Allgemeiner Thread zu Diskriminierung - (Teil 2)

Ich finde halt, dass wenn man schon die Religion benennt, das man es dann auch mit jeder gleich tun sollte. Und die Extreme nicht bei der einen als „Radikal“ bei der anderen als „fundamentalistisch“ und wieder bei der anderen als „Ultraorthodox“ bezeichnen sollte…
Mal abgesehen von der Frage ob „Ultra Religiös“ nicht auch reicht, was ich schon denke.

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Und wie kommst du dann zu deiner Äußerung?

Es ist nur meine Beobachtung. Ich weiß, sehr dünn.

Was genau ist das Problem bei dieser sprachlichen Varianz? Ich persönlich sehe alle 3 Begriffe als gleichwertig negativ konnotiert. Wäre es ok von den radikalorthodoxen fundamentalislamistischen Taliban zu sprechen?

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Weiß nicht in der Bevölkerung erscheint mir „radikal“ schon negativer konnotiert als die anderen… Klar mag daran liegen, das der „radikale“ Islam im Vergleich zum „fundamentalen“ Christentum oder zum „ultraorthodoxen“ Judentum wesentlich mehr im Blickpunkt der Gewalt steht in den letzten Jahren.

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Aber was genau soll das Problem sein? Das man die einen so nennt oder die anderen nicht? Beides kann es ja nicht sein.

Kurzer Take von mir zu den Begriffen (ohne das jetzt auf eine bestimmte Religion zu beziehen): „Fundamentalistisch“ ist ein ziemlich schwammiger und schwieriger Begriff, unabhängig davon, welche Gruppierung aus welcher Religion man damit bezeichnet. Ursprünglich (so zu Beginn des 20. Jahrhunderts) war es halt eine Selbstbezeichnung einer christlichen Strömung in den USA, die sich auf die vermeintlichen und selbst definierten Fundamente des christlichen Glaubens berufen wollte. Heute ist es eigentlich immer eine Fremdbezeichnung und so hat der Begriff den Touch, dass das halt die Gewaltbereiten sind. Aber keine Religion würde Gewalt als zentrales Fundament ihrer Religion bezeichnen. „Radikal“ finde ich für eine gewaltbereite Gruppe daher angemessener, weil er eben auch die Kompromisslosigkeit umreißt, als es Begriffe tun, die die Fundamente, die Reinheit („Puritanismus“) oder die (vermeintlich) rechte Lehre (Orthodoxie) betonen. Das suggeriert dann nämlich auch, dass diese Gruppe besonders nah am Wesen der Religion oder am einzig richtigen Ausleben derselben wäre; gibt dann aber genug Leute, die das kein Jota teilen.

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Mit dem Begriff „radikal“ hab ich mich nach der Diskussion abgefunden.

Und würdest du unabhängig von den Begriffen sagen, das die Benennung des Islam notwendig ist im Zusammenhang mit den Taliban, oder ist „radikal religiöse“ genau so passend und ausreichend?
Bin da echt zerrissen…

Kann man meines Erachtens schon machen. Die Taliban sind ja eben nicht nur religiös, sondern halt auch massiv politisch unterwegs, eben auch mit der konkreten Absicht, ein politisches System nach ihren Vorstellungen zu errichten (s. analog „rechtsradikal“ oder „linksradikal“).

Ich kann diese Zerrissenheit aber durchaus verstehen. Wenn ich mir schon irgendwas mit „Islam“ in einer Bild-Schlagzeile vorstelle, würde ich mich auch sofort um andere Begriffe bemühen, weil diese Begriffe dann von der Seite schnell so hingedreht werden, dass sie hochgradig pauschalisierend, verallgemeinernd und halt auch diskriminierend werden können.

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Und nur zu sagen, sie sind radikale gewaltbereite Rebellen wäre zu wenig, da sie sich selbst mit einer kruden Auslegung des Islam bzw der Scharia versuchen zu legitimieren?

