Fußball Fans/Ultras

Jemand gestern die Sky Doku gesehen? Ist in der Mediathek zu finden.

oder hier:

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Moin
Ich bin selbst ne Ultra , nicht von Berlin , sondern aus Osnabrück <3

Erzähl doch mal ein wenig. Wie sieht für dich persönlich als Ultra ein ganz normaler Spieltag aus?

Interessant. Hab hier immer noch einen Seidenschal von der Violet Crew. Müsst besser auf eure Sachen aufpassen.
Grüße aus Münster

Als erstes ist natürlich die Frage auswärts oder heim

Heim : Morgens so gegen 10 mit paar Kumpels in unserer Standartkneipe treffen , dort auf ne paar andere Leute warten und geschlossen zum stadion gehn , nachdem man das ein oder andere kalte Getränk auf Hopfenbasis genossen hat.
So um 13 im Stadion ankommen , zum Standartplatzt gehn und nebenbei ne paar bekannte Gesichter treffen und grüßen.
Im Spiel supporten , am besten das Spiel gewinnen oder zumindesten ein gutes Spiel abliefern. Nach dem Spiel meistens den Samstag wieder in der Kneipe oder bei einem Kumpel zuhause ausklinnen lassen.

Auswärts: Den Abend zuvor bei einem Kumpel fahren , der in der Nähe des Bahnhof wohnt , und dort schlafen,meistens noch ne runde Zocken oder wieder in die Lieblingskneipe. Am nächten Morgen (kommt darauf an wo das Spiel ist und wie lange die Fahrt dauert) zum Bahnhof und dort mit ne paar anderen treffen . In Zug , geg. Umsteigen und dann in die Stadt des Gegners. Meist dann zum Stadion , bereits auf dem Weg suporten . Im Stadion alles geben , was die Stimmbänder zur verfügung haben und dann den 3er holen. Dann kommt es darauf an welche Stadt es ist meistens den Gegner noch provozieren oder wie zu letzt in Padaborn , noch in ner Kneipe ne bisschen was trinken . Danach der Zug nach Hause ,von den Freunden verabschieden ( kommt darauf an welche Fahrt ) oder noch was trinken gehn

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Das finde ich gut: Ultras tragen die Politik ins Stadion und nehmen den Fußball als das wahr , was er ist: gesellschaftlich representativ.

Das finde ich nicht gut: Identitäres Kleingeistigtum, bei dem es oftmals um das “wir-ihr”-Gefühl geht. Ich finds iwie besser in den Staaten. Da ist auch gute Stimmung bei der nfl/NBA/NHL und das ganz ohne Hass.

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NAJAAAAAA…

ob jetzt mehr oder weniger ungeordnetes rumbrüllen bessere stimmung ist, kann jeder selbst entscheiden…

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Ich hab nicht viel miterlebt (1x NFL, 1x Collegeleague Football, 1x MLB), aber das war durchaus zufriedenstellend. Das mag aber auch subjektiv sein. Ich schäme mich auf jeden Fall fremd, wenn eine ganze Kurve “BVB. Hurensöhne”, oder “Auf geht’s Deutschland, schießt ein Tor!” ruft.
Finde ich irgendwie stumpf. Optische Choreos sind natürlich beeindruckend und unvergleichlich, aber vieles im Stadion ist mir zu prollig.

Ich kann verstehen das dir diese leichte Aggressivität beim Fußball nicht zusagt, für mich gehört sie jedoch teilweise einfach dazu, weil der Sport von seinen Emotionen lebt. Natürlich muss das Ganze im Rahmen bleiben und darf nicht eskalieren, doch genau eben diese Gratwanderung macht die Ultrabewegung so interessant.
Nur was genau findest du jetzt eigentlich an “Auf geht’s Deutschland, schießt ein Tor!” so schlimm? Mal davon abgesehen, dass die Stimmung bei den meisten Länderspielen eh nicht viel hergibt.

