Wie bist du an den Test gekommen?
Also: war das offiziell bei einem Arzt? Spricht man das „einfach“ (haha) beim Hausarzt an, dass man so nen Test machen möchte, weil man die Vermutung hat?
Kann mir das gerade schwer vorstellen.
Und was hat sich seit der Diagnose „formal“ für dich verändert? Dass man sich verstanden fühlt und besser damit umgehen kann ist ja schon ein großer Fortschritt.
Aber hast du Kollegen etc. die Diagnose eröffnet und haben die dann mehr Rücksicht genommen als vorher oder so?
Exakt so geht es mir auch. Von Amts wegen kann ich auch leichter Telefonate führen.
Daher auch der „Trick“ im Privaten, dass meine Frau die Telefonate für mich führt und ich die für meine Frau. Das ist dann ein bisschen auch wie auf Arbeit, weil es mich nicht persönlich betrifft.
Hab mir schon überlegt, ob man sich nicht als Bevollmächtigter seiner selbst ausgibt, der den Anruf für „seinen Mandanten“ (also mich selbst) erledigen soll… …ist mir dann aber doch zu albern
Das mit dem nicht rangehen bei unbekannter Nummer mache ich auch so.
Dann googeln wer es war und ein grobes Skript zurechtlegen.
Von Anrufen überrascht werden mag ich gar nicht - das ist so ziemlich der worst case.
Wie genau kann ich mir das vorstellen? (hilf einem alten Mann mal weiter )
Discord und TS kenne ich wohl - sind das nicht eher Gruppenchats, nur, dass man sich auch hört?
Richtig. Aber da kommt man vielleicht eher mal ins Gespräch, zumal niemand was konkretes möchte und es sind, wie beim telefonieren eben Fremde. Ich persönlich finde, dass das eine gute Übung ist oder sein kann, wenn man sich mal dazu überwunden hat.
Der Podcast ist ein kleines Projekt indem wir über RBTV sprechen und was dann eben veröffentlicht wird. Denke das ist eher nicht sinnvoll direkt selbst einen Podcast zu starten, habe es nur erwähnt, weil es damals mein erster Zugang zu TS (und später dann Discord) war.
Ich glaube nicht, dass es da den einen Test gibt. Gibt sicherlich auch einige im Internet zu finden. Bei meiner zweiten Therapie hatte ich diesen Test von meiner Psychologin bekommen.
Hinweis: Ich habe das ja im Rahmen der Therapie ausgefüllt. Man sollte also das Ergebnis nicht als unumstößliche Wahrheit aufnehmen, sondern eventuell nur als Tendenz.
Na ja, es ist ja keine „Diagnose“ in dem Sinne. Hochsensibilität ist ja keine Krankheit, sondern ein Persönlichkeitsmerkmal. Über den Hausarzt stelle ich mir das auch eher schwierig vor Ich war damals wegen einer anderen Sache kurzzeitig bei einer Psychologin, die mich da überhaupt drauf gebracht hat. Und dann habe ich unter anderem den Test hier gemacht: HSP Test
Erklärt habe ich es nur meiner Familie, weil es da oft mal Reibereien gab weil ich so bin wie ich nun mal bin. Meine Mutter z.B. nimmt dadurch merklich mehr Rücksicht. Mein Freund ist selber recht introvertiert und kommt damit daher ohnehin gut klar. Im Kollegenkreis hat sich mein Arbeitsumfeld jetzt so viel geändert dass ich es nicht ansprechen brauche; da weiß es eigentlich nur meine Chefin. Die sieht es aber als absoluten Vorteil weil ich extrem empathisch bin und das bei unserer Arbeit sehr wichtig ist.
Was aber nach wie vor ein Riesenproblem für mich ist sind eben solche Teamveranstaltungen etc, oder, noch schlimmer, die vierteljährlichen Qualitätsprüfungen, wo mir Leute beim telefonieren zuhören und ich dann ne Beurteilung bekomme, Die sind der absolute Horror für mich, obwohl ich bisher immer sehr gut abgeschnitten habe. Ist also nicht alles eitel Sonnenschein, aber ich bin doch merklicn zufriedener als vorher.
Würde meinem Ergebnis aber noch so zwischen 5-10 Punkte Spielraum nach unten geben, bei manchen Fragen war ich mir etwas unsicher, wie stark (oder nicht) das jetzt zutrifft
Hm, ich komme auf 70. Aber vor allem bei den Punkten, die in eine soziophobe/depressive Richtung gehen - und vermutlich durch meine mangelnde Fähigkeit, Grautöne wahrzunehmen. Ich hab überall entweder 1 oder 4 Punkte verteilt. Entweder es trifft zu oder nicht Ich hab schonmal einen anderen Test auf Hochsensibilität gemacht und bin da eher im unteren Mittel gelandet. Allerdings vermute ich bei mir eine Form von Asperger. In den Tests finde ich mich jedenfalls zu 100% wieder. Selbstdiagnosen stelle ich aber eher ungern und so lange mich auf der Straße nicht plötzlich ein Psychologe anquatscht und diagnostizieren will, wird’s wohl nicht genauer werden
Oh ja. Das macht mich auch richtig kirre.
