Gendern in Schrift und Wort

Dabei muss es natürlich Herrinnen heißen…

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Auf kurz oder lang? Wer weiß?
Wenn es in einigen Bereichen Pflicht wird und man sich trotz zahlreicher Beschwerden weigert, kann das schon Konsequenzen haben.

Die Genderdiktatur wird uns alle zugrunde richten :kappa:

Dass sich Sprachen immer wieder verändern, würde wohl niemand bestreiten. Aber gerade Änderungen, die sich im weitesten Sinne von „oben nach unten“ durchsetzen sollen, haben mitunter ein kurzes Verfallsdatum.
Beispiele:

  1. Versuche von Sprachpuristen, Fremdwörter zu tilgen. Etwa „Gesichtserker“ statt „Nase“. (Gibt aber auch Beispielwörter, wo das gelungen ist.)
  2. „Sitt“ als Kunstwort, dass als Gegenstück zu „satt“ für keinen Durst mehr haben angedacht wurde.
  3. Politisch motivierte Änderungen, wie die „freedom fries“, die die „french fries“ ersetzen sollten (Frankreich hatte sich gegen den Irakkrieg ausgesprochen und war deshalb in bestimmten US-Kreisen verpönt).

Also ich glaube das Thema wird auch immer virulenter, weil wir über den Status der reinen Privatangelegenheit weit hinaus sind. Die grobe Entwicklungslinie von der Verbreitung des Genderns ist meiner Meinung nach über die verschiedenen Eliten und Machtpositionen in Bildung, Kultur und Medien verlaufen, also Unis, Fernsehsender, Kunst-/Kulturveranstaltungen, Parteien. Und nun stehen so die öffentlichen oder politischen Institutionen an (Ämter, Rathäuser, usw.). Ich glaube Stefanowitsch hat ja im obigen Interview davon gesprochen, dass er sich vorstellen kann, dass in etwa 10 Jahren eine „Kann-Regelung“ Aufnahme in die amtliche Rechtschreibung findet. Und von da wäre ja eine Entwicklung hin zu verpflichtenden Regelung nicht undenkbar.
Das erklärt dann meiner Meinung nach schon, warum es Gegenbewegungen gibt.

Und daher ist es auch wichtig, wenn man dagegen ist, mit guten Argumenten dagegen zu halten und nicht mit so quatsch wie „Diktatur“.

Hier sind noch paar Argumente:

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Also ich hab es zuerst über private queere Räume und Treffen mitbekommen und dann fand ich die Argumentation einfach überzeugend und freue mich nun, dass meine Sprache präziser, gerechter und inklusiver geworden ist.

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Die Vorstellung, dass das Gendern (ausschließlich) über Eliten nach unten verteilt wird, ist nah an verschwörungstheoretischem Denken dran. Ich würde vielleicht einen Gang zurückschalten.

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Tatsächlich ist das in der Geschichte der Sprachen sogar eher die Norm, dass sich Wörter oder andere Phänomene „von oben“ durchsetzen. Das hängt mit dem Prinzip des Sprachprestiges zusammen. Und da geh ich noch gar nicht darauf ein, dass dieser Sprachwandel so sehr „von oben“ in Gang gebracht wurde. Wer ist denn denn die Gruppe „da oben“?
Zu deinen Beispielen:
zu 1.: Ja, die Bewegung gabs im Barock, hatte aber aus unterschiedlichen Gründen keinen Erfolg, u.a. auch weil die machthabenden Eliten kaum Interesse dafür gezeigt haben. Viel mehr als eine Spielerei war das nie.
zu 2.: Gaaaanz schlechtes Beispiel. „Sitt“ wurde nie dafür erfunden, damit es sich etablieren sollte. Es wurde damals erfunden, um eben diese sprachliche Lücke aufzuzeigen, mehr aber auch nicht.
zu 3.: Ist auch kein ideales Beispiel, weil die Bewegung ursprünglich von privater Initiative (genauer die Fastfoodkette Cubbie’s) ausgegangen ist und der US-Kongress erst nen Monat später aufgesprungen ist. War die Aktion damals dennoch dumm, ohne Frage.