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Ich schreibe dich, dass ich es als stumpfsinnig empfinde. Hab ich früher auch gemacht beim Public viewing aber mittlerweile gruselt mich die Vorstellung, mit meist unbekannten Menschen Parolen im Chor zu grölen.
Aber deshalb geh ich da auch nicht mehr hin. Möchte euch gar nicht die Legitimation absprechen, aber für mich wär das nichts :wink:

Passend zum Thema:

http://www1.wdr.de/radio/1live/on-air/sendungen/1live-reportage/polizei-vs-ultras-100.html

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Kann dazu bei Bedarf auch einige Fragen beantworten, bin selber Ultra (ich mag diesen Begriff nicht wirklich, mittlerweile sehr negativ belastet. Mir wäre aktiver Fan lieber) von einem Verein aus NRW.

Man kann das was ich hier schreibe nicht eins zu eins auf jede Ultragruppe projizieren, weil diese Gruppen so verschieden sind wie ihre Mitglieder.

Die groben Themen die ich hier im kurzen Lesen wahrgenommen habe sind: Pyro, Stimmung, Gewalt, Selbstinszenierung, Polizei

Pyro: Gehört für jede Ultragruppe dazu & da gibt es teilweise Absprachen mit dem Verein, schon vor der Saison wo über die Anzahl der Einsätze von Pyrotechnik gesprochen wird. Einige Szenen legen sich selbst den Kodex auf, auf Böller & Leuchtraketen zu verzichten, sowie Pyrotechnik nicht zu werfen.
Pyrotechnik wird dafür genutzt, um ein gutes Gesamtbild der Kurve zu erzeugen oder einfach um seine Freude auszudrücken.
Achja und die Presse behauptet ja gerne, man würde sich das in den Hintern schieben oder es gibt Ordner die einen durchlassen. Ich will gar nicht bestreiten das es sowas nicht gäbe, aber normal wird es einfach in die Boxershorts gesteckt oder falls man nen Dicken dabei hat unter die Speckrolle. :smiley:

Stimmung: Das A und O für jede Ultragruppe, es gibt nichts wichtigeres für Gruppen. Stimmung ist da so der Oberbegriff, nicht nur wie das Stadion bzw. der Block mitgegangen ist sondern da gehts um alles: Einsatz von Fahnen, Liederauswahl der Capis, Einsatz von Pyrotechnik, Lautstärke oder auch Bewegung im Block.
Viele Ultragruppen gehen mittlerweile den Weg melodische Lieder in die Kurve zu bringen. Problem dabei ist nur, dass sowas halt kein „Normalo“ mitsingt bzw. bis er den Text gerafft hat vergehen einige Spieltage.

Man sieht sich in einer Ultragruppe mindestens 2x die Woche. Meistens 1 Treffen unter der Woche und dann wird der Spieltag zusammen verbracht, dieser dauert bei uns nicht 90 Minuten sondern der geht von FR 18:00 bis SO 24:00, während dieser Zeit hat der König Fußball Vorrang und man ist immer bereit falls kurzfristig was passiert oder man nach dem Spiel noch in die Kneipe geht. Bei solchen Treffen wird normalerweise ein Spieltagsrückblick gemacht und über den kommenden Spieltag geredet, sowie über Gruppeninterna.

Gewalt: Wir als Gruppe sind reagierend, heißt von uns geht nie Gewalt als Gruppe aus, solange man uns nichts tut. Was Einzelpersonen machen ist ihre Sache, natürlich gibt es das bei jedem Verein das vorallem die Jüngeren am Stadion etwas spähen und den Feind im Auge haben, vorallem beim Derby wird der Feind ab Ankunft in der Stadt von Mitgliedern der Fanszene verfolgt, man möchte wissen wo der Gegner ist. Das ganze am besten dann unauffällig, da man sonst durch seine eigene Stadt gejagt werden kann.
Viele Leute in der Fanszene gehen in Kampfsportvereine, liegt einfach daran das in diesen Kreisen immer Gewaltpotenzial steckt und man sich auch verteidigen muss.

