Neurodivergenz - ADHS, ASS, etc. - Erfahrungen, Austausch, Fragen

Hab über die Suchfunktion keinen existierenden Thread gefunden (was hier ja nix heißen mag), sollte es sowas geben, gerne drauf hinweisen.

Sammelthread für Alles zum Thema Neurodivergenz.
Ist auch ein bisschen ein eigennütziger Thread, da ich Austausch für mich ziemlich wichtig und hilfreich finde.
Ihr könnt gerne eure Lebens- oder Diagnosegeschichte teilen, Geschichten aus dem Alltag (auch positive! Dass Neurodivergenz auch positive Seiten haben kann, sollte viel häufiger erwähnt werden.), Medikationserfahrungen (das ist ja bei ADHS ein riesiges und komplexes Feld), Therapieerfahrungen, etc. etc.

Gerne auch Erfahrungen und Fragen von neurotypischen Personen oder Leuten, die denken, sie könnten irgendwo auf einem Spektrum liegen („wie komme ich an eine Diagnose?“ etc.).
Die Wahrnehmung in der Gesellschaft und Darstellung in Medien (looking at you, Big Bang Theory) ist ja sehr häufig ziemlich unterkomplex und oft auch einfach falsch, besonders bei Autismus oder ADHS.


Hier eine Abhandlung über meinen bisherigen ADHS-Weg

Ich wurde vor wenigen Monaten erneut mit ADHS Diagnosziert (ICD-10: F98.80 Aufmerksamkeitsstörung ohne Hyperaktivität mit Beginn in der Kindheit und Jugend), nachdem ich mit ca. 7 Jahren das erste mal Diagnoszitiert wurde.

Habe damals zunächst Ritalin und später Medikinet genommen. Ich hab selbst kaum noch Erinnerungen daran, aber meine Mutter meint, ohne Medikamente wäre ich bereits in der Grundschule nicht versetzt worden. Konnt mich im Unterricht nicht konzentrieren, hatte absolut keine Lust daran teilzunehmen und hab deswegen immer lieber was anderes gemacht und dadurch auch den Unterricht gestört, Hausaufgaben machen war eine Tortur.
Ich hab noch so eine ganz genaue Erinnerung an einen Moment, als in der Grundschule im Unterricht - warum auch immer - mein ADHS und Medikation das Thema war und ich darüber berichten sollte. Hab gesagt, dass ich das echt cool finde und meinte „Ich hab mittags sogar Lust, meine Hausaufgaben zu machen“.

Die Medikamente hab ich genommen bis ich 16 war. Da hab ich meine Ausbildung begonnen und wollte die Medis aus eigenem Willen nicht mehr nehmen. An die Entscheidung kann ich mich selbst auch garnicht mehr erinnern, wurde mir dieses Jahr erst wieder von meiner Mutter erzählt.
Auf der Arbeit hatte ich praktisch keine Probleme, in der Berufsschule hingegen schon. Da allerdings hab ich oft die Hausaufgaben nicht gemacht, weswegen ich bis zum Ende eine 5 im Abschlusszeugnis hatte, weil Hausaufgaben teils benotet wurden. Für Klassenarbeiten hab ich kaum gelernt, schlechte Noten hatte ich deswegen allerdings nie wirklich. Der Unterricht hat mir dafür oft gereicht.

2014 hab ich den Beruf aus verschiedenen Gründen hinter mir gelassen. Wegen meines mittelmäßigen Realschulabschlusses hab ich mich dazu entschieden, mein Abitur nachzuholen. Alles ohne Probleme, Abischnitt von 1,6, alles ohne Medikamente.

