Hilfe, es hat geklingelt.. ..der Thread für Sozialphobiker und Sympathisanten

Liebes Forum,

Aus aktuellem Anlass möchte ich diesen Thread eröffnen, um den Alltagsproblemen all derjenigen eine Plattform zu geben, die in irgendeiner Form mit sozialen Ängsten, Unsicherheiten oder Phobien zu kämpfen haben.

Ich selbst bin betroffen (sicherlich in keiner schweren Form)… …dennoch…

…mal eben noch einkaufen gehen,

noch schnell beim Arzt anrufen, den Termin verschieben,

dem Nachbarn das angenommene Paket vorbeibringen…

…und morgen ist doch diese Teambuilding-Maßnahme in der Firma

Für viele ein Leichtes, für mich teilweise unüberwindbare Hürden.
Angstklöße im Bauch, nur beim Gedanken daran, zum Telefonhörer zu greifen, beim Nachbarn zu klingeln etc…

Dabei weiß ich, bei nüchterner und analytischer Betrachtung, dass es hierfür keinen sachlichen Grund gibt… …das ändert nur nichts und alles gute Zureden derer, denen ich mich anvertraue, hilft auch nicht viel.

Daher die Idee zu diesem Thread hier.
Ein bisschen in der Hoffnung, Gleichgesinnte zu finden.
Vielleicht auch, um Tipps und Anekdoten auszutauschen, wie man mit der Schwere der Welt ein bisschen besser klarkommen kann…
…zum Lachen über Missverständnisse und -geschicke.

Ich will gern den Anfang machen mit einer ersten Geschichte…
…aber zunächst auf Feedback warten, ob da jemand ist, der sie hört…
…bevor ich mein Herz und all die Steine in die Leere kippe.

P.S. Im Vorstellungsthread hab ich mich hier kurz vorgestellt. Das vielleicht als Ergänzung zu dem Obigen.

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Bin auch jemand, der mit solchen Problemen zu kämpfen hat. Habe kein Problem das grundsätzlich zu thematisieren und „zuzugeben“ und darüber zu sprechen, aber wie sehr ich dann ins Detail gehe, was ich für Probleme habe, ist dann doch eher eine Stimmungsfrage und wem ich „gegenüber sitze“.

Von daher sei nur gesagt, ich kann alle von dir angesprochenen Punkte nachvollziehen und noch weit mehr, die ich an dieser Stelle aber (noch) nicht thematisieren mag. Werde den Thread hier aber mal weiterhin beobachten. :blush:

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So blöd und banal es klingt. Übung macht den Meister. Je häufiger man diese Situationen durchmacht und merkt, dass das Gegenüber einem nicht den Kopf abreißt, wenn man sich verhaspelt oder was falsches sagt, desto einfacher fällt es einem beim nächsten Mal. Auch hilft der Gedanke, dass sich die anderen generell keine Gedanken über dich machen (werden). Gerade anonyme Dinge wie das Einkaufen oder professionelle Angelegenheiten wie der Anruf beim Arzt sind da schnell unaufgeregt zu erledigen.
Ich selbst finde aber auch die eher informellen Begegnungen zum Teil recht anstrengend, weil es da weniger strikte Leitfaden gibt, an denen man sich entlanghangeln kann und mehr auf den Flow geachten werden muss.

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Hi. Ich habe eine nicht diagnostizierte Sozialphobie (für eine Diagnose müsste ich zum Arzt. Als ob das jemals geschieht.)

Mich belastet meine Phobie z.B. sehr im Studium. Ich hab da noch so eine offene Bachelorarbeit, für die ich mit mehreren Menschen proaktiv Kontakt aufnehmen müsste…puhhh. Lieber weiter mehrere Nebenjobs machen, um halbwegs auf ein gutes Gehalt zu kommen. (Denn die Exmatrikulation würde dann wieder zu unangenehmen Gesprächen mit der Familie führen.) Warum ich dermaßen effizient prokrastiniere kann ich natürlich kaum jemandem plausibel erklären.

Alltagssituationen meistere ich ähnlich: Vermeiden, ignorieren, hoffen. Irgendwann geht’s schon weg. Hatte z.B. Anfang letzten Jahres ein verletztes Fingergelenk und inzwischen kann ich ihn wieder vollständig schmerzfrei bewegen. Passt. Erfolgreich den Arzt umgangen - besonders zur Pandemiezeit.

