Klar geht das. Nur dann ziehe ich wieder in die Stadt, wie auch die Hälfte meiner Bekannten. Wir können aber halt alle die Mietpreise in München oder Stuttgart zahlen, weshalb die Preise für den Lebensunterhalt alle steigen werden und dann auch wieder gemeckert wird.
Wir hatten die Diskussion ja schon häufiger. Hier auf dem Land bräuchte ich um 30 Kilometer weit in die nächste Kleinstadt zu kommen mit dem Bus samt Umstieg fast zwei Stunden, und dann muss ich noch Glück haben, dass der Bus, der drei Mal am Tag fährt, auch zu meinen Arbeitszeiten fährt. Ich hätte kein Problem damit den Bus zu nehmen, wenn er einmal die Stunde fährt, und nur eine halbe Stunde braucht. Aber das ist einfach undenkbar, vor allem wenn ein One Way Ticket auch noch fast 20 Euro kostet.
Es bringt also nichts über den Ist-Zustand zu diskutieren, gerade nicht vom hohen Ross herab, so lange dieses strukturelle Problem nicht angegangen wird, kann kaum eine Person die pendelt, dies auch mit ihrem Leben vereinbaren.
Da bin ich voll dabei. Mir ist auch klar, dass sich kein Mensch bei klarem Verstand davon überzeugen lassen wird, ab morgen zwei Stunden pro Weg den ÖPNV einzulegen und würde das entsprechend auch von niemandem erwarten.
Was ich erwarte, ist die Anerkennung der Tatsache, dass man sich einen autozentrierten Lebensstil, jedenfalls in unserem Land, selbst aussucht und die Spritpreise Teil dieses Deals sind. Die viel zitierten Mieten und erhöhten Lebenshaltungskosten in der Stadt trägt man schließlich auch selbst. (Mit gewissen Ausnahmen, die ich zum Großteil auch kritisch sehe.) Das ist kein hohes Ross, das ist eine selbstverständliche Erwartungshaltung an Erwachsene.
Das ist auch bei mir leider das Problem mit dem Unterschied, dass die Zugverbindung generell perfekt wäre - ich wäre sogar schneller an meinem Arbeitsplatz.
Aber die Preisgestaltung der Bahn ist für Übergangstarife so beschissen, dass ich für ein Monatsticket mehr bezahlen würde als für den Sprit den ich verbrauche und auch noch wesentlich unflexibler bin weil ich nur 3 Stationen weit fahren kann.
So langsam müsste ich aber dann doch mal rechnen - bei über 2 Euro den Liter kommts langsam aufs gleiche hinaus.
Dass die Kosten jener Entscheidungen (nicht mal unbedingt nur finanziell) unfreiwillig umverteilt werden, ist ja auch mein großes Problem mit der Sache.
Also ich habe für die Gesamtkosten eines kleinen gebrauchten BMW über 7 Jahre Nutzung auf das Jahr runtergerechnet mehr bezahlt als für eine BahnCard100 (die auch ÖPNV in 120 Städten abdeckt). Das fand ich erschreckend.
Du hast ein ziemlich engstirniges Weltbild, um das einmal deutlich zu sagen.
Die allermeisten, mich eingeschlossen, können sich nicht aussuchen wo sie arbeiten möchten. Als ich damals auf Jobsuche war, bin ich mehr oder weniger glücklich auf das heutige Unternehmen gestoßen und eingestellt worden. Wie für die allermeisten fängt dann das Rechnen an, inwiefern man sich die Mieten in der gewählten Stadt leisten kann.
Meine Lebensumstände, auch weil ich hier Familie habe, lassen nichts anderes zu. Öffentliche Verkehrsmittel kosten zu viel Zeit, die Mieten am Unternehmensstandort sind viel zu teuer, also habe ich gar keine andere Wahl als Auto zu fahren. Die Lebenszeit, die bei den Fahrten draufgeht, die findet niemand geil.
Immerhin sind ja „Benzinpreise sind Teil des Deals“. Ich kann ja wohl schlecht bei den volatilen Preisen jedes Mal mein Lebensmodell überdenken, und durchrechnen was lukrativer wäre. Einmal abgesehen davon, dass man aus den allermeisten Verträgen überhaupt nicht kurzfristig rauskommt. Geschweige denn, dass man kurzfristig an eine Wohnung kommt.
