Muss hier ehrlich sagen, halte ich nicht für einen sonderlich gelungenen Text.
In meinen Augen zeigt er genau, was der Herr selber schreibt: Er wird dafür bezahlt etwas zu dem Thema zu schreiben, und dann schreibt er einfach was… und der Inhalt des Textes ist: „Ich habe verstanden, dass ich ein Mann bin und damit Teil des Problemes, und das tut mir leid…“
Und ehrlich, viele Passagen halte ich auch für recht fehlgeleitet:
Es ernst zu nehmen mit dem Feminismus würde für mich konkret bedeuten, dass wir die Hausarbeit trotzdem gleich untereinander aufteilen, auch wenn ich diesen Monat wieder mal einen Artikel mehr veröffentliche als sie.
Das halte ich zum Beispiel für ziemlichen Quatsch. Als Feminist hast du keine Verpflichtung, gleich viel Hausarbeit zu tun wie deine Partnerin… es sei denn, dass ist eure spezifische Dynamik in der Beziehung. Wenn du in einer Woche mal für den Job mehr arbeiten musst als dein Partner, dann ist es doch verständlich, wenn dein Partner in der Woche mal etwas mehr für die Hausarbeit macht als du. Egal ob du Mann oder Frau bist. Solange du das mit deinem Partner so abgesprochen hast. Und hey, wenn du ein 100% Arbeitspensum hast und deine Frau nur ein 60% Arbeitspensum, dann ist es auch fair, wenn deine Frau jede Woche etwas mehr im Haushalt macht.
Ich sage nicht, dass das so sein MUSS. Wenn das für euch ok ist, dann könnt ihr euch auch die Hausarbeit 50/50 teilen, auch wenn nicht beide ein 100% Arbeitspensum haben…
Dieses Beispiel ist einfach so eigenartig, weil ich nicht verstehe, warum er denkt, das habe was mit dem Feminismus zu tun. Entweder will er uns sagen, dass seine Frau das gleiche Arbeitspensum hat, aber immer wieder mehr für den Haushalt machen muss, was dann eher über ihn als PERSON etwas aussagt, als über ihn in seiner Rolle als Mann… oder er sagt uns, dass der Haushalt 50/50 geteilt sein muss, egal wer beruflich wie viel Zeit investieren muss, und das halte ich auch für keine vernünftige Grundregel… und alles hat mit dem Feminismus eher fern was zu tun.
Und wie @Lassic auch schon schreibt: Etwas gar wenig konkrete Lösungsansätze für den Mann im Alltag. Sein Schlusswort ist das einzige, was ich da sehen kann, und das ist eine Antwort auf den Text über den Creep der dreimal an einer Frau vorbeiläuft, um ihr auf die Titten zu starren:
Und unser Herr Palomar? Wie sollte er reagieren, wenn er früh um vier die frische Morgenluft genießend durch die leeren Straßen der Stadt schlendert, und ihm begegnet eine telefonierende Frau? Mach dich klein, Herr Palomar, halte Abstand, mach deutlich, dass du gerade nicht an ihren Busen denkst oder ihren Arsch. Sondern an ihr Gefühl, sicher zu sein, und dein Privileg, darüber bestimmen zu können.
Hier bin ich nicht sicher, ob er wirklich explizit über die Situation redet, welche er zu Beginn des Textes beschreibt oder ob er da diese Geschichte des Herr Palomar als Analogie für den Mann im Alltag brauchen will, aber so oder so:
„Mach dich klein?“
Was genau heisst das? Für das Konkrete Beispiel im Text ist das eine dumme Idee, denn nicht nur hast du keine Verpflichtung dich „klein zu machen“, wenn du eine Frau oben ohne sonnenbaden siehst (vermutlich würdest du nur noch bekloppter rüberkommen als es der Typ im Text eh schon tut), wenn man die Geschichte symbolisch sehen will für mögliche Konfliktbereiche im Alltag, dann weiss ich nicht, was es praktisch heisst, sich „klein zu machen“, und je nach Auslegung halte ich es auch für eine sehr, sehr negative Message für Männer, welche mehr Schaden anrichtet als Gutes tut.
Und „mach deutlich, dass du gerade nicht an ihren Busen denkst…“?
Ok, also… so wie er es beim ersten Durchlauf gemacht hat? Einfach nicht hinzugucken? Oder was?
Vor allem ist das Problem nicht, dass Herr Palomar im Text nicht an ihren Brüste denkt und nicht weiss, wie er das zeigen sollte (was eh schon wiedersprüchlich in sich wäre), sondern dass Herr Palomar im Text halt eben DOCH gerade an ihren Busen denkt… mit einer absolut ungesunden Besessenheit. Für mich, wenn ich den Text lese, stellt sich hier nicht die Frage, wie sich Herr Palomar „richtig“ verhalten sollte, sondern viel mehr die Tatsache, dass der gute Mann offenbar von nackten Brüsten derart abgelenkt ist und verunsichert wird, dass es ihn in eine Existenzkrise wirft. Was wohl eher ein Symptom des ungesunden Umgangs mit Sexualität in unserer Gesellschaft ist, als eine Frage darüber wie wir unsere Rolle als Mann zum Thema Sexismus zu verstehen haben.
Aber wie gesagt, ich habe Mühe hier etwas Konkretes und Sinnvolles aus dem Text zu holen und verstehe nicht genau, was die Aussage des Textes sein sollte, ausser: „Mir als Mann tut es leid, dass ihr Frauen in unserer Gesellschaft diese Nachteile haben, und Ich werde mich jetzt dafür schämen, weil ich halt ein Mann bin.“
Und ich sehe den Wert darin nicht.
Oder habe ich hier was übersehen? Was genau sollte die Aussage des Textes sonst sein?