Künstler und Werk trennen

Man kennt es, alte Helden wie Morrissey oder von mir aus Naidoo fangen in Interviews oder Social Media Kanälen auf einmal an seltsames Zeug von sich zu geben, ist sicherlich ärgerlich für einige Fans, aber darum geht es mir in diesem speziellen Anliegen gar nicht.

Ich bin momentan dabei mich in das Genre Black Metal reinzunerden, ein Genre das ja bekanntlich voll von moralisch nicht ganz einwandfreien Personen ist, mir geht es allerdings nicht um alte Mayhem Gruselstorys vom Morden und brennenden Kirchen, sondern es geht in eine andere wohl nicht weniger unappetitliche Richtung.
In meinem Fall habe ich mich etwas in die Pagan Ausrichtung dieses Genres verliebt, das fing an mit Bathory über Falkenbach bis Moonsorrow, alles Künstler, die selber schon mit missverständlichen/irritierenden Aussagen aufgefallen sind, hat mich aber nicht davon abgehalten weiter einzutauschen.
Mittlerweile bin weiter im Underground vorgedrungen, mir einiges Zeug angehört und tlw. bei der Google Recherche festgestellt, dass einige dieser Bands/Projekte (Namen spar ich mir jetzt, ich möchte keine Werbung machen) klar dem braunen Sumpf zuzuordnen sind. Leider machen jene auch zum Teil verdammt geile Musik, was mich moralisch momentan ziemlich beschäftigt. Was die Texte angeht kann man zwar maximal rechtes Gedankengut reininterpretieren, in der Regel geht es halt um die typischen Themen Wikinger, Krieg manchmal auch Fantasy Gedöns, das meiste verstehe ich sowieso nicht ohne die Texte nachzulesen, was der für Black Metal typischen Art des Gesangs geschuldet ist.
Bisher bin ich immer davon ausgegangen, dass Rechte grundsätzlich schlechte Musik hervorbringen, das ist im Hip Hop so und auch was diese ganzen rechten Oi Bands angeht, war alles was ich mal hörte immer von Grund auf kompletter Rotz.

Ich möchte mir mit diesem Thread jetzt keine Absolution abholen, aber vielleicht gibt es hier Leute, die etwas tiefer in der Metal Szene drinnen sind, als ich und berichten können, wie damit umgegangen wird, oder vielleicht sogar ein ähnliches Dilemma durchgemacht haben.

Ich würde sie nicht durch Käufe aktiv finanziell unterstützen oder Werbung durch Mundpropaganda machen aber solange die Werke selbst frei von diesen Werten sind trenne ich da klar und konsumiere sie weiter.
Rassistische oder rechte Texte schließe ich aber kategorisch aus. Wenn man um 3 Ecken interpretieren muss ist es eine Fall zu Fall Entscheidung ob ich beim Lesen diese Neigung merke bzw. nachvollziehen kann oder nicht.

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Diese Auseinandersetzung hatte ich auch schon mit mir selbst. Ich habe früher Onkelz gehört und war auch Mal bei einem Frei.Wild Konzert. Doch irgendwann kam für mich der Punkt wo ich das einfach nicht mehr konnte. Ich möchte solche Künstler nicht mehr unterstützen. Seither höre ich nur noch Bands mit denen ich einigermaßen zumindest identifizieren kann. Es gibt so viele Bands und so viel Musik auf der Welt, mein Musikgeschmack ist auch weit gefächert, da findet sich genug alternative.

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Ich konsumiere die Musik komplett über youtube, von daher fällt die finanzielle Unterstützung schon mal flach. Trotzdem bin ich unsicher, ob das so einfach ist.
Auch beim zweiten Punkt wird es schwer, da Black Metal ja sowieso offen brutale Texte hat, seien es Sachen, wie Christen zu lynchen etc., wenn man aber weiß, dass so etwas von Rechten kommt, bekommt das Ganze nochmal einen andere Geschmack. Letztendlich macht es aber auch einen Teil der Faszination dieser Musik aus, es ist schwierig.

Interessanter Thread. Ich bin selbst überhaupt kein Fan von Metal, daher kann ich diesbezüglich nicht wirklich was sagen. Aber ich denk die Thematik lässt sich auch beliebig auf jeden anderen Künstler/Kunstrichtung beziehen. Und da gibts es denk ich für jeden Menschen unterschiedliche Grenzen, ab wann eine Trennung zwischen Künster und Werk für einen persönlich nicht mehr möglich ist. Das ist auch ganz unterschiedlich.

