Nur um hier mal kurz darauf einzugehen:
Ich glaube es sollte aber klar sein, dass NIEMAND in Frage stellt, ob es „Geschlechtschromosome“ gibt, oder ob die einen biologischen Einfluss auf unsere körperliche Entwicklung haben.
Ich finde, das muss man doch immer wieder ansprechen, weil gerade Transfeindliche Menschen (meine nicht dich hier, einfach allgemein) oft so argumentieren, als ob Transmenschen und Leute welche Pro-Trans sind nicht verstehen, dass es Geschlechtschromosome gibt oder dass es Biologische Unterschiede zwischen XX und XY und XXY und XYY Menschen gibt. Niemand argumentiert da dagegen… ich glaube Transmenschen sind sich dessen vermutlich fast mehr bewusst als Cismenschen.
Dagegen argumentier niemand.
Die Frage ist, ob wir DAS als Kriterium für die GeschlechtsROLLE oder die GeschlechtsIDENTITÄT in unserer Gesellschaft sehen sollten.
Und ich bin der Meinung, darauf ist die Antwort ein klares „nein“.
Lass es mich mal so sagen:
Du sagst zwar, du sehest das Geschlecht als etwas an, was primär über Chromosome definiert ist (oder ist zumindest eine Klassifikation mit der du arbeitest).
Nur… tust du das wirklich? Ich glaube eigentlich nicht.
Denn ehrlich, im Alltag, wenn du MICH sehen würdest, da würdest du vermutlich sofort denken: „Oh, ist ein Mann“ und mich intuitiv mit „er/ihn“ betiteln.
Nur… hast du meine Chromosome je gesehen? Oder wenns nicht um die Chromosome geht… hast du mir je in die Hose gucken können? Vielleicht sagst du, dass du an mir keine Brüste siehst, aber was wenn ich einen weiten Pulli anhabe?
Und im reinen Alltag, in 99% der Interaktionen die du mit anderen Menschen hast, wie oft siehst du da die Chromosome? Oder die Genitalien?
Deswegen behaupte ich, auch wenn du vielleicht DENKST du gehst primär bei chromosomaler Klassifizierung, ich würde argumentieren, dass du das in 99% der Fällen nicht machst. Du gehst nach anderen Kriterien vor. Viel oberflächlicheren. Gesichtsbehaarung, genereller Körperbau vielleicht… oder sogar NOCH oberflächlicheren Dingen wenn du keine anderen Anhaltspunkte hast, wie Schminke, Frisur oder Kleidung.
Es ist doch eigentlich seltsam, dass wir versuchen etwas wie das Geschlecht (was wir im Alltag SO OFT im Umgang brauchen, alleine durch den Gebrauch von Pronomen und Namen) durch etwas definieren, worauf wir im Alltag so wenig Zugang haben (wie Chromosome oder Genitalien).
Natürlich kann man jetzt argumentieren, dass diese Oberflächlichkeiten die ich vorher beschrieben habe (wie Körperbau oder Kleidung) oft mit bestimmten Chromosomen korreliert… aber sind wir ehrlich, dann sind wir bei weitem nicht mehr bei der „eindeutigen, objektiven Klassifizierung“ welche du durch die Chromosome habe wolltest. Denn DIESE Dinge (Körperbau, Kleidung, Frisur, …) sind alles Dinge welche selten ganz so eindeutig sind und sich oft recht einfach anpassen (oder in Beispielen wie Körperbau und sekundäre Geschlechtsmerkmale) verstecken lassen, als dass man da sagen kann es sei „eindeutig und objektiv“.
Und deswegen denke ich: Ok… warum dann so kompliziert machen? Wenn wir eh schon akzeptieren, dass wir uns gegenseitig mit „Namen“ ansprechen, welche man sich oft selber aussuchen kann (ja, ich habe einen Geburtsnamen auf meiner Urkunde, aber wenn ich mich dir vorstelle, dann kann ich mich nennen wie ich will), dann kann man doch das gleiche wirklich auch mit der Geschlechtsidentität machen.
Sorry. Wollte dich nicht zubomben mit Argument hier. Vor allem da du schon gesagt hast, dass du da noch etwas Zeit brauchst und das überdenken muss. Ich wollte eigentlich nur schnell ansprechen, warum ich persönlich von der Idee abgekommen bin, dass man Geschlechtsidentität mit Chromosomen oder Geschlechtsorganen gleichsetzen sollte. Praktisch gesehen macht das irgendwie wenig Sinn, auch wenn wir oft mit dieser Idee aufgewachsen sind und es darum intuitiv auf uns wirkt.
(Und ich sage das als Biologe, ich weiss durchaus, dass Chromosome existieren und eine Rolle spielen )