Wenn jetzt die Benzinpreise steigen, wie übrigens viele andere Kosten auch, dann rege ich mich nicht darüber auf, dass diese per se steigen, sondern dass ich mir anschauen muss was mir von meinem Lohn übrig bleibt. Wenn das zu dem Punkt führt, dass das Auto zu teuer wird, ja dann bleiben mir nicht mehr viele Optionen.
Ich kann auf eine Lohnerhöhung hoffen, oder den Job aufgeben weil ich mir das Pendeln nicht mehr leisten kann. Deswegen halte ich deine Sichtweise für ziemlich arrogant, als wäre das alles ja total einfach und klar. Wenn du dafür kein Verständnis aufbringen kannst, dann tust du mir echt leid. Da helfen mir auch keine Diskussionen auf der sogenannten Metaebene.
Nö, kann ich kein Verständnis für aufbringen. Dass muss dir aber nicht Leid tun, ich bin ganz froh dafür ein Minimum an Kontrolle über mein eigenes Leben zu haben (allerdings nicht so sehr, dass ich mir kurzfristig Wohnung und Job aussuchen kann, bevor der Eindruck entsteht).
Das kommt mir gerade in diesen Zeiten nicht immer so vor, aber nach diesem Exkurs ist mir bewusst, wie privilegiert ich immer noch sein muss.
Dann hoffe ich für dich, dass du nie in so eine Situation kommst.
Ich schätze, dass es den allermeisten Menschen genauso gehen wird wie mir, und ich empfinde solche Äußerungen ehrlich gesagt als wenig empathisch. Vielleicht ändert sich deine Meinung wenn du mal selbst in so einer Situation steckst. Nicht jeder kann es sich leisten aus diesem System auszubrechen, sondern es geht oft darum sich den Umständen entsprechend anzupassen.
Wenn man inhaltlich nicht mehr viel zu bieten hat, dann pickt man sich eben einzelne Zeilen aus einem größeren Beitrag heraus, um den Eindruck zu erwecken sein Gegenüber würde vor allem die persönliche Schiene fahren.
Das ist dann das letzte Mittel um noch irgendwie die Deutungshoheit zu gewinnen wenn die eigene Argumentation schwächelt, bzw. wenn sie denn überhaupt vorhanden ist.
Die Provokationen meines Gegenübers werden dann wohlwollend ausgeblendet, ganz stark!
Ohne jetzt in die Meta-Diskussion einsteigen zu wollen, aber was ist es denn außer der persönlichen Schiene, wenn du mit „Du hast ein ziemlich engstirniges Weltbild“ einsteigst und dann mit deiner persönlichen Situation argumentierst?
Wie kann es sein dass man kein Verständnis aufbringen kann für „wenn ich dahin ziehe wo der job ist, lohnt sich der job nicht mehr weil wohnungen dort zu teuer“
Das ist doch quasi echt 1+1=2 ??
Vom Thema Familie und co ganz zu schweigen, was ja auch offensichtlcih sein sollte
UO: anstatt uns in social media gegenseitig anzukacken und mit dem finger auf einzelne individuen zu zeigen, sollten wir die politik (und medien) adressieren und unter druck setzen, den lange, lange verschlafenen strukturwandel, die dringend benötigten investitionen und die vorgebenen normen wie soziale gerechtigkeit, emanzipation, solidarität, teilhabe etc. umzusetzen und voranzutreiben.
Das war nicht der Satz, auf den sich das bezog.
Abgesehen davon, dass ich mich dann frage, wie es sein kann dass sich der Job lohnt, wenn man davon ein eigenes Auto und die täglichen Spritkosten unterhalten muss. Oder ist das nicht eingerechnet, dass man bei einem hypothetischen Umzug näher zum Job aufs Auto verzichtet?
Oder halt für bezahlbare Spritpreise, weil es geht ja nicht anders, wie soll man kurzfristig Emanzipation vorantreiben?
das ist doch Bullshit, alleine die Formulierung „autozentrierten Lebensstil aussuchen“ klingt danach als würde man sich danach richten ein Auto zu haben. Der Besitz und Gebrauch des KFZ ist doch eher das Resultat aus den von @anon13321949 genannten Gründen wie Ländlicher Wohnraum, Familie, Mietpreise, Arbeitsmarkt und Arbeitsort. Ich lebe ja nicht so weil ich ein Auto haben will sondern habe das Auto weil ich eben darauf angewiesen bin. Das sind doch zwei komplett verschiedene paar Schuhe