Masken finde ich nämlich ganz furchtbar. Ich selbst verstecke mich gern dahinter, doch ohne Mimik fallen mir Begegnungen im Alltag noch schwerer. Sowohl die Mimik meines Gegenübers als auch meine eigene fehlen. Einen Kommentar schweigend weglächeln, weil man nicht weiß, was man sagen soll, klappt nicht mehr so gut.

Nur mal drei kleine Bereiche aus meinem ängstlichen Leben.

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Respekt für deinen Mut und natürlich auch an alle anderen die sich hier bereits als Sozialphobiker geoutet haben!

Ich selbst war Jahre lang auch in dieser Situation und es war ein echter Kampf sich da einigermaßen rauszufighten.

Tiefe Depressionen die dadurch entstanden sind, sind mir nicht fremd.
Und auch im Nachhinein sind daraus resultierende Verluste von Freundschaften auch heute noch belastend.

Hätte ich keinen Halt von meinen Eltern und meinen verbliebenden und treuen Freunden bekommen wäre ich wohl heute noch in dieser Situation…

Ihr seit nicht allein mit diesem Problem soviel soll zum Abschluss noch gesagt sein :slight_smile:

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Kenn ich persönlich auch. Während andere gar nicht drüber nachdenken, wenn sie jmd anrufen möchten ist das Telefon bei mir die letzte Wahl. WhatsApp, Brief, Email…meintwegen über Rauchzeichen. Aber Telefon, uff.

Häufig ruft dann aus meiner Famile den Arzt an und macht ein Termin zum Beispiel, wenn nicht mach ich es zwar dennoch. Aber immer mit so nem Kribbeln im Bauch, werd ziemlich nervös.

Einkaufen dafür ist für mich gar kein Problem, solange es die Geschäfte sind, wo ich regelmäßig reingehe. Oder mit Begleitung, dann fühl ich mich generell sehr entspannter und wär dann quasi für alles offen.

Auch so ein Ding bei mir zu Hause: Ich wohne in der obersten Etage eines Mehrparteien-Hauses. Der Waschkeller ist ganz unten. Ich lausche immer an der Tür, ob irgendjemand im Flur oder im Keller zu Gange ist, denn am liebsten möchte ich ohne eventuelles Aufeinandertreffen mit anderen Personen meine Wäsche runter bzw. wieder hochbringen. Und das obwohl eigentlich alle hier soweit nett sind.

Dazu kommt das Problem bei mir, soziale Kontakte zu knüpfen, was mich über die Jahre ziemlich isoliert hat und nur temporär mal was entsteht. Alles in allem schlag ich mich zwar durch, auch mit Hilfe, aber es fühlt sich sehr schwer an.

Ich denke, durch regelmäßiges Ausbrechen der Verhaltensweise dürfte manches einfacher werden. Zumindest wenn ich häufiger telefonieren muss und nicht drumherum komme, fällt mir es beim 3. oder 4. mal dann doch einfacher, nur bin ich dann irgendwann wieder raus.

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Ich gehöre nicht zu den im Threadtitel genannten Betroffenen sondern Sympathisanten. Dennoch kann ich dich vollstens verstehen und denke auch, dass man da was machen kann. Mein guter gemeinter Tipp: Wenn du der Meinung bist, dass die Phobie deine Lebensqualität auf ein Maß einschränkt, dass es dich stört, dann such dir professionelle Hilfe. Ich sag mal zu 99% wird man das mit guten Ratschlägen von Angehörigen/Freunden nicht bewältigen können. Und meine Vermutung ist, dass es dann heißt üben, üben, üben und die auftretenden, unangenehmen, Gefühle aushalten und lernen.

Viel Glück, wenn du den Weg beschreiten möchtest. Wird zwar ein harter Weg aber lohnt sich bestimmt. Falls nicht wünsch ich dir natürlich trotzdem alles Gute.

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Kann ich als Mensch auf der „anderen Seite“ bestätigen :sweat_smile: (Zentrale bei der Stadtverwaltung) da rufen im Minutentakt die Leute mit den banalsten Sachen an da bleibt gar nicht die Zeit sich über jeden nen Kopp zu machen.

Aber ich kann euch andererseits auch verstehen ich bin auch Meister darin Sachen aufzuschieben :sweat_smile:

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Wow. Einmal geblinzelt und schon so viele Beiträge :slight_smile:
Vielen Dank euch allen für eure Zeilen!
Ich denke, es ist immer gut, wenn man sich mit Menschen austauschen kann, die einen verstehen.

