Allgemeiner Thread zu Diskriminierung - (Teil 2)

Mit dieser Begründung haben Gesellschaften schon sehr oft auf Minderheiten geschissen.

Alleine mit was für absurden Rechtfertigungen die Nutzung des Worts verteidigt wird, zeigt mir, dass an der Kritik was dran ist.

3 „Gefällt mir“

Doch es bedeutet, dass man Leute aus dem öffentlichen Diskurs rausdrängt. Weil Betroffene Leute kein Bock haben, ständig erst ein Fass aufzumachen oder sich überhaupt zu offenbaren.
Weisst du, wer hier mit Screenreader unterwegs ist?

Also wenn du immer erst aktiv entscheiden musst ‚hey hier nehm ich mal kurz Rücksicht‘, bedeutet das, dass du alle anderen Situationen nicht inklusiv gestaltest.

1 „Gefällt mir“

So wird aber auch das bekannte „alter weißer Mann“ verteidigt: „ist nicht wörtlich gemeint“ „der Sinn dahinter ist das was zählt“ usw. Ist das dennoch okay und wenn ja warum?

Die Frage soll übrigens weder das eine verteidigen noch das andere verteufeln. Ich kann durchaus den Ansatz verstehen, allerdings von beiden Seiten. Und deswegen nutze ich persönlich „alter weißer Mann“ im Alltag nicht weil ich tatsächlich finde dass man damit auch unschuldige beleidigen oder in einen Topf werfen kann in den sie nicht gehören.

Der Vergleich funktioniert aber nur, wenn man gesellschaftliche Hierarchien ausklammert und ob es um marginalisierte Minderheiten geht oder nicht.

Kommt darauf an, was du mit aufrecht meinst.

1 „Gefällt mir“

Nein, sorry. Es wäre unangebracht einer blinden Person gegenüber zum Beispiel zu sagen „hast du Tomaten vor den Augen“. Das heißt aber definitiv nicht, dass ich diese Redensart im öffentlichen Diskurs nicht mehr verwenden darf.
Zu der Diskussion, ob ein Wort nicht mehr verwendet werden darf, gehört etwas mehr, als eine Person, die sich angegriffen fühlt: Wie ist dieser Begriff entstanden? Wurde er von einer bestimmten Gruppe in einer bestimmten Form verwendet/misbraucht? Etc…

10 „Gefällt mir“

Klar, darum sage ich, dass die „Verteidigungsstrategie“ bei beiden Beispielen die gleiche ist, auch wenn letztlich was ganz anderes dahintersteckt. Aber ich finde es problematisch, so eine Vorlage zu geben. Deswegen finde ich auch eine pauschale Aussage, dass man alles vermeiden soll, was jemanden persönlich verletzen kann falsch, denn, wie hier schon geschrieben, findet man bei jeder Aussage jemanden, der sich davon angegriffen fühlt. Und das führt dann letztlich genau zu dem „man darf ja gar nichts mehr sagen“, was aber -zurecht- auch wieder kritisiert wird.

Darum bin ich der Überzeugung, dass man mit Augenmaß an solche Forderungen gehen muss. Das soll nicht heißen, dass man locker flockig das N-Wort nutzen darf, aber andererseits sollte man auch bei Jahrhunderten alten Sprichwörtern die Kirche im Dorf lassen.

Es sehe es auch so, dass es vernünftig ausgehandelt werden muss.
Trotzdem würde ich immer darauf bestehen wollen, dass wir dabei nicht vergessen dürfen, dass wir und als Gesellschaft schon wirklich sehr viel Mühe gegeben haben und teilweise auch immer noch geben, betroffenen Gruppen auszuschließen, zu diskriminieren oder unsichtbar zu machen und dass es daher auch nicht zuviel verlangt ist, dass wir uns bei dem Versuch, ein Gefühl der Teilhabe zu vermitteln, mindestens genauso viel Mühe geben.