Glaube da ist es schwer dir eine pauschale Lösung zu nennen, weil jeder irgendwie seinen Umgang damit finden muss. Ich persönlich höre auch Musik von Leuten, die ich jetzt als Person nicht gut finde. Aber es gibt definitiv auch Grenzen für mich, bei denen ich auch alles von dieser Person kategorisch ablehne. Das ist aber definitiv nicht DIE RICHTIGE Herangehensweise aber die, die sich für mich als die Richtige ergeben hat.

Bei alten Black Metal Sachen, muss man einfach sagen, dass viele dieser problematischen Leute das Genre mitgegründet haben.

Sprich wenn man da das oldschool zeug hören will, ja Burzum gehört da eben dazu.

Und ja, auch wenn ich zb ab und an mal Burzum höre, kaufe ich nichts, wo ein Varg Vikernis Geld erhält, denn der Kerl hat einfach ein Rad ab.

Wo ich eben die Grenze ziehe ist bei dem ganzen Nazizeug etc.
Egal wie technisch gut eine Black Metal Band ist, Nazis kriegen von mir keinen Cent.

Anderes Beispiel Jon Schaffer von Iced Earth/Demons and Wizzards, der einfach eben leider voll in die Trump Anhänger schiene abgerutscht ist und dann auch beim Sturm aufs Kapitol dabei war.
Da trenne ich eben einfach Musik von Person.
In zukunft würde ich aber keine weiter Musik von Ihm kaufen.

Bei Filmen ist das ganze ja noch Schwieriger weil man den Menschen ja sieht, wenn es einer der Schauspieler war.
Cosby Show könnte ich heute zb nicht mehr schauen.
Aber „die üblichen Verdächtigen“ ist eben auch heute noch ein genialer Film

Das ist natürlich wahr. Nur bin ich jemand, der sich beim Thema Musik in der Regel richtig verbeißt und versucht immer tiefer in die Materie einzutauchen, nur war das bisher immer bei Genres der Fall, die mir zumindest politisch nie wirklich Probleme gemacht haben, bzw, konnte ich das irgendwann besser einschätzen. Was Metal angeht, war die Beschäftigung bisher immer eher oberflächlich auf die Klassiker beschränkt.

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Okay entweder ich stelle mir das gerade übertrieben vor oder ich kenne keine solchen Texte. Die kriegs- oder gewaltvberherrlichendsten Bands die ich regelmäßig höre sind vermutlich Sabaton, Megadeth oder Manowar.
Letztendlich geht es ja um die Frage, fühlst du dich wohl dabei diese Werke zu hören.

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In einem speziellen Fall, wo ich sicher weiß, dass die Person dahinter rechts ist, sind die Texte gar nicht mal so krass, da geht es in der Regel mehr um nordische Mythologie, Wikingerschlachten und so ein Gedöns, aber atmosphärisch und vom musikalischen Aufbau ist das halt genau die Art vom Musik, die ich suche.
Textlich wurden bei vielen anerkannten Black Metal Klassikern wohl schlimmeres gebracht, wobei das auch mehr Halbwissen meinerseits ist, bin an den Texten auch nicht so interessiert.
Trotzdem ist da immer so ein leichtes schlechtes Gewissen beim Hören.

das ist ja leider immer das Problem.

Gerade wenn Rechte nicht als klassische Hitlermännchen auftreten oder glatze springer baseballschläger, muss man eben oft genau hinschauen.

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Ja und wenn dann Zeilen von wegen Brüder die einander bekämpfen kommen und man das Hintergrundwissen dazu nimmt, wird es halt wieder unangenehm. Ohne den Kontext wiederum, wäre diese Zeile überhaupt kein Problem, das ist halt mein Dilemma an der Sache.
Ich könnte so die Texte auch problemlos ausblenden und einfach die Musik an sich konsumieren, ist bei norwegischen oder finnischen Bands ja auch kein Problem, nur ob ich das wirklich will, kann ich mir gerade selber nicht beantworten.

Es ist ja eirgendowo auch eine subjektive Sache. ob man den Künstler von der Musik trennen kann. Bei rechtem Metal, spielen die Texte ja auczh eine Rolle, es kommt da ja auch vor, dass gewisse Ansichten mit transportiert werden. Dann sind Lieder für mich persönlich einfach nicht mehr hörbare, weil ich schon hier und da auf Texte achte und wenn ich diese, dumm oder sonbst was finde, kann ich die Musik nicht hören.

Genau. Das kann ic heinfach inhaltlich nicht hören, wobei ich schon der Meinung bin, dass ich den Künstler gut von der Kunst trennen kann. Mal ein anderes Beispiel. Kevin Spacey ist aus meiner Sicht ein guter Schauspieler, vollkommen irrelevant sind für mich dabei seine Verfehlungen. Denn diese haben ja keine Auswirkung auf sein Schauspielerisches Talent. Ob man eine solche Person unterstützen möchte steht wieder auf einem anderen Blatt.