@creativechaos, das mit dem Aufschieben von Aufgaben, die (nur) mittels Zuarbeit/Hilfe anderer lösbar sind, kenne ich auch nur zu gut.
Das hätte mir auf Arbeit beinahe enormen Ärger eingebracht, weil ich aktuelle Daten von anderen Abteilungen in eine Gesamttabelle eintragen sollte und es nur hieß, ich solle mich in den Abteilungen 1 bis 4 mal „durchtelefonieren“, wer mir da weiterhelfen kann…
…keine Chance. Das ging wirklich gar nicht für mich.
Ich trau es mich hier fast nicht zu erzählen, aber am Tag, als die Frist ablief und ich die Tabelle abliefern sollte, hab ich mir dann einfach (plausible) Zahlen ausgedacht :exploding_head: So blöd das klingt aber das war in dem Moment für mich die einzige Lösung.
Kann dich also mit deiner Bachelorarbeit mehr als gut verstehen.

@Zanriko, das mit dem „bloß keinen treffen im Treppenhaus“ hab ich natürlich auch - glaub, das können fast alle hier nachvollziehen. Lauschen, schauen, ob das Licht an ist etc…

Auch danke für die Ratschläge @Spique und @SpinNeR1.
Ich fürchte nur das

bei mir nicht mehr viel bringt. Ich übe seit 40 Jahren.
Und wie ich schrieb, ich weiß, dass es da keinen rationalen Grund für meine Ängste gibt. Und ich weiß, dass mir keiner den Kopf abreißt, das ist in 40 Jahren noch nie passiert. Dennoch ist da diese Angst.
Was mir sehr hilft sind Gespräche mit meiner Frau, die ein ganz ähnliches Leid plagt.
Ich glaube, Verständnis und Geduld sind hier die Schlüssel. Allen voran Verständnis, dass man etwas „auf seine Art“ mit der Sozialangst „löst“ (und sei es, indem man sich Zahlen ausdenkt :slight_smile: ).

Danke euch allen!

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Ich hab meinen Türspion „zugestopft“, damit man an dem nicht erkennen kann, ob bei mir Licht brennt. Damit ich immer spontan entscheiden kann, ob ich „zuhause bin“ oder nicht :sweat_smile:

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Dass du mit 40 nicht mehr viel ändern kannst, da möchte ich dir ganz klar widersprechen. Ich verstehe natürlich, dass der Schritt zum Arzt zu gehen schwierig ist. Besonders, wenn man sich selbst keine großen Erfolge ausmalt. Und ohne dich zu kennen behaupte ich jetzt einfach mal, dass das was du bisher versucht hast, dagegen zu tun, nicht konsequent genug war.

Sprich mit einem Arzt (natürlich aus dem physologischen Bereich) über deine Probleme. Wenn dir dieser nicht zusagt, such einen anderen (mir ist bewusst, dass es schwer ist überhaupt einen zu finden, der Termine frei hat). Lass dir von dem Arzt die Basics über deine Krankheit erklären, welche Mechaniken und Zusammenhänge es da gibt. Warum du in welcher Situation wie denkst, fühlst und handelst.

Und dann macht ihr wahrscheinlich einen Plan, wie du dich selbst therapierst und er dir immer zur Seite steht. Und das ist genau der Vorteil, als wenn man es alleine oder mit Angehörigen/Freunden versucht. Der Arzt sieht dich zwar als Mensch aber eben auch als Patient. Der macht seinen Job, ist zwar (hoffentlich) höflich aber will keine freundschaftliche Beziehung mit dir. In dem Moment, wo er knallhart analysieren und dir ins Gesicht sagen muss, was grade falsch läuft, wird er das machen. Bei Angehörigen/Bekannten ist da in der Regel eine Hemmschwelle und bevor sie dich verärgern, sagen sie lieber was nettes oder gar nichts. Das hilft dir nicht, im Gegenteil, es bestärkt dich in deinem Verhalten. Außerdem nimmt man diese Menschen als Betroffener weniger ernst als jemanden, der das professionell macht. Und wenn man es ganz alleine macht lügt man sich in der Regel doch eh selbst in die Tasche.

Nochmal, wenn du so darunter leidest, dann lass es nicht unversucht und gib auch nicht gleich auf, falls es nicht direkt so funktioniert, wie du es dir vorstellst. Ja, du lebst schon lange damit und deshalb wird es auch entsprechend länger dauern, dein Leid zu lindern, als wenn du das erst seit ein paar Jahren hättest. Aber es wird sich lohnen. Musst halt Mut und Geduld haben und bei Rückschlägen wieder aufstehen.

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Das Problem mit dem telefonieren war definitiv auch bei mir ein riesiges Problem.
Oft hab ich mir haargenau aufgeschrieben was ich sagen soll und hab damit die Situation beim eigentlichen Anruf noch viel schlimmer gemacht :see_no_evil:

Irgendwann hab ich einfach es " Auge zu durch" mäßig durchgezogen und war stolz danach als ich gemerkt hab wie gut ich sogar mit Fremden telefonieren kann.

Was das soziale Kontakte anknüpfen angeht tu ich mich auch immer noch schwer. Ich geh sogar schon allein auf Konzerte weil ich denke das ich so meinen Freundeskreis auch so erweitern könnte- ja gut gebracht hats halt nie was weil ich trotzdem stets nicht aus mir herauskomme aber hey ich geb nicht auf :sweat_smile:

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Vor was genau hast du denn Angst, wann beginnt sie, wann ist sie am größten und bis zu welchem Punkt hält sie an?

Die Diagnose habe ich seit 2008. Und in den vergangen 13 Jahren waren es bei mir bisher 2 Kuren, 2 Krankenhausaufenthalte, 2 ambulante Therapien, 2 ambulante Hilfen … Das ist wohl bei jedem anders, dass es aber eine Lebenslange Aufgabe sein wird, dass ich daran arbeiten muss, damit habe ich mich abgefunden. Dass meine Lebenssituation aber so bleibt, wie sie jetzt ist, da möchte ich doch noch mal was ändern. Von daher nicht aufgeben. Und wenn es nur kleine Schritte sind. Hauptsache man bleibt am Ball und lässt sich nicht zu sehr von Rückschlägen bremsen.

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Ich fühle mich zum Teil auch betroffen, ich bin überhaupt kein Fan davon mit Menschen übers Telefon zu reden, wenn es sein muss, mach ich es, aber ich versuche es zu vermeiden. Gibt genug andere Wege sich mit zuteilen. Bei Arztterminen bin ich auf Online Termine um geschwungen, man braucht nicht mehr anzurufen.
Ich vermeide es überhaupt mit so vielen Menschen zu reden oder überhaupt Kontakt zu haben, auf der Arbeit geht das leider nicht.
Ich kann mit Menschen einigermaßen reden ohne, dass ich Panik bekomme.
All diese Probleme hatte ich nach meiner Schulzeit, ich konnte damals weder Telefonieren oder überhaupt mit Menschen reden und dann habe ich meine Ausbildung angefangen. Das war so eine geile Zeit, die habe mich aufgenommen haben mich angenommen wie ich bin und haben mich aus mein Loch rausgeholt. Sie wurden zu meinen Freunden, mit denen ich Privat Sachen gemacht habe. Dann kam die dunkelste Stunde, ich habe Sie von mir weggestoßen und sang- und klanglos die Freundschaft beendet und darüber bin ich nicht stolz, die hätten weit mehr verdient gehabt, als das was ich mit Ihnen gemacht habe. Aus heutiger Sicht, könnte ich fast sagen, dass ich Sie ausgenutzt hätte, aber so gut kann ich mich selber nicht einschätzen.

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Sehr gut :slight_smile:
Genau solche „Tipps“ hatte ich mir in diesem Thread erhofft.
Ich hab früher in meiner Studi-WG mit einer Endoskop-Kamera unterm Türspalt meines Zimmers durchgelunzt, um zu sehen, ob jemand in der Gemeinschaftsküche ist, damit ich mir ungestört mein Essen holen konnte :slight_smile:

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Das kann ich so gut nachvollziehen! Ich habe mal mit meiner damaligen Chefin im selben Büro gearbeitet und sie hat bei Problemen und zu erfragenden Infos immer so leicht dahin gesagt „Ja, dann rufen wir da halt einfach an!“ (weil’s schneller als E-Mail ist). Ich hab mich immer versucht davor zu drücken und hab in meinen knapp 3 Jahren auch nur 2 Gespräche alleine geführt (selbst angerufen und als einzige auf unserer Seite geredet) :sweat_smile:

Und mal so zwischen uns… Meine Bachelorarbeit hätte 2013 abgegeben werden sollen :shushing_face: War damals auch mit dem restlichen Studium fertig, weit vor Ende der Regelstudienzeit.
Das vertusche ich aber gerne. Da ich über den eigentlichen Studentenjob hinaus arbeite (und inzwischen u.a. auch Einzelunternehmerin bin), lässt sich so stets erfolgreich vom Thema ablenken :persevere:

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Das kann ich so genau und konkret gar nicht beantworten.
Es ist mehr eine diffuse Angst. Schwer zu beschreiben.

Sie beginnt meist, wenn eine „Aufgabe“ (ganz allgemein gemeint) ansteht, von der ich mich überfordert fühle.
Viel mehr spezifisch kann ich zu deinen Fragen nicht werden, sorry.

Ich danke dir für deine Fürsorge und deine Hinweise.
Und ich bin auch der Letzte, der eine ärztliche und therapeutische Behandlung ausschließen möchte. Dennoch - ich glaube, im Moment kommt das für mich eher nicht in Frage.

Ich habe mich arrangiert.
Mit meiner Angst.
Sie angenommen und in den Alltag -so gut es eben geht- integriert.
Mit witzigen Kniffen und Tricks… …mit Vermeidungsverhalten…
…indem ich mit meiner verständnisvollen Frau auf’s Land gezogen bin - weg von dem Getümmel…

…und mit etwas, das ich den Funktionsmodus nenne.
Auf Arbeit und in Alltagssituationen, wo ich nicht ausweichen kann, spiele ich quasi eine Rolle. Da agiere ich. Trete auch mal selbstbewusst auf. Primär eben auf der Arbeit, wenn ich in einer Besprechung bin und zwingend einen Redebeitrag habe…
…das klappt und ich behaupte mal, die Kollegen merken es kaum…
…aber das bin eigentlich nicht ich, sozusagen…
…und dieser Funktionsmodus ist unfassbar anstrengend. Da kostet mich die Stunde 10x mehr Energie, als wenn ich ich sein kann. Auch bei sozialen Interaktionen abseits der Arbeitswelt muss ich ab und zu in den Funktionsmodus. Geburtstagsfeiern z.B. oder bei anderweitigem Besuch „auf Kaffee und Kuchen“ (den ich eh schon meide, wo es geht).

Alles sehr anstrengend für mich und ich brauche danach meine Ruhe zur Regeneration.
Was andere zur Entspannung machen (auf Parties gehen, in einen Club, in eine Bar, Essen), überfordert mich bzw. erfordert ein Höchstmaß an Kontrolle und Funktionieren. Und danach am besten einen Tag Urlaub, ohne, dass ich jemanden sehen muss.

Anstrengend, wie gesagt - aber es funktioniert.
Ich reduziere die Stressoren, das hab ich mir vorgenommen.
Damit ich mehr ich sein kann und weniger funktionieren muss.

Daher ist der Ansatz mit einem Arzt, der

(Hervorhebung durch mich)

gerade nicht so gut vorstellbar für mich. Weil ich nicht falsch sein will, sondern ich selbst.
Und da bau ich lieber mein Leben um als dass jemand anders mich umbaut.

Ich hab da schon viel geschafft.
Umzug, die perfekte Partnerin gefunden, meine Arbeit durch Teilzeit auf das nötigste und ein absolutes finanzielles Minimum reduziert…
more to come.

Kleiner Telefonie-Trick zum Abschluss:

Wenn ein Telefonat wirklich unvermeidbar ist, rufen meine Frau (die wie gesagt dieselben Probleme damit hat) und ich nicht für uns selbst, sondern für den jeweils anderen an.
Sprich: ich führe ihre Telefonate und sie meine. Auf irgendeine Art ist es einfacher, wenn es inhaltlich nicht mich selbst oder meine Belange betrifft sondern ich für jemanden anrufe. Da kann ich, wenn ich überrumpelt werde zur Not auch einfach sagen, dass ich das jetzt nicht weiß und nochmal nachfrage. Wäre bei mir selbst irgendwie merkwürdig :wink:

Ansonsten sag ich auch einfach, dass ich so viel und in Schichten arbeite (was nun gerade gar nicht stimmt), dass ich quasi telefonisch nicht erreichbar bin, weil ich tlw. auch tagsüber schlafen muss etc. und man mir also bitte eine Mail schreiben möge… Klappt häufig.

Danke für eure Beiträge. Bin froh, hier nicht ins Nichts geschrieben zu haben.

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Immer wieder schön find ich auch diesen Song von Bina Bianca/ Kopfstimme. Ist zwar betitelt mit „Introvertiert“, aber genau das sind ja oft auch Sozialphobiker oder zumindest überschneiden sich da Verhaltensweisen.

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