Das größte Problem an Witcher 3 ist das Ende.
Ich mach einfach mal einen dicken fetten Spoiler. Lesen auf eigene Gefahr. Ich spoilere auch einen Teil der Bücher.
[spoiler]Alles bis dahin ist sehr schön im Stile der Bücher. Auch wenn der Autor der Ursprungssaga dem Spiel abspricht, Kanon zu sein, so wirkt das Spiel glaubwürdig genug und erzählt für mich erzählt das Spiel die Story zum Großteil so weiter, wie ich es auch im Buch erhofft hätte.
Das Ende allerdings ist ziemlich unlogisch im gesamten Kontext. Ciri geht in irgendein Portal um den White Frost zu besiegen - etwas, das erstens nicht besiegt werden kann, und zweitens nicht von Ciri, sondern ihrem Kind lediglich aufgehalten werden sollte.
In “Lady Of The Lake” sagt Avallac’h explizit: “Wir wollen dein Kind haben, Schwalbe, Tochter von Lara Dorren”. Es gibt noch einige weitere Stellen, die darauf eingehen, dass es nicht Ciri ist, sondern ihr Kind. Finde aktuell aber nur noch die Englische Quelle, in Feuertaufe:
“Cirilla, Pavetta of Cintra’s daughter, Calanthe the Lion’s granddaughter. The Elder Blood, the ice flame of the North, the destroyer and renewer, whose advent has been predicted already hundred of years ago. Ciri of Cintra, the queen of the North. And her blood, of which the queen of the world will be born.”
Jedesmal, wenn Ciri erwähnt wird von den Elfen und Magiern, geht es nicht nur um Ciri, sondern um ihre Nachkommen. Ciri ist nicht die Retterin der Welten, sondern ihre Mutter. Sie selbst hat eigentlich nur eingeschränkte Fähigkeiten. Darauf wird in Witcher 3 quasi überhaupt nicht eingegangen, was für mich ein großer Bruch mit dem Kanon ist. Was wie gesagt schade ist, weil der Rest so schön passt.
Dazu kommt wie gesagt der Fakt, dass der Plan niemals war, dass der White Frost besiegt werden kann. Ciris Tochter soll lediglich ein Portal öffnen, damit die Elfen aus ihrer Welt fliehen können. Dass Ciri plötzlich die macht hat, ihn endgültig zu besiegen, zerstört den obergreifenden Story-Arc der Bücher komplett: sterbende Welten, dessen Bewohner mit Magie vor der Zerstörung fliehen.
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Davon abgesehen halte ich Witcher 3 für das Spiel des Jahres 2015 und es wird wohl eine ganze Weile dauern, bis jemand es toppen kann. Ich bin allerdings jemand, der die Bücher gelesen hat und beide Spiele davor gespielt hat. Und ich finde auch, dass man erst dadurch die Größe des Spieles wirklich fassen kann. Wer die Bücher nicht gelesen hat und die Vorgänger nicht gespielt hat, verliert sehr viel an Wirkung in Witcher 3. Denn so Themen wie “Monsterjagd repetetiv” kamen für mich nicht auf - ich habe es genossen, Geralt seinem Handwerk nachkommen zu lassen.
Und auch andere Sachen hatten wesentlich mehr Wirkung. Wieder Spoiler:
[spoiler] Die gesamte Suche nach Ciri gekoppelt mit dem vom Krieg zerberstetem Land hatte eine unglaubliche Melancholie. Als es auf die Skellige Inseln ging, um Ciri endlich zu finden, konnte ich vor Spannung kaum gerade sitzen. Als ich Ciri das erste Mal fand, dachte ich wirklich für einen kurzen Moment, sie sei tot, und mein Herz war komplett zerrissen. Eine so krasse Wirkung hatte ein Spiel noch nie auf mich.
Und die Szene, in der Vesemir stirbt, und Ciri schreit, jagd mir noch heute einen Schauer über den Rücken. Wirklich grandiose Inszenierung und trifft den selben Nerv, den die Bücher bei mir bereits trafen. Und davon gab es noch einige weitere.
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Vom Welt- und Questdesign muss ich ja gar nicht erst anfangen. Das haben andere schon zur Genüge getan. Eins muss ich aber noch loswerden:
Yennefer ist die einzig richtige Wahl. Für Ciri und für Geralt.