Westworld (Season 3):
Nach der zweiten Staffel war ich etwas enttäuscht. Ich war der Ansicht, dass es sich anfühlte als habe man nie geplant die Serie fortzusetzen, aber hat es dann aus finanziellen Gründen gemacht, weil es halt eine beliebte Serie war. In der zweiten Staffel verbringt man fast die ganze Zeit immer noch im Park, immer noch im “Westworld”-Setting und man kreierte alle möglichen Ausreden, warum man immer noch mit den gleichen Charakteren abhängt. Es fühlte sich an, als ob man dem “Westworld”-Franchise nicht zugetraut hätte, sich von gewissen Elementen und Charakteren zu trennen, ohne halt “Westworld” als Marke zu verlieren. Und das Ende schien das nochmals zu bestätigen, wo man fast alle Charaktere nochmals “zurückholte”, um dem Zuschauer zu garantieren, dass in Staffel 3 alles beim Alten bleiben würde.
Zum Glück ist das überhaupt nicht der Fall.
Die dritte Staffel bricht völlig mit den Elementen der ersten zwei Staffeln und entfernt sich fast vollständig vom Park-Setting. Man verlässt “Westworld” und kommt raus in die reale Welt. Und die Story dreht sich jetzt darum, wie die Hosts in der Welt draussen überleben und was ihre weiteren Pläne für die Zukunft ist. Zusätzlich lernt man die Realität besser kennen und sieht, wie sich die menschliche Gesellschaft entwickelt hat.
Und ehrlich, all das gefällt mir extrem gut!
Die Welt kommt für mich sehr glaubwürdig rüber. Die Städte, die Strassen und die Gebäude sind hervorragend umgesetzt. Die Welt wirkt wirklich wie eine weiterentwickelte Version unserer echten Welt. Viele SciFi-Geschichten zeigen dir Welten, welche nicht wirklich aussehen, als seien sie wirklich aus “unserer” Welt herausgewachsen, sondern seien von Grund auf “futuristisch” designt. Die Welt in “Westworld” hingegen sieht in vielen Belangen gleich aus wie unsere, ist aber dennoch klar anders und voller Technologie, welche auf reale Städte und Häuser und Autos draufgesteckt wurden. Das finde ich echt gelungen!
Der Plot verzichtet dieses Mal darauf, überkompliziert konstruiert zu sein. Auch das schien in der zweiten Staffel nur so gemacht worden zu sein, weil die erste Staffel nicht immer geradelinig erklärt wurde. Die dritte Staffel läuft jetzt hingegen sehr konventionell, sehr geradelinig und scheint darauf fokusiert zu sein, der Story einfach ihren eigenen Lauf zu lassen, anstatt zu versuchen dem Zuschauer einen Twist nach dem anderen reinzuwürgen.
Und wie gesagt, mir gefällt das alles extrem gut und ich bin froh, dass man sich getraut hat, die Geschichte fortzusetzen, anstatt einfach für eine weitere Staffel an der Stelle zu treten.
Mit all diesen Änderungen kommen jedoch auch Probleme.
Zum einen ist der Schwerpunkt der Serie völlig verschoben worden.
Die erste Staffel (und die zweite zu einem gewissen Grade) war nicht Plot-getrieben. Ja, sie hatte einen Plot, einen extrem guten sogar, aber dieser war nicht sehr kompliziert oder etwas, was 10 Folgen gebraucht hätte um erzählt zu werden.
Der Fokus zu Beginn der Serie waren die Charaktere. Man verbrachte so viel Zeit mit all den Personen im Park und erlebte, was sie erlebten durch ihre Augen, dass die 10 Folgen absolut gerechtfertigt und gut genutzt waren. Denn darum ging es: Um die Charaktere, nicht um die Geschichte (auch wenn, wie gesagt, die Geschichte eine Stärke der ersten Staffel ist).
Die dritte Staffel ist jetzt definitiv Plot-getrieben. Die Charaktere werden nicht mehr sehr tiefgründig betrachtet und werden ziemlich reduziert dargestellt. Der Plot dient nicht mehr dazu die Charaktere zu zeigen, die Charaktere dienen dazu den Plot zu erzählen.
