entlarvend durchscheint. Denn wenn es wirklich nur um die Missverständlichkeit durch die Begriffe gehen würde, dann würde die Kritik anders aussehen. Dann würde man ja inhaltlich zustimmen und es eher schade finden, dass hier dadurch Missverständnisse geschehen können. Also kritisch eine 90 statt 100 %. Das wird aber nicht getan. Es wird die Wortwahl genutzt als Eintritt, um komplett ihre ganze Daseinsberechtigung in Frage zu stellen und ihren Wert für den Anti-Rassismus zu untergraben. Also durch die Wortwahl runter auf Null.

Mir kann hier keiner erzählen, dass sich Dieter Nuhr mehr für Ihr Buch interessiert hätte, wenn nicht WEISS drauf gestanden hätte. Niemals. Er hätte auch so das Thema abgewatscht und wäre dann anderweitig empört, warum Alice Hasters ihn über Rassismus aufklären will. Der Reverse Racism Vorwurf wäre so oder so gekommen.

Und dann könnte man vielleicht wirklich nur Sedovs Argument anbringen, sie liefere mit ihrer Wortwahl dieses Argument den Gegnern, aber auch das sehe ich anders. Vielmehr verrät man sich weiter mit der Aufnahme dieses Arguments in seinem Anliegen, es nicht wirklich wissen zu wollen. Es ist nunmal der Beginn antirassistischer Aktivität, dass man sich mit seiner eigenen rassistischen Sozialisierung auseinandersetzt. Was im übrigen Alice Hasters als Anforderung auch an sich selbst ansetzt.

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Was aber eben Falsch ist, eine weiße Person kann sehr wohl Opfer von Diskriminierung sein, weil sie Arm ist, eine Frau/Mann, Jüdisch, Muslimisch, Behindert, Homosexuell, … und unter bestimmten Umständen kann sie Opfer von Rassismus sein, sie die Geschichte Japans und wie da mit Ausländern umgegangen wurde.

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Sehe ich nicht so, mein Ziel sind ja immer noch Veränderungen, die den Opfern dienen, nicht den Tätern. Ich habe nur eine gewisse Meinungsverschiedenheit was die Effektivität der Methoden angeht.
Ich möchte die Methode hernehmen, die möglichst viel Wirkung zeigt, unabhängig davon ob es fair ist, den „Tätern“ so wenig abzuverlangen. Vielleicht macht das meine Haltung etwas klarer. Der Rest des Absatzes ist mir glaube ich zu abstrakt um darauf was sinnvolles antworten zu können.

Das ist so ziemlich was ich gesagt habe. Eingeschränkt dadurch, dass ich Hasters Buch noch nicht gelesen habe, aber ich glaube nicht dass ich ihr in den Grundargumenten widersprechen würde.

Dieter Nuhr im speziellen war vielleicht das falsche Beispiel. Der hat die Zeit sich damit zu beschäftigen, wenn er es im Rahmen seines Programms verwendet, und er ist sicherlich schon oft genug drauf hingewiesen worden, dass er da viel falsch versteht (bzw falsch verstehen will). Mir ging es eher um den Typ, als den er sich präsentiert, wenn das Sinn macht. Also jemand, den man in der Hinsicht am besten als ignorant beschreiben kann, aber eben noch nicht rechts.

Da finde ich es zugegeben schwer noch weiter ausgehend von Alice Hasters Buch zu diskutieren. Da es ja bei dir dann eher eine weite allgemeine Vorstellung davon ist, wie es idealerweise ablaufen sollte und hat ja erstmal wenig damit zu tun, wie es für Alice Hasters als Person und für die Idee oder das Ziel ihres Buches funktioniert.

Sie ist Schwarz, definiert und identifiziert sich als Schwarz und schreibt ein ganzes Buch über Schwarz-Sein. Es ist für mich essentiell für das Buch, dass sie ihre Erfahrungen ihres Lebens aus der Sicht einer Schwarzen schreibt und damit auch die Gegenseite als Weiß definiert. Denn es geht hier nicht darum, allgemeingültig jede Form von Rassismus zu enträtseln, sondern darum Weißen (und natürlich auch anderen Schwarzen) über ihr Leben als Schwarze Person, die in Deutschland lebt und groß geworden ist, zu erzählen. Ganz direkt, ganz nah „Ich bin Schwarz. Du bist Weiß.“
Da ist es für mich eben ein merkwürdiges Argument, als Weiße Person dann zu sagen, „sag nicht Weiß, dass will ich oder wollen vielleicht andere Weiße, die du erreichen könntest, nicht hören“. Und es ist eben zusätzlich grotesk, weil dieser Vorwurf direkt im Titel selbst steht. Was dann für mich eher entlarvend ist.