Gestern erst : meine Eltern wollten meinen Freund und mich um halb abholen und haben es gewagt bereits um 25 zu schreiben, dass sie da sind ich bin dann aber tbh auch so, dass ich mir die 5 Minuten dann noch nehme, weil „es war nunmal 30 vereinbart - da haben sich jetzt alle dran zu halten“ meine Eltern können das mit Humor nehmen, da mein Vater ja ebenfalls Sozialphobiker ist und die beiden insgesamt sehr gelassen sind in einigen Dingen. Zu dem Treffen gestern kann ich euch gleich auch noch was berichten.
Aber vorerst eine Frage, die mir eben aufkam: macht euch das auch so nervös bzw triggert euch das sogar, wenn sich Menschen in eurer Nähe nicht an Regeln halten? Beispiele wären für mich Situationen in der Schule, zuletzt im Abendgymnasium : da hat es mich regelmäßig wahnsinnig gemacht, wenn Schüler:innen privatgespräche geführt haben, statt die verordneten Aufgaben zu machen. Besonders in Französisch war das für mich problematisch, da ich mich dann überhaupt nicht konzentrieren kann und entsprechend Schwierigkeiten habe die Sprache richtig zu üben und zu erlernen.
Ein anderes Beispiel sind die AHA Regeln während Corona : es macht mich so wütend, wenn jemand in meiner Nähe zb in der Straßenbahn die Maske nicht richtig trägt oder den Abstand nicht einhält. Zweiteres kann ich zumindest seit ich meine 2. Impfe habe etwas gelassener sehen, weil ich nun weniger Angst vor Ansteckung habe. Aber bei dem richtigen tragen der Maske denk ich auch immer wieder, dass das zudem auch ein Zeichen der Solidarität ist und sehe diese dann in so einem Moment missachtet.
Ein Symptom der Sozialphobie ist ja die Angst negativ aufzufallen und die Bewertung durch andere. Ich vermute, dass ich mein möglichst korrektes Auftreten und mein damit verbundener Anspruch, auf andere in dem Moment projiziere. Dieser Egozentrismus ist eh so eine spezielle Sache bei dieser Erkrankung ^^ Meine Verhaltenstherapeutin hat mal einen für mich erst sehr kränkenden (jaja die narzistischen Anteile wieder), dann entlarvenden und dann bereichernden, weil Augen öffnenden Satz gebracht: die Welt dreht sich nicht um sie. Und noch weitere sehr effektive Sätze gegen diesen Zentrismus. Aber dazu gerne ein anderes Mal mehr.
Ich selbst hab jetzt keine Sozialphobie, aber eine gute Freundin,
Von dort höre ich, dass Corona eigentlich für Leute mit Sozialphobie das schlimmste ist was passieren konnte, da es eine viel zu leichte Exit Route dargestellt hat für vieles und die soziale Hornhaut, die sich viele Sozialphobiker aufgebaut hatten, so dass zb Feiern mit guten Freunden oder Treffen mit bis zu 10 Leuten, einfach gelöscht wurden und sie jetzt wieder ganz am Anfang stehen.
Ja schon. Nicht immer und nicht bei allen Sachen, aber am Samstag erst wieder erlebt, weil jemand scheiße geparkt hat. Es war eigentlich egal, weil es ein Supermarktparkplatz war und es auch noch genug andere Parkplätze gab, aber das hat mich mehr aufgeregt als ich eigentlich zugeben möchte.
Meinte die Therapeutin dich damit? Weil ich den Satz nämlich auf die andere Person projiziere. Um beim Beispiel des Scheißeparker zu bleiben, mich kotzen nämlich solche Menschen an, die zu denken scheinen, dass sich die Welt nur um sie dreht. Diese „Mir doch egal, ob hier noch jemand anderes parken kann. ICH bin jetzt hier und nur das zählt!“-Mentalität macht mich echt aggressiv. Aber meinst du echt der Grund dafür ist, dass ich nicht negativ auffallen will und mir daher umso mehr auffällt, wenn mir andere negativ auffallen?
