Der seriöse Umfrage-Thread XXI

Meinst du damit, ob man ein KZ besucht hat, nachdem man die Schule verlassen hat oder ob man eins unabhängig vom Schulunterricht besucht hat?

hatte ich auch vermutet, weil es bei uns in der Schule zumindest so schien, als sei das vorgeschrieben.
Als ich dann später im beruflichen Zusammenhang mit Kollegen war, war ich auch erstaunt, dass da die wenigsten als Schüler schonmal waren…

Meine ob man unabhängig von der Schule eines besucht hat.

Okay, dann ja.

Mit einer Ex zusammen hatten wir den Plan einer Reise von KZ zu KZ. Wir hatten uns verschiedene Routen überlegt. Für mich hatte die Idee, die KZs ganz reiseunökonomisch, alphabetisch abzufahren den größten Reiz. Das wurde dann nix, weil die Beziehung zu ende ging und man sich dann aus den Augen verloren hatte.
Ich war bisher nur in Mauthausen und das war mit der Schule. Am schlimmsten an dem Besuch empfand ich die Mitschüler und anderen Besucher, die Leberkäsesemmel, ihre Jause essend auf der Todesstiege oder vor den Barracken gesessen sind. Zum Glück war das damals mit den Smartphones noch keine Sache, ich mag mir die Fotos, die damals entstanden wären, nicht ausmalen.

Ich bin tatsächlich mittlerweile garnicht mehr so überzeugt davon, einen KZ Besuch zum Pflichtprogramm zu machen und hab sogar einen „Hot Take“ bzw die leise Vermutung, dass die Gedenkkultur in der Form, weniger die Vergangenheit greifbar macht, als dass sie sie eher Musealisiert, sogar vielleicht mehr zu einem Distanzgefühl beiträgt und in ein verstaubtes Regal stellt.
Vorsicht, jetzt wirds sehr Polemisch:
Da kann sich kopfschüttelnd auf die Schulter klopfen „Schrecklich war das, da schau! Und die kleinen Schuhe! Fürchterlich! Zum Glück sind wir nicht so und sehen, dass das schlimm ist! Wie war denn sowas überhaupt möglich? Unbegreiflich!
Wir sind nicht so, wir schauen nicht weg - zumindest solange es uns in einem musealen Kontext begegnet. Da kann das Schlimme benannt werden!
So, jetzt haben wir das auch gesehen, das für furchtbar befunden, unseren Teil gemacht und können das wegsperren und weitergehen.“

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ich würde dir hier bei Vielem zustimmen…

…vielleicht liegt es auch daran, dass man als Schüler -auch in den höheren Klassen- einfach noch zu jung ist. Da entstehen dann solche Situationen, wie du sie beschreibst zwangsläufig, weil man noch kein Gespür für angemessene Pietät hat, in so jungen Lebensjahren.

Ja, mag sein.
Vielleicht auch aus der jugendlichen Unsicherheit heraus, wie man mit sowas umgehen soll…

Aber…

Das denk ich nicht.
Zumindest lässt sich imo das Unterbewusstsein nicht so cool und rational mit dem jugendlichen Habitus überlisten.
Und während man einerseits während des Aufenthalts mit überernster und betroffener Mine durch die Gedenkstätte schreitet - und dann andererseits auf der Heimfahrt im Bus wieder lachend und feixend den unterrichtsfreien Tag feiert…
…haben sich doch die Schwere und Last der gesammelten Eindrücke irgendwo im Hinterkopf eingenistet… …und verbleiben dort.

Denke, daher ist’s schon sinnvoll, das auch künftigen Generationen zu zeigen.
Eine filmische Dokumentation oder Bildquellen sind da imo für Schüler weitaus weniger eindrücklich… …das war ja in Hostel III viel krasser…

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Also bei uns hat sich damals niemand daneben benommen. Kommt wohl auch stark auf die Vorbereitung und die Lehrkraft an.
Wer außerhalb der Schulzeit hingeht, wird sich mit dem Thema in der Regel auch schon genug beschäftigt haben, um da nicht wie ein Trampeltier durchzulatschen.
Manche blöde Leute, die meinen, das wie einen Besuch im Freizeitpark zu handhaben und komische Selfies oder sonst was zu machen, wird’s generell wohl immer geben…

Wenn du das schaffst, hast du bereits wen erreicht.

Ich war in der Jugend der Meinung, solche Besuche seien nicht mehr notwendig, weil es so offensichtlich schrecklich ist. Niemand muss daran erinnert werden. Ich lag damit aber vollkommen falsch, weil Leute es lieben zu verdrängen und zu vergessen, Irgendwann ist zudem der Punkt erreicht, wo Vergangenheit für weitere Generationen nicht mehr begreifbar ist, sondern nur noch per "Buch"wissen.

