Carnival Row (Season 2):
Muss sagen, bin etwas enttäuscht. Da hätte man mehr daraus machen können.
Die Serie wirkt irgendwie, als habe man plötzlich mehr Mittel gehabt… und dann irgendwie in die falschen Bereiche investiert.
In der ersten Staffel hatte man vermutlich weniger Geld zur Verfügung und darum hielt man die Effekte zu einem Minimum (soweit „Minimum“ in einem solchen Fantasy-Setting möglich ist) und vor allem aber auch oft im Dunkel oder spärlichem Licht.
Die zweite Staffel hingegen strotzt nur so von Effekthascherischen Szenen und ALLES spielt im Tag, spielt ihm hellen… und das schadet der Serie leider schon ein bisschen.
Die Effekte gewisser Kreaturen sind einfach nicht gut genug, um so offensichtlich, so voll Beleuchtet und so häufig vorzukommen. Die erste Staffel hatte nur eine wirkliche CGI-Kreatur, und die hatte sehr starke Anlehnungen an Lovecraftische Kreaturen. Man sah sie nie so richtig und darum wirkte sie bedrohlich. Das neue Monster in diesem Teil ist einfach viel zu offensichtlich und hat nicht viel mysterisches mehr dran. Auch wenn ich das Design für sich eigentlich mag.
Ausserdem negiert es ein bisschen das Grauen des Unbekannten aus der ersten Staffel. Der Darkasher war so grossartig, weil es ein Fantasymonster ist, welches der Welt Kontext gab. Ja, die „Carnival Row“-Welt hat Märchenfiguren und Fabelwesen, aber alles in einem realitätsnahen Kontext. Die Tatsache, dass erst niemand richtig an den Darkasher glauben wollte war ein klares Signal an den Zuschauer, dass solche Art Kreaturen und Monster nach wie vor mehr ein Produkt aus Märchen zu sein scheint und dass da ein klarer Bruch zwischen solchen Monstern und ihnen besteht.
Aber jetzt in dieser Staffel lernen wir, dass gewisses Wissen über ähnlich mächtige und monströse Kreaturen bereits seit dem Krieg verbreitet war… was ein bisschen nach Red-Con wirkt.
Zudem kommt noch dazu, dass diese Staffel einfach nicht genau zu wissen scheint, was sie mit manchen Charakteren machen soll… und so passiert es, dass etwa nach der Hälfte dieser Staffel zwei Charaktere plötzlich sehr, sehr unzeremoniel aus dem Verkehr gezogen werden. Zwei Charaktere, auf die ich grosse Hoffnung hatte, weil sie nach der ersten Staffel viel Potential hatten, welche dann aber in der zweiten Staffel kein bisschen ihr Potential ausschöpfen konnten und sich plötzlich völlig eigenartig verhalten.
Jonah Breakspear und Sophie Longerbane waren ein spannendes Duo! Der faule, unbekümmerte Sohn des ehemaligen Kanzlers der plötzlich ein Leader werden muss und eine ambitionierte, aufstrebende Politikertochter, welche über Leichen geht, deren Ziel aber nicht ganz klar ist… Tolles Set-Up.
Aber leider wurde daraus nichts. Jonahs Charakter scheint einfach nur allen gegenüber misstrauisch zu sein, und wird dann plötzlich blutrünstig, dass er einfach sofort als Rache alle hinrichten will, welche ihm quer kommen. Keine dieser Charakterzüge waren wirklich ausgearbeitet, aber dann… nichts an dem Charakter war richtig ausgearbeitet, weswegen ich nicht mal sagen kann, ob es „out of Character“ war. Und Sophies Charakter wird völlig ausgetauscht, von einer kaltblütigen Frau welche Chaos stiftet zu einer gutherzigen Freundin einer Fey-Person, die einen derart simplen Plan hat, dass er sofort durchschaut wird, und sie absolut keinen Plan B hat. Die Frau welche hinter der ganzen ersten Stafffel steckte hatte null Rüchversicherung wenn, och, sich plötzlich rumsprechen würde, dass sie hinter dem Rücken des Kanzlers Waffenfabriken kauft? Ok… dann halt.
Aber dieser ganze Teil der Staffel wirkt sowieso völlig eigenartig. Sophies Puck-Freundin verschwindet einfach aus der Serie, nachdem sie stirbt. Und die ganzen Szenen im Gefängniss mit der Hinrichtung wirkte so seltsam geschrieben, dass es fast wirkt, als habe man sie kurzerhand spontan schnell gedreht, damit man diese Charaktere irgendwie abschliessen kann.