Und sein wir mal ehrlich, die Begriffe Schwarz und Weiß sind auch nur so komplex wie weit man sich mit Ihnen auseinandersetzt. Jede Oma rafft es, wenn Alice Hasters zu ihr sagt „Ich bin Schwarz. Du bist Weiß. Ich erzähl dir von meinen Erfahrungen, die du nicht kennst und vielleicht auch nicht hören willst“. Das versteht auch jedes Kind. Die Komplexität des sozialen Konstruktes wird ja erst dann erhöht, wenn es zu komplexeren Themen geht, wie in welchem Kontext z.B. Alice Hasters selbst Weiß ist und Weiße Privilegien erfährt. Aber Schwarz und Weiß ist für den Einstieg in die Lektüre relevant.

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Soll das quasi heißen alle die nicht unwidersprochen für uns sind sind gegen uns? Also soll man keine Begrifflichkeiten diskutieren und ist quasi automatisch ein Rassist oder Rechter, wenn man weiß erstmal vielleicht gar nicht versteht und dann sich fragt, ob man’s nicht weniger missverständlich formulieren kann?

Ist denn weiß vom Himmel gefallen oder ging dem auch ein intellektueller, diskursiver Prozess voraus, der vielleicht sogar wissenschaftlich also im soziologischen oder psychologischen Sinn geprüft wurde?

Er kommt von den Black Studies und der Forschung. Wurde u.A. durch Toni Morrison geprägt.

https://www.unrast-verlag.de/news/263-weisssein-und-kritische-weissseinsforschung

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Sie beschreibt in ihrem Buch alle möglichen Facetten von Rassismus und wählt entsprechend die Beispiele. Dass nicht jedes Beispiel strukturellen Rassismus belegt, ist klar. In dem Teil über Mikroagressionen gehts schlicht alleine darum, aufzuzeigen, wie viel Energie es kostet, jeden Tag solche kleine Nadelstiche auszuhalten, die alle für sich alleine zwar nicht schlimm sind, in der Summe eben doch. Dabei gehts einfach nur darum zu zeigen, wie ätzend das ist, weil viele nicht von Rassismus Betroffene das nicht nachvollziehen/glauben wollen.

Bei dem Beispiel mit der Spardose gings darum zu zeigen, dass man auch Rassismus reproduzieren kann, wenn man selbst nicht rassistisch ist, noch rassistisch sein will. Damit soll den Lesern gezeigt werden, wie wichtig es ist, mehr über den historischen Hintergrund von Rassismus zu lernen.

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Jetzt wo ich endlich das momentane Ende des Threads erreicht habe muss ich, ohne Hasters Buch oder sonst eine der hier geposteten Studien und ähnliches gelesen zu haben, folgendes fragen:
Bin ich rassistisch oder lebe ich einen versteckten Rassismus aus, wenn ich alle Leute die mir im Alltag begegnen oder auf der Arbeit (Physiotherapeut) unter die Finger kommen erstmal grundsätzlich gleich behandle? Ist es das was von mir als Person gefordert wird wenn es darum geht rassistische Denk- und Handlungsmuster abzulegen? Ich muss dazu sagen, dass ich Menschen auf die für mich nötigsten Informationen reduziere wenn ich sie kennenlerne, hab ehrlich noch nie jemanden nach seiner/ihrer Herkunft gefragt solange ich mich zurück erinnern kann, weil es mir schlicht egal ist, mir ist nur wichtig wie sie sich mir und anderen gegenüber verhalten.
Zudem habe ich mir das Video von Ilyass und co. angeschaut und mich in den von ihnen beschriebenen Situationen nicht wieder gefunden.

Deswegen zusammenfassend die Frage: Reicht das? Oder hab ich immer noch irgendwo einen Denkfehler?