2017 Studium angefangen, zu Beginn auch alles ohne Probleme. Mit jeder Klausurphase fiel mir das Lernen aber schwerer, besonders das Anfangen damit. Noten trotzdem immer im guten bis sehr guten Bereich. Ein Fachwechsel war auch noch dabei (für einen Hinweis darauf, wie erfolgreich das bisher alles war, vielleicht einfach mal auf das Aktuelle Jahr schauen und den Fakt beachten, dass ich immer noch im Bachelorstudium bin). Genickbruch für das erste Studium waren zwei mündliche Prüfungen, die kein festgelegtes Datum hatten, sondern man musste die Prüfung selbst anmelden. Deswegen Teufelskreis aus „Ich melde mich für die Prüfung an, wenn ich genug gelernt habe“ und „Ohne Deadline ist die Hürde, mit Lernen anzufangen, unüberwindbar“. Deswegen Wechsel in ein Fachähnliches Studienfach.
Aktuell stehe ich kurz vor meiner BA, die ich nächstes Jahr anfangen will.

Eigentlich wollte ich das schon dieses Jahr machen. Dafür war auch schon alles in die Wege geleitet. Auf der Arbeit hätte ich meine BA in einer Abteilung schreiben können, ein Thema gab es schon. Alles was mir gefehlt hat, war eine letzte Veranstaltung an der Uni im März.

Dann bekam ich im Februar aus dem nichts plötzliche heftige Angstzustände und Panikattacken. Die Veranstaltung an der Uni konnte ich deswegen nicht wahrnehmen. Ich war einen Tag da, ganze 40 Minuten bis ich gemerkt hab, dass es nicht funktioniert. War ständig on the Edge, maximal nervös, hoher Puls, Zittern, Aufmerksamkeit nicht vorhanden. War leider eine Blockveranstaltung, 2 Wochen am Stück, täglich 7 Stunden, das hätte ich nicht durchgehalten.

Mein Hausarzt hat mir zum Glück super geholfen. Er hat schnell erkannt, dass ich an einer Angststörung mit Depression leide. Er hat mir dann auch Antidepressiva verschrieben (Opipramol), ohne den ewigen Weg, erstmal alle somatischen Ursachen dafür abzuackern. Das Medikament hat mir super geholfen. Fast nur nebenbei hatte ich ihm von meiner ADHS Diagnose als Kind erzählt. Ich hatte des zu dem Zeitpunkt quasi garnicht mehr auf dem Schirm, dass ich das überhaupt habe, das fiel mir nur wieder ein als ich über die möglichen Ursachen für meine Symptome nachgedacht habe. Er meinte, ich soll da auf jeden Fall mal dranbleiben, da ADHS-Patienten eine sehr starke Disposition zu Angstzuständen und Depressionen haben.

Hab dann zum Glück recht schnell (heißt hier 2 Monate Wartezeit) einen Platz bei einer Psychiaterin gefunden. Die hat sich zunächst um die weitere Medikation der Antidepressiva gekümmert (Hab dann Opipramol teilweise durch Sertralin ersetzt).
Parallel dazu hab ich mich bei der psychotherapeutischen Beratungsstelle meiner Uni gemeldet. Dort bekommt man recht schnell einen Termin, aber auch nur maximal 10 Sitzungen, eine Einschätzung und ggf. eine Weitervermittlung an eine längerfristigen Therapieplatz.
Dort hab ich dann auch meine ADHS-Diagnose erwähnt (zu der Leider nichts mehr auffindbar war) und wurde gefragt, ob ich die dort nochmal machen will. Hab dann meine ganzen Grundschulzeugnisse mitgebracht (dich ich zum Glück (!!) noch alle hatte), Fragebögen an meine Mutter und Tante gegeben (mussten Personen sein, die mich seit meiner Kindheit kennen) und selbst Fragen beantwortet und Bögen ausgefüllt.
Kurze Zeit später hatte ich dann wieder meine Diagnose.

Damit bin ich dann wieder zu meiner Psychiaterin, diese war erst etwas skeptisch, da ADHS-Medikamente bei einer Angststörung wieder zu einer verschlechterung derer führen können. Da ich aber über Monate trotz ständiger Dosisveringerung der ADs keine Probleme hatte, hab ich trotzdem gesagt, dass ichs gerne probieren möchte.

Im September hatte ich dann meine erste Packung Medikinet adult in der Hand. Zunächst 10 mg morgens, wovon ich kaum etwas bis garnichts gemerkt hab. Die Einschätzung fiel mir immer (und immer noch) sehr schwer, weil ich gar keine Ahnung habe, wie diese Medikamente wirken, anscheinend ist das auch unheimlich unterschiedlich pro Person und es gibt eine riesige Menge an möglichen Wirkstoffen.
Aktuell bin ich bei 20 mg, 30 mg hab ich auch mal getestet, bisher alles eher meh. Ich merke deutlich eine Wirkung des Medikaments (schwierig zu erklären) aber keine merkliche Besserung meiner Symptome (hauptsächlich Motivationsprobleme, Antriebslosigkeit und krankhaftes Prokrastinieren).
Merke immer noch eine leichte Nervösität und innere Unruhe während der Wirkung. Will es aber nicht komplett als Nebenwirkung abschreiben, ich glaube das kommt auch viel von meinen (hauptsächlich hypochondrischer Natur seienden) Angstprobleme. Zu kompletten Angstzuständen oder gar Panikattacken kam es bisher nie (nehme aktuell noch täglich 25 mg Sertralin, was glaub ich die Mindestdosis ist).

Zudem starte ich diese Woche Psychotherapie, 50:50 Gruppen- und Einzelsitzungen. Da die tatsächlich erst heute startet, kann ich dazu noch nichts berichten.

Aber soweit zu meinem Weg mit meiner Störung.


tl;dr: Als Kind mit ADHS Diagnostiziert, dieses Jahr Probleme mit Anststörung, im Rahmen der Behandlung wieder eine erneute Diagnose gemacht und jetzt in der Eindosierungsphase mit Medikinet. Bisheriges Fazit zum Medikament: Es ist kompliziert.

Will auf einer positiven Note enden:
Menschen mit ADHS sind häufig sehr kreativ und werden oft auch als witzig und humorvoll wahrgenommen. Ich bin wirklich sehr gerne kreativ und bringe Leute auch sehr gerne zum Lachen (Connoiseure meines YouTube-Kanals wissen bescheid).

Ich habe auch oft schon gemerkt, dass ich Sachen sehr schnell lerne (bis die Lernkurve zu steil wird, weitere Erfolgsmomente zu lange dauern und ich das Interesse verliere lol) und auch oft auf kreative Lösungswege auf Problemstellungen komme.
Ob das alles auf ADHS zurückzuführen ist, keine Ahnung.

Mein persönlicher Erklärungsversuch ist der, dass ein ADHS Gehirn ständig in sehr viele Richtungen gleichzeitig denkt, dabei ist dann manchmal mal was gutes dabei. Bei Fokusarbeit leider nicht so hilfreich :beanjoy:

Zum Schluss noch ein Clip, Leute mit ADHS wissen Bescheid :beanfriendly:

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Die Szene ist ja absolut fantastisch :beanjoy:

Deswegen hätte ich wahrscheinlich spätestens bei der leeren Dose entnervt und emotional völlig gestresst aufgegeben, die ganze Welt verflucht und mich in mir selber verkrochen, während ich mich von irgendwelchen animated sitcoms berieseln lasse. :beanderp:

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Ich habe ne Frage zu dem Thema, die ich seit kurzem mit mir rumtrage…

Bin selber nicht betroffen, aber hab jetzt von zwei Menschen in meiner Umgebung gehört, dass sie vermuten ADHS (oder was in die Richtung) zu haben. Bei der einen Person wurde da neulich sogar das Geschwisterkind mit ADHS diagnostiziert.

Und in beiden Fällen stand dann bei uns die Fragen im Raum:

  1. Wie kommt man eigentlich zu einer Diagnose (im Raum Berlin)?
  2. Wenn ich die habe, was bringts mir? Ich kam ja bisher durch und bin auch ganz okay zufrieden. Nicht so krass fokussiert aber zufrieden. Medikamente wollen eigentlich beide nicht nehmen.

Wildes rumgooglen unsererseits hat irgendwie nix gebracht.

Hoffe, das ist okay, wenn ich die Frage hier stelle :slight_smile:

Diagnostiziert werden kann das von Psychiatern, Psychotherapeuten und manchmal lese ich auch von Neurologen. Man sollte in jedem Fall vorher mal auf die Website schauen (wenn vorhanden) und sich informieren, ob die ADHS überhaupt behandeln. Es gibt immer noch Fachpersonal, die ADHS für nicht so ganz real halten.

Wenn aber garkeine Symptome bestehen, die das private oder berufliche Leben beeinträchtigen, sollte man sich aber halt wie du schon sagst fragen, „was bringt mir das?“. Eine Diagnose öffnet halt die Tür für eine Therapie, medikamentös und/oder nichtmedikamentös. Aber wenn es nix zu behandeln gibt, dann braucht es ja auch eigentlich keine Therapie.

Die Diagnose zielt da auch sehr auf solche Fragen ab, ob und inwiefern die Symptomatik das Leben beeinträchtigt.

Die Sache ist halt, praktisch alle Symptome, die man bei ADHS haben kann, können auch Leute ohne ADHS haben (hätte gerne einen Euro für jedes „das hab ich auch“, das ich bekomme, wenn ich von meinen Symptomen erzähle). Der Unterschied ist der, ist es dauerhaft und pathologisch oder halt nur manchmal und dann einfach nur nervig.

Ich kann zur Recherche und Fragen übrigens die Seite https://www.adxs.org/ empfehlen. Das ist eine sehr große Sammlung an Infos zu ADHS (auch zu Symptomen und Diagnostik), gestütz von wissenschaftlichen Quellen.
Die haben auch einen Selbsttest mit 168 Fragen (für den man allerdings einen Account dort braucht).

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DANKE! Ich kann diese Selbstdiagnosen nicht mehr hören.

:+1:

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Wie schon gesagt, feststellen kann das ein/e TherapeutIn. Da was zu finden kann sehr schwer werden. Am besten kann man sowas über die 116117 finden. Das ist eine Hotline die einem einen Ersttermin bucht.

Das ist komplett individuell und muss jeder für sich entscheiden. Wenn man damit gut zurechtkommt, muss man nicht unbedingt was machen (so wie es @Nesis90 schrieb). Kenne Leute mit gesicherter Diagnose seit Kindestages, die auch nichts weitermachen, weil sie keinen Bedarf sehen. Als Kinder gab es Verhaltenstherapie (u.a. Übungen zur Konzentration), ggf. Versuch mit Medis (die nicht jedem helfen, obgleich immer so getan wird, als gibt es das Wundermittel). Die kommen ohne alles wunderbar zurecht und sind happy.

Aber lieber damit zur echten Diagnose, anstatt Selbstdiagnose via tiktok und instagram. Es gibt nämlich so so viel mehr als ADHS und vieles ist genauso schlichtweg normal (s. @Nesis90 Beitrag, was er dazu schreibt).

Wobei ich ADHS natürlich auch nicht gatekeepen will.
Ich bin mir nichtmal sicher, ob „keine Symptome“ gleichbedeutend sind mit „kein ADHS“. Manche maskieren ihre Defizite auch unbewusst. Man sieht halt ständig Leute um sich herum, die scheinbar alles einfach so hinbekommen und denkt sich dann, dass man das auch schaffen kann. Dann kämpft man sich jahrelang durch alles durch und irgendwann kommt es zum Zusammenbruch.

Ich hab immer noch keine befriedigende Antwort darauf, woher meine Angststörung plötzlich kam.
Wie geschrieben, ich hatte jahrelang meine ADHS-Diagnose garnicht mehr in Erinnerung und hab jahrelang auch einfach funktioniert. Dass das ständige Funktioniert-Haben irgendwann zu einer Art Overload geführt hat, ist eine meiner Hypothesen.

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Ich hab die Vermutung, dass ich irgendwo im neurodiversen Spektrum liege, hab aber für mich entschieden, dass ich keine Diagnose brauche.

Hab es schon als große Erleichterung empfunden herauszufinden, dass diese Dinge die für mich herausfordernd sind und Probleme bereiten kein „Fehler“ oder „Versagen“ sind, sondern einfach dazugehören können und ok sind. Sofern hilft mir meine Vermutung mich selber besser einzuordnen und zu akzeptieren. Dadurch sind mir auch die Lösungen die ich für mich unbewusst gefunden habe bewusst geworden und ich kann damit aktiver umgehen.

Nach außen würde ich das aber nicht als „ist so“ oder als „ich hab wohl“ kommunizieren. Kann ich ja auch gar nicht sicher. Ich Versuch in Situationen wo es hilft, direkt anzusprechen, was mir schwer fällt oder wo ich wahrscheinlich nicht die Erwartungen erfüllen kann. Dafür braucht es ja keine benennbare Ursache. Hat bisher recht gut funktioniert.

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Ne, ich verstehe, was du meinst. Aber oft ist es so, dass dann irgendwann kommt „bei mir ist das auch so!“, obwohl es absolut im Rahmen liegt. Jeder Mensch bewegt sich irgendwo, die Frage ist aber, so wie du es beschrieben hast: Belastet oder beeinträchtigt mich das im Alltag?

Dito. Habe ich vor allem gemerkt, als ich mich damit auseinandergesetzt habe wegen meines Mannes (ADHS seit Kindheit). Einige, die diagnostiziert sind, meinen auch, es wäre was bei mir. Ich bin zum Entschluss gekommen, es ist mir nicht wichtig. Ich brauche keine konkrete Diagnose.

Ich fand es nur spannend, wie viele Punkte bei der Recherche, eigentlich auf mich zutreffen, bspw. Hyperfokusierung, Reizüberflutung oder auch beim Essen.

Und manchmal gibt es diese schlichtweg nicht.

Ich hatte viele Jahre eine Psychologie/Neurologie Zeitschrift im Abo und hab da schon oft mal gemerkt, dass iwas bei mir anders ist (bei einer Ausgabe ging’s mal nur um Mimik und sowas und ich hab bei den Beispielbildern einfach nur Bahnhof verstanden :sweat_smile:). Irgendwann hab ich dann Quarks geschaut und da ging es genau darum, dass „Autisten“ sich in solchen Experimenten, wie sie in meiner Zeitschrift oft thematisiert wurden, oft anders Verhalten. Iwi hat’s da bei mir Klick gemacht. Hab mir die verlinkten Infos und Fragebögen angesehen und immer wieder gedacht „ach schau, ich bin nicht einfach unfähig, anderen geht’s genauso“

Hab danach Erfahren, dass mein Mann wohl schon mehr Mals darauf angesprochen worden war, ob ich soetwas hätte :sweat_smile:

Wär nicht Corona dazwischen gekommen, wär ich tatsächlich mal zu der offenen Sprechstunde bei uns gegangen, aber die gibt es seit dem Lockdown leider nicht mehr. Und so bin ich einfach froh zu wissen, dass es auch ok ist, anders zu sein, egal was es auslöst.

Im Nachhinein betrachtet, wär es aber toll gewesen, wenn in meiner Kindheit da schon ein größeres Bewusstsein für gewesen wäre. Ich glaub viel, was dazu geführt hat, dass ich als Junge Erwachsene echt Probleme mit Panikattacken hatte, hätte vermieden werden können. Unabhängig von irgendwelchen Diagnosen oder Vermutungen, einfach nur durch mehr Akzeptanz dafür, dass jeder anderes ist und durch anderes Herausgefordert werden kann.

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Das tut mir sehr leid, dass du das nicht erfahren konntest.

Bei mir hieß es seit immer schon, ich sei sensibel (nie negativ gemeint) und nehme Reize besonders stark wahr. Daher habe ich das nie großartig „bestimmt“ gebraucht und war auch gleichtzeitig selbstbewusst genug damit.

€: Ich hoffe, das ist jetzt nicht zu OT und lenkt vom eigentlich Threadthema ab!

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Ne garnich. Zu akzeptieren, dass man halt irgendwie anders funktioniert als die meisten, ist schon ziemlich wichtig find ich, damit man lernt, damit umzugehn. Sind ja auch alles Erfahrungsberichte.

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Passt hier vllt auch hin…

Ich find es unheimlich entspannend unter Leuten zu sein, die einfach voll akzeptieren wie man ist und man sich nicht immer Gedanken machen muss.
Bin da meinem Mann super dankbar.

Wenn ich das Gefühl hab, er hat schlechte Laune, muss ich mir nicht den Kopf zerbrechen was jetzt richtig ist, sondern kann ihn einfach fragen „bist du traurig, sauer, erschöpft, enttäuscht, was anderes oder hast du einfach Bauchschmerzen?“ :beanjoy:

Ich habe vor vielen Jahren mal eine eine Verdachtsdiagnose zum Asperger-Autismus bekommen. Das weiter abklären zu lassen, hat mich aber völlig überfordert. Ich hätte dafür zu nem Diagnosezentrum ins Ruhrgebiet oder Düsseldorf fahren sollen. Das war für mich damals nicht schaffbar. Neben der Arbeit 2 Stunden irgendwohin fahren. Mir war allein das Bahngeld zu teuer. Naja, und die Wartezeit von 2 Jahren.
Ich hab dann einfach mal so ein bisschen bei Wikipedia nachgelesen und mich in vielen Punkten wiedergefunden und für mich erst mal so gedacht: Das reicht mir. Ich bin ganz offensichtlich Autistin. Passt doch alles. Was soll ich denn noch jetzt durch die halbe Weltgeschichte fahren und mich offiziell diagnostizieren lassen? :beanderp:

Anfangs habe ich mich noch so ein bisschen darüber definiert. Aber das fand ich schnell weird und tatsächlich habe ich diese Verdachtsdiagnose sogar irgendwie vergessen. Als ich nämlich wegen Depressionen in ner Klinik war, ist mir nicht auch nur für einen Augenblick in den Sinn gekommen, das mal anzusprechen oder auch nur ne Verbindung herzustellen. In der Therapie danach ging es also immer nur um meine Depression und schwierige Kindheit usw. Potenzieller Autismus wurde da nie wirklich mit in Verbindung gebracht oder angesprochen. Die Therapeuten wussten nichts von der Verdachtsdiagnose, ich hab sie quasi vergessen und es wurde auch so nicht nochmal irgendwie diagnostiziert.

Deswegen bin ich manchmal gar nicht so sicher, ob ich wirklich ins autistische Spektrum falle. Den Therapeuten ist ja nix aufgefallen. Und klar, Selbstdiagnose kann ja jeder, wenn er will und das ist mega tückisch. Wenn ich jetzt zB nachlese, was Borderline oder eine Bipolare Störung ausmacht, finde ich auch viele Punkte, die zu mir passen. Man findet IMMER etwas. Das heißt ja nicht, dass man auch von der Krankheit/Störung betroffen ist. Und deswegen regen mich diese ganzen selbst diagnostizierten Leute online so auf. Vor allem, wenn sie das zu ihrer Persönlichkeit machen und anderen erzählen wollen, wie man mit dieser Störung umzugehen hat.

