Demokratie - Zum Scheitern verurteilt?

Elaborieren Sie :face_with_monocle:

Ich werf mal die Entstehung von Parteien, im allgemeinem, in den Raum,
fängt mit einer Vision an und endet meist mit "wollen eigentlich nur verwalten und andere bluten sehen :beannotsure: "

Genau das habe ich geschrieben. :roll_eyes:

Ich habe nicht umsonst neoliberaler Kapitalismus geschrieben, weil ich auch gar nicht so sicher bin ob Kapitalismus immer schlecht ist und ob alternative Funktionieren würden.
Nur die Neoliberale Ausprägung ist ein Modell was scheitern muss, das sagen ja selbst Ökonomen die nichts mit Kommunismus/Sozialismus am Hut haben. Er ist so aggressiv, auch im Bezug auf seine eigenen Akteure, das das auf Dauer gar nicht klappen kann. Siehe Elon Musk.

Und auch hier, wo haben ich das geschrieben?
Grundsätzliche Idee des Kommunismus/Sozialismus können auch in der Demokratie funktionieren, Chancen Gleichheit, Bekämpfung von Armut, der Arbeitnehmer rückt ins Zentrum, Verstaatlich von Versorgern der täglichen Bedürfnisse, Begrenzung von Mieteigentum. Für das alles braucht es keine diktatorischen Strukturen.

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Der Determinismus bei so einigen sozialistischen Ideologien ist sicher deren größte Schwäche. Allerdings konnte ein Marx die enorme Flexibilität, Anpassungsfähigkeit, Reformbarkeit und Zügelung des Kapitalismus wohl kaum voraussehen. Die Texte müssen immer im historischen Kontext gesehen werden. Da war Kinderarbeit noch normal …

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Man kann halt kurz vor den Wahlen immer vieles vergessen machen, was die letzten Jahre falsch lief, oder auch vieles falsch machen, was die letzten Jahre vergessen macht.
Wenn man allein an die letzte Wahl denkt, da war die CDU mit Laschett ja mal meilenweit vorne so 4 Monate vor der Wahl und dann nach der Wahl verlor man gegen jemanden, auf den niemand auch nur einen Pfifferling gesetzt hätte.

Gerade habe ich wieder das Gefühl einige Parteien setzen auf diese Karte oder vergessen, das Sonntagsfragen 6 Wochen vor der Wahl noch keine Garantie sind.

Dass nur die paar Wochen vor der Wahl wirklich zählen, gehört ja zu den komplexen Gründen, warum Wahlen heutzutage nicht wirklich als nötiges Korrektiv der Politik funktionieren.

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Wo wir wieder bei denkbaren Alternativen wären. Schaut man sich mal in anderen Ländern und auch historisch um sind die möglichen besseren Lösungen auch nicht wirklich nachahmenswert.

Dem hier auch schon mehrmals in ähnlicher Weise geäußerten Satz „Die Demokratie ist trotz allen Mängeln die beste der Regierungsformen“ kann ich nur eine alte Schachweisheit entgegenhalten: „Es langt nicht nur ein guter Schachspieler zu sein, man muss auch gut Schach spielen.“ Die Demokratie muss eben liefern. Und daran mangelt es meiner Meinung nach seit einiger Zeit. Ich teile nicht die Analyse, dass vor allem schlechte Kommunikation, verzerrte mediale Darstellung oder manipulative Einflüsse (von außen) die Hauptgründe sind.

Es gibt schon einige inhärente größere Systemschwächen:

  • Demokratie ist ziemlich langsam. Das ist zum Teil beabsichtigt, um keine Schnellschüsse zu produzieren. In der Praxis gibt es aber genug Fälle, wo man einfach nur eine elend lange Beabeitungszeit, gerne inklusive erheblicher Kostensteigerungen, beobachten kann. Beispiel: Quasi jedes große Bauprojekt. Digitalisierung.

  • Jedes Thema wird mehrmals bearbeitet. Ist gewollt, um Kontrolle zu garantieren, sorgt aber für Ressourcenverschwendung und Verzögerung. Beispiel: Ein Ministerium erarbeitet einen Gezetzesentwurf für die Regierung. Darauf will die Opposition reagieren, stellt also eine parlamentarische Anfrage, deren Beantwortung vom Ministerium erarbeitet werden muss. Die Medien werden auf das Thema aufmerksam und stellen Anfragen und Interviewwünsche an das Ministerium.

  • Informationen werden sehr offen kommuniziert. Meistens ist das gut, manchmal jedoch schlecht. Beispiel: Selbst der größte Sesselfurzer im russischen Verteidigungsministerium wird wohl jedwede halbjährliche Diskussion mitbekommen haben, bevor Deutschland ein Waffensystem dann geliefert hat.