Es ist auch so, dass fast jede Fanszene ihre Ackertruppe hat und diese sich dann aufm Acker mit einer anderen Fanszene in „fairen“ Kämpfen messen. Heißt bspw. 20 vs. 20 oder 5 vs. 5 und wer liegt wird normalerweise dann auch in Ruhe gelassen, gibt teilweise aber auch Leute die dann noch Elfmeter verteilen (Tritt gegen Kopf/Körper).

Gewalt gehört nicht zur Bewegung der Ultras und wird auch von keinem Mitglied gefordert. Nur im Fall das wir angegriffen werden, muss jeder seinen Mann oder seine Frau stehen und sich sowie das Material verteidigen. Wir verlassen uns ja auch schließlich auf die anderen und ich würde jeden in meiner Gruppe blind vertrauen, sollte dann jemand im Fall eines Angriffes abhauen, kann ich ihm nicht mehr vertrauen weil er mich und die Gruppe im Stich gelassen hat.

Selbstinszenierung: Kann sich glaube ich keine Gruppe von freisprechen, man schaut IMMER darauf wer die bessere Szene an diesem Spieltag war und wie der eigene, sowie der Auftritt der Gegenseite war.
Choreos sind größtenteils Geschenke an den Verein und werden von der Gruppe sowie der Kurve (Spendensammlung) finanziert, da gibt es normalerweise keine Unterstützung vom Verein, was wir aber auch ablehnen, da wir uns nicht in ein Abhängigkeitsverhältnis bringen möchten.

Es gibt natürlich Gruppen die sind im Internet aktiver als andere, so gut wie jede Gruppe/Szene/Kurve hat aber ihre eigene Webseite mit Fotos, Infos etc. . Es gibt aber auch Poserszenen, die teilweise gefühlt nur für geile Bilder ins Stadion gehen.

Polizei: Das Verhältnis zu der Polizei ist gelinde gesagt scheiße. Wir sind ihr Versuchskaninchen für Maßnahmen und wenn diese nicht vom Verwaltungsgericht gekippt werden, dann werden sie meistens bundesweit probiert. Wir sind halt ein einfacheres Ziel als Rocker oder sonstige Banden. Nicht so viel Dreck am stecken, aber für Strafverfolgung reicht es dann doch noch.

Dazu hat jeder Verein seine SKBs (Szenekundige Beamte), die Anzahl der SKBs hängt auch von der Größe der Fanszene ab. So hat Borussia Dortmund mehr SKBs als Preußen Münster. Diese Beamten sind ganz allein für die Fanszene da und überwachen die Fanszene so gut es geht, sie fahren vor Auswärtsfahrten durch die Stadt und schauen ob sie irgendwo Szeneleute sehen und folgenden denen bis zum Treffpunkt. Sie ziehen teilweise auch Leute raus um deren Personalien zu aufzunehmen, obwohl kein Straftatverdacht besteht.

Noch was abschließendes:
Es ist so, das Ultras teilweise unter Repressionen leiden und sich damit auch ihr Leben verbauen können, das ist ein gewisses Risiko was damit einhergeht wenn man als aktiver Fan zum Fußball fährt.
Es gibt bei uns in der Fanszene ein paar die gefühlt nur noch für den Fußball leben und arbeiten gehen. Die zahlen ihren Lebensunterhalt, Fußball & Strafen, dann ist das Geld auch schon weg.

Ich persönlich schaffe es relativ gut, das niemand außer meiner Familie, engste Freunde & Fußballleute wissen das ich als aktiver Fan in meinem Verein aktiv bin. Problem ist halt meistens, dieser Begriff „Ultra“ ist so negativ behaftet, dass man damit nicht hausieren geht. Da kommen den meisten „Normalos“ halt Begriffe wie Gewalt, Schlägerei & Chaoten in den Kopf.