Ich glaub das kommt stark darauf an in was für einer Bubble du dich so rumtreibst, ohne das irgendwie wertend zu meinen. Es ergibt natürlich Sinn, wenn NatiomeaX z.B. sagt, er hat das über private queere Räume und Treffen mitbekommen und dann ist das in solchen Fällen natürlich nicht der Fall.

Aber Uwe (56) und Simone (53) hören davon zum ersten Mal in den öffentlich Rechtlichen. Andere in den Feuilletons, oder der Arbeitgeber fängt plötzlich damit an. Da trifft diese Charakterisierung also schon zu.

Und btw, in der ganzen Diskussion sollte man vielleicht auch immer mal wieder nicht aus den Augen verlieren, dass die überwiegende Mehrheit noch immer das Gendern eher ablehnt. Auch bei den jungen Leuten.

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Ja, damit bin ich absolut fein. Ich finde die Argumente nicht überzeugend und in einer Demokratie muss man das dann aushandeln und die Mehrheit überzeugen.

Bei „präziser“ würde ich zustimmen (dadurch aber auch komplizierter) und bei „gerechter“ und „inklusiver“ nicht.

Also ich schrieb „grobe Entwicklungslinie“ und „meiner Meinung nach“ und dazu stehe ich auch. Den Vorwurf der Verschwörungstheorie weise ich ab. Es ist meiner nach im akademischen Bereich entstanden und hat eine Entwicklung über einen sinnbildlichen „Höhenkamm“ genommen. Und es sind meiner Wahrnehmung nach vor allem Personen, die das öffentlich befürworten, die eben vergleichbare Machtpositionen in Bildung/Medien und co. haben. Gendern ist keine Graswurzelbewegung, die vor 30 Jahren von den Krankenpflegern und Stahlarbeitern aus Hintertüpflingen bei einer Straßendemonstration gefordert wurde. Das an sich sagt aber noch nichts über gut oder schlecht aus.

Also dafür sehe ich keine Anhaltspunkte. Dass es das prinzipiell gibt, ist klar. Ich würde sogar genau das Gegenteil behaupten. Damit sich etwas langfristig durchsetzt muss es ja erhalten bleiben und das ist mit einer breiten Masse an Menschen einfacher, als wenn das nur eine kleinere Gruppe nutzt. Viele Dinge setzen sich ungesteuert durch bzw. ein wichtiger Antreiber ist die Sprachökonomie.

Da würde ich auch den Zusammenhang mit dem Gendern sehen. Gendern gilt (und davon würde ich dann feinsäuberlich eine reale Entsprechung trennen) als fortschrittlich, gerecht, nicht-diskriminerend usw. Und wer nicht gendert ist dann im besten Fall noch rückständig.

Also warum man „sitt“ erfinden sollte, um es dann nicht zu nutzen, leuchtet mir nicht ein. Eine sprachliche Lücke kann man ja so oder so aufzeigen. Gibt regelmäßig Äußerungen oder Artikel oder sonstwas, in denen steht, dass es im Englischen keine Entsprechung für „Heimat“ gibt. Aber egal, gibt auch genug staatliche Beispiele (z. B. sozialistische Staaten). Ich würde sogar denken, dass jeder Staat mehr oder weniger versucht über Sprachregelungen Einfluss zu nehmen. Zum Beispiel reden alle in der Bundeswehr immer von „wirken“. Hier können wir auf den Feind „wirken“. Deswegen sagen trotzdem noch alle Menschen „schießen“ statt „wirken“. (Ja, ich weiß: „Wirken“ umfasst mehr als reines schießen, aber es ist schon immer sehr künstlich angehaucht).