  • Politiker und Parteien wollen vor allem Wahlen gewinnen. Damit einher geht eine Abhängigkeit von Medien. Das führt zu kurzfristigerem Denken, da Medien „schnell drehen“. Zudem befinden wir uns meiner Meinung nach mehr und mehr in einem Zustand des permanten Wahlkampfes. Es gibt eben nicht den Rhythmus 3,5 Jahre normal arbeiten und dann ein halbes Jahr Wahlkampf. Sondern irgendwo ist immer eine Wahl, die einen zumindest zum Teil betrifft. Bund, Europa, Bundesland, Nachbarbundesland, entferntes Bundesland indem es der eigenen Partei schlecht geht, Kommune. Umfragen werden ohnehin wöchentlich bis täglich erhoben. Daher werden Probleme nicht hinsichtlich einer langfristigen Lösung bearbeitet, sondern nach kurzfristiger positiver medialer Aufmerksamkeit.

  • Direkt daran anknüpfend: Themen, bei denen nicht ein erheblicher medialer Druck oder Druck durch eine konkurrierende Partei entsteht, werden oft sehr stiefmütterlich behandelt. Ich bin kein Fan der Piratenpartei, aber deren Abstieg in die Bedeutungslosigkeit hat meiner Meinung nach dazu beigetragen, dass die verwantwortlichen Politiker beim Thema Digitalisierung nicht alles stehen und liegen lassen, um da Erfolge vorzuweisen.

  • Harte Entschiedungen werden vermieden. Ergibt sich aus der Tatsache, dass man keine Wähler vergraulen möchte. Beispiel: Lieber Rentenpaket 3000 als harte Reform, obwohl jedem relativ klar ist, dass es mit der Demografie nicht in Einklang zu bringen ist.

  • Folgendes hat nichts direkt mit Demokratie zu tun, ist aber ein wichtiger Punkt, der noch nicht genannt wurde: Der Nationalstaats hat nur eine begrenzte Macht. Manche Probleme und Krisen (Kriege, Pandemie, Klima) kommen aber überstaatlich daher. Die überstaatlichen Institutionen funktionieren meiner Meinung nach nicht gut genug (etwa Uno, EU), sind aber schon so ziemlich am Maximum, was man überhaupt rausholen kann (eine Uno, die gut funktioniert halte ich für reine Utopie, weil die großen Player zu verfeindet sind).

  • Zurück zum Ausgangspunkt, die beste der Regierungsformen müsste eben auch die beste bleiben wollen und dazu gehören manchmal auch Veränderungen und Reformen. Gerade da scheint mir aber die Demokratie auch ein gewaltiges Problem zu haben. Ein Vorhaben wie die Wahlrechtsreform ist ein Riesenhickhack, obwohl das ja eine einfache Sache des Parlaments sein wollte, wo man quasi auf niemanden angewiesen ist. Keine Baufirma, die ranklotzen müsste, keine Soldaten, die ihr Leben riskieren müssten, keine Zivilgesellschaft, die das verinnerlichen und tagtäglich leben müsste. Und trotzdem gab es ein jahrelanges hin und her, weil jeder auf seinen eigenen Vorteil giert. Deshalb gab es ja zuvor die sorglos Komfortlösung mit Überhang- und Ausgleichsmandaten, damit keine Partei zurückstecken muss.

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Demokratie dient der Konsensbildung und lädt allein dazu schon ein ein anderes Weltbild einzubringen und um zu streiten, wessen Gedankenkonstrukt das bessere ist (was jetzt an sich auch nichts schlechtes sein muss, es vereinfacht ggf. nur die Dinge nicht).

Um die Gamer-Analogie einzubringen, bei „gesamtgesellschaftliche Vision“ denke ich an sowie wie die Tau aus Warhammer 40.000 und ihrem Höheren Wohl (und das dort auch nur halbwegs klappt dank einer Art Massenhypnose :beanlul: ).

Ich stimme aber mit dir überein, dass Parteien ein Frustfaktor sind und das auch auf unterschiedliche Art und Weise.

Das grösste Problem in meinen Augen:

Es liegt in der Natur eines Politikers, dass er wiedergewählt werden will. Da es seine Existenz ausmacht. Darum werden halt dafür die Chancen maximiert.
Heisst es geht viel zu selten um echte Lösungen oder langfristige Entwicklungen, sondern eigentlich nur darum, sich so gut es geht zu verkaufen. Wie schon von anderen hier angemerkt wurde, es herrscht praktisch durchgehend Wahlkampf.

Jetzt kann mir doch keiner ernsthaft sagen wollen, dies sei das bestmögliche System?

Singapur ist nicht wirklich eine lupenreine Demokratie trotz Wahlen sondern eine gemäßigte Autokratie - und mit dem Konzept ist man zu einem der reichsten Länder der Welt geworden. Meinungs-, Versammlungs- sowie Vereinigungsfreiheit sind eingeschränkt und auch das mit der Pressefreiheit ist ausbaufähig.

Ich kann mir trotzdem vorstellen, dass viele Leute diesen Deal eingehen würden: Gewisse Freiheiten aufgeben (die einen Großteil der Menschen sowieso nicht direkt tangieren) und dafür Wohlstand, Sicherheit, (sozialen) Frieden, Jobs, gute Bildung usw. zu bekommen. Mit einer Regierung, die dauerhaft an der Macht ist und das ganze professionell managt und einen guten langfristigen Plan hat.

