Warnung: Entsprechend des Wochenthemas gibt es diesmal viele unangenehme Dinge.
Thema #64: Sick and Disturbing
Film: Moebius von Kim Ki-duk
Erscheinungsjahr: 2013
Laufzeit: 89 Minuten
Wo gesehen: Mubi
Mutter und Sohn bekommen mit, dass der Ehemann bzw. Vater fremdgeht. Daraufhin versucht die Mutter den Penis des Vaters abzuschneiden. Als dies misslingt schneidet sie den Penis ihres Sohnes ab. Der geschockte Vater lässt sich daraufhin auch den Penis entfernen. Nun beginnt eine Odyssee auf der Suche nach Penissen und Lust ohne Penisse.
So etwas bekommt man wohl, wenn man sich unbedarft aus dieser Liste mal ein paar Filme anschaut, ohne sich zu informieren… Also ich, wie immer .
Hihi er hat Penis gesagt – Der Film; oder etwa ein Sick and Disturbing Meisterwerk? Naja, überraschenderweise für mich ein ganz guter Film, denn sagen tut hier überhaupt niemand irgendwas.
Der Film zeichnet sich dadurch aus, dass es ein „moderner Stummfilm“ ist. Es wird nicht ein Wort in den 90 Minuten gesagt. Aber Zwischentitel gibt es auch keine und Musik (fast) keine. Also der konsequentere Stummfilm im Vergleich zu 1890? Nein, denn der Film baut voll auf Geräuschkulisse: Stöhnen, Messer die sich ins Fleisch schneiden, ächzen, knarzen, Motorgeräusche etc. Und was soll ich sagen, diese technische Spielerei war für mich das ganz große Plus des Films. Es trägt sich die vollen 90 Minuten und erzeugt eine ungewohnte Spannung und auch eine passende Atmosphäre.
Inhaltlich lässt sich sagen, klar Peniskontent und asiatische Filme hatten wir ja erst genug, aber besonders in der 1. Hälfte trägt sich auch das in Verbindung mit der außergewöhnlichen Machart recht gut. Lässt sich sicher ausführlich über allerlei Dinge, wie häusliche Gewalt, Männlichkeit, Glaubensrichtungen (viel religiöse Symbolik in dem Film) und insert Random-Sigmund-Freud-Philosophie-Thema diskutieren.
Obwohl die Machart weiter für mich toll bleibt, wird es in der 2. Hälfte für mich bisschen zu: Was dem Mainstream zur Zeit sein Superheldenfilm, das dem Arthouse zur Zeit seine griechische Tragödie. Der Film versuppt immer mehr in diesen gerade so beliebten Stil: Die Schauspieler und Schauspielerinnen agieren wie in einer Versuchskammer und versuchen möglichst in modernem Umfeld eben eine antike Tragödie nachzuspielen. Mag ich nicht so. Die „Steinsache“ des Films eskaliert mir außerdem irgendwann wirklich zu sehr.
Trotzdem dank der angesprochenen Aufmachung eben intensiv und kurzweilig und der schwarze Humor zündet hier gut.
7 von 10 lange Messer
Exkurs bei dem Thema mal: Sick and Disturbing ist sicher nicht was ich mir unbedingt auf der Leinwand wünsche. So sind in der Liste einige Filme zu denen ich nur sagen kann: Bleib mir bloß weg mit dem Quatsch (nur für mich natürlich!).
Das führte bei mir auch bisschen dazu über die begriffe Sick und Disturbing nachzudenken. Denn den Film den ich jetzt gesehen habe, der ist sicher ziemlich „Sick“ und wenn man so ließt wie lange der in Korea selbst verboten war, bis er geschnitten erlaubt wurde und auch bei uns ein kleiner Skandalfilm war, könnte man meinen, dass wird sicher für wenig abgehärtete Zuschauer wie mich ein ziemlicher Graus. Dass es das nicht wurde, mache ich klar an Drehstil (eher ruhig, wenig exzessiver Fokus auf die Gewalt etc.) und nicht am Inhalt fest. Das sind für mich wohl die größten Unterschiede zwischen Sick und Disturbing.
Habe mir nämlich aus der Liste auch noch „Enter the Void“ reingezogen und da müssen jetzt einige stark sein: Was denn das bitteschön. Nach 10 Minuten hatte ich schon kein Bock mehr, nach 20 hab ich angefangen Kopfweh zu bekommen und nach 30 hab ich den ganzen Film einfach so nebenher laufen lassen, während dessen Staub gesaugt am Handy rumgespielt etc. Mache ich zu 99 % nie. Na dann machs doch auch da nicht, könnte man jetzt sagen…
Bin fest davon überzeugt, wenn ich mir den Film so aufmerksam angeschaut hätte, wie ich es gewohnt bin Filme zu schauen, dann hätte sich nicht dieser „Sog“ eingestellt von dem manche reden, ich wäre einfach tot mit epileptischen Anfall vom Sofa gekippt… bis heute übrigens noch keine epileptischen Anfälle in meinem Leben .
Ich schreib das nicht nur, weil ich die beiden Filme gesehen habe, sondern auch um die hier für mich schon fast „biologischen Unterschiede“ herauszuarbeiten. Gibt Leute, die ich auf Letterboxd gefunden habe, die schreiben: Bei Moebius muss ich mich 5 mal übergeben noch nie so eine kranke Scheiße gesehen; Enter the Void – geile Triperfahrung. Unterschiedliche Filmeinschätzungen sind ja wirklich nichts Neues, also warum interessiert mich das hier so? Naja ich denke wenn in Enter the Void die Weltenformel versteckt gewesen wäre, wäre es mir trotzdem ergal gewesen, weil ich den Film „biologisch“ und „konsumtechnisch“ nicht ausgehalten habe. Kann also hier jeden verstehen, der aus dem Kino gegangen ist und enttäuscht war.
Zurück zu Moebius, klar bisle Blut hier und da, „krasse Fleischgeräusche“, paar Penisse mehr als üblich (hier war ich aber sogar eher verwundert, dass es nie wirklich Penise am Körper zu sehen gab, meist sind die irgendwo schon in er Gegend rumgerollt) und natürlich eine krasse psychologische Ebene. Aber: Diese Ebene wirkt sich ja mehr hinterher aus, da kann man dann über die ganzen Widerwärtigkeiten des Films nachdenken, oder halt auch nicht wenn man kein Bock hat.
Fazit dieses interessanten Challenge-Themas für mich persönlich wohl: Ich mag es, wenn der Film einem hinterher viel Arbeit zum verarbeiten gibt. Ist der Anschauprozess für mich aber schon mit Arbeit verbunden, dann ist das wohl das Schlimmste was ein Film für mich falsch machen kann.
Heißt für mich den nächsten Noe gibt’s nur noch wenn ich nebenher die Steuererklärung machen kann, weitere Filme von Kim Ki-duk schau ich mir glaube dagegen mal neugierig an.
Jetzt bin ich auf die Sick-and-Disturbing-Erlebnisse gespannt, die es bei euch so über die Woche verteilt gibt .