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Da hast du auch Recht, aber ein großer Teil der Begriffe stammt eben nicht aus der breiten Masse. Nimm allein alle Begriffe, die ausm Französischen ins Mittelhochdeutsche gekommen sind. Kein einziger davon kommt über die breite Masse sondern über den Adel in die Sprache. Die meisten dieser Begriffe nimmt man heute gar nicht mehr als Fremdwörter wahr.

Lange nicht bei allen ist dem so, leider. Sonst hätten wir diese Diskussion einfach nicht.

Weils ein Sprachexperiment an einer Uni war und mehr nicht. Es hatte nie den Anspruch mehr zu sein. Die Behauptungen darüber haben sich nur genauso verselbständigt wie die Behauptung, wir Menschen würden nur 10% unseres Gehirns verwenden.

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Aber ist sie das? Wenn ich sagen „Sie ist die beste Autorin Deutschlands“, dann ist mit der genderten Sprache nicht klar, ob ich sie mit allen Frauen oder mit allen Leuten, die schreiben vergleiche. Insofern ist in dem Beispiel gegenderte Sprache unpräziser. Und ob sie gerechter ist, finde ich auch ne spannende Frage. Ich glaube die meisten Feministen aus dem englischsprachigen Raum würden da widersprechen. Denn dort geht man sprachlich genau den anderen weg. Dort wird die weibliche Form abgeschafft anstatt sie zu betonen. Das heißt es „teacher“ egal ob Mann oder Frau. Obwohl man mit „teachress“ sogar ein Wort dafür hätte, explizit nur Frauen zu meinen.
Inklusiver auf das Geschlecht bezogen, ja, das sehe ich. Aber das * soll ja eigentlich auch dazu dienen nicht binäre Identitäten abzudecken. Allerdings weiß man von dieser Bedeutung nur, wenn man es explizit gelernt hat, da das * ja keine intrinsische Bedeutung hat. Und das sehe ich ehrlich gesagt nicht, wieso es leichter sein soll, diese den Leuten beizubringen als den Leuten beizubringen, dass ein Wort für alle und damit wirklich alle, auch nicht binäre Menschen, gilt. Zumal diese Form auch nur im Plural funktioniert. Im Singular werden diese Menschen ja weiterhin mit entweder der männlichen oder weiblichen Form angesprochen.

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Und warum muss sich eine Mehrheit plötzlich als das große Opfer inszenieren, wenns um solche sachen, wie das Gendern geht?

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Das ist doch ohne gendergerechter Sprache auch nicht präziser, im Gegenteil. Außerdem verbietet sie mir ja nicht, bei Bedarf noch weitere Adjektive hinzu zufügen.

Den Vergleich zum englischen Sprachraum kann man auch nicht so einfach ziehen, da dort die mehrheitlich verwendeten Begriffe keine direkte männliche Konnotation haben. Das hast du im Deutschen schon alleine durch die Artikel und Pronomen und eben durch das Maskulinum.

Wenn du das aufs Deutsche übertragen willst, müsstest du dir erstmal entgenderte Varianten von den Begriffen, Artikeln und Pronomen etablieren. Glaub das wird noch viel schwerer, Leute davon zu überzeugen.

Darüber hinaus sind England und die USA auch nicht gerade als unpatriarchale Gesellschaften bekannt. Ob hier das reine Entgendern den erhofften Effekt für mehr Gerechtigkeit und Sichtbarkeit bringt, ist also mindestens zweifelhaft.

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War diese sitt-Geschichte nicht ein ausgeschriebener Wettbewerb von Lipton oder so?
Also eine Werbeveranstaltung. So irgendwie ist mir das zumindest in Erinnerung.
Wirklich konkret um einen Eingriff in Sprache gings da nicht. Aber ich kann mich noch erinnern, wie dann damals in der Schule für 3 Wochen oder so, immer sehr betont das Wort verwendet wurde, weil man es irgendwie cool fand haha.
Ich weiß noch, dass ich damals enttäuscht war, dass sitt dabei rausgekommen ist, also einfach satt mit einem anderen Buchstaben. Ich hab mich damals auf ein abenteuerliches Wort gefreut.