Ich meine, Himmel… Jonah geht extra dort hin um seine Geliebte und seinen Berater hinzurichten und entscheidet sich dann kurzerhand noch Vignette auch gleich zu töten einfach… was, weil sie ihn durch die Gitterstäbe beleidigt? Ok… ![:man_shrugging: :man_shrugging:](https://forum.rocketbeans.tv/images/emoji/google/man_shrugging.png?v=12)
Aber sowieso verhalten sich viele Charaktere in dieser Staffel oft etwas eigenartig. Wandlungen und Entscheidungen waren oft für mich nicht wirklich nachvollziehbar und ich hatte oft Whiplash davon, wenn plötzlich jemand kurzerhand wieder seine Meinung änderte.
Das Storytelling war in der ersten Staffel definitiv besser. Ich dachte, die erste Staffel hat ein Paar Dinge welche etwas gar zu zufällig zusammen führten, aber die zweite Staffel ist da bei weitem schlimmer.
Ausserdem muss ich auch sagen, dass man bezüglich des Drehbuch ruhig etwas subtiler hätte sein können. Ich meine, die erste Staffel war schon nicht subtil, mit der „Burge“ welche eine klare Anlehnung an England war und die „Fey“ eine Geschichte über Diskriminerte Imigranten erzählt. Aber das war immer noch besser als die Tatsache, dass diese Staffel plötzlich die verdammte Sovjetunion mit dem Kommunismus reinbringt und DER Partei dann auch noch Russischen Akzente gab! Komm schoooooon! Das ist dann doch etwas plump!
Und dann gibt es auch eine ganze Menge Elemente welche einfach aus dem Nichts kommen, zum Teil wieder ins Nichts verschwinden und einfach irgendwie wirken, als habe man plötzlich zwischendurch Seiten eines anderen Drehbuchs in den Haufen gemischt.
Ich meine, Philos Halluzination von sich selber, welche seine „Schuldgefühle“ zeigen soll war so bekloppt und unfreiwiliig lustig, dass ich keine Sekunde ernst nehmen konnte. Aber auch Tourmalines Zauberkräfte sind irgendwie völlig beliebig und scheinen einfach das zu können, was der Plot gerade braucht… bis zu dem Punkt, dass sie im Schlusskampf plötzlich verdammte Jedi-Mächte erhält!
Oh Mann, bin ich hier wieder gemein.
Dabei wäre es nicht so, dass mir an der Staffel gar nichts gefallen hätte.
Im Gegenteil, die Serie hat nach wie vor eine Menge zu bieten.
Die Schauspieler sind alle zusammen fantastisch. Orlando Bloom entwickelt immer mehr Gravitas und hat sich inzwischen zu einem wirklich guten Schauspieler gemacht (hielt ihn immer für etwas limitiert, aber langsam überzeugt er mich immer mehr). Cara Delevigne spielt ihre Rolle verdammt gut und holt sehr viel aus dem Charakter raus.
Und Jamie Harris und Simon McBurney spielen zwei Nebencharaktere, welche ich einfach unglaublich toll fand! Im Falle von McBurneys Millworthy leidet er etwas darunter, dass er sehr inkonstant geschrieben ist, aber der Schauspieler macht eine so fantastische Arbeit damit, dass es mich nie wirklich störte.
Und ausserdem hat die Serie einfach ein cooles Setting und eine Menge guter Ideen. Und viele davon werden auch nach wie vor sehr toll umgesetzt. Die Serie behält nach wie vor eine gewisse Qualität.
Aber das Ende war dann doch ein bisschen gar enttäuschend.
Wer dachte, dass DIESE Serie ein derart kitschiges Happy-Ending braucht, wo alles schön ausgeht, und es für alle Überlebenden einen Happily-Ever-After gibt? Ich meine… jaja, die Charaktere REDEN zwar in den letzten Szenen immer darüber, dass die Zukunft noch offen ist, und dass es ein langer Kampf wird… aber sind wir ehrlich, dieses Ende, diese fröhliche, positive, helle, bunte Ende ist mehr ein „Happy Ending“ als es viele weniger düstere Serien gemacht haben! Das wirkt einfach nur seltsam und irgendwie fehl am Platz.
Wie beim Abschluss des Jonah/Sophie Stranges wirkt es irgendwie, als habe da jemand reingepfuscht und einfach kurzwillig die Weichen verstellt.
Alles in allem bin ich enttäuscht. Die Serie hat sehr viel der Atmosphäre aus der ersten Staffel verloren, die Story ist weniger gut geschrieben und man schöpft viel des Potentialles nicht aus.
Ich war über die ganzen 10 Folgen insgesamt ordentlich gut unterhalten, aber die erste Staffel ist definitiv ein ganz, ganz anderes Kaliber.
Fazit: Ganz ok, aber ein deutlicher Einbruch nach der starken ersten Staffel.