Aber hier wirdhauptsächlich über rechte Musiker geredet, wo man gewisse Themen imho oft in der Musik erkennt. Es gibt ja Beispiele (in Bezug auf Vorwürfen) wie R. Kelly oder Michael Jackson, oder aus meiner Sicht die Spitze des Eisbergs Ian Watkins. Im Falle von Watkins ist mir kein Lied bekannt auf der man seine Pädophile heraushören konnte.

Bei Schauspielern habe jetzt komischerweise überhaupt keine Probleme mit der Trennung, vielleicht weil ich davon ausgehe, dass die Persönlichkeit des Künstlers beim Schauspiel eher weniger eine Rolle spielt.

R.Kelly und die Lost Prophets sind für mich glücklicherweise komplett irrelevant, aber für die Fans dieser Künstler muss das schon wirklich hart sein, gerade weil es ein so verstörendes Thema ist, mit dem niemand konfrontiert werden will.
Michael Jackson ist dagegen nochmal eine ganz andere Nummer, ich bin da auch nicht so im Bilde, ob die Vorwürfe jetzt einwandfrei belegt werden konnten oder ob er wirklich so ein weltfremdes Alien war, das ein komplett gestörtes, aber mehr naives Verhältnis zu Intimität mit Kindern hatte, Dauergast im Mainstream ist seine Musik ja weiterhin.

Es gibt auch noch das andere Extrem Charles Manson, dessen Kunst nur überlebt hat, weil er so ein schlechter Mensch war. Eine Art Evil Superstar, heute auch nicht mehr aus der Popkultur wegzudenken. Seine Musik bis auf 1-2 Songs einfach nur vergessenswert, trotzdem hält sich der Mythos, dass da irgendwas besonderes dran wäre.

Mir ging es in dem Thread aber eher um mein spezielles, persönliches Anliegen, kann aber natürlich gerne auch allgemeiner besprochen werden.

Da verstehe ich dich aber gar nicht. Mitbegründer hin oder her. Wenn du weißt das Burzum rechts sind und sie trotzdem hörst, dann ist das schon scheiße. Zumindest sehe ich das so.
Da ist es mir egal ob die Songtexte rechtes Gedankengut enthalten oder nicht, wenn ich davon erfahre, war es dann aber auch. Verstehe nicht wo das Problem liegt.

Allerdings habe ich habe so meine Probleme bei Prince und Michael Jackson. Ich bin der Musik aufgewachsen und höre sie wirklich gerne. Und bei beiden ist ja ebenfalls bekannt wie problematisch sie ihrerzeit waren. Es gibt aber natürlich Künstler:innen von denen ich mich komplett entfernt habe.

Ich würd sagen wenn dir die Musik gut reingeht, hör sie einfach. Es ist doch nur Musik. Ich würd da nicht zu viel drüber nachdenken. Du musst ja nicht gleich T-Shirts von denen tragen und dir Aufnäher auf die Kutte pappen und Werbung für die machen. Was für Mukke du privat pumpst, ist doch allein deine Sache. Und wenn dieses Gedankengut sich nicht (oder nicht auffällig) in den Texten widerspiegelt, kann man idR Künstler und Werk auch ziemlich gut voneinander trennen.

Ich kenne das Dilemma zwar ziemlich gut, kann das für meinen Teil aber meistens(!) ganz gut trennen. Ich hör auch gerne Deutschrap und Gangsta Rap und das sind manchmal jetzt auch nicht die Figuren mit den tollsten Mindsets, aber wenn mir der Track gut abgeht dann hör ichs halt ohne weiter drüber nachzudenken.

Ist ja auch keine Musikexklusive Sache. Schauspieler wurden schon genannt. Bei mir wär noch ein Beispiel H.P. Lovecraft, dessen Geschichten ich schon mag, der aber selbst für seine Zeit ein ziemlich extremer Rassist war.

Ich glaube ich entscheide da aber von Fall zu Fall ziemlich individuell. Xavier Naidoo würde ich z.B. nicht mehr hören, selbst wenn mir die Musik gefallen würde. Da steht aber nicht unbedingt eine Logik dahinter. Bei den meisten Künstlern kann ich das gut trennen aber bei manchen halt nicht, warum auch immer.

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Ich kann das glücklicherweise weitestgehend trennen und bin da meistens gar nicht so weit drin, dass ich von den politischen Ansichten weiß. Dann sind das einfach martialische Texte für mich. Oder auch diese Bands machen ja auch mal Lieder in deren Texten es gar nicht um irgendetwas moralisch fragwürdiges handelt.

Michael Jackson nicht mehr zu hören fänd ich schwierig. Muss ein Richard Wagner aus der klassischen Musik gestrichen werden? Beide leben nicht mehr. Hat man also überhaupt noch etwas davon sie zu boykottieren.

