Auch von mir noch mal ein paar Tipps, diesmal vielleicht auch weniger bekannte Bands und Musiker.
Riverside (Prog/Art Rock): Schwierig, über die polnische Band gerade etwas sinnvolles zu schreiben, wo das Entsetzen über den plötzlichen Tod von Gitarrist Piotr Grudzinski am Montag bei mir noch so tief sitzt. Riverside sind eine meiner liebsten Prog-Bands der jüngeren Jahren, und mit ihrer Mischung aus Floyd’eskem Art Rock mit Deep Purple’eskem Hardrock und dem ein oder anderen Metal-Einschub ein Musterbeispiel dafür, wie moderner Prog klingen kann und sollte. Das 2005er Album Second Life Syndrome ist für mich eines der besten Prog-Alben der 2000er: teils düster und hart, dann aber auch wieder wunderschön, melodisch und traurig. Über die kommenden Alben ist der Sound dann langsam etwas sanfter und luftiger geworden. Mir persönlich gefallen die frühen Sachen besser, aber auch Love, Fear and the Time Machine, das vorerst letzte Album aus dem vergangenen Jahr, ist immer noch sehr hörenswert. Ich hoffe, die verbliebenen Bandmitglieder finden irgendwann die Kraft, die Band weiterzuleben zu lassen.
Anspieltipp: Dance with the shadow von Second Life Syndrome. Hat alles, was ich oben beschrieben habe. Unglaubliche Nummer.
Pure Reason Revolution (Prog Rock/später mit starkem Electro-Einschlag): Und noch eine jüngere Band. PRR haben mich mit ihrem 2006er Debütalbum The Dark Third damals völlig umgehauen. Ein absolut überbordendes Meisterwerk von einem Doppelalbum, unglaublich vielschichtig mit einer fast schon übertriebenen Produktion mit Dutzenden von Tonspuren, die meisten für den mehrstimmigen Gesang. Der ist auch so etwas wie das Merkenzeichen der Band geblieben, die im Prog-Kosmos auch dadurch hervorsticht, dass sie mit Chloe Alper eine neben Jamie Wilcox gleichberechtigte Frontfrau und Sängerin hatte. Auf den beiden folgenden Alben haben sich PRR dann stilistisch etwas vom klassischen Prog abgewandt und vermehrt Elemente elektronischer Musik eingebaut. Mir gefiel das aber immer noch sehr gut, war mal was erfrischend neues. 2011 haben sich Pure Reason Revolution leider nach nur drei Alben aufgelöst.
Anspieltipps: Für die proggigere Seite The Bright Ambassadors of Morning von The Dark Third, für die elektronischere Seite The Gloaming von Amor Vincit Omnia.
Steve Harley & Cockney Rebel (Glam/Prog Rock): Steve Harley & Cockney Rebel werden meist als Glam Rock-Band geführt, aber gerade die sehr psychedelischen frühen Alben enthalten doch sehr deutliche Prog und Art Rock-Anteile. Hervorzuheben sind auch die deutlichen Folk-Anleihen, die sich unter anderem darin ausdrücken, dass es keine Lead-Gitarre gibt, dafür aber häufig eine Lead-Geige. Ihre große Zeit hatte die Band um den live unheimlich charismatischen Steve Harley in den 70ern, aber auch heute ist Harley mit wechselnden Mitmusikern immer noch unterwegs, bringt neue Alben raus (heute aber eher Singer/Songwriter-orientiert) und tourt regelmäßig.
Anspieltipps: Der große, radiotaugliche Hit war Make me smile (Come up and see me) von The Best Years of Our Lives, eine wirklich sehr schöne Pop-Nummer. Für Prog-Fan interessanter sind aber sicher dramatische, symphonische Nummer wie Sebastian oder Death Trip von The Human Menagerie. Letzteres stellt in Punkto Epicness und Bombast sogar eine Band wie Yes in den Schatten.
Transatlantic (Prog Rock-Supergroup): Dürfte hier bekannt sein, wurde aber noch nicht genannt. Supergroup bestehend aus Neal Morse (ex-Spock’s Beard), Mike Portnoy (ex-Dream Theater), Pete Trewavas (Marillion) und Roine Stolte (The Flower Kings), die ausufernden Old School-Prog mit episch langen Monstertracks zelebrieren, und live auch gerne mal die 3-Stunden-Marke knacken (und dabei vielleicht ein Dutzend Songs spielen). Unheimlich sympathische und unterhaltsame Band, der man höchstens vorwerfen kann, dass sie dem Genre nichts wirklich Neues hinzufügt. Aber das ist auch gar nicht der Anspruch.
Anspieltipp: Stranger in Your Soul von Bridge Across Forever.
RPWL (Prog/Art Rock): Deutsche Band, die mal als Pink Floyd-Coverband gestartet ist. Hatten sich zwischenzeitlich mal in Pop-Gefilde vorgewagt, die mir nicht so gefielen, zuletzt mit mehreren klassischen Prog-Konzeptalben aber wieder ein bißchen zurück zu alter Stärke gefunden. Schwachposten ist meiner Meinung nach nur Sänger Yogi Lang, dessen Stimme ich ziemlich langweilig finde, und der live das Charisma eines Stücks Brot versprüht.
Anspieltipp: Gentle Art of Swimming von Stock.