3 „Gefällt mir“

Ich verstehe wirklich nicht, woher dieser Drang kommt immer Begriffen, die für die überwiegende Mehrheit der Gesellschaft keinerlei negative Konnotation im Bezug auf bestimmt Gruppen haben, genau diese Konnotation so penetrant in den Vordergrund zu rücken. Wörter wie dumm oder Idiot kommen aus der Medizin, die damit unter anderem Menschen mit geistiger Behinderung bezeichnet haben. Aber wer weiß über diesen Zusammenhang? Und vor allem, wer würde diesen Zusammenhang bei der Verwendung impliziert mitmeinen, um Menschen mit geistiger Behinderung abwerten zu wollen? Man muss doch auch mal Worten zugestehen, dass sie sich über ihre Herkunft erheben und nur noch im metaphorischen Sinne verstanden werden, anstatt den wortwörtlichen.
Und ich finde es auch extrem problematisch, dass man immer nur sagt, warum diese oder jene Begriffe abwertend seien. Und man nie versucht Begriffen ihre negative Bedeutung zu nehmen, indem man sie bewusst in einem positiven Kontext verwendet. Das mag sicher nicht mit jedem Wort gehen. Aber Nerd oder Geek waren mal recht harte Beleidigungen und sind es jetzt überhaupt nicht mehr. Ich würde auch behaupten, jemanden als schwul zu „beleidigen“ hat heute bei weitem nicht mehr den gleichen Effekt wie noch vor 50 Jahren.

7 „Gefällt mir“

Ich glaube tatsächlich, mit dem Ansatz das Rücksicht in beide Richtungen funktioniert, ist alles gesagt, was wichtig ist.

1 „Gefällt mir“

Es sollte uns schon gelingen bei Worten die Semantik und Pragmatik zu berücksichtigen.

Auf einer semantischen Ebene kann „Bombenstimmung“ unterschiedlichste Bedeutungen haben. Dabei kann dieser Begriff für jeden persönlich etwas anderes bedeuten. Ein Wort bekommt aber dann vor allem durch den Kontext seine Bedeutung (der Pragmatik). Wenn ich bei einer Party von einer Bombenstimmung spreche, dann wird jedem klar sein, dass ich damit die großartige Stimmung meine. Nutze ich „Bombenstimmung“ aber im Zusammenhang mit einem Anschlag, dann wird dieses Wort in seiner Bedeutung zynisch.

Macht es Sinn jemanden auf einer Party zu belehren, dass er diesen Begriff besser nicht nutzen sollte, weil er in einer anderen Situation einen schlechten Eindruck hinterlässt? Ich denke nicht. Das Wort an sich ist nicht das Problem, sondern welche Bedeutung wir diesem als Gesellschaft geben, und in welchem Zusammenhang wir dieses nutzen.

Es gibt ja beispielsweise auch PoC, die das N-Wort verwenden. Natürlich macht das ein Unterschied wenn Karl-Heinz in Dorsten über die afrikanischen Flüchtlinge aus dem Nachbardorf spricht, und dieses Wort verwendet. Der Kontext ist entscheidend.

Im Internet muss ich daher auch von Menschen den Gedankengang erwarten können, dass sie verstehen in welchem Zusammenhang ein Begriff verwendet wird, und welche Bedeutung dieser dadurch bekommt.

Wer bis hierhin gekommen ist, der kann ja mal für sich beantworten welche Bedeutung das „N-Wort“ für mich hatte. Jeder weiß was sich hinter dieser Abkürzung verbirgt. Hätte ich es ausgeschrieben, dann hätte es dieselbe Bedeutung behalten. Anders wäre es beispielsweise gewesen wenn ich damit PoC direkt bezeichnet hätte.

Vielleicht wird klar wie ich zu Wortneuschöpfungen und -anpassungen stehe. Wir vergessen bei vielem einfach oft die Pragmatik, und manchmal auch die Semantik umzudeuten bzw. zu schützen.

8 „Gefällt mir“

Wie gesagt, geht es mir weniger andere zu verdammen als aufzuzeigen, woher manches Wortgut kommt und die Leute sich darüber Gedanken machen sollten. Dass der Gedankengang bitte weiter geht als: hab ich bisher so gemacht, mach ich heute so, werde ich weiterhin so machen (ohne sich irgendwelche Gedanken über das „so“ zu machen). Und ja, ich find es

Es erschreckt mich, wie viele lieber damit argumentieren, dass es halt so ist, als dass sie das ganze hinterfragen.

Weil so sehr ich die Nazis und ihre Sprache hasse - sie schafften es leider unsere Sprache zu prägen und bestimmte Sichtweisen zB dass Mitteleuropa schon immer nur weiß gewesen wären und es im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation keine schwarze Menschen gab. (Um es sich vorzustellen: das HRR deutscher Nation ging von Dänemark bis Malta. Die „Leibwächter“ des byzantischen Kaisers waren Wikinger, die über die Kampfkraft schwarzer Gegner aus den ägyptischen Landesteilen schwärmten. In London waren zur Zeit der römischen Herrschaft schwarze Personen Teil der römischen Legion.