Oder bei Comedians. Ich war damals riesiger Fan der Bill Cosby Show und würde wahrscheinlich heute noch beim zappen mal eine Folge schauen, da kann Bill Cosby getan haben, was er will.

So geht es mir dann auch zB bei Schauspielern. Kann ich nun wegen O.J. keine nackte Kanone mehr sehen? Wegen Spacey kein House of Cards usw.

Regisseure wie Polanski oder Allen haben auch ihre secuelle Missbrauchsvergangenheit, schaut man dann nicht mehr Rosemaries Baby oder der Stadtneurotiker?

Was ist mit all den Filmen die ein Harvey Weinstein produziert hat?

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Es war auch eher eine theoretische Betrachtung. Nicht um es an einem subjektiven Beispiel zu betrachten sondern von einer generellen Perspektive.

Dabei geht es ja auch generell um die Faszination , die von Mördern etc. Ausgeht. Er ist ja nicht der einzige der seinen Weg in die Pop Kultur gefunden hat.

Ich finde es von einem generellen Standpunkt einfach interessanter. Im speziellen Fall ist es ja etwas persönliches. Das ist eine Sichtweise die man für sich hat. Es gibt da objektiv kein richtig oder falsch.

Wobei bei Wagner dann auch wieder der zeitliche Kontext betrachtet werden kann. Antisemitismus war in der Gesellschaft zu der Zeit weiter verbreitet. Der heutige Zeitgeist ist imho kein fairer Maßstab für Personen aus anderen Epochen.

Künstler von Werk trennen ist eine vollkommen individuelle Frage und damit meine ich nicht nur „deine Entscheidung“ sondern dass das z.T. auch von Künstler zu Künstler wechseln kann.

Eine Band die hier genannt wurde und die ich früher gehört habe sind die lostprophets und kann ich nun nicht mehr hören weil der Sänger ein menschenverachtender furchtbarer Typ ist der zurecht für seine Verbrechen eingelocht wurde. Der Rest der Band kann da zwar nix für, aber ich kann seine Lieder nicht hören ohne zu wissen wie abscheulich ich den Typen finde, der diese Worte in den Mund genommen hat und daher kann ich die Musik nicht mehr genießen. Ich habe aber zB (auch wenn das Beispiel keine Musik ist) kein Problem damit Lovecraft-Lore zu konsumieren, weil sein Werk inzwischen deutlich größer ist als er und sehr losgelöst von seinen komischen Ansichten.

Ich denke mit rechten Nazibands hätte ich persönlich eher ähnliche Probleme wie mit lostprophets, weil der zeitliche Abstand nicht da ist Dinge im historischen Kontext zu betrachten und Musik für mich „näher“ ist. Ich höre die Stimme der Person, deren Worte, deren künstlerischer Ausdruck. Ich unterstütze den Künstler mit Geld oder Views auf Youtube oder anderen Plattformen (was wiederrum deren Plattform Leute zu erreichen vergrößert) und vermutlich trägt das dazu bei dass diese Person die für mich verachtensweise Sachen tut sich noch ein bisschen besser fühlt oder mehr „fans“ sammelt die vllt irgendwann beeinflusst werden. Das würde mir die Freude am Medium komplett versauen.

Letztlich musst du das dann eben für dich entscheiden, aber wenn ich nach meiner eigenen Herangehensweise argumentieren würde würd ich wohl sagen: wenn man schon konsumiert dann am besten ohne positiven impact. Vllt die youtube videos illegal runterladen sodass die nicht einen einzigen view bekommen und noch die musik irgendwo als schlecht bewerten damit andere die weniger wahrscheinlich vorgeschlagen bekommen oder so :smiley:

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Sehe ich genauso. Hängt bei mir auch stark davon ab wie sehr die Person mit dem Werk verbunden ist.

Bei einem Produzenten weiss ich im Zweifelsfall nicht mal wer dahinter steckt Ich weiß nicht Mal was der genau macht um ehrlich zu sein. Eine Regisseur verbinde ich da schon eher mit einem Film aber den sieht man ja auch nicht und wenn es nicht Grade einer der ganz großen ist weiss ich es auch oft nicht.
Den Schauspieler sehe ich zwar aber der spielt ja eine Rolle und nicht sich selbst. Da kommt es dann drauf an was er gemacht hat
Bei Musikern ist es oft umgekehrt die sieht in der Regel ja eher selten aber dafür sind ihre Werke ja oft persönlicher als zum Beispiel Filme.

Den zeitlichen Kontext muss man wie schon gesagt wurde auch immer betrachten.

Das krasseste Beispiel für mich ist Klaus Kinski

Den finde ich gleichermaßen furchtbar und widerlich als auch faszinierend.