Wie ich zu dem Fazit kam? Als ich auf einer Uniexkursion eine alte Synagoge in Prag besucht habe. Es ging darum, dass wir uns vor allem die Architektur ansehen sollten. Diese Synagoge war jedoch als Gedächtnisort konzipiert, heißt konkret: Alle (!) Namen der ermordeten Juden des Bezirks (oder Stadt, weiß das nicht mehr genau) wurden auf jede einzelne Wand, auf 2 Etagen fortlaufend mit Goldschrift aufgeschrieben. Diese Wände hatten keine freie Fläche mehr. Einige mussten beim Lesen weinen und sind irgendwann rausgegangen, weil es nicht zu ertragen war. Ich bin mit raus, weil ich u.a. die Kommentare anderer Mitstudierender echt ekelhaft fand: Lachend machen sie sich über die Leute lustig, die weinten.

Da habe ich erst richtig begriffen, wie wichtig es nach wie vor ist, dieses Ereignis in der Art und Weise zur darzustellen. Es darf auf gar keinen Fall vergessen werden, was passiert ist und hinter jeder Todeszahl Menschen stehen.

Was es nicht sein sollte, ist eine bloße Touristentour mit lustigen Fotos.

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Das ist individuell wohl sehr verschieden. Ich kann für mich sagen, dass mich Dokumentationen, Filme und speziell die Recherche in echten Aufzeichnungen (Inventar, Buchhaltung, Auflistungen, etc.) deutlich mehr „beeindruckt“ haben, als die Besuche, die immer sehr distanziert gewirkt und eher musealen Charakter hatten - mich fast immer langweilten und trotzdem auch interessant waren. Es wirkte auf mich immer wie eine technische Ausstellung ohne emotionale Anknüpfungspunkte.

Und dann gibt es die Menschen, die vor Ort zusammenbrechen und denen es erstmals wirklich bewusst wird, zu was wir Menschen fähig sind.

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Ich glaube da ist wirklich jeder anders.

Mich treffen reale Orte wirklich sehr und ich bin sofort in der Gedankenwelt, das ist hier Wirklichkeit. An dieser Stelle hier passierten diese Dinge, die Sachen die da liegen haben einer Person gehört.

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Darf man fragen wieso? Bei dir klingt das irgendwie nach romantischem Roadtrip.

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Wir haben uns damals, muss so im 2. oder 3. Studienjahr gewesen sein, also um 2007/08 herum ziemlich intensiv mit dem dritten Reich und dem Holocaust auseinandergesetzt und uns dann eines Abends, bei der Überlegung wohin man denn gemeinsam sollte, wenn man im September 3 Wochen frei hätte. Da kamen Vorschläge wie Lissabon, Riga, Tallin, Island, irgendwelche Griechische Inseln oder das Donaudelta, Istanbul und St. Petersburg zu deutschen Städten, von denen man mal gehört hatte, die uns aber als eher abwegig und vermeintlich besonders fade erschienen, wie Emden, Detmold und Zittau und irgendwann kamen wir auf die Idee mit den Konzetrationslagern.
Wir hielten das für eine fantastische Idee und haben recht enthousiastisch gemeinsam, möglicherweise etwas naiv und infantil herumgesponnen und uns verschiedene Routen überlegt, wie man das am besten angeht - auch inhaltlich. Alberne Kunststudenten halt.
Irgendwie schade, dass wir das am Ende nicht gemacht haben, das wäre sicher ne erzählenswerte Geschichte und Erinnerung gewesen. Heute würde ich das in der Form wohl nicht wahrscheinlich mehr machen.

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Da kann ich dich bei Zeiten gerne vom Gegenteil überzeugen.

Ich kann mir auch gut vorstellen, dass wegen fehlenden Bezug, solche Gedenkstätten nichts auslösen,
wir hatten in der Schule nur Kirchen und Burgen besucht und da war jedes „Hier hat man Ketzer ermordet usw“ auch nur ein „joar war halt ne andere Zeit“ wert

Haha ja, wie gesagt, das mit den faden Städten war so eine reine Gefühlsgeschichte, informiert haben wir uns nicht, was es wo geben könnte. Eben Namen, die man schonmal gehört hatte, aber die sich nicht besonders aufregend anhören.
Alles war uns damals lieber als die großen, klingenden Namen, allen voran Berlin haha.

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Theater, Museum, Schloß, Altstadt, Hermann. Alles was man braucht.

detmold-landestheater




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Ich sehe Hermann, ich kontere mit Traiskirchner Geldscheißer

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Krieg PTSD wenn ich das Hermannsdenkmal sehe :smiley: Unsere Klasse war damals nicht in irgendeinem KZ (wäre mit Grundschülern sicher ein riesen Spaß) sondern auf dem Teil. Da oben (ich weiß nicht mal mehr genau wo „da oben“ war, die krone? iwo kann man da hoch und dann da langlaufen) hab ich dann festgestellt, dass ich offenbar sehr sehr starke Höhenangst habe.

KZ wäre mir damals definitiv lieber gewesen. Auch ein Satz von dem ich nicht gedacht hätte, dass ich ihn so mal formuliere :smiley:

Dagegen hab ich keine Chance

Beim schnellen durchscrollen dachte ich bei dem drachenbild da treibens zwei tiere miteinander :beanlul: