Gut, dass ich das „Was wäre wenn?“ abgewartet habe. Da hat Hauke schon viel er- und aufgeklärt. Außerdem finde ich, dass RBTV immer weiter experimentieren soll. Lieber grandios scheitern (was hier nicht der Fall war), als nichts Neues zu probieren! Dennoch hier mal meine „kleine“ Kritik zu dem S.P.A.C.E. Experiment.
Zunächst einmal ein großes Lob an die Setbauer und Grafiker! Da waren die ganzen Vorschusslorbeeren tatsächlich nicht falsch platziert. Das Set muss auf jeden Fall noch verwendet werden, fast schon egal für was.
Auch das grundlegende Konzept, von Anfang an drin zu sein und nie die In Time Ebene zu brechen, finde ich prinzipiell gar nicht schlecht. Leider kamen dann ja einige technische Probleme dazu. Das würde ich unter „Scheiße gelaufen“ verbuchen. Allerdings hat das für mich aus einem gravierenden Punkt, neben der Technik, eher weniger geklappt als sonst:
Die Greenscreens. Die Hintergründe waren, wie schon geschrieben, echt schön. Für Gespräche mit NPCs klappt das auch ganz passabel. Die Szenen mit Sofia waren zwar teilweise etwas seltsam im Sinne von „unnatürlich“, aber eher, weil es ungewohnt war. Für alles, das mit dem Erfahren der Spielwelt zu tun hat oder mit dynamischen Aktionen, die über das Arm-um-die-Schulter-legen hinausgehen, erzielen die Greens den genau gegenteiligen Effekt, von dem Gewünschten: Man wird total rausgerissen.
Zum Erfahren der Welt: Wenn man an einem Ort ist, bedient der Vorschaumonitor eben nur einen kleinen Teil der sinnlichen Erfahrung und den, vermutlich, auch nicht sonderlich gut. Als Beschreibung könnten ja fiktiverweise alle Sinne angesprochen werden. Zum Tragen kam das hier auch, als sie auf dem Asteroiden gelandet sind und beraten haben, was sie tun. Da deutete Florentin auf dieses Gebäude im Hintergrund und Nils hat es erst nicht gesehen und dann anhand des Vorschaumonitors langsam seine Hand ausgerichtet (und es dann auch gestreichelt?). Außerdem wirkten die Ortswechsel mitunter etwas seltsam.
Das gilt auch für die NPCs für Alles, was über die Sprache und Körperhaltung hinausgeht. Gerade die ist ja dynamischer, da nicht alles von Hauke im Sitzen kommt, sondern von Sofia/Simon/Colin und so weiter. Aber ein unglaublich adipöser, verwarzter 2,03m Hüne, der von vier Sklaven auf einer Sänfte getragen wird und aus allen Poren schwitzt, den kann ein Colin vermutlich gut sprechen, aber ansonsten darzustellen wäre dies ein größeres Problem. Zumindest so, dass die Spieler nicht nur Colin im Fatsuit sehen ;).
Hier dann aber auch wieder ein Lob: Die NPCs fand ich prima!
Zu den dynamischen Aktionen: Nehmen wir einen der Kämpfe als einfaches Beispiel. Die (Marco) Kieselschlange sah auch wieder nett aus und die Grafik einzublenden, ähnlich wie die Zeichnungen früher, ist cool. Aber Trant, Ede, Nils und Florentin der Schlange gegenüberstehen zu sehen lässt einen einfach nicht die Charaktere diesem Monster gegenüberstehen sehen. Insbesondere, da sie sich da selbst nur schwer reinfühlen können und daher keine Spannung entsteht, was aber gegen Ende deutlich besser wurde! Außerdem können die Charaktere auch keine erzählerisch beschriebenen, coolen Aktionen machen, denn die zu erzählen, dann aber im Green einfach still stehen oder mit der Plastikwumme zappen, das erzeugt eine große Dissonanz.
Es ist aber nicht nur große Dynamik, die schlecht darstellbar ist, sondern einfach alles, das die Spieler nicht wirklich können (altes LARP Problem). Hätte jetzt der JC Ultra der Crashy das Portemonnai aus der Gesäßtasche stibitzen wollen, wäre es schon sehr auffällig, wenn der Trant der Sofia am Allerwertesten rumgrabbelt (ohne das sie da eingeweiht ist; dafür müsste er ja sagen „ich bestehle jetzt Crashy“, was einen wieder rausholt). Einzige „Lösung“ hierfür, die auch im LARP oft verwendet wird: Man kann halt nur, was man kann. Dann sollte man aber nicht unbedingt Space Opera spielen
Außerdem, und das hat Hauke ja selbst schon angesprochen, leidet das Charakterspiel zu einem gewissen Grad darunter, dass man nun seinen Körper und seine Sinne wirklich benutzen muss. Das nimmt ja nicht nur dem Zuschauer, sondern gerade auch den Spielern die Fantasie und erinnert sie eigentlich permanent daran, dass sie gerade (Schau)spielen.
TL;DR: Das waren jetzt eher die Star Wars Prequels, wo alle eine neue Originaltrilogie erwartet haben
Ich sollte noch dazu schreiben, dass ich es schade finde, dass es für mich nicht gut geklappt hat. Denn die Idee, den Spielleiter gar nicht am Tisch zu haben, finde ich ganz interessant. Die In Ears bieten ja auch den Vorteil, dass der SL einzelnen Spielern (oder den Zuschauern!) geheim Informationen zukommen lassen kann. Denn seien wir ehrlich: Spieler- und Charakterwissen trennen ist nicht unbedingt eine der größten Stärken in bisherigen Runden gewesen. Die auf Wunsch getrennten Kommunikationswege würde ich daher positiv verbuchen. Im WWW sagte Hauke allerdings, dass ihn viele wieder am Tisch haben wollen, was ich auch durchaus verstehen kann. Denn auch, wenn es dann öfter mal OT Metagaming war, waren die Interaktionen zwischen Hauke und den Spielern schon sehr unerhaltsam.
Die eierlegende Wollmilchsau des PnP hat man also noch nicht gefunden, aber immerhin arbeitet ihr dran!