Europa war einfach nie weiß. (Sowie Afrika nie rein schwarz war oder Asien rein asiatisch. Bei Amerika haben wir leider alles ausgerottet, dass uns die Antworten liefern kann.:facepalm:

Und um es in einem Gebiet deutlich zumachen, der mir sehr wichtig ist. Wir sind heute (!!!) auf den medizinischen Stand in Sachen trans wie wir waren bevor die Nazis die Klinik von Hirschfeld niederbrannten. In manchen Hinsichten sind wir weiter (gerade operative Sache wie Neo-Vagina oder Neo-Penis) in den wichtigeren (psychologischen) Sachen leider nicht.

Und ja, damit vergleiche ich diese verdammte Diskussion. Wir wollen uns nicht ändern. Wir wollen uns nicht nur nicht ändern, wie wollen dass diese Worte nur für uns gelten. Und nur wir sie verwenden dürfen wie wir sie wollen.

Dass damit der Sinn von Worten, nämlich Kommunikation mit Leuten, die diese Worte nicht muttersprachlich verstehen, weil Worte ja der erste Schritt sein sollten mit anderen Kulturen sich zuverstöndigen, untergraben wird. Red ma lieber nicht davon.

Worte sollen Sachen seien, die alle Menschen (egal ob sie Deutsch als Muttersprache lernen) schnell verstehen können.
Sprache sollte keine Menschen vorverurteilen. Sollte das unbewusst entstanden sein, sollte man es nicht propagieren, sondern auslaufen lassen.
Sprache ist bunt. Und gibt es viele schöne Möglichkeiten -ismen anders auszudrücken. Wenn es gewollt ist. Und wenn es nicht gewollt ist, sollte die Frage eher sein, was die Leute da noch machen, dass sie Vorurteile aktive verdeitigen.

2 „Gefällt mir“

Ich hoffe, du wirst irgendwann verstehen, das man lieber die Probleme bekämpfen sollte, und Sprache von allen bestimmt und mit Leben gefüllt wird. Sprache ist das was wir daraus machen, und zwar alle, und das im positiven wie im negativen. Wenn man versucht Sprache so sehr an die kleinste Minderheit, oder den kleinsten Nenner anzugleichen versucht, kommt man nicht mehr weiter, weil die Problematik immer wieder neue Wörter findet, dich zu verletzen. Du wirst immer wieder mit diesen Verletzungen klarkommen müssen, auch wenn du immer und immer wieder versuchst durch Sprachänderungen ihnen zu entkommen.
Ist natürlich nur meine Meinung dazu.

2 „Gefällt mir“

Naja, aktuell sagt ihr mir eher, dass Sprache sich an die Sieger haltet und wenn ich die Stimme der Verlierer zeigen will, soll ich die Klappe halten.

2 „Gefällt mir“

Nein, an die Gesellschaftliche Mehrheit. Ist bitter, ich weiß, ich bin bei aller Liebe nicht der Meinung das eine Gesellschaft immer recht hat, aber so funktionieren wir. Sollte es da eine Problematik geben, wird sie sich da auch hoffentlich entwickeln, aber es als Argument zu benutzen, das nur weil es von der Mehrheit der Gesellschaft kommt, es damit auch automatisch falsch sein muss, ich billig. Unsere Normen kann man immer hinterfragen, aber man kann auch mal sich hinterfragen, ob meine Norm die richtige ist.

Das Problem ist halt. Wenn wir uns immer daran gehalten hätten: gäbe es kein Frauenwahlrecht (he, reicht es nicht, dass zumindest alle Männer wählen dürfen). LGBTQIA+ Rechte wären beim G stehen geblieben (Schwarze und trans Personen wurden nach Stonewall von den betroffenen NGOs ausgeschlossen, um die Position schwuler Männer zu verbessern).

Entschuldige wenn ich es hier offen sage: die Anbiederung an die „gesellschaftliche Mehrheit“ KOTZT MICH AN. :nauseated_face:

Wer sich davon angesprochen fühlt ist exakt die Person, die Volker Pispers vor über 10 Jahren meinte mit „Grüne sind nur grün angemalte Erzkonservative, als Bäume getarnte Kohlekraftwerke“.