Also wie nach jeder Verkündung des Jugendwort des Jahres^^

Inwiefern ist es bei meiner Aussage, die ich treffen will, unpräziser? Und ja, könnte man dann das mit anderen Worten oder Formulierungen ausgleichen. Damit bleibt aber die gegenderte Sprache selbst in solchen Fällen unpräzise. Sonst müsstest du ja keine weiteren Adjektive hinzufügen, damit klar ist, was du meinst.

Die englische Sprache hatte auch mal einen Genus. Daher kommen ja genderspezifischen Begriffe. Man hat sich vor langer Zeit aber entschieden, den Genus loszuwerden. Sehe nicht, wieso das im Deutschen grundsätzlich nicht auch funktionieren würde. Zumal der Genus jetzt auch nicht gerade beliebt ist.

Aber das kannst du doch auch genauso andersrum argumentieren. Oder hat die Einführung von gegenderten Sprache einen Einfluss auf zum Beispiel den Gender Pay Gab gehabt? Und ich bin jetzt kein Sprachwissenschaftlicher aber ich bin mir ziemlich sicher, dass es auch Sprachen gibt, die natürlich schon vollkommen gegendert sind. Könnte man dann ja gucken, ob das dann die gleichberechtigteren Gesellschaften sind.

Wahrscheinlich ähnlich.
Zumindest ähnlich albern.

Weil ich nicht weiss, welche Aussage du treffen willst, also kann sie nicht sehr präzise sein ^^

Dann solltest du vielleicht einfach genauer lesen.

Die englische Sprache hat noch ein Genus. Das System ist nur sehr viel stärker reduziert. Am Artikel (the) erkennt man es gar nicht mehr. An den Nomen nur bei bestimmten offensichtlichen Begriffspaaren (z. B. man/woman, husband/wife, monk/nun usw.). Die meisten Nomen haben das nicht mehr. Daher sind im Englischen die Pronomen viel bedeutender für das Genus.

Beispiel:
I have a new doctor. She is very friendly. Versus: I have a new doctor. He is very friendly.

Daher ist auch diese Sitte, die Pronomen anzugeben (he/him, usw.) für das Englische irgendwie nachvollziehbar, während ich das im Deutschen schon sehr gekünstelt empfinde, weil eben auch jedes Nomen die Genusinformation trägt.

Ich würde da sehr stark argumentieren, dass das eben keine bewusste, gesteuerte Entscheidung war, sondern sich einfach entwickelt hat. Wie das bei verschiedenen sprachlichen Prozessen so passiert, wie 1. und 2. Lautverschiebung, Auslautverhärtung, Nebensilbenabschwächung des Althochdeutschen. Da würde ich einen kolossalen Unterschied zur Genderbewegung sehen. Godbrakka hat Beispiele für initiierte Änderung gebracht, aber die betreffen dann meiner Meinung nach eher den Bereich Wortschatz. Da funktioniert das relativ problemlos (Fremdworte einführen und diese bei Bedarf an das eigene Lautsystem anpassen).

Grundsätzlich würde extrem vieles gehen. Ein Beispiel ist etwa (wurde bestimmt auch schon irgendwo im Thread genannt) „Entgendern nach Phettberg“. Ich sage nur, bitte nicht.

Wenn ich das richtig lese (kenne mich nicht selbst aus) haben etwa Japanisch, Finnisch, Ungarisch und Türkisch kein Genussystem. Den Einfluss davon auf die Gesellschaft halte ich für vernachlässigbar (kenne mich auch nicht in den jeweiligen Gesellschaften aus). Das halte ich für die falsche Urannahme der Genderbewegung, dass eine Änderung der Sprache eine (zwingende) Änderung der Gesellschaft nach sich ziehen würde.

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