Julian Reichelt im Interview bei der Zeit. Er stellt sich als Bauernopfer dar, als Leidtragender einer Kampagne durch den Spiegel, und schießt gegen die Tagesthemen. Er stellt klar, dass er mit Frauen geschlafen hat, er es aber verurteilt Frauen grundsätzlich als Opfer zu betrachten, er spricht u.a. von einer Opfer-Bewegung. Solche Affären, Spannungen, Beziehungen gehören nun einmal dazu.
Das Weltbild, das bei ihm durchschimmert ist zu großen Teilen wirklich erschreckend. Die narzisstischen Züge, die bei ihm zum Vorschein kommen sind offensichtlich. Es gibt in diesem Interview keine Entschuldigung, kein Zugeständnis, nichts das auch nur irgendwie den Anschein erwecken lässt, dass er irgendetwas falsch gemacht hat. Dazu die Widersprüche: beispielsweise, dass er die Bild sei, aber er die Bild demokratisiert habe.
Weil ich nichts zu verbergen habe. Es hat in meinem Leben nie etwas gegeben, was mit den genannten Fällen auch nur im Ansatz zu tun hatte. Schon das Wort „MeToo“ ist in diesem Zusammenhang eine Verleumdung.
Dass meine Familie jetzt viel auszuhalten hat, kann wohl jeder nachvollziehen. Ich glaube, eine überwältigende Mehrheit in diesem Land empfindet diese Form der Berichterstattung wie die über mich denn auch als absolut abscheulich.
Nach dieser Aussage wird er damit konfrontiert wie die Bild arbeitet.
Das Gegenteil stimmt. Ich habe bei Bild genau diese Form des Journalismus, bei dem in die Privatsphäre von Menschen eingedrungen wird, beendet. Schon vor Jahren.
Es geht um „Fuckability“:
Nein, das ist völliger Quatsch. Dieses Wort habe ich in meinem Leben noch nie verwendet. Der Spiegel hat – wie bei Relotius – komplette Sachverhalte erfunden, damit es ins Weltbild passt. Eine Frau zur Bild- Mitarbeiterin gemacht, die nie Bild- Mitarbeiterin war, weil es sonst gar keine Geschichte gegeben hätte. Der Spiegel hat alle zentralen Zitate frei erfunden, auch das Zitat der Überschrift.
Die Tagesthemen haben sich für meinen öffentlich-rechtlich-kritischen Kurs gerächt und einen Aufmacher und auch noch einen Kommentar gefüllt mit Vorwürfen gegen mich, die so diffus erhoben wurden, dass man nicht mal genau erfuhr, was mir eigentlich vorgeworfen wird. Die Tagesthemen, die nur sehr ungern mit islamistischen Terroristen in Deutschland aufmachen, machen auf einmal mit mir auf, ohne überhaupt konkrete Vorwürfe zu nennen.
Die Personalabteilung von Springer warb für „Respekt“ und „Diversity“ mit Plakaten, auf denen Menschen mit eindeutig islamistischer Kleidung und Gesinnung abgebildet sind. Das ist alles einem schrecklichen Zeitgeist geschuldet, der leider auch bei Springer Einzug gehalten hat. Da gab es auch intern Menschen, die mich weghaben wollten, weil sie harten Boulevard nicht mögen, sondern eine Gesellschaft der totalen Achtsamkeit wollen.
Bild war eine Monarchie, ich habe daraus eine Demokratie mit flachen Hierarchien und transparenter Kommunikation gemacht. Und wenn man aus Monarchien eine Demokratie macht, dann sagen Menschen nicht „Oh, wie schön, Freiheit, danke“, sondern sie nutzen diese Freiheit, um alles und jeden zu kritisieren.
https://www.zeit.de/2021/51/julian-reichelt-bild-entlassung-machtmissbrauch-stellungnahme