Und das für sich ist kein Problem. Unterschiedliche Geschichten haben unterschiedliche Schwerpunkte. Und mich störte dieser Wechsel in Gewichtung überhaupt nicht. Aber ich kann absolut verstehen, warum es Zuschauern welche sich mehr “Staffel 1” gewünscht hatten dies nicht mögen.
Wo es für mich anfing zu happern war der extreme Wechsel zu “Action”.
Ich bin nicht ganz sicher, wer die Idee hatte aus “Westworld” plötzlich ein Actionspektakel mit Kung-Fu- und Anime-Ninja-Fighting zu machen, aber für mich sitzt das überhaupt nicht richtig. Zudem scheinen viele dieser Actionsszenen nicht mal wirklich eine Rolle zu spielen für die Story. Man scheint einfach Zeit damit zu vertreiben, weil es halt “cool” ist. Für mich waren diese Momente aber oft die langweiligsten, wo ich anfing mein Handy rauszuholen um mich schnell mit etwas anderem zu beschäftigen. Lustigerweise scheint diese Staffel trotz reduzierter Anzahl Episoden die Staffel der Serie zu sein, welche am meisten Leerlauf hat, wo praktisch nichts passiert.
Die letzte Folge verschwendet eine Menge Zeit mit unnötiger Action, aber am extremsten ist die Folge, wo Delores die Kontrolle über das “System” übernimmt und Caleb unter Drogen steht, welche ihm die Welt in unterschiedlichen “Filmgenres” zeigt.
Keine Ahnung, was die Hälfte dieser Folge sollte. Die Folge würde nichts (ausser vermutlich 20+ Minuten Laufzeit) verlieren, wenn Caleb nicht unter Drogen stehen würde und der Plan ohne Verfolgungsjagd ablaufen würde.
Nicht zu vergessen, einer der Charaktere welcher schon in der letzten Staffel unnötig gewesen war (Ed Harris’ “Man in Black”/William) ist in dieser Staffel nochmals eine Stufe unnötiger. Schneide diesen Charakter raus, und du verlierst praktisch nichts inhaltlich wichtiges. Und so wie man diesen Charakter weitergezogen hat zeigt auch etwas, was ich am Ende der letzten Staffel befürchtet hatte: Mit diesem Charakter hatte man offenbar keinen wirklichen Plan und man zog ihn einfach weiter, weil er halt ins Franchise gehört. Mit solchen Dingen sollte man aufhören.
Insgesamt könnte man diese Staffel vermutlich in 6 Folgen oder so erzählen, wenn man nur etwas fokusierter gewesen wäre. Und wenn man sie auf 8 Folgen halten will, dann hätte man diese Zeit in mehr Charakterentwicklung investieren sollen.
Alles in allem gefällt mir diese Staffel wesentlich besser als die vorherige. Denn man hat sich getraut, die Geschichte wirklich weiter zu erzählen. Und das Ende zeigt, dass man offenbar auch in der nächsten Staffel massive Schritte machen will. Bernards Ende deutet schon sehr, sehr stark darauf hin, worum es in der nächsten Staffel gehen wird und worauf die ganze Serie unter Umständen hinbauen könnte. Und ehrlich gesagt, das mag ich. Denn jetzt wirkt es immerhin wieder ein bisschen so, als habe man mit der Serie ein wirkliches Ziel vor Augen und streckt sie nicht einfach, weil sie halt Geld macht. Nach der zweiten Staffel dachte ich, dass die Serie nichts damit gewinnt, dass man sie nach der ersten Staffel nicht beendet hatte. Nach der dritten Staffel sehe ich wenigstens wieder, dass man mit der Serie etwas konstruktives vor hat.
Fazit: Etwas viel Leerlauf für die kürzeste Staffel der Serie. Und ein klarer Wechsel bezüglich grundlegender Philosophie. Mir hat sie dennoch gefallen und ich halte diese Staffel wieder für eine Schritt vorwärts für die Serie.