ADHS und Autismus scheint gerade im Trend zu sein. Mir ist auch klar, dass es u.a. auch daran liegt, dass man erst jetzt zum Teil in der Lage ist, vor allem Frauen richtig zu diagnostizieren. Aber so ganz traue ich den meisten angeblichen Diagnosen (also die Selbstdiagnosen) da draußen nicht.

Ich überleg immer mal wieder, ob ich das mit der Verdachtsdiagnose, die bei mir schon locker 15 - 20 Jahre her ist, bei meiner aktuellen Psychiaterin anspreche. Ich hab mich auch schon einige Male gefragt: Was bringt mir das? Mittlerweile komme ich ja mit meinem Leben klar. Nicht perfekt, nicht optimal, aber ich habe so meine Nische gefunden. Aber es wär vllt trotzdem gut zu wissen, dass all der Struggle, den ich in meiner Kindheit und Jugend hatte, all die Reibereien bei alten Arbeitgebern usw. vielleicht einen Grund haben. Und vielleicht würde mir das helfen, in Zukunft besser zurecht zu kommen. Aber was, wenn dabei rauskommt, dass ich keine Autistin bin? Dass ich einfach „grundlos“ bekloppt und schwierig bin?

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Als Person mit ADHS Diagnose find ich die Beiträge hier schon ziemlich verletzend :smiling_face_with_tear:

Kannst du das erläutern? Ansonsten finde ich so ein allg. Feedback richtig schwierig und unfair.

Falls du mich meinst: Ich meine das gar nicht böse und ich weiß, dass ich es nicht ganz optimal formuliert habe. Ich kenne wirklich einige Leute mit einer Diagnose bzw welche, die aktuell dabei sind, sich diagnostizieren zu lassen.

Mir geht es eher um Leute, die sowas meinen wie „Ach, ich kann mich gerade gar nicht konzentrieren. Ich hab wohl ADHS.“ und statt das dann abklären zu lassen, stellen sie für sich selbst fest, dass das ADHS sein muss und fertig. Und gerade, weil auf Instagram zB sehr viele selbstdiagnostizierte ADHSler unterwegs sind, fühlen sich andere dann wiederum auch dazu berufen, sich selbst zu diagnostizieren.
Ich weiß, dass es fast unmöglich ist, einen Termin bei Fachleuten zu bekommen, um das wirklich abklären zu lassen. Aber ich finde, solange keine Diagnose feststeht, sollte man sich nicht selbst stigmatisieren und in diese Schublade stecken (Selbststigmatisierung ist eh nie schön und eine Person mit ADHS ist auch immer mehr als nur ihr ADHS).

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Darum geht es mir übrigens auch, falls das nicht aus meinen Beiträgen klargeht. Selbstdiagnosen macht es auch oft Betroffenen indirekt schwer, weil die Ernsthaftigkeit verloren geht, ähnlich wie bei Depressionen oder PTBS.

Ich fand es gestern schon schade, dass sich der Thread so schnell Richtung „Leute die sich selbstdiagnostizieren sind schlimm“ gedreht hat. Ich kenne auch Leute, die sich gerade die Frage stellen, ob sie ADHS haben könnten, aber darüber sprechen sie kaum, aus Angst, dass ihnen dann genau das vorgeworfen wird. Und das kann ja auch nicht der richtige Weg sein. Vor allem da es so schwer ist einen Termin für eine Diagnose zu bekommen.

Und von mir selbst kenne ich es ja auch. Immer die Sorge, nicht ernst genommen zu werden, dass einem vorgeworfen wird man würde das als Ausrede nutzen und sich immer wieder selbst hinterfragen, ob man nicht doch einfach nur faul und zu viel ist?

Der Satz hat mich dann doch mitgenommen. Wenn nichtmal Diagnosen ausreichen, dass einem geglaubt wird, was denn dann? :smiling_face_with_tear:

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