Die „gesellschaftliche Mehrheit“ ist, falls sie irgendeine Bedeutung haben sollte, der erste Punkt, den es zu hinterfragen gilt (gibt und gab auch die Situationen, wo sie Recht hatte, aber sie hat nie automatisch Recht).

Und werde ich mich nie wieder der „gesellschaftlichen Mehrheit“ fügen.

2 „Gefällt mir“

Ohne Gesellschaft funktionieren wir nicht. Auch du kannst dich da nicht herausnehmen, wüsste nicht wie der Mensch ohne funktionieren sollte.
Du wirst deine Gründe haben, warum du denkst du MUSST dagegen sein, ich war nie in deiner Situation, aber das kannst du gerne gegen mich anbringen, und Rücksicht einfordern. Gut, dann fordere ich diese Rücksicht genauso ein.

Es geht dabei aber in der Regel ja um Bezeichnungen, die ihren Kontext schon im Vorfeld mitbringen und der auch unabhängig vom Kontext der Verwendung besteht, wodurch die Verwendung selbst eine performative Ebene erhält.
Alleine, dass du dich dazu entschieden hast, dass N-Wort nicht auszuschreiben, gibt deinem Beitrag eine andere Strahlkraft, als hättest du es ausgeschrieben, selbst wenn deine Andeutungen danach dem widersprechen.

Und dann ist es im Endeffekt wieder die Frage, wie wir gesellschaftlich aufgestellt sind oder wie wir Einzelbeispiele aushandeln. Dafür ist jetzt zwar nicht jeder genannte Begriff ein gutes Beispiel, aber meistens geht es ja darum, ob wir als Mehrheit eine Bezeichnung aufgeben, die für uns keine negative Konnotation hat, aus Rücksicht auf eine Minderheit, für die sie eine hat.
Ich würde aber sagen, dass diese demokratische Imbalance zum Schutz von Minderheiten eine Errungenschaft ist.

Du vergisst bei all deinen Ausführungen, dass Sprache eben nicht nur aus dem gesprochenen Wort an sich besteht, sondern eben auch, wie ich es ausgeführt habe, dass der Kontext entscheidend ist. Sei es wie das Wort gesellschaftlich gesehen wird, oder eben in welchem Zusammenhang es gefallen ist. Das was du im letzten Absatz erzählst, das mag deiner ideologischen Sicht entspringen, ist aber mehr ein Wunschgedanke.

Jeder in Deutschland kann/soll/darf unsere Sprache lernen. Es hat Zeiten in unserem Land gegeben, da wurden die ärmsten Menschen von der katholischen Kirche ausgeschlossen, weil sie kein Latein beherrschten. Eine gemeinsam gesprochene Sprache kann Menschen zusammenbringen. Das haben die Nazis auch verstanden, sie aber für propagandistische Zwecke missbraucht. Sprache an sich ist nicht schlecht, sondern das was der Mensch daraus macht. Damit wären wir wieder beim Kontext.

Es sollte von jedem verlangt werden können, sich in einem gewissen Kontext anders auszudrücken als in einem anderen. Ich verlange dann schon, dass man jedem Empathie entgegenbringt und das gesprochen Wort einordnen kann.

Genau das was du beschreibst steckt hinter Semantik. Es gibt aber noch so etwas wie Pragmatik, und da kommt mein „Bombenstimmung“-Beispiel ins Spiel. Die Bedeutung von Begriffen wird nicht ausgehandelt, sondern das entwickelt sich oftmals komplett organisch. Das was dann mehrheitsfähig ist, das wird dann auch oftmals übernommen.

Wenn sich eine Minderheit durch einen Begriff diskriminiert fühlt, dann sollte ich von dieser auch abverlangen können zu verstehen, dass eben auch der Kontext entscheidend ist, bzw. es viele Begriffe gibt, die eben mehrdeutig sind. Ich habe ja auch das N-Wort-Beispiel gemacht. Dieses Wort wird in unterschiedlichsten Situationen anders aufgefasst.

Ich glaube, dass es ausreicht seine Wortwahl in bestimmten Situationen anzupassen, aber auf eine generelle Diskussion darüber welche Wörter wir grundsätzlich verwenden sollten, da gehe ich nicht mit. Ich halte das für komplett kontraproduktiv.

13 „Gefällt mir“

:beanhug:

Ne, auch nicht ganz.