Ich transkribiere den Text, damit sich jeder einen unvoreingenommenen Eindruck machen kann.
Gaza, Gaza
Ein Mann drückt zerfetzte Fingerchen an seinem Bart beim Flüsschen fest ran.
Was haben denn die zarten Dingerchen den Herren generell getan?
Dann hebt er den Rumpf seiner Kleinen zu Allah in die Sonne, zum Mond.
Und wieder haben wir da einen, der nichts und niemand mehr schont.
Soll ich diesem Vater empfehlen, so cool wie ein Talkgast zu sein?
sich bloß in keinem Wort zu verfehlen, das antisemitisch erscheint?
Sie geloben Apartheid die Treue, von Ampel bis AfD.
Sie liefern Granaten aufs Neue, bittend zart damit umzugehen.
Bei Menschen, wie Viecher vertreiben, mit Hunger und mit Drohnen,
dieser Kinderfriedhof wird bleiben. Als Albtraum für Generationen.
Die aus Ohnmacht brodelnde Kraft hat sich nie jemand selbst ausgesucht,
doch die Macht, die die Bestien schafft aus kaltem Kalkül sei verflucht.
Gaza, Gaza
Ich schlage meine Augen nieder,
vor dem ohnmächtigen Geschrei,
vor deinen zerfetzten Gliedern
und ich frag mich da immer wieder:
und das soll kein Völkermord sein?
Hallervorden hat mit einer emotionalen Sprache, unterstützend durch das Video im Hintergrund, ein Bild geschaffen. Dadurch erzeugt er ein Mitgefühl mit den Kindern, den Opfern in Gaza. Auch wenn die Hamas schon Jugendliche zu Terroristen ausbildet, die Trauer um Kriegsopfer ist nachzuvollziehen.
Antisemitismus aus dieser Trauer heraus zu legitimieren, das darf kritisiert werden. Es ist das eine um seine Kinder zu trauern, das andere die Vernichtung Israels zu fordern. Abgesehen davon ist das die Interpretation von Hallervorden.
„Sie geloben Apartheid die Treue“ - es gibt keine Apartheid gegenüber arabischen Israelis. Menschen fliehen vor der Hamas aus Palästina nach Israel. Auch wenn nicht alles perfekt ist in Israel, den Vorwurf der Apartheid zu äußern, der ist stark zu kritisieren. Hinzukommt die Wortwahl von „Bestien“. Es findet keine Differenzierung statt, sondern die Rollen sind hier klar verteilt.
„und das soll kein Völkermord sein?“ - eine Suggestivfrage. Die Antwort ergibt sich aus dem, was zuvor beschrieben wurde. Ja, das muss ein Völkermord sein! Darüber wird nicht nur vor dem Internationalen Gerichtshof gestritten, aktuell war kein Eingreifen dieser Instanz notwendig. Auch hier wird vergessen: was ist das eigentliche Ziel Israels?
„Kein Mensch wird als Terrorist geboren.“ - das wurde vor dem Gedicht geäußert. Wenn man diese verkürzte Aussage weiterdenkt, wer macht sie denn zu Terroristen?
Wenn es ihm um Frieden gegangen wäre, dann hätte er es aus meiner Sicht anders angehen müssen. Bei mir entsteht der Eindruck, dass in diesem Konflikt die Rollen klar verteilt sind, und dass die Schuldfrage eindeutig geklärt ist. Die einen sind Bestien, die anderen die Viecher.
Israel und seine Verbündeten sind böse, die Zivilisten in Gaza die Leidtragenden. Das ist nicht differenziert, das ist Schwarz-Weiß-Denken. Ich würde keinen Antisemitismus vorwerfen, aber mit dem gewählten Wording wirkt es schon so, dass er auf antisemitische Erzählungen reingefallen ist, bzw. sich nicht ausreichend mit dem Konflikt auseinandergesetzt hat. Dann entsteht nämlich so ein Gedicht.