Blenden wir alle Leiden die mit der Krankheit einhergehen kurz aus, dann ist Corona für mich mit das Beste was mir je passiert ist. Ich kann mich einfach zu Hause einigeln, muss mich mit keinem treffen und absolut keiner hinterfragt das. Und nicht nur, dass ich keinem erklären muss, warum ich nicht zu einem Treffen kommen kann, es finden ja auch keine Treffen statt, so dass auch die „Fear of missing out“ quasi nicht existent ist.
Mir tat corona in dem Sinne „gut“, dass ich nicht mehr die einzige war, die zurück gezogen lebt.
Was mich etwas zu Anfang genervt hat war diese Verwunderung darüber wie es ist nicht das Haus verlassen zu können. Aus dieser sehr akuten Phase der Sozialphobie bin ich schon seit Jahren raus. Ich dachte mir nur jedes mal „nun, das habe ich jahrelang nicht gekonnt und jetzt macht ihr das um euch gegenseitig zu schützen, was nur richtig ist“ und hab da etwas allergisch drauf reagiert, wenn jemand sich darüber beklagt hat. Mittlerweile verstehe ich das aber besser, auch, weil ich mir zeitweise bewusst Perspektiven extrovertierter Menschen während des Lockdowns angehört habe, um so ihr Leiden in dieser Zeit besser nachvollziehen zu können.
Zudem war ich erleichtert darüber, dass nun alle dazu gezwungen sind Abstand zu halten und viele sozialen Konventionen weggebrochen sind. Das hat mir enorm den Druck genommen. Ich konnte dieses Jahr richtig gut an meinen Grenzen arbeiten, lernen diese zu erkennen und zu wahren. So gesehen war der Lockdown für mich wie eine große Erleichterung, die mir geholfen hat besser und ruhiger, ohne zu viele Stressfaktoren von außen, mit meiner Therapeutin an mir zu arbeiten. Ich konnte mich auf die Traumatherapie besser einlassen und konzentrieren, weil ich mich nicht noch zusätzlich um meine Sozialphobie großartig kümmern musste.
Dafür war der Lockdown und das ausbleiben meines Funktionstraining schlecht für meine Fibromyalgie und, dass ich seit letztes Jahr August alles in Eigenregie machen musste sehr ermüdend und deswegen bin ich derzeit auch wieder am Limit meiner Kräfte.
Ne ich glaube sie meinte schon @anon68164815 weil ich glaube man neigt in der Situation dazu zu denke die ganze welt würde nur darauf achten was ICH mache und vorallem was ICH FALSCH mache. Zumindest geht es mir oft so. Und da muss man sich immer wieder vor Augen führen das wir den meisten Menschen denen wir begegnen ziemlich scheissegal sind und das sie NICHT zuhause sitzen und denken" was dieser Rolly da wieder für ein Mist erzahlt regt mich so auf"
ist eben nur die Frage, wenn jetzt jemand mit Sozialphobie gelernt hatte vor Corona, wie er mit Situationen umgehen kann, oder zb auch keine Probleme mehr hatte, zb auf ein Festival zu gehen, solange ein fester Kern aus Freunden überall dort mit dabei ist.
Wenn dann jetzt diese „Übung“ weg ist und man wieder mit nichts mehr zurrecht kommt, ist corona eben schon schlecht, vor allem wenn man auf Arbeit ja trotzdem funktionieren muss
Kommt vermutlich darauf an, was man für eine Einstellung dazu hat.
Wenn man damit zufrieden ist, alles zu vermeiden, ist es ein Segen. Da es weniger Begründungen finden bedeutet.
Wenn man aber daran arbeiten will, etwas zu ändern, ist es ein Fluch, da, wie du gesagt hast, es viel zu leicht ist, eine Ausrede zu finden und so der innere Schweinehund zu leicht befriedigt werden kann.
nur ist das ja erstmal nichts positives, ausser deine Familie wäre irgendwie schlechte menschen mit denen du eigentlich nichts zu tun haben willst (nicht das ich das sage)
aber wenn die familie eigentlich ok, und die Leute nur wegen der sozialphobie wenig mit denen gemacht haben, wäre es ja eigentlich gut wenn man lernt daran zu arbeiten so dass man wieder mehr mit seiner Familie machen kann, statt Corona als einfach Ausrede zu nehmen nichts mehr zu machen
Solche Situationen kenn ich auch.