Ich nehme das in sozialistisch/kommunistisch :kappa:

Bis dann mal der falsche Führer am Start ist und alles den Bach runtergeht. Kann man sich ja an so Leuten wie Caesar anschauen.

Das Problem mit den Autokratien, so verführerisch auch die Vorstellung einer gutherzigen, wohlmeinenden, dem Wohl der Bürger:innen verpflichteten Regierung, König, Diktatur, Expertokratie etc. auch sein mag, tritt dann ein, wenn man zu einer diskriminierten Minderheit gehört und/oder wenn diese gutherzigen, wohlmeinenden, dem Wohl der Bürger:innen verpflichteten Regierung (usw.) sich als doch gar nicht mehr so gutherzig, wohlmeinend, dem Wohl der Bürger:innen verpflichtet entpuppt.

Dass Regierungen in einer Demokratie vom Volk (!) abgewählt werden können ist DAS Feature.

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Da gibt’s ja durchaus Modelle, die das Problem eingrenzen sollen:
Z.B. begrenzte Amtszeiten oder Verweildauer in Parlamenten, Losverfahren für Parlamente (auch nur zum Teil, also Teils gelost, teils gewählt), Bürger:innen-Räte.
Das ist nur das, was mir spontan einfällt.

Die Gestaltung einer Demokratie ist nicht in Stein gemeißelt.

Ein Problem ist, dass diejenigen, die darüber entscheiden, dass Macht anders verteilt werden soll, ihre eigene Macht dann beschneiden oder zum Teil abgeben müssen. Und da braucht es dann eben außerparlamentarischen Druck. Und außerparlamentarischen Druck können sich gewählte Regierungen nicht so einfach entziehen, weil sie ja gewählt werden wollen. Auch das ist nicht nur Nachteil, sondern auch Vorteil, weil es so auch außerparlamentarische Machtteilhabe ermöglicht.
Ein weiteres Problem ist, dass es nicht einfach mit Bürger:innen-Räten oder Losverfahren getan ist. Auch dort wird dann schnell Lobby-Druck entstehen und stellen sich Fragen, welche Gruppen überhaupt an Losverfahren oder Räten o.ä. teilnehmen dürfen.

Kurz: Die Frage nach der bestmöglichen Staatsform ist die Frage danach, wie wir macht verteilen wollen? Auf wenige bis hin zu einer Person? Oder auf viele? Wollen wir Teilhabe an Macht ermöglichen? Wenn ja, für wen und wie? usw. usf.
Die grundsätzliche Idee der Demokratie, Macht zu verteilen, zu überwachen, Teilhabe zu ermöglichen und v.a. auch Macht wieder entziehen zu können, ist für mich jedenfalls alternativlos.
Ich glaube, es herrscht keine Demokratiemüdigkeit oder -verdrossenheit, sondern vielmehr eine Politik- und Institutionsmüdigkeit oder -verdrossenheit. Und das hat stark mit den handelnden Personen und Strukturen im laufenden Politikbetrieb und aller an der öffentlichen politischen Willensbildung Beteiligten und gesellschaftlichen Strukturen zu tun, also auch Medienlandschaft bspw., aber auch bspw. Gewerkschaften, wie ist die Begegnung auf kommunaler Ebene, was leisten Institutionen ganz konkret in der jeweiligen unmittelbaren Erfahrung usw.
Das liegt aber nicht an der Demokratie an sich. Diese Dinge ändern sich nicht zwangsweise mit einer anderen Regierungsform. Auf die Ausgestaltung kommt es an. Und das geht eben in einer Demokratie ALLE an. Das ist unbequem, nervig, kostet Zeit, Energie, muss man sich leisten können usw. - alles wahr.

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Das nächste Problem, viele interessieren sich absolut nicht dafür aus unterschiedlichsten Gründen.

Wie viele Menschen ich schon kennen gelernt habe die nicht mal wussten wer ihr Bürgermeister, Kanzler, Präsident ist.

Und wie oft ich schon gehört habe *ich wähle was in der Familie immer gewählt wurde

ich wähle was meine Partnerin mir sagt

ich schau am weg zur Wahl welches Plakat mir am besten gefällt

Ich hätt ihn soooo gern als Schwiegersohn! (Nein, kein Scherz)

Ich glaube auch dass es ein wohlstandsproblem ist zum Teil. Oder war welches jetzt unkippt und den Faschisten in die Arme spielt.

Das ist - strukturell - ein Problem der politischen Bildung, Möglichkeiten der politischen Teilhabe und Selbstwirksamkeitserwartung.
Da gibt’s durchaus Ansatzpunkte, wo etwas getan werden könnte.
Damit will ich niemanden aus der persönlichen Verantwortung entlassen. Aber meine Perspektive ist auf das Strukturelle gerichtet und das lässt sich mMn leichter verändern als jedes einzelne Individuum.

Weiß man eigentlich wie es in Ländern mit einer wahlpflicht läuft? Also ob die genau so anfällig für rechtsextreme propaganda sind oder mehr/weniger?