Falls Fragen bestehen, einfach fragen bin da größtenteils sehr offen. Fragen nach meinen Verein etc. werde ich nicht beantworten.

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Wie siehts bei dir mit Politik aus? Ist ja schon ein Thema und kann Gruppen natürlich auch auseinanderreißen.

In wieweit wird der Begriff der Identität bei euch kritisch reflektiert?

Auch wenn vielleicht manche Gruppierungen den Bogen überspannen, so sind die organisierten Fans sehr wichtig, um eine Starke Stimme gegen den Klüngel/die Machenschaften des DFB/UEFA/FIFA/totale Kommerzialisierung zu haben.

Sollen sie sich selbstinszenieren/feiern soviel sie wollen. Ich bin dankbar dafür, dass die Funktionäre (noch) keine Freie Bahn haben.

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Fände ich schon interessant welcher Verein, wenn du es aber nicht sagen möchtest auch okay :slight_smile: Grade in NRW kann das Ja von bis quasi ALLES, also halb Fußball-DE sein ^^

Dieses Statement habe ich schon von mehreren Ultra-Gruppen gehört, aber da frage ich mich, wer greift denn dann an? Sind das dann Hools die angreifen? Oder halten sich nicht alle ultra Gruppierungen an diesen Grundsatz?

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Ich würde mich selber als eher mitte-links einschätzen & wir als Gruppe gehen da auch diesen Weg. Natürlich hat man auch Leute in der Gruppe die politisch anders denken, der Weg der Gruppe steht aber über der eigenen politischen Meinung.
Fiktives Bsp.: Es gab eine Anfrage bzw. die Idee 10 Flüchtlinge ins Stadion einzuladen. Dann wird halt in der Gruppe diskutiert und wer möchte kann seinen Standpunkt darlegen, so eine Diskussion kann dann je nach Thema auch mal ne Stunde oder länger dauern. Danach wird demokratisch abgestimmt und die Mehrheit entscheidet.

Aber auch wie bei den meisten Themen ist das von Szene zu Szene verschieden. Cottbus bspw. hat eine eher rechte Szene. In Hannover sind die Rechten gerade auch auf Vormarsch in der Kurve, dort hat es untereinander wohl schon geknallt wegen links und rechts und Gruppen haben sich aufgelöst.

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Das ist eine schwierige Frage, über die ich gerade lange nachdenken musste.
So richtig hat man sich mit dem Begriff der Identität noch nicht befasst, kann da denke ich aber für einige sprechen wenn ich sage, dass wir uns mit unserer Stadt identifizieren und eine gewisse Art von Lokalpatriotismus leben. Ich würde sogar soweit gehen und sagen, dass das der Hauptpunkt ist über den wir uns definieren, die Liebe für die Stadt, den Verein und den Sport.
Die Liebe zum Sport geht die letzten Jahre aber vor die Hunde, durch immer absurdere Aktionen der Verbände und Funktionäre und durch immer mehr Geld in diesem Sport entfernt man sich von der Basis, den Fans & den Amateuren.

Mein jetziges Ich, also meine Identität, habe ich fast ausschließlich beim Fußball entwickelt, dort habe ich Dinge kennengelernt die mir wichtig sind z.B. Zusammenhalt, Loyalität, Echtheit, Freiheit und Emotionalität. Dort kann ich einfach ich selber sein, da gibt es kein wer trägt die teuersten Klamotten und keine sozialen Zwänge.
Dort kann sich jeder mit seinen Stärken einbringen, der eine ist ein Organisationstalent, der andere ist Elektriker und kümmert sich um die Elektrik in den eigenen Räumlichkeiten und der nächste arbeitet als Webdesigner und kümmert sich um die Webseite. Das könnte ich jetzt noch lange weiter so ausführen, was ich aber sagen will, dass dort jeder für seine Stärken wertgeschätzt wird.

Falls das nicht die Antwort war die du dir erhofft hattest, werd nochmal genauer. Hab mich anfangs echt schwer getan mit der Frage. :sweat_smile:

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