Gerade diesen Zwiespalt zwischen „eigentlich ist es nicht dramatisch“ und „ja, aber das doch einfach unnötig und deswegen scheiße “
Das habe ich ebenso. Triggert mich auch sehr, wenn andere sich so rücksichtslos verhalten. Das ist dann aber auch mein Anspruch an mich selber, den ich auf andere projiziere oder ich versuch es mal so zu beschreiben „Wenn ich das doch hinbekomme auf andere zu achten (obwohl sie mir solche Angst machen- oder gerade dehalb?) müssen das andere doch erst recht hinbekommen!“ Ich hab mir da schon mehrere Theorien zu durch den Kopf gehen lassen. Was ich mal dachte war, dass der Grund dafür auch bei meinem fehlenden Selbstwert liegen könnte. Fängt der Satz mit „ja, aber wenn selbst ich das hinbekomme…“ an, steckt da auch irgendwo die Annahme, dass das was ich tue gar nicht so besonders sein kann und mir alle anderen sowieso überlegen sein müssen. Auch kann da aber die Fehlannahme hinter stecken zu glauben alle hätten den gleichen Anspruch an sich und ihre Mitmenschen wie ich. Sowas verträgt und verstärkt sich dann ganz wunderbar mit Idealen wie Solidarität, Rücksichtnahme, Verantwortung etc. Ich hab mal diesen Persönlichkeitstest gemacht, den auch die 4 Bohnen mal in einem Moin Moin gemacht haben und oh Überraschung ich bin Idealistin. Solche Einstellungen die mich zb fest daran glauben lassen, dass meine Ideale ideal für alle wären, verstärken natürlich den Frust über Menschen, die das anders empfinden und handhaben im sozialen Miteinander. Ich bin oft überheblich, weil es mir so leicht fällt und ich nicht darüber hinaus kann, dass andere Menschen manchmal eine andere Einstellung oder Haltung haben durch das Leben mit anderen zu gehen. In anderen Momenten bin ich dann wieder sehr empathisch, aber auch, weil ich mir über ersteres so bewusst bin, dass ich immer bemüht bin die andere Seite verstehen zu können. Ich glaube, dass Verstehen können Frust überwindet. Und ich bin nicht gerne frustriert.
Ne, nicht direkt so. Eher so wie @Rolly es eben beschrieben hat. Die Scheißparker Situation passt da, wie ich im Nachhinein feststelle, auch nicht so gut zu diesen Egozentrismus.
Oder so wie ich eben schon im Ansatz erwähnt habe dieses: Nicht alle haben den gleichen Anspruch an sich und ihre Mitmenschen. Meine Haltung ist nicht das Maß der Dinge. Und deswegen dreht sich nicht alles um mich.
Das Beispiel was Rolly eben meinte mit dem „Eigentlich bin ich allen egal“ ist schon eines was ich von mir kenne in Bezug auf „ich komm nicht wohin und plötzlich dreht sich alles nur noch um mich“.
Nochmal ein längerer Post so generell für diesen Thread und an niemanden spezielles gerichtet:
Selbstzentrierung ist generell so ein spannendes Thema.
Auch wie Mensch sich in die Rolle, die ihm andere auferlegen, irgendwann einfügt und dieses „im Zentrum stehen“ unbewusst reproduziert. Und besonders schwierig und interessant wird es dann, wenn es darum geht diese Reproduzierung klar von Taten zu trennen, in denen der Mensch besonders hervorgehoben oder abgewertet wird.
Bei letzterem hat mir eben auch das mich weiterbilden in Diskriminierung von Minderheiten geholfen: Strukturen, die auf Vorurteilen zb aufbauen zu erkennen und sich persönlich so aus Vorwürfen rausnehmen zu können. Vereinfacht gesagt "ich muss mir das nicht zu Herzen nehmen was mir jemand vorwirft oder wie mich jemand versucht abzuwerten oder anzugreifen- in vielen Fällen ist dies eine Abbildung von verinnerlichten -ismen (sexismus, Rassismus etc).
Ich komm ja selber aus einer Familie, die aus Polen nach Deutschland immigriert ist und in der es in der gesamten Verwandtschaft Rassismus gegen andere Nicht-Deutsche gab. Ich bin zb die „Familienschande“, weil ich auf die Welt kam und dichtes schwarzes Haar, helle Haut und Augen hatte. Laut einiger Verwandter sah ich aus wie ein Kind aus einer anderen Nation als Polen und das hat viele dazu befähigt mich abzuwerten. Und als Kind war ich bereits sensibel genug das zu bemerken. Heute in der Traumatherapie lerne ich viel über vererbte Traumata, Strukturen in Familie und Verwandtschaft und was dies für Auswirkungen auf die Entwicklung eines Kindes haben kann. Vereinfacht gesagt: Ich lerne Stück für Stück (weil was als sehr junger Mensch verinnerlicht ist, haftet sehr sehr stark), dass ich keine „Schande“ bin - es nicht persönlich zu nehmen habe.
So tut die Traumatherapie auch meiner Sozialphobie gut, indem ich mit dem Symptom der Angst vor Bewertung anderer, somit besser umzugehen lerne, indem ich die Strukturen dahinter erkennen kann.