Würde nicht sagen, dass es „zu wenig“ ist. Ist eben eine andere Dimension ihres Handelns und in der Form genauso richtig.

für mich leitet sich der begriff radikal von radix=wurzel ab.
das bedeutet, wenn ich bezüglich einer weltanschauung oder einer haltung eine radikale position einnehme, dann will ich sie von grund auf, von der wurzel an, verstehen und umsetzen. die gesellschaftlichen normen, werte und übereinkünfte bleiben davon aber unangetastet.
deshalb ist das für mein dafürhalten per se noch nicht zwingend problematisch.

extremistisch ist für mich der passende begriff, wenn es darum geht zu beschreiben, dass man die gesellschaftlichen normen, werte und übereinkünfte zugunsten der eigenen weltanschauung oder haltung ablehnt und im zuge dessen sogar gewalt befürwortet.

aber ich glaube auch, dass im allgemeinen die begriffe extremistisch und radikal eher synonym verstanden werden und eine differenzierung nicht stattfindet.

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Ja ganz sicher.
Gut zu hören, das es nicht zu wenig ist deiner Meinung nach, sie als extremistische gewaltbereit zu bezeichnen.
Bin da echt zerissen in mir, ob ich etwas fälschlich vermeide/verdränge (die Nennung islamistisch), da ich dabei Bauchschmerzen der Pauschalisierung (die sicher auch teilweise stattfindet empfinde), oder ob ich auch die Notwendigkeit ganz ehrlich nicht sehen kann.

Das stimmt. Es kommt aber eben immer auch drauf an, wie die Begriffe verwendet werden. „Radikal“ hat in der deutschen politischen Landschaft ja auch eine andere Bedeutung als die der Verwurzelung.

Da setzt bei mir wieder so 'ne Bild-Phobie ein, weil man irgendwie alles so mit einem lateinischen Superlativ in die Länge ziehen kann und dann ständig solche istisch-Wortungetüme entstehen.

Ich merke aber auch selbst gerade, dass meine Position zwischen „An ursprünglicher Wortbedeutung festhalten“ und „Worte haben die Bedeutung, mit der sie verwendet werden“ alles andere als konsistent bin. Hach, schwierig… :wink:

dadurch dass die bedeutungen dieser begriffe immer so vermischt werden und auch geschichtlich nicht eindeutig abgrenzbar sind, ist es vermutlich notwendig in der verwendung mehr kontext herzustellen, wenn man nicht falsch verstanden werden möchte.
das hieße dann mMn im medialen kontext wiederum, dass eine verkürzung in der schlagzeile zumindest im nachfolgenden artikel aufgelöst und differenziert dargestellt werden müsste, um missverständnisse und diskriminierendes framing zu vermeiden.

ja es ist schwierig.
gerade in zeiten von social-media und man einerseits nicht einfach davon ausgehen kann, einen gemeinsamen kontext zu haben, wie z.B. im freundeskreis; und wo auf der anderen seite vieles auf schlagworte und -zeilen verkürzt wird und kaum noch zeit und raum für kontext bleibt.

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Geht mir genau gleich. Ich weiss von mir selber dass ich tatsächlich wesentlich zurückhaltender bin bezüglich Islam irgendwie mit dem Finger direkt auf die Religion zu zeigen (wesentlich weniger als z.B. beim Christentum), einfach weil ich weiss dass Muslime im Westen oft Ziel von Hass und Gewalt und Islamophobie werden, sobald irgendwie wieder negative Schlagzeilen bezüglich Handlungen von Muslims in den Medien erscheinen.

Ist nicht, weil ich den Islam ach so toll finde. Ist eher weil ich finde man muss irgendwie dem negativen, pauschalisierten, xenophobischen und rasistischen Bild entgegenwirken…

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Genau das.
Wann verdränge ich? Wann kann ich ehrlich sagen, dass ich passend und zutreffend darüber spreche? Was ist meine Verantwortung um all dem pauschalisierenden, xenophoben und rassistischen entgegenzuwirken? Ich denke die Verantwortung ist hoch für jeden.
Werd ich ihr gerecht? Ich versuche es. Versuche ich es „richtig“? ich weiß es nicht zu 100%.
Was heißt richtig für mich? Ich denke empathisch, reflektiert, ehrlich, aktiv und mitfühlend zu sein.

Was aber nun einmal genau beschreibt was das Wesen dieser Menschen ist. Sie glauben daran, und das ist das Wesentliche einer Religion.

Deswegen könnte ich nachvollziehen, wenn das als Selbstbezeichnung gebraucht wird. Aber nicht als Fremdbezeichnung.

Wieso? Wenn sie es glauben, und die Religion es